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Hanseatisches Oberlandesgericht Musterentscheid 13 Kap 8/19 MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG

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Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 13 Kap 8/​19

Verkündet am 30.07.2021

Simpson, JFAng
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

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Beschluss

In der Sache

Dietmar Hahn, Schillerstraße 11b, 51503 Rösrath

– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte activeLAW, Hans-Böckler-Allee 26, 30173 Hannover, Gz.: PR 2755/​18-1

gegen

1)

HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter d. HCI Vertriebsverwaltung GmbH, d. vertr. durch ihre Geschäftsführerin Christine Beckmann, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –

2)

HCI Treuhand GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter d. Verwaltungs HCI Treuhand GmbH, d. vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Herdentorsteinweg 7, 28195 Bremen

– Musterbeklagte –

3)

HCI Treuhand SERVICE GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafterin d. Verwaltungs HCI Treuhand Service GmbH, d. vertreten durch die Geschäftsführer Kai Dührkop und Frauke Schünemann, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –

4)

Ernst Russ AG, vertreten durch d. Vorstand, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –

5)

Verwaltung MS „Vogerunner“, vertreten durch d. Geschäftsführer Jens-Michael Arndt und Markus Lange, Hallerstraße 40, 20146 Hamburg

– Musterbeklagte –

6)

Lloyd Handysize Bulker Verwaltungs GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Jens-Michael Arndt, Hallerstraße 40, 20146 Hamburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 5:
Rechtsanwälte Graf von Westphalen, Ulmenstraße 23 – 25, 60325 Frankfurt, Gz.: 2675/​2018

Prozessbevollmächtigte zu 6:
Rechtsanwälte Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek, Neuer Wall 63, 20354 Hamburg, Gz.: 21387-19

Nebenintervenient zu 1:
Thomas Rother, Hirtenberg 30, 01844 Neustadt

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hartmann, Taucherstraße 22, 02625 Bautzen, Gz.: 139/​18 H06

Nebenintervenient zu 2:
Thomas Rother, Hirtenberg 30, 01844 Neustadt, Gz.: 139/​18 H06

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hartmann, Taucherstraße 22, 02625 Bautzen, Gz.: 139/​18 H06

Nebenintervenient zu 4:
Thomas Rother, Hirtenberg 30, 01844 Neustadt, Gz.: 139/​18

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hartmann, Taucherstraße 22, 02625 Bautzen, Gz.: 139/​18

Nebenintervenientin zu 1, 2 und 4:
BIT Treuhand AG, Schillerstraße 12, 56567 Neuwied

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Heberlein, Mack-Pfeiffer & Kollegen, Elisabethstraße 11, 80796 München, Gz.: 11050/​18

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
FINAKOM AG, Leubnitzer Straße 30, 01069 Dresden

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Lutz Harbig, Hauptstraße 304, 04416 Markkleeberg, Gz.: 82/​18

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Lutz Harbig, Hauptstraße 304, 04416 Markkleeberg

Nebenintervenientin zu 1 – 3:
RTC Revision Treuhand Consultin GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, vertreten durch d. Geschäftsführer, Rahlstedter Straße 32a, 22149 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 000212-18/​CH/​DZ

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld

Nebenintervenientin zu 1 – 4:
eFonds Solutions AG, Albert-Roßhaupter-Straße 43, 81369 München

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Lutz Abel Partnerschaftsgesellschaft mbB, Markgrafenstraße 36, 10117 Berlin, Gz.: 58/​2020 OLGR/​meeb

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner am 30.07.2021:

1.) Es wird festgestellt, dass die Darstellung des Marktumfeldes im am 08.05.2008 veröffentlichten Anlageprospekt zur MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG insoweit unvollständig ist, als die Angaben zu Nachfrage- und Angebotsentwicklung lückenhaft sind und zudem beziehungslos nebeneinandergestellt werden.

2.) Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagten zu 2 und zu 3 aufgrund ihrer Stellung als Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft passivlegitimiert im Sinne einer Prospekthaftung im weiteren Sinne sind.

3.) Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagten zu 2 und 3 als Gründungsgesellschafter (bzw. Rechtsnachfolger einer Gründungsgesellschafterin grundsätzlich gegenüber den neu beitretenden (bzw. sich über die Treuhänderin beteiligenden) Anlegern aufklärungspflichtig waren und insoweit passivlegitimiert im Sinne einer Prospekthaftung im weiteren Sinne sind.

4.) Es wird festgestellt, dass aus Prospekthaftung im weiteren Sinne der Anleger grundsätzlich nur Ersatz des negativen Interesses fordern kann.

5.) Im Übrigen werden die Feststellungsanträge des Musterklägers zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Das vorliegende KapMuG-Verfahren bezieht sich auf den am 08.05.2008 veröffentlichten Anlageprospekt zur MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG.

Bei der MS Vogerunner handelte es sich um einen 176.800 tdw Capesize-Bulker, der am 30.11.2008 von einer japanischen Werft abgeliefert und sodann in eine fünfjährige Festcharter der Transfield ER Cape Ltd. BV zu einer festen Bruttocharterrate von $ 39.450,– p.d. gehen sollte. Geplant war eine Laufzeit des Fonds von ca. 16 Jahren.

Nach dem Prospekt (S. 67) waren Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG die Bereederungsgesellschaft H. Vogemann GmbH & Co. KG, die HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH, die HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH und die Verwaltung MS „Vogerunner“ GmbH.

Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 1 war die HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH, die auf S. 5 des Prospektes als Prospektverantwortliche bezeichnet ist; sie hatte einen Kommanditanteil von € 24.000 an der Fondsgesellschaft gezeichnet und trat als Anbieterin/​Emissionshaus auf.

Die Musterbeklagte zu 2 ist Rechtsnachfolgerin der HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH, die einen KG-Anteil von € 1.000 hielt und die Funktion der Treuhandkommanditistin übernahm und eine 100%-ige Tochter der Konzernmutter HCI Capital war und damit Schwestergesellschaft der HCI Beteiligungsgesellschaft mbH, die ihrerseits 50 % der Anteile an der Komplementärin der Fondsgesellschaft hielt.

Bei der Musterbeklagten zu 3 handelt es sich um eine Abspaltung der Musterbeklagten zu 2.

Die Musterbeklagte zu 4 ist die umfirmierte, vormals als HCI Capital AG aufgetretene Konzernmutter .

Die Musterbeklagte zu 5 ist die Komplementärin der Fondsgesellschaft.

Der Musterkläger und die durch Rechtsanwälte Mattil & Co. vertretenen Beigeladenen sind der Auffassung, dass auch unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des BGH in Sachen BGH XI ZB 35/​18 die Musterbeklagten weiterhin passivlegitimiert im Sinne der Prospekthaftung im weiteren Sinne seien und insbesondere keine Verdrängung dieses Instituts durch die spezialgesetzlichen Regelungen der §§ 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 BörsG a.F. Platz greife. So seien die Musterbeklagten zu 2 – 6 nicht als Prospektveranlasser anzusehen, da sie weder Gesellschafterinnen der Komplementär-GmbH der Fondsgesellschaft seien noch irgendwie bestimmenden Einfluss auf die Konzeption des Fonds genommen hätten. Dies gelte auch für die Musterbeklagte zu 5 in ihrer Rolle als bloße Komplementärin.

Die Musterbeklagten seien nicht über ihre Rolle als Gründungsgesellschafter hinausgegangen. Insbesondere die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 2 (und mittelbar 3) habe sich auf ihre Rolle als Abwicklungs-Treuhänderin beschränkt und insoweit die Funktion eines Dienstleisters für die Anleger wahrgenommen, nicht aber auf Fondskonzept und -prospekt eingewirkt.

Die Musterbeklagten zu 1 – 5 sind der Auffassung, dass sie allesamt nach der neuesten Rechtsprechung des BGH nicht passivlegitimiert im Sinne der Prospekthaftung im weiteren Sinne seien. Auch die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 2 habe eine konzeptionelle Rolle – nämlich als Treuhandkommanditistin – innerhalb des Fondskonzepts übernommen. Seit dem Jahre 1985 sei sie innerhalb des HCI-Konzerns zur leistungsfähigen Treuhandgesellschaft entwickelt worden, deren Kompetenzen für die Verwirklichung von Schiffsfondsprojekten unabdingbar gewesen seien, da sie nach dem Treuhandvertrag die gesamte Abwicklung im Verhältnis zu den Anlegern zu übernehmen gehabt habe. Hinzu komme ihre Rolle als Partnerin des mit der Fondsgesellschaft abgeschlossenen Servicevertrages, die ihr umfangreiche Pflichten gegenüber der Fondsgesellschaft auferlegt habe, die für das Projekt ebenfalls essentiell gewesen seien.

