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Handelsblatt berichtet: DEGAG stoppt Zahlungen an Anleger – Immobilienkrise trifft 4700 Betroffene

Pezibear (CC0), Pixabay
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Wie das Handelsblatt berichtet, hat die DEGAG Deutsche Grundbesitz Holding AG die Zahlungen von Zinsen und Rückzahlungen an ihre Anleger „bis auf Weiteres“ eingestellt. Betroffen sind 4.700 Privatanleger, die insgesamt rund 275 Millionen Euro investiert haben. Wir sprechen mit Rechtsanwalt Jens Reime, einem Experten für Anlegerrecht, über die aktuelle Situation, die Risiken für Anleger und mögliche Handlungsschritte.

Frage: Herr Reime, die DEGAG hat Zahlungen an Anleger ausgesetzt. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein?

Jens Reime: Die Situation ist besorgniserregend, aber nicht überraschend. Die Immobilienbranche steht derzeit enorm unter Druck, vor allem durch die gestiegenen Zinsen und Finanzierungskosten. Dass ein Unternehmen wie die DEGAG, das mit Genussrechten arbeitet, jetzt in Liquiditätsschwierigkeiten gerät, ist ein ernstes Signal. Für die betroffenen Anleger bedeutet dies, dass ihr Geld momentan faktisch „eingefroren“ ist.

Frage: Die DEGAG begründet den Schritt mit gescheiterten Refinanzierungen. Wie glaubwürdig ist diese Erklärung?

Jens Reime: Die Erklärung ist nachvollziehbar, denn Refinanzierungen sind in der aktuellen Marktlage schwieriger denn je. Wenn ein großes Kreditinstitut abgesprungen ist und Brückenfinanzierungen nicht zustande kommen, spricht das für eine erhebliche Liquiditätslücke. Dass die DEGAG gleichzeitig auch Provisionszahlungen an Vertriebspartner stoppt, zeigt, wie ernst die Lage ist.

Frage: Viele Anleger haben in sogenannte Genussrechte investiert, die hohe Zinsen versprachen. Welche Risiken stecken hinter dieser Finanzierungsform?

Jens Reime: Genussrechte sind für Anleger oft ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite locken sie mit attraktiven Zinsen – sechs bis neun Prozent in diesem Fall –, aber sie sind eben auch nachrangig. Das bedeutet: Wenn das Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten gerät, stehen die Anleger ganz hinten in der Gläubigerkette. Sie können keine Rückzahlungen erzwingen, wenn die finanzielle Stabilität des Unternehmens gefährdet ist. Das ist jetzt der Fall.

Frage: Welche Handlungsmöglichkeiten haben betroffene Anleger nun?

Jens Reime: Anleger dürfen jetzt nicht einfach abwarten und hoffen, dass die DEGAG das Problem allein löst. Ich empfehle dringend folgende Schritte:

  1. Sicherung aller Unterlagen: Anleger sollten sämtliche Verträge, Kontoauszüge und Korrespondenz sichern. Das kann später für mögliche rechtliche Schritte entscheidend sein.
  2. Prüfung durch einen Anwalt: Spezialisten können klären, ob Ansprüche auf Rückzahlung geltend gemacht oder andere Rechtsmittel ergriffen werden können.
  3. Bündelung der Kräfte: Oft sind Anleger in solchen Fällen erfolgreicher, wenn sie sich zusammenschließen und gemeinsam vorgehen. Das erhöht den Druck auf das Unternehmen.

Frage: Die DEGAG plant offenbar Teilverkäufe von Immobilien, um die Liquidität zu sichern. Wie realistisch ist dieser Lösungsansatz?

Jens Reime: Ein Teilverkauf kann kurzfristig helfen, die Liquidität zu verbessern. Allerdings ist der Immobilienmarkt derzeit kein Verkäufermarkt – die Preise stehen unter Druck, und schnelle Verkäufe können zu Verlusten führen. Zudem ist unklar, ob die Erlöse tatsächlich ausreichen, um die Verpflichtungen gegenüber den Anlegern zu erfüllen. Hier müssen wir abwarten, wie sich die Lage entwickelt.

Frage: Die DEGAG wurde im August von der Stiftung Warentest auf die Warnliste gesetzt. Was bedeutet das für die Anleger?

Jens Reime: Die Warnung der Stiftung Warentest hätte ein Alarmsignal sein sollen. Sie bemängelte damals unter anderem Verstöße gegen Veröffentlichungspflichten und eine intransparente Eigentümerstruktur. Solche Punkte sind häufig Indikatoren dafür, dass etwas im Argen liegt. Anleger sollten solche Warnungen immer ernst nehmen und ihre Investitionen kritisch prüfen.

Frage: Was raten Sie Anlegern in Zukunft, um nicht erneut in solche Situationen zu geraten?

Jens Reime: Anleger sollten sich bei Angeboten mit hohen Zinsen immer fragen: Wie kann ein Unternehmen solche Renditen erwirtschaften? Zudem ist es wichtig, die Finanzierungsform zu prüfen. Nachrangige Anlagen wie Genussrechte bergen erhebliche Risiken, vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Ein Blick in die Warnlisten der BaFin oder der Stiftung Warentest kann ebenfalls hilfreich sein. Und wenn Zweifel bestehen, sollte man unbedingt professionellen Rat einholen.

Fazit: Die DEGAG-Krise zeigt einmal mehr, wie riskant Finanzprodukte mit hohen Zinsen und Nachrangklauseln sein können. Für die betroffenen Anleger ist es nun wichtig, aktiv zu werden, ihre Ansprüche zu prüfen und keine wertvolle Zeit zu verlieren.

Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzungen und Ratschläge.

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