Verbraucher haben das Recht, einen Vertrag, der außerhalb der Geschäftsräume eines Baubetriebs abgeschlossen wurde, auch nach einer vollständigen Dienstleistungserbringung zu widerrufen. Dabei schuldet der Verbraucher dem Unternehmer keine Entschädigung für die erbrachten Leistungen. Diese Klarstellung erfolgte durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 17. Mai 2023 (Az.: C-97/22).
In dem verhandelten Fall verklagte ein Unternehmen einen Bauherrn auf Werklohn, wobei die Rechte eines Handwerksbetriebs abgetreten wurden. Im Oktober 2020 hatte der Bauherr mit einem Elektroinstallationsunternehmen einen mündlichen Vertrag über die Modernisierung der Elektroinstallationen in seinem Haus abgeschlossen. Die Vertragsvereinbarung wurde außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmens getroffen, was als Fernabsatzvertrag gilt. Der Bauherr wurde jedoch nicht über sein Widerrufsrecht informiert. Nachdem der Unternehmer seine Leistungen vollständig erbracht hatte und die Endrechnung gestellt wurde, verweigerte der Bauherr die Zahlung. Im März 2021 widerrief er den Vertrag.
Obwohl die Bestimmungen zum Widerrufsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert sind, hat der deutsche Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen die Anforderungen einer EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucherrechte in nationales Recht umgesetzt. Das Landgericht Essen wollte mit einem Vorlageverfahren klären, ob die rechtlichen Folgen einer fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung – der Verbraucher erhält einen Vermögenszuwachs, ohne zur Gegenleistung verpflichtet zu sein – nicht gegen das Prinzip des ungerechtfertigten Bereicherungsverbots verstoßen. Der EuGH hat nur zu dieser Frage entschieden.
Der hohe Verbraucherschutz rechtfertigt eine vollständige Befreiung von der Gegenleistung im Falle einer unterlassenen Widerrufsbelehrung: Nach der EU-Richtlinie soll der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen das Risiko aller mit der Rückabwicklung des Vertrags bis zum Ablauf der Widerrufsfrist verbundenen Kosten tragen. Wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht oder nicht korrekt über sein Widerrufsrecht informiert, verlängert sich die Frist grundsätzlich auf zwölf Monate und 14 Tage. Bei ordnungsgemäßer Belehrung hat der Verbraucher in der Regel ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
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