Auch ihr Gesellschaftszweck (S. 25 des Prospektes) zeige, dass sie im Gesamtkonzept eine tragende Rolle eingenommen habe.

Schließlich habe sie ein erhebliches finanzielles Eigeninteresse verfolgt, da sie eine am eingeworbenen Kapital orientierte Vergütung, weiter ein Entgelt aus dem Servicevertrag und schließlich eine Beteiligung von 1 % am Bruttoverkaufserlös des Fondsschiffes erhalten sollte.

Der Prospekt sei auch mit ihrer Kenntnis in Verkehr gebracht worden.

Mit Beschluss vom 12.02.2019 hat das Landgericht Hamburg dem Senat die folgenden Feststellungsziele zur Entscheidung vorgelegt.

1. Der am 08.05.2008 von der HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co. KG (vormals: HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH) aufgestellte Verkaufsprospekt für den Erwerb einer Beteiligung an der MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG ist in erheblichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend, soweit folgende Angaben nicht oder falsch dargestellt wurden:

a) Die Darstellung des Marktes und des Marktumfeldes ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil

aa) der Prospekt zum Zeitpunkt der Herausgabe veraltete Aussagen zur Entwicklung der Weltwirtschaft und des Welthandels enthält,

bb) die Darstellung über das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage fehlerhaft dargestellt wird,

cc) die Kapazität der Flotte durch veraltete Informationen fehlerhaft dargestellt wird, zusätzliche Kapazitäten durch Tankerumbauten nicht berücksichtigt werden und signifikante Kapazitätsreduzierungen durch ein unrealistisches, marktuntypisches Verschrottungspotenzial dargestellt werden,

dd) der Prospekt die negativen Marktanalysen mit prognostizierten Einbrüchen im Bulkermarkt verschweigt.

b) Die Darstellung der Prognosen der Charterraten ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil

aa) der Prospekt die historischen Charterraten unzutreffend angibt,

bb) die Charterprognosen infolge der unzutreffenden Angaben unvertretbar sind,

cc) der Prospekt nicht über den vorhersehbaren Einbruch der Charterraten aufklärt.

c) Die Darstellung der Bonität des Charterers durch den Report von Dynamar B.V. über Transfield ER Ltd. ist im Prospekt unzureichend und irreführend dargestellt.

d) Die Darstellung des Charterausfallrisikos im Prospekt ist fehlerhaft, da dieses tatsächlich höher war als dargestellt. Bei Prospekterstellung war bereits der Ausfall des Charterers absehbar, weil infolge eines Dynamar Reports objektiv erkennbar war, dass er seine Verpflichtungen aus dem Chartervertrag nicht erfüllen können wird, wenn sich die prognostizierten Marktrückgänge einstellen.

e) Die Darstellung des Wertgutachters Dipl.-Ing. Günter Oppermann im Prospekt ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil

aa) sich der Marktwert eines Schiffes anhand auf dem freien Markt durch Angebot und Nachfrage ermittelt, wobei die Charterverträge außer Acht gelassen werden,

bb) sich das Gutachten vom 01.04.2008 auf ein erst im November abzulieferndes Schiff bezieht und der Wert des Schiffes auf dem weltweiten Zeitchartermarkt zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nicht ermittelbar war,

cc) das Gutachten den aktuellen Marktwert nicht wiedergibt,

dd) das Gutachten nicht die marktübliche Charter zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens zu Grunde legt.

f) Die Darstellung der Leistungsbilanz aus 2006 zur HCI-Gruppe ist veraltet, unvollständig und irreführend, weil bei Prospekterstellung im Mai 2008 Zahlen aus 2007 bereits bekannt waren und die Ergebnisse aus 2007 in Bezug auf die 17 in Fahrt befindlichen Bulkerschiffe der HCI Flotte

aa) bei 16 Schiffsgesellschaften (94,11 %) der Reedereiüberschuss kumuliert mit 18,69 % unter Plan lag,

bb) bei 6 Schiffsgesellschaften (35,29 %) die Tilgung kumuliert mit 2,04 % unter Plan lag

cc) bei 16 Schiffsgesellschaften (94,11 %) die Liquidität kumuliert mit 54,87 % unter Plan lag,

dd) bei 11 Schiffsgesellschaften (64,7 %) die Ausschüttungen kumuliert mit 21,75 % unter Plan lagen.

g) Der Prospekt weist nicht darauf hin, dass die Gesellschaft im Fall der Insolvenz für Verbindlichkeiten des Charterers und des Subcharterers haftet. Dabei handelt es sich um einen wesentlichen Prospektfehler.

2. Die Antragsgegner sind für den am 08.05.2008 für die Beteiligung an der MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG veröffentlichten Prospekt als Fondsinitiator gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 VermAnlG verantwortlich, und es liegt kein Haftungsausschluss nach § 20 Abs. 3, 4 VermAnlG vor.

3. Die Antragsgegner haften im Hinblick auf die Beteiligung an der MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG gegenüber den Anlegern als Haftungsschuldner aus Prospekthaftung im weiteren Sinne als Gesamtschuldner.

4. Die Antragsgegner haben schuldhaft nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gehandelt.

5. Es wird festgestellt, dass die Kausalitätsvermutung bezüglich der Prospektfehler für die Anlageentscheidung nicht schon deshalb widerlegt ist, weil der Anleger an einer Sanierung durch weiteres Kapital teilgenommen hat.

6. Die Antragsteller sind so zu stellen, wie sie stünden, wenn sie die Beteiligung nicht gezeichnet hätten.

Mit Beschluss vom 27.01.2021 hat der Senat die folgenden weiteren Feststellungsziele zum Verfahren zugelassen:

Feststellungsziel 1.

Der Emissionsprospekt zur Beteiligungsgesellschaft MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG vom 08.05.2008 ist unrichtig, unvollständig und irreführend

h) weil die in der Liquiditätsprognose prospektierte jährliche Eskalation der Schiffsbetriebskosten in Höhe von 4 % p.a. für die Jahre 2010 – 2012 und um 2,5 % p.a. ab 2013 bereits aus ex-ante-Sicht nicht vertretbar war;

i) da die Sensitivitätsanalyse auf S. 48 des Verkaufsprospektes sich als unrichtig und unvollständig erweist, den Anleger bei der Investitionsentscheidung in die Irre führt und an groben Mängeln der Systematik und Methodik leidet;

j) da er sich unrichtig, unvollständig und widersprüchlich zu dem Charterunternehmen verhält.

II.

A.) Auch unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des BGH (BGH XI ZR 35/​18, Beschluss vom 19.01.2021), der der Senat folgt, steht dem Musterkläger weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für seine Feststellungsanträge zu, die sich (ausweislich Feststellungszielen 3 und 4) explizit auf die Feststellung einer Haftung nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne richten, denn die Musterbeklagten zu 2 und 3 sind insoweit passivlegitimiert. Bezogen auf sie findet eine Verdrängung dieses Haftungsinstituts durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung nicht statt.

1.)

Allerdings handelt es sich bei den Musterbeklagten zu 1 und 4 um Prospektverantwortliche im Sinne der §§ 13 VerkProspG.

Dies ist offensichtlich für die Musterbeklagte zu 1, die im Prospekt formell als Prospektverantwortliche bezeichnet wird, was auch der Musterkläger nicht anzweifelt.

Bei der Musterbeklagten zu 4 handelt es sich hingegen um ein „Unternehmen, von dem die wirtschaftliche Initiative ausgeht, das hinter dem Prospekt steht und sein eigentlicher Urheber ist“, nämlich die Konzernmutter des (vormaligen) HCI-Konzerns, die kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Leistungsmacht – insbesondere als Alleingesellschafterin der Musterbeklagten zu 1 – die Geschäfte des Konzerns beherrschte. D. h., sie stand (und steht) hinter der Geschäftsleitung des Emissionshauses; Intention der gesetzlichen Neuregelung zu § 44 BörsG a.F. war aber gerade die Erfassung von Konzernmuttergesellschaften (vgl. BGH aaO., Rn. 24).

2.)

Anders stellt sich die Sachlage hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 dar. Der Senat versteht die o. g. Entscheidung des BGH vom 19.01.2021 dahingehend, dass nicht schlicht die Eigenschaft als Gründungsgesellschafter einer Fondsgesellschaft zur Anwendung der §§ 13 VerkProspG i.V.m. 44 ff. BörsG und damit der Verdrängung der Prospekthaftung im weiteren Sinne führt, sondern vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen ist, ob ein als Musterbeklagter in Anspruch genommener Gründungsgesellschafter tatsächlich als „Prospektveranlasser“ anzusehen ist.

