Mit Donald Trump, der kurz vor seiner Rückkehr ins Weiße Haus steht, bereitet sich China offenbar intensiv auf eine mögliche Neuauflage des Handelskriegs vor, der unter seiner ersten Präsidentschaft 2018 begann. Damals galt Chinas Wirtschaft als nahezu unaufhaltsam – mittlerweile sieht die Lage jedoch weniger rosig aus. Herausforderungen wie Immobilienkrisen, hohe Schulden und Deflation drücken die Wirtschaft. Dennoch ist Peking strategisch besser vorbereitet als vor sechs Jahren, wie Wirtschaftsexperten betonen.
Strategien für Handelskrieg 2.0
Trump hat bereits angekündigt, drastische Zölle von bis zu 60 % auf chinesische Waren zu erheben. Dies könnte China hart treffen. Doch das Land hat aus dem ersten Handelskrieg gelernt und setzt auf eine Kombination aus Handelsdiversifizierung, gezielten Gegenmaßnahmen gegen US-Unternehmen und der Stärkung des Binnenkonsums.
„China bereitet sich schon lange auf diesen Moment vor“, erklärt Dexter Roberts, ein Experte für Handelsbeziehungen. Ein Beispiel dafür: Während China 2022 noch der größte Exporteur in die USA war, hat Mexiko diese Position inzwischen übernommen. Im letzten Jahr gingen die Exporte Chinas in die USA um 20 % zurück, während der Anteil am globalen Exportmarkt von 13 % auf 14 % stieg. Dies zeigt, dass China zunehmend weniger abhängig von den USA ist und seine Handelsstrukturen diversifiziert hat.
Auch auf der diplomatischen Bühne betonte Peking seine Widerstandsfähigkeit. Wang Shouwen, internationaler Handelsverhandler und Vize-Handelsminister, erklärte: „Wir sind in der Lage, äußere Schocks zu bewältigen.“
Gezielte Vergeltungsmaßnahmen
Im Gegensatz zu spektakulären Maßnahmen wie dem Verkauf von US-Staatsanleihen oder einer drastischen Abwertung der eigenen Währung, die beiden Seiten schaden könnten, bevorzugt China subtilere Vergeltungsmaßnahmen. Statt eines simplen „Auge um Auge“ wird Peking voraussichtlich asymmetrisch und strategisch antworten.
Liza Tobin, Expertin für Handelsstrategien, erwartet, dass China verstärkt US-Unternehmen ins Visier nimmt, insbesondere solche, die ohnehin auf dem chinesischen Markt unter Druck stehen. Ein Beispiel ist die Modefirma PVH Corp, der Eigentümer von Calvin Klein und Tommy Hilfiger, die wegen der Ablehnung von Baumwolle aus der umstrittenen Region Xinjiang sanktioniert werden könnte. Auch Unternehmensrazzien wie im Fall der Beratungsfirmen Bain & Company oder Capvision zeigen, wie gezielt Peking gegen US-Unternehmen vorgeht.
Solche Maßnahmen sind nicht nur Vergeltung, sondern auch Teil einer langfristigen Strategie, die Kontrolle über die chinesische Wirtschaft zu stärken und westlichen Einfluss zurückzudrängen.
Kein Fokus auf Währungsabwertung
Eine Abwertung der chinesischen Währung Yuan könnte Chinas Exporte wettbewerbsfähiger machen, wenn Trump neue Zölle einführt. Doch Analysten halten dies für unwahrscheinlich. Sean Callow, Devisenexperte bei ITC Markets, weist darauf hin, dass eine solche Maßnahme die Märkte destabilisieren könnte – ein Risiko, das Peking nicht eingehen will. Stattdessen versucht die chinesische Regierung, das Vertrauen in die eigenen Finanzmärkte zu stärken, um in- und ausländische Investitionen anzuziehen.
Ein weiteres Ziel Pekings ist es, den Yuan als Alternative zum US-Dollar zu positionieren, insbesondere für Länder, die seit den westlichen Sanktionen gegen Russland verunsichert sind.
Breitere Auswirkungen der US-Zölle
Trumps Pläne für massive Zollerhöhungen betreffen nicht nur China. Der ehemalige Präsident hat angedeutet, auch auf Importe aus anderen Ländern, insbesondere aus Mexiko, hohe Zölle zu erheben. Einige seiner Vorschläge umfassen 100 % bis 200 % Zölle auf Autos aus Mexiko oder Produkte von Unternehmen, die ihre Produktion von den USA nach Mexiko verlagern.
Analysen zeigen, dass Zölle in dieser Größenordnung nicht nur Chinas Wirtschaftswachstum um die Hälfte reduzieren könnten, sondern auch erhebliche Kosten für US-Haushalte bedeuten würden. Laut dem Peterson Institute würde eine solche Zollpolitik amerikanische Verbraucher jährlich mehr als 2.600 US-Dollar kosten.
Chinas Binnenmarkt als Rettungsanker
Angesichts der Bedrohung durch neue Zölle könnte Chinas enorme Binnenwirtschaft – mit 1,4 Milliarden potenziellen Konsumenten – eine Schlüsselrolle spielen. Der Fokus auf den heimischen Markt bietet Peking die Möglichkeit, die Abhängigkeit vom Ausland weiter zu reduzieren und wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Ob dies ausreicht, um die drohenden Handelskonflikte ohne größere Schäden zu überstehen, bleibt jedoch abzuwarten.
Fazit
China geht strategisch gestärkt in die mögliche Neuauflage des Handelskriegs mit Donald Trump. Doch trotz aller Vorbereitung bleibt der Ausgang ungewiss. Während Peking auf gezielte Maßnahmen und den Ausbau des Binnenmarktes setzt, könnte ein eskalierender Handelskonflikt schwerwiegende Folgen für die globalen Märkte haben – und nicht zuletzt auch für die Verbraucher in den USA. Trumps Politik könnte damit erneut die Weltwirtschaft auf eine harte Probe stellen.
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