Danach kommt die Musterbeklagte zu 2 hier nicht als Prospektverantwortliche in Betracht.

Vorliegend spricht schon die im Prospekt geschilderte Funktion der HCI Treuhand GmbH, die hiernach in aller erster Linie die Interessen der Treugeber und gerade nicht der anderen am Projekt beteiligten Gesellschaften oder auch der HCI-Gruppe insgesamt wahrzunehmen hatte, deutlich gegen die Einstufung als Prospektverantwortliche. Vor diesem Hintergrund kann auch aus der Einbindung in die Konzernstruktur der HCI-Gruppe nichts anders hergeleitet werden, da dies nichts daran ändert, dass die Treuhänderin nach den expliziten Angaben im Prospekt als Interessenwahrerin der Treugeber geschildert wurde.

Zudem war sie nur mit einem geringen Anteil von € 1.000 als Kommanditistin an der Emittentin beteiligt und – anders als im vom BGH beurteilten Sachverhalt – auch nicht und schon gar nicht zu einem erheblichen Anteil an der Komplementärin der Fondsgesellschaft beteiligt und hatte somit keinerlei gesellschaftsrechtlich begründeten Einfluss auf deren Führung.

Auch aus dem wirtschaftlichen Interesse der Musterbeklagten zu 2 an der Durchführung des Fondsprojektes kann hier nicht auf ihre Prospektveranlassung geschlossen werden: Den wesentlichen Teil ihrer Vergütung sollte sie (S. 68 des Prospektes) als Fixum für die Erbringung von Treuhand- bzw. Serviceleistungen und nicht etwa aus einer Gewinnbeteiligung oder ähnlichem beziehen. Selbst der ihr zustehende Anteil am Verkaufserlös des Fondsschiffes ist allenfalls indirekt an das vom Fonds erzielte Ergebnis gekoppelt, da Berechnungsbasis für diesen Vorabgewinn gerade nicht das Ergebnis des Fonds, sondern vielmehr der Verkaufserlös des Schiffes sein sollte, der gerade nicht vom erzielten Ergebnis abhängt. Dass die Treuhandgesellschaft in das Gesamtkonzept der Konzernmutter zur Generierung möglichst hoher Erlöse eingebunden war, macht sie nicht zur Prospektverantwortlichen – bildlich gesprochen ist sie keinesfalls „Hintermann“, sondern wird allenfalls „vorgeschoben“, um ihre Rolle als Dienstleister wahrzunehmen.

Dass die Musterbeklagte zu 2 im Rahmen der Konzeptionierung des Schiffsfonds oder gar der Erstellung des Prospektes eine tragende oder auch nur einflussreiche Rolle gespielt hätte, haben die Musterbeklagten nicht schlüssig vorgebracht.

Der Vortrag der Musterbeklagten (Schriftsatz RAe Graf von Westphalen vom 31.05.2021, S. 7 – 10) zu den vielfältigen Pflichten der Treuhandgesellschaft aus dem Treuhandvertrag ist insoweit irrelevant – die Musterbeklagten verkennen hier, dass die Treuhandgesellschaft unzweifelhaft eine wichtige Rolle im Rahmen des Gesamtkonzeptes spielte, dass sie dabei aber funktional auf die Wahrnehmung der Interessen der Treugeber fokussiert war und ist, wie die Auflistung ihrer Pflichten in § 1 Abs. 2 des Treuhandvertrages, (S. 88 des Prospektes), aber auch die Präambel des Treuhandvertrages eindrucksvoll verdeutlichen – sie steht hiernach „im Lager“ der Anleger, nicht der Anbieter.

Hierzu passt im Übrigen auch die von Beklagtenseite herangezogene Darstellung auf S. 25 des Prospektes, wonach die Treuhandgesellschaft die Beteiligung „für die einzelnen betretenden Anleger … verwaltet und überwacht.“

Nichts anderes folgt daraus, dass die Treuhandgesellschaft auch noch bestimmte Dienstleistungen nach Maßgabe des „Servicevertrages“ erbringt. Schon im Ansatz handelt es sich hierbei (S. 91 ff. des Prospektes) schlicht um einen synallagmatischen Vertrag, mit dem die Treuhänderin bestimmte – wohl wichtige, wenn auch teils arg unscharf umschriebene (etwa: „Mitwirkung“ bei Verkauf des Schiffes und Liquidation der Gesellschaft) – Aufgaben gegen Entgelt übernimmt. Einen Rückschluss auf die Einbindung in die Konzeptionierung des Fonds oder gar eine Rolle als „Hintermann“ und eigentlich oder doch wenigstens mit „treibende Kraft“ lässt all dies nicht zu. Vortrag dazu, dass die Treuhandgesellschaft konkret an der Entscheidung über die Auflegung des vorliegenden Fondsprojektes oder etwa an der Festlegung der Details der Konzeptionierung (insbesondere der wesentlichen wirtschaftlichen Parameter: Welches Schiff – zu welchem Preis – mit welchen Vorgaben zur Beschäftigung – mit welcher konkreten Kalkulation) auch nur mitgewirkt hätte, fehlt ganz. Vielmehr beschränkt sich die Beklagtenseite auf das Vorbringen, dass die Musterbeklagte zu 1 und die Treuhandgesellschaft jedenfalls seit dem Jahr 2000 ein „Leistungspaket“ entwickelt hätten – das aber sagt für eine Mitwirkung an oder gar Einflussnahme auf die Konzeptionierung des konkreten Fondsprojektes gar nichts aus. Dies umso mehr, als – unstreitig – der Treuhandgesellschaft irgendeine gesellschaftsrechtlich fundierte Entscheidungsmacht gerade nicht zukam.

3.)

Die Passivlegitimation der Musterbeklagten zu 3 ergibt sich aus §§ 131, 133 UmwG, es handelt sich bei ihr um eine Abspaltung der Musterbeklagten zu 32, die gem. § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG gesamtschuldnerisch für deren vor der Abspaltung (die im Jahre 2013 erfolgte) begründete Verbindlichkeiten einzustehen hat.

4.)

Zu einer Prospektverantwortlichkeit der Musterbeklagten zu 5 ist zwar seitens der Beklagten nichts Näheres vorgetragen worden – eine solche kann hier jedoch aus ihrer Stellung als Komplementärin der Fondsgesellschaft erschlossen werden: Da sie offenbar die Geschäfte der Fondsgesellschaft (wie nach der etwas unklaren Darstellung S. 67 und 70 des Prospektes anzunehmen) führt(e), hatte sie kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Leistungsmacht wesentlichen Einfluss auf die Durchführung des Fondsprojektes, womit sie nach den Kriterien von BGH XI ZB 35/​18 gleichfalls als Prospektverantwortliche einzustufen ist. Anders als die Treuhandgesellschaft hielt sie zwar keinen Kapitalanteil an der Fondsgesellschaft (S. 67) und bezog auch keinerlei Vergütung (S. 70), anders als diese stand sie jedoch eindeutig „im Lager“ der Initiatoren des Fonds und nicht der Anleger.

5.)

Dies gilt nicht für die Musterbeklagte zu 6, die nicht Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft war.

Den Beteiligten musste zu dieser Frage nicht nochmals ausdrücklich rechtliches Gehör gewährt werden: Die sich aus der kurz vor dem Termin am 31.03.2021 bekannt gewordenen Entscheidung des BGH in Sachen BGH XI ZB 35/​18 ergebende Problematik wurde in der mündlichen Verhandlung thematisiert (S. 4 oben des Sitzungsprotokolls vom 31.03.2021); der Musterkläger und die Musterbeklagten zu 1 – 5 haben die ihnen eröffnete Möglichkeit zur ausführlichen Stellungnahme im Wege des nachgelassenen Schriftsatzes (vgl. Beschluss des Senats S. 8 des Sitzungsprotokolls) genutzt (S. 6 – 12 des klägerischen Schriftsatzes vom 31.05.2021; S. 1 – 15 des Schriftsatzes der Vertreter der Musterbeklagten zu 1 – 5 vom 31.05.2021).

B.) Der Musterkläger ist der Auffassung, dass der Anlageprospekt diverse Mängel aufweise. Der Senat folgt dem teilweise.

1.)

Feststellungsziel 1a) aa)

Die Darstellung des Marktes und des Marktumfeldes ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil der Prospekt zum Zeitpunkt der Herausgabe veraltete Aussagen zur Entwicklung der Weltwirtschaft und des Welthandels enthält.

a)

Der Musterkläger ist der Auffassung, dass die Aussagen zum Marktumfeld (S. 32 – 38 des Prospektes) bei Veröffentlichung des Prospektes in wesentlichen Punkten veraltet gewesen seien und damit den Anlegern einen unzutreffend positiven Eindruck von den Chancen der Anlage vermittelt hätten.

So seien die Aussagen, dass im Jahre 2008 mit einem Zuwachs der Weltwirtschaft um 4,8 % und beim Welthandel in 2008 und 2009 mit Zuwächsen von je 8,1 % zu rechnen sei, im Mai 2008 nicht mehr vertretbar gewesen.

Dem schon im Januar 2008 veröffentlichten World Economic Outlook des IWF (Anl. MK 2) sei zu entnehmen gewesen, dass nur noch ein Weltwirtschaftswachstum von 4,1 % und für die advanced economies 2008 mit deutlich geringeren Wachstumsraten als in 2007 zu rechnen sei (USA: 0,8 statt 2,6 %; EU 1,3 statt 2,3 %).

Hiermit seien die optimistischen Aussagen im Prospekt, dass die USA und der €-Raum auch zukünftig ihren kräftigen Anteil am globalen Wachstum haben würden (S. 32, mittlere Spalte, 1. Absatz), nicht vereinbar.

Auch andere Quellen (Anl. MK 3 und MK 4) hätten sich mit Rücksicht auf die sich verschärfende Finanzkrise schon Ende 2007 sehr kritisch zu den Aussichten für 2007 geäußert, was im Prospekt gleichfalls ausgeblendet werde.

b)

Die Musterbeklagten treten dem entgegen.

Zunächst sei zu beachten, dass im Abschnitt zu den „Risiken der Beteiligung“ klar hervorgehoben sei, dass unvorhersehbare Entwicklungen der Rahmenbedingungen erhebliche Auswirkungen auf das wirtschaftliche Ergebnis der Beteiligung haben könnten und der Prospekt diverse Angaben Dritter enthalte, deren Richtigkeit nicht überprüft worden sei (S. 11, l. Sp.).

Den klägerseits zitierten Quellen zur Entwicklung der Weltwirtschaft lasse sich allenfalls eine Verlangsamung der Wachstumsdynamik entnehmen. Gerade der Report des IWF aus dem Januar 2008 (Anl. MK 2) spreche nur von einer teilweisen Verlangsamung des Wachstums der Weltwirtschaft. Keinesfalls habe sich hier ablesen lassen, dass eine krisenhafte Entwicklung sicher bevorstehe. Ohnehin lege der Kläger nicht dar, inwieweit die von ihm angenommene Abschwächung der Weltwirtschaft sich tatsächlich negativ auf den Markt für Capesizebulker hätte auswirken müssen. Maßgeblich seien insoweit die Prognosen zum Welthandel – der Kläger lege nicht substantiiert dar, dass eine Abschwächung auch insoweit zu prognostizieren gewesen sei.

Dem Report Anl. MK 2 komme ohnehin hier keine Aussagekraft zu, da er erstmals nach einem neuen Verfahren erstellt worden sei, das zu einer Absenkung der Prognose zum Weltwirtschaftswachstum um ca. 0,5 % geführt habe. Hierum bereinigt sei der Report aus dem Januar also nur zu einem um 0,3 % unter der im Oktober 2007 veröffentlichten Prognose liegenden Wert gelangt.

Keinesfalls sei den klägerseits vorgelegten Veröffentlichungen ein eindeutiger Abwärtstrend zu entnehmen gewesen, da z. B. der Report Anl. MK 2 für die Schwellenländer und China weiter ein massives Wachstum von 6,9 bzw. 10 % prognostiziert habe – ein Punkt, auf den der Prospekt auf S. 32, l. Sp. ausdrücklich Bezug nehme, wenn auf zu erwartendes Wachstum in China und Südostasien verwiesen werde. In diese Richtung deute auch die vom Kläger selbst vorgelegte Einschätzung von Clarkson’s (Anl. MK 9), wonach für China 2008 ein massiver Anstieg der Eisenerzimporte (12 %) erwartet wurde.

Ohnehin seien Anleger selbst verpflichtet, die aktuelle Entwicklung der Finanz- und Wirtschaftslage zu verfolgen.

Die weiteren Veröffentlichungen, auf die der Kläger sich bezogen habe (Anl. MK 3 und 4), enthielten keine relevanten Informationen, da sie sich in erster Linie mit dem Kreditgeschäft der Banken und der Finanzkrise beschäftigten, ohne eine Verbindung zum hier relevanten Markt für Capesize-Bulker zu ziehen.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen.

Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Darstellung auf S. 32 ff. des Prospektes zur Entwicklung von Weltwirtschaft und Welthandel falsch, die hier abgegebenen Prognosen überholt und unvertretbar gewesen seien.

Allerdings ist nicht zu verkennen, dass der erst im Mai 2008 veröffentlichte Prospekt durchaus noch den IWF World Economic Outlook aus dem Januar 2008 hätte berücksichtigen können und dann etwas niedrigere Wachstumsprognosen hätte nennen müssen.

Soweit die Beklagten die Veröffentlichung dieses Reports mit Nichtwissen bestreiten, ist dies abwegig, da sie sich (im Prospekt) selbst auf den IWF-Report aus Oktober 2007 beziehen (S. 32 Fußnote 3) und bei den Verantwortlichen eines Fondshauses – wenn dieses nicht von vornherein und stets in der Haftung für fehlerhafte Prospekte stehen will – auszuschließen ist, dass sie aktuelle Veröffentlichungen des IWF nicht zur Kenntnis nehmen bzw. jedenfalls um deren periodische Veröffentlichung wissen.

Der Report Anl. MK 2 liefert jedoch keine hinreichenden Ansatzpunkte, um von einer so maßgeblichen Verschlechterung der Lage der Weltwirtschaft auszugehen, dass die im Prospekt gegebenen Prognosen nicht mehr vertretbar gewesen wären.

Zum einen wird lediglich eine Abschwächung des Wachstums (nicht etwa ein Rückgang der Wirtschaftsleistung) um nur 0,3 % angenommen (Anl. MK 2, „Leitsatz“), also lediglich ein Rückgang des Anstiegs der Wirtschaftsleistung um ca. 6 % vorhergesagt, womit nicht ernsthaft von einem Einbruch oder der Prognose einer krisenhaften Entwicklung die Rede sein kann.

Zum anderen wird einer erwarteten deutlichen Reduktion des Wachstums in den entwickelten Volkswirtschaften ein weiteres erhebliches Wachstum in den Schwellenländern und vor allem in China gegenübergestellt (Anl. MK 2, S. 2).

Auch wenn der IWF insgesamt zu der Einschätzung gelangt, dass die Aussichten sich verschlechtert hätten („The overall balance of risks to the global growth ist still tiltet to the downside“) und auf gestiegene Risiken hinweist (aaO., S. 2), so kann dies bezogen auf den Prospektinhalt doch nicht ohne Bezug auf das konkrete Investitionsobjekt – einen Capesize-Bulker – gesehen werden. Es ist aus zahlreichen Verfahren zu Schiffsfonds gerichtskundig, dass – wie auch im Prospekt ausgeführt (S. 32, r. Sp., letzter Absatz) – Capesize-Bulker insbesondere die major bulks Kohle und Eisenerz transportieren und insoweit gerade die Nachfrage aus Schwellenländern, vor allem aber aus China, in den 2000er-Jahren der wesentliche, die Nachfrage antreibende Faktor war. Da dort jedoch – auch nach Darstellung des IWF (Anl. MK 2, S. 2, l. Sp.) weiterhin mit einem massiven, sich nur geringfügig abschwächenden Nachfragewachstum zu rechnen war, war die im Januar 2008 anzunehmende, eher geringfügige Abschwächung der Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft insgesamt für die Erfolgsaussichten des Anlageprojektes nicht so relevant, dass sie zwingend im Prospekt hätte erwähnt werden müssen.

2.)

Feststellungsziele 1a bb und cc

Die Darstellung des Marktes und des Marktumfeldes ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil die Darstellung über das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage fehlerhaft dargestellt wird und die Kapazität der Flotte durch veraltete Informationen fehlerhaft dargestellt wird, zusätzliche Kapazitäten durch Tankerumbauten nicht berücksichtigt werden und signifikante Kapazitätsreduzierungen durch ein unrealistisches, marktuntypisches Verschrottungspotenzial dargestellt werden.

a)

Der Musterkläger meint, dass der Chart zum Seehandelsvolumen bei Kohle und Eisenerz (S. 33 oben des Prospektes) einen fehlerhaften Eindruck vermittele: Denn während der Tabelle und dem begleitenden Text zu entnehmen sei, dass seit 2003 – 2007 ein durchschnittliches jährliches Wachstum der Transportmengen von 8,2 % erreicht worden sei und damit nahegelegt werde, dass dies auch so weitergehen werde, habe Clarksons im Frühjahr 2008 forecasts (Anl. MK 5 – MK 7) veröffentlicht, nach denen mit deutlich reduzierten Wachstumsraten von 4,90 – 5,55 % in 2008 zu rechnen gewesen sei, womit also ein Einbruch des Wachstums gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2003 – 2007 um ca. 1/​3 erwartet worden sei.

Die hierin liegende Irreführung des Anlegers werde durch die Angaben zum Flottenwachstum bei Capesize-Bulkern (S. 35f. des Prospektes) verstärkt. Während auf S. 35 angegeben werde, dass 148 Einheiten der Bestandsflotte aufgrund ihres Alters dem Markt mittelfristig nicht mehr zur Verfügung stehen würden, sei auf S. 36 angegeben, dass in den nächsten 3 ½ Jahren 645 Schiffe mit 118,5 Millionen tdw abgeliefert werden würden. Damit habe der Darstellung im Prospekt entnommen werden können, dass das Orderbuch 89,6 % des Flottenbestandes ausgemacht habe – auch diese Angabe sei im Mai 2008 aber schon veraltet gewesen, denn ausweislich des Clarksons Shipping Intelligence Weekly vom 02. Mai 2008 (Anl. MK 8) habe sich dieser Wert bei Prospektveröffentlichung schon auf 94,6 % der Bestandsflotte erhöht.

Verschwiegen worden sei zudem, dass allein im Jahr 2008 – nach dem Clarksons Shipping Sector Report Spring 2008 (Anl. MK 9) – mit dem Zulauf weiterer 12.100.000 tdw Bulkertonnage aus der Konversion von Tankern gerechnet worden sei, womit der zu erwartende Zulauf dann schon bei 105,59 % der Bestandsflotte gelegen habe.

Nicht nur diese Informationen an sich, auch die erforderliche Verknüpfung zwischen den Prognosen zu Angebot und Nachfrage bleibe der Prospekt schuldig – diese aber würde gezeigt haben, dass die Angebotsseite (der Flottenbestand) prognostisch von 2008 – 2012 weit stärker wachsen würde als die Nachfrage nach Bulkertransporten. Die Verknüpfung sei unentbehrlich gewesen, da nur sie für den Anleger erkennbar gemacht haben würde, dass es über kurz oder lang zu dramatischen Verwerfungen und Einbrüchen bei den Charterraten würde kommen müssen.

Auch sei nicht verdeutlicht worden, dass sich das Orderbuch auf dem historisch höchsten Niveau seit 1996 befunden habe – ein weiteres Warnsignal für die Bildung einer „Blase“ am Markt.

Komplett unrealistisch sei auch der Hinweis auf ein Verschrottungspotential von 148 über 20 Jahre alten Bulkern mit 24,6 Millionen tdw gewesen, denn es fehle jeder Hinweis darauf, wie viele Schiffe denn in den Vorjahren verschrottet worden seien. Nach Clarkson’s seien tatsächlich in den 2000er Jahren nur wenige und in den letzten sechs Jahren vor Veröffentlichung des Prospektes sogar nur 10 Schiffe verschrottet worden, womit die Prognose einer „mittelfristigen“ Verschrottung von 148 Einheiten komplett unrealistisch gewesen sei.

b)

Die Musterbeklagten treten dem entgegen.

Tatsächlich sage der Prospekt nirgends aus, dass für 2008 erneut ein Wachstum des Seehandels mit Kohle und Eisenerz von 8,2 % p. a. erwartet werde – die Grafik S. 33 des Prospektes enthalte gerade keine Prognose für 2008. Womit von vornherein auch nicht von einem „Einbruch“ – schon gar nicht um 1/​3 – gegenüber einer, tatsächlich nicht abgegebenen, Prognose die Rede sein könne.

Die Argumentation des Klägers gehe insoweit ohnehin ins Leere, als alle drei von ihm zitierten Auswertungen von Clarksons tatsächlich für 2008 erhebliche Steigerungsraten beim Transport von Kohle und Eisenerz vorhergesagt hätten.

Auch die Darstellung der Flottenentwicklung sei nicht zu beanstanden. So blende der Kläger schon aus, dass auf S. 36 des Prospektes hervorgehoben worden sei, dass die meisten Werften bis 2011, viele auch noch weit darüber hinaus, ausgebucht seien, woraus sich für den aufmerksamen Leser erschließe, dass weltweit massiv Neubauten von Capesize-Bulkern in Auftrag gegeben worden seien. Für einen interessierten Anleger sei es mit einem einfachen Dreisatz möglich gewesen, die Quote der Schiffsbestellungen im Verhältnis zur Bestandsflotte mit 89,6 % zu ermitteln.

Die Angaben im Prospekt seien auch nicht veraltet: wie sich aus dem Quellennachweis unter der Tabelle auf S. 36 ergebe, habe der Prospekt sich auf Zahlen von Clarksons aus dem März 2008 gestützt, es sei nicht erforderlich gewesen, die – nach Klägervortrag – sechs Tage vor Prospektlegung veröffentlichten Zahlen von Clarksons aufzunehmen, wonach nunmehr 94,6 % Neutonnage (bezogen auf die Bestandsflotte) zufließen würden. Diese geringe Abweichung sei schon nicht erheblich.

Der Kläger habe auch nicht belegt, dass ernsthaft mit dem Zulauf weiterer 12.100.000 tdw aus Tanker-Konversionen zu rechnen gewesen sei, da Clarksons in der vom Kläger in Bezug genommenen Quelle eben nur von Gerüchten am Markt berichtet habe – tatsächlich sei gerade nicht sicher davon auszugehen gewesen, dass es zu solchen Umbauten kommen würde und auch nicht dargelegt, inwieweit hiervon Schiffe der Größenklasse der Vogerunner betroffen sein könnten.

Es sei nicht erforderlich gewesen – weder durch eine Grafik noch eine textliche Darstellung – die Entwicklung von Angebot und Nachfrage in Beziehung zu setzen: Anhand der zutreffend angegebenen Daten sei es dem Anleger ohne Weiteres möglich gewesen, sich selbst ein Bild zu machen. Die sachliche Richtigkeit der von dem Kläger insoweit für erforderlich gehaltenen graphischen Darstellung, wie von ihm dargestellt auf S. 22 seines Schriftsatzes vom 22.10.2019 werde bestritten. Ohnehin bedeuteten „volle Orderbücher“ auch nicht zwangsläufig, dass es tatsächlich zu den entsprechenden Ablieferungen komme.

Nicht zu beanstanden sei auch der Hinweis, dass die über 20 Jahre alte Tonnage dem Markt mittelfristig nicht mehr zur Verfügung stehen werde – tatsächlich sei der Begriff „mittelfristig“ so zu verstehen, dass diese Schiffe noch die Hälfte ihres Schiffslebens, mithin 12,5 Jahre vor sich hätten. Objektiv sei damit zu rechnen gewesen, dass diese alten Schiffe in absehbarer Zeit verschrottet werden würden.

Der Kläger habe nicht dargelegt, weshalb aus den relativ geringen Verschrottungszahlen der Jahre vor 2008 darauf zu schließen sein sollte, dass auch künftig nicht mehr Schiffe aus dem Markt gehen würden – tatsächlich habe etwa der „Spiegel“ im Mai 2009 schon von 120 Verschrottungen im Jahre 2009 berichtet.

Nicht schlüssig sei auch die Argumentation des Klägers, dass ältere, entschuldete Bulker besonders rentabel seien und damit fortbetrieben würden – tatsächlich stiegen bei älteren Schiffen die Betriebs- und Instandhaltungskosten wegen der großen Beanspruchungen im Betrieb erheblich an; gerade die 15- und 20-Jahre-Dockungen seien sehr teuer.

Der Prospekt liefere entgegen der Einschätzung des Klägers auch nicht durchweg positive Aussagen: So sei etwa der Grafik zu den Charterraten auf S. 38 der Rückgang derselben im Frühjahr 2008 sehr wohl zu entnehmen.

c)

Die Darstellung des Marktumfeldes im Prospekt ist insoweit unvollständig, als die Angaben zu Nachfrage- und Angebotsentwicklung lückenhaft sind und zudem beziehungslos nebeneinander gestellt werden.

Allerdings hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Darstellung zur Entwicklung der Bulkvolumina und der Bulker-Flotte sachliche Fehler enthielten.

Hinsichtlich der Volumina bei major bulks ist dem Prospekt vielmehr zu entnehmen, dass Clarksons für 2008 eine Steigerung bei Kohle, Eisenerz und Getreide um 4,8 % erwartete (S. 32, r. Sp., 2. Absatz, am Ende). Der unmittelbar anschließende – wie gerichtskundig sachlich zutreffende – Hinweis, dass Capesize-Bulker vor allem Kohle und Eisenerz beförderten, wobei sich ein überdurchschnittliches Wachstum von 8,2 % p.a. von 2003 – 2007 gezeigt habe, ist inhaltlich korrekt. Und auch wenn der Chart S. 33, was nicht zu verkennen ist, es aus Sicht eines unbefangenen Lesers mehr als nahelegt, dass diese Entwicklung in 2008 weitergehen könne (und ebenso naheliegt, dass die Prospektersteller genau diesen Effekt erzielen wollten – insbesondere die Positionierung der roten Pfeile, der ganz offenkundig eine in die Zukunft weisende Dynamik entnommen werden soll, lässt hier kaum Zweifel), so ist doch nicht zu verkennen, dass der Prospekt für diese beiden major bulks eben gerade keine ausdrückliche Prognose liefert.

Damit besteht auch kein inhaltlicher Widerspruch zu den vom Kläger in Bezug genommenen Zahlen von Clarksons (Anl. MK 5 – 7), wonach seit Februar 2008 nur mit 5 % Wachstum bei Kohle und Eisenerz zu rechnen gewesen sei.

Gerade dieses Fehlen einer ausdrücklichen Prognose musste es allerdings aus Sicht des Anlegers umso naheliegender erscheinen lassen, den schon erwähnten Chart S. 33 gedanklich fortzuschreiben.

Ebensowenig zeigen die im Prospekt referierten Zahlen zur Flottenentwicklung sachliche Fehler.

Dass die Zahlen zum Flottenbestand (S. 35) und insbesondere zum Orderbuch (S. 36) inhaltlich falsch seien, behauptet der Kläger nicht einmal.

Entgegen seiner Auffassung waren sie bei Prospektveröffentlichung auch nicht überholt – der behauptete Anstieg des Orderbuchs bis Anfang Mai 2008 um weitere 5 % der Bestandsflotte stellt sich gemessen an der ausgewiesenen Steigerung um ca. 90 % nicht als so wesentlich dar, dass damit eine Aktualisierung der Angabe im Prospekt geschuldet gewesen wäre; die Größenordnung des Anstiegs war unverändert geblieben im Sinne einer zu erwartenden (beinahe) Verdoppelung der Flotte.

Auch dass der Prospekt recht deutlich benennt, dass binnen der nächsten Jahre – die Interpretation der Beklagten, dass mit „mittelfristig“ (S. 35) auf die mittlere Dauer eines Schiffslebens Bezug genommen worden sei, die Verschrottung der genannten 148 Schiffe also binnen 12,5 Jahren erwartet worden sei, ist allerdings mehr als abenteuerlich und offenkundig abwegig – die 148 mehr als 20 Jahre alten Schiffe aus dem Markt ausscheiden würden, ist nicht zu beanstanden: Es ist gerichtskundig, dass 25 Jahre eine durchaus übliche Nutzungsdauer nicht nur von Bulkern, sondern auch von sonstigen Handelsschiffen darstellen.

Nichts anderes folgt aus dem Hinweis des Klägers auf die geringen Verschrottungen in den 2000er Jahren oder umgekehrt dem Vortrag der Beklagten zur hohen Anzahl von Verschrottungen im Jahre 2009: Die eine Entwicklung war offenkundig der seit etwa dem Jahr 2000 einsetzenden Boomphase in der Schifffahrt geschuldet, die auch den Einsatz alter Schiffe noch gewinnbringend machte, die andere der Ende 2008/​Anfang 2009 wütenden Schifffahrtskrise, die es aus Sicht der Reeder naheliegend erscheinen ließ, ohnehin anstehende, bislang aufgeschobene Verschrottungen jetzt durchzuführen. Beides besagt nichts zur üblichen Nutzungsdauer eines Bulkers.

Nach Auffassung des Senats wäre es jedoch unabdingbar gewesen, im Prospekt ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass in den nächsten Jahren das Flottenwachstum um ein Mehrfaches über dem Wachstum der Nachfrage liegen würde.

Ausgehend von den Angaben des Prospektes – die zudem nur als Grafik (S. 36) und nicht als für den Leser leichter auszuwertende Prozentzahl geliefert werden – war in den Jahren 2008 – 2012 mit einem Anstieg der Capesize-Bulker-Flotte um ca. 6,5/​19/​39/​18 und 5 % zu rechnen, im Schnitt also ca. 18 % p.a.

Selbst wenn man annimmt, was die Beklagten dem Prospekt gerade nicht entnehmen wollen, dass die für das Fondsschiff entscheidenden major bulk-Volumina weiter um 8,2 % p.a. anwachsen würden, so ergäbe dies ein Delta von ca. 10 % p.a.; würde man – wie es der Kläger für richtig hält – mit einer Steigerungsrate von nur 5 % p.a. rechnen, so betrüge diese Differenz volle 13 % p.a.

Auch wenn mit den Angaben im Prospekt unterstellt würde, dass tatsächlich die 148 ältesten Schiffe der Bestandsflotte in den fünf Jahren bis 2012 verschrottet werden würden, so würde dies (überschlägig) die genannte Differenz nur um ca. 3 ¾ % p.a. verringern, es bliebe weiterhin bei einem erheblichen Überhang des Flottenzuwachses zwischen 6 ¼ und 9 ¼ % p.a.

Hierauf mussten die Anleger explizit hingewiesen werden: Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage ist das zentrale Kriterium für die Prognose des Erfolgs einer Beteiligung, die ihren cash flow in aller erster Linie aus den Chartereinnahmen erwirtschaften sollte, die jedoch durch ein überproportionales Anwachsen der Angebotsseite nach jeder wirtschaftlichen Erfahrung erheblich unter Druck kommen mussten.

Insoweit können sich die Beklagten auch nicht darauf zurückziehen, dass der Prospekt tatsächlich – wie oben ausgeführt – keine ausdrückliche Prognose zur Entwicklung der Volumina geliefert habe: Denn jedenfalls kann der Darstellung entnommen werden, dass weiterhin mit Steigerungen in der Größenordnung von mindestens 5 % (ausgehend von der Schätzung von Clarksons, die auch Kohle und Eisenerz erfasste – S. 32 des Prospektes, s. o.) zu rechnen wäre.

Insoweit ist auch ohne Belang, dass die MS Vogerunner in den ersten fünf Jahren nach Inbetriebnahme zu einer festen Rate von $ 39.450 p.d. an die Transfield E.R. Cape Ltd B.V.I. verchartert war – vielmehr war damit klar, dass für sie im Jahre 2012 eine Anschlusscharter gesucht werden musste, also nachdem über fünf Jahre das Angebot an Bulkertonnage deutlich stärker gestiegen sein würde als die Nachfrage, woraus sich erhebliche Risiken für den Abschluss einer lukrativen neuen Charter ergeben mussten.

Allerdings könnte der aufmerksame Leser die Beziehung bzw. die Diskrepanz zwischen Angebots- und Nachfrageentwicklung selbst herleiten: Dies jedoch nur, wenn er aus der unklaren Darstellung zur Nachfrageseite den Schluss zieht, dass die Volumina wohl mindestens um 5 % (vielleicht auch sogar um 8 %) p.a. anwachsen würden und er sodann aus der Grafik S. 36 den prozentualen Anstieg der Flotte p.a. ableitet (was wegen der ungenauen Skalierung und des Umstandes, dass auf die Zahl der Schiffe und nicht etwa deren Tragfähigkeit abgestellt wird, bereits nicht unproblematisch ist) und sodann die beiden Werte in Beziehung setzt. An der mangelnden Verständlichkeit und Transparenz dieser Darstellung ändert es auch nichts, dass auf S. 36, l. Sp. zusammenfassend erwähnt wird, dass in den Orderbüchern für Capesize-Bulker insgesamt 645 Einheiten mit ca. 100.000.000 tdw stünden. Denn die anschließende Passage auf S. 36, l. Sp., 2. Absatz weist nur darauf hin, dass die zulaufende Tonnage über dem Bestand an mindestens 20 Jahre alten Schiffen liegt, beziffert aber den zu erwartenden Netto-Anstieg nicht und liefert vielmehr eine Begründung für den deutlichen Zuwachs, die – indem erneut auf den hohen Nachfragezuwachs bei Kohle und Eisenerz in den letzten fünf Jahren und das Vertrauen der Reeder in die langfristigen Wachstumschancen des Marktes verwiesen wird – dem Leser nahelegt, dass diese positive Entwicklung ungebrochen und die zu erwartenden Flottenzuwächse damit unproblematisch seien.

Auch wenn der Prospekt sich an Anleger wendet, die bereit sind „in eine unternehmerische Anlageform zu investieren“ (S. 11, l. Sp. oben), so kann gleichwohl nicht vorausgesetzt werden, dass es sich hierbei (nur) um erfahrene Anleger handeln würde, denen bei Lektüre des Prospektes – bzw. beim kleinteiligen Nachrechnen seiner Angaben – die o. g. Diskrepanz auffällt und die sodann auch in der Lage wären, diese quantitativ abzuleiten, dies insbesondere vor dem Hintergrund der unscharfen Angaben zur Nachfrageseite (s. o.). Vielmehr legt die Mindestzeichnungssumme von nur € 10.000 (S. 7 des Prospektes) nahe, dass die Beteiligung auch und gerade an unerfahrene Kleinanleger vertrieben werden sollte, von denen der genannte Schluss keinesfalls erwartet werden konnte.

Damit ist der Prospekt nach Auffassung des Senats in einem für die Anlageentscheidung des Anlegers ganz wesentlichen Punkt lückenhaft.

3.)

Feststellungsziele 1a dd

Die Darstellung des Marktes und des Marktumfeldes ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil der Prospekt die negativen Marktanalysen mit prognostizierten Einbrüchen im Bulkermarkt verschweigt.

a)

Der Kläger meint, dass im Prospekt auf den vor Prospektlegung veröffentlichten „Clarksons Ship Shipping Sector Report, Spring 2008“ (Anl. MK 11) habe hingewiesen werden müssen, der speziell zum Bulker Markt aktuelle und eindeutig negative Prognosen enthalten habe: Konkret werde dort von erheblichen Risiken bis hin zur Rezession gesprochen und insbesondere das Risiko eines starken Anwachsens der (Gesamt-)Bulker-Flotte um 10 % in 2008 und fast 15 % in 2009 hervorgehoben. Weitere Hinweise auf eine Überhitzung des Marktes und den Aufbau einer „Blase“ lieferten die Einschätzung von Clarksons im gleichen Report, dass der „Dry Cargo Cycle“ in der Terminologie der Firma den Status „Bonanza“ – also den höchsten denkbaren – erreicht hatte (Anl. MK 12) und weiter sogar die Capesize-Neubaupreise im Frühling 2008 unter den Secondhandpreisen gelegen hätten (Anl.MK 13) – beides deutliche Hinweise für das Vorliegen einer Ausnahmesituation am Markt, die nur als deutliche Indizien für das bevorstehende „Platzen“ der Blase hätten gedeutet werden können.

b)

Die Musterbeklagten bestreiten, dass der Report Anl. MK 11 so rechtzeitig veröffentlicht worden wäre, dass er den Prospekterstellern und dem diesen zuarbeitenden Analysten Niefünd rechtzeitig zugänglich gewesen wäre – tatsächlich ergebe sich aus dem ersten Satz der „Executive Summary“ der Anl. MK 11, dass diese jedenfalls nach dem 04.04.2008 erschienen sein müsse; dies aber wäre nach der Erstellung des Marktgutachtens durch den Analysten Niefünd gewesen.

Zu berücksichtigen sei auch, dass nach der vom Kläger vorgelegten Anl. MK 9 – worauf der Prospekt mit der Erwähnung des „China-Faktors“ auf S. 33, r. Sp. Bezug nehme – für 2008 mit einem weiteren Nachfragewachstum aus China um 12 % zu rechnen gewesen sei.

Die Angaben in MK 11 bezögen sich zudem nicht spezifisch auf den hier allein relevanten Markt für Capesize-Bulker.

Im Übrigen sei der Hinweis auf S. 36 des Prospektes auf den deutlichen Flottenzuwachs ausreichend.

Die Richtigkeit der vom Kläger angeführten Grafiken Anl. MK 12 und MK 13 bzw. deren Bezug zum hier relevanten Marktsegment bestreiten die Beklagten mit Nichtwissen.

Auf das im Frühjahr 2008 gegebene Verhältnis von Neubau- und Secondhandpreisen werde S. 37, r. Sp., 2. Absatz des Prospektes zutreffend hingewiesen.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zutreffend.

Der Kläger hat schon nicht dargelegt, dass die zitierten Reports von Clarksons, auf die er sich maßgeblich bezieht und denen er aufklärungspflichtige Hinweise auf einen bevorstehenden Einbruch des Bulkermarktes entnehmen will, vor Veröffentlichung des streitgegenständlichen Prospektes am 08.05.2008 veröffentlicht worden waren.

Eine evtl. Pflicht zur Erstellung eines Nachtrages zum Prospekt ist nicht Gegenstand des Feststellungszieles.

4.)

Feststellungsziel 1b aa

Die Darstellung der Prognosen der Charterraten ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil der Prospekt die historischen Charterraten unzutreffend angibt.

a)

Der Musterkläger meint, dass die Darstellung zur Entwicklung der Zeitcharterraten auf S. 38 des Prospektes unvollständig sei, da es entgegen den Ausführungen auf S. 38, l. Sp. letzter Absatz und mittlere Spalte sehr wohl möglich gewesen sei, die Entwicklung der Charterraten über längere Zeiträume als nur sechs Jahre darzustellen. So wäre es etwa möglich gewesen, die bis zurück in das Jahr 1992 erhobenen Zeitcharterraten für 150.000 tdw-Bulker auf das größere Fondsschiff hochzurechnen. Für 170.000 tdw-Schiffe hätten Raten jedenfalls bis zurück in das Jahr 2001 vorgelegen.

Dass diese vertieftere Darstellung sehr wohl möglich gewesen wäre, ergebe sich schon daraus, dass sie sich etwa im Verkaufsprospekt zum „HCI MS Bulk Europe“ aus dem Januar 2004 finde, die sich ebenfalls auf einen 170.000 tdw Capesizer bezogen habe.

Nur dieser Darstellung hätte der Anleger entnehmen können, dass das historische Niveau der Charterraten deutlich niedriger gewesen sei, als im Prospekt vermittelt. Die zeitlich verkürzte Darstellung im vorliegenden Prospekt habe verhindert, dass der Anleger die Auswirkungen früherer Schifffahrtskrisen – etwa der Asienkrise in den 90er Jahren oder der „dotcom“-Krise Anfang der 2000er Jahre – auf die Charterraten habe wahrnehmen können.

Wenn vorliegend ausgeführt werde (S. 38), dass die Darstellung eines 10-jährigen Charterratendurchschnitts nicht möglich bzw. nicht repräsentativ sei, während im Prospekt „HCI MS Bulk Europe“ exakt diese Darstellung erfolgt sei, lasse dies nur den Schluss auf eine vorsätzliche Täuschung der Anleger zu.

b)

Die Beklagten verweisen darauf, dass sich der Markt seit der Auflegung des Prospektes „HCI MS Bulk Europe“ hinsichtlich der Flottenstruktur – insbesondere der Größenklassen – relevant verändert habe. Bei der Prospektlegung zur „HCI MS Bulk Europe“ habe man nur statistisches Material bis zum Jahre 2003 zu Verfügung gehabt und sich daher entschieden, die 150.000 tdw-Schiffe einzubeziehen. Dies sei 2008 mit Rücksicht auf die Flottenentwicklung und des Vorliegens von Daten zu 170.000-Tonnern nicht mehr nötig gewesen.

c)

Der klägerseits gerügte Prospektfehler liegt nicht vor.

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Prospekt bei der Darstellung der Charterraten auf 170.000 tdw-Schiffe abstellt und dabei nur bis zum Jahr 2002 zurückgeht.

Es ist grundsätzlich sachgerecht, für vergleichende Betrachtungen auf einen dem Fondsschiff möglichst nahekommenden Schiffstyp abzustellen, da diesen Daten für prognostische Überlegungen die höchste Aussagekraft zukommt. Die vom Kläger für sachgerecht gehaltene Hochrechnung der Daten für 150.000 tdw-Schiffe erscheint demgegenüber nicht angebracht, da damit nicht mehr rein empirisch, sondern schon wertend vorgegangen würde – so ist schon zweifelhaft, ob es tatsächlich sachgerecht wäre, die Angaben zu 150.000 tdw-Schiffen für das 27.000 tdw mehr tragende Fondsschiff schlicht um 18 % hochzusetzen, da hiermit z. B. zu erwartende und sich ggf. auf die zu erzielende Charterrate positiv auswirkende Skaleneffekte ebenso ausgeblendet würden, wie die offene Frage, ob ein 177.000 tdw Capesizer hinsichtlich des Einsatzprofils tatsächlich einem 150.000 tdw-Schiff vollständig vergleichbar ist.

Die Aussage, dass ein zehnjähriger Durchschnittswert für 175.000-Tonner nicht angegeben werden könne (S. 38 des Prospektes), ist unstreitig richtig, auch nach Klägervortrag werden entsprechende Daten erst seit 2001 erhoben.

5.)

Feststellungsziel 1b bb

Die Darstellung der Prognosen der Charterraten ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil die Charterprognosen infolge der unzutreffenden Angaben unvertretbar sind.

a)

Der Musterkläger meint, es fehle ein Hinweis, dass der starke Anstieg der Charterraten auch durch Sonderfaktoren, wie etwa gerade 2007/​2008 vor allem in Asien auftretende „port congestions“ mit daraus resultierenden langen Liegezeiten von Bulkern auf Reede getrieben gewesen sei – ein naturgemäß nur kurzlebiger Faktor.

Raten ab 2007 hätten daher in die Durchschnittsbildung nicht einfließen dürfen. Aussagekräftig seien nur die Jahre 1992 – 2006 gewesen, was zu einer historischen Durchschnittsrate von $ 24.430 p.d. statt im Prospekt genannter $ 30.750 p.d. geführt haben würde.

Dass diese Sichtweise zutreffe, werde auch durch den tatsächlichen, dramatischen Verfall der Charterraten ab 2009 gestützt.

b)

Die Beklagten weisen zunächst darauf hin, dass der Grafik auf S. 38 ohne Weiteres zu entnehmen sei, dass 2007 und 2008 echte Boomjahre gewesen seien. Soweit der Kläger auf Sondereffekte verweise, sei schon nicht dargelegt, weshalb diese künftig nicht mehr hätten greifen sollen – z. B. hätten port congestions bei weiter steigender Tonnage ja sogar zunehmen müssen.

Auch blende der Kläger aus, dass das Fondsschiff für 58 – 62 Monate zu $ 39.450 p.d. fest verchartert gewesen sei.

Im Übrigen sei S. 38 klar hervorgehoben, dass die künftige Entwicklung der Raten nicht angegeben werden könne.

Die tatsächliche Entwicklung der Raten ab 2009 sei irrelevant – den Marktverfall in Folge der Finanzkrise habe niemand vorhersehen können.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen.

Der Kläger hat schon nicht schlüssig dargelegt, dass der kalkulatorische Ansatz einer Anschlusscharter von $ 30.750 p.d. (S. 38, l. Sp., 2. Absatz) unvertretbar gewesen wäre.

Der Wert liegt unterhalb der dem Chart S. 38 zu entnehmenden 3-Jahre-Durchschnittscharter und gut 22 % unter der vereinbarten Festcharter – dass ein höherer Sicherheitsabschlag vorzunehmen gewesen wäre, hat der Kläger nicht dargelegt. Dass die Ermittlung des Durchschnitts anhand der Werte der Jahre 2002 – 2008 vertretbar war, wurde bereits ausgeführt. Dabei ist auch nicht zu beanstanden, dass die Boomphase ab Frühjahr 2007 mit eingerechnet wurde – es liegt in der Natur der Bildung eines Durchschnittswertes, dass sowohl Phasen hoher, als auch solche niedriger Raten – hier etwa 2005/​2006 – einbezogen werden. Der Vortrag des Klägers zur Auslösung des Booms durch „Sondereffekte“ (gemeint also offenbar nicht nachhaltige) Faktoren, ist unschlüssig: Dass etwa konkret absehbar gewesen wäre, dass die vom Kläger vorgetragene Überlastung der Häfen in Asien in absehbarer Zeit behoben sein würde, ist nicht einmal behauptet worden.

Die Entwicklung der Raten ex post ist irrelevant: Dass der Rückgang 2009 und erst recht der Absturz ab 2011 im Frühling 2008 konkret vorhersehbar gewesen wäre, hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt (siehe dazu sogleich zu Feststellungsziel 1 b cc); hieran ändert auch der Umstand nichts, dass – s. o. – die Darstellung von Nachfrage- und Angebotsentwicklung unzureichend ist: Hierdurch wurde dem Anleger die Einsicht verstellt, mit welchen Risiken und Unsicherheiten die Prognosen der Charterratenentwicklung tatsächlich behaftet waren – dass die Prognosen ex ante mit hinreichender Sicherheit als unvertretbar angesehen werden könnten, lässt sich hieraus nicht hinreichend eindeutig ableiten.

6.)

Feststellungsziel 1 b cc

Die Darstellung der Prognosen der Charterraten ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil der Prospekt nicht über den vorhersehbaren Einbruch der Charterraten aufklärt.

a)

Der Musterkläger meint, dass im Prospekt auf die historische Erfahrung habe hingewiesen werden müssen, dass der Markt sich zyklisch verhalte und auf das bei Prospektveröffentlichung gegebene Hoch notwendig ein Tief mit einem Einbruch der Charterraten folgen werde.

Dass dieser zyklische Verlauf des Marktes auf Seiten der Beklagten bekannt gewesen sei, ergebe sich etwa aus dem Geschäftsbericht der HCI Capital AG für das Jahr 2008, in dem genau hiervon berichtet und diese Entwicklung als feststehender Teil des Schifffahrtsgeschäfts bezeichnet werde (Anl. MK 14, S. 14/​15). Ein Hinweis auf einen während der Laufzeit des Fonds damit notwendig eintretenden Ratenverfall fehle jedoch im Prospekt.

Im Übrigen habe es im Frühjahr 2008 nahegelegen, dass ein krisenhafter Abschwung unmittelbar bevorstehe, wie sich etwa aus einer am 10.07.2008 erschienenen Studie der NordLB ergebe (Anl. MK 15), nach der der Markt deutlich überhitzt und mit einem Einbruch der Raten um 30 – 40 % zu rechnen gewesen sei. Eine ähnliche Einschätzung lasse sich etwa einem Artikel eines Professors des ISL vom 17.07.2008 entnehmen (Anl. MK 16).

b)

Die Musterbeklagten bestreiten, dass es regelmäßige oder gar verlässlich vorhersehbare Marktzyklen gebe; im Übrigen verweisen sie darauf, dass auf S. 38 ausdrücklich hervorgehoben worden sei, dass eine Prognose der zukünftigen Charterraten nicht geliefert werden könne; auch aus dem Geschäftsbericht Anl. MK 14 ergebe sich nichts anderes.

Die Analyse der NordLB (Anl. MK 15) sei irrelevant, da nach Prospektveröffentlichung erschienen; zudem beziehe sie sich auf Bulker von 50.000 – 120.000 tdw, während das Fondsschiff eine Tragfähigkeit von fast 180.000 Tonnen gehabt habe. Im Übrigen gelange die NordLB etwa für die für das Fondsschiff besonders relevanten major bulks Kohle und Eisenerz zu durchweg positiven Prognosen, da sie ein Wachstum des Weltstahlmarktes in 2008 von 7 % angenommen und zudem festgestellt habe, dass in den letzten drei Jahren die Nachfrage nach Transportleistungen deutlich stärker gestiegen sei,als der Zuwachs an Tragfähigkeit.

Soweit die NordLB einen Einbruch der Raten um 30 – 40 % erwartet habe, würde dies immer noch zu einem Ratenniveau geführt haben, das (ausgehend vom hohen Niveau Ende 2007) deutlich über den im Prospekt für das Fondsschiff angenommenen Raten gelegen haben würde.

Auch der Artikel Anl. MK 16 gebe eine Einschätzung ex post wieder – i.Ü. würde selbst ein Rückgang des aktuellen Charterratenniveaus von Ende 2007 um 70 % die im Prospekt genannten Ratenbeträge immer noch nicht überhöht erscheinen lassen. Die Angaben des Herrn Tonn, die in dem Artikel referiert würden, seien viel zu unsubstantiiert, um den Schluss zu tragen, dass bei Prospektveröffentlichung ein drastischer Einbruch zwingend vorauszusehen gewesen wäre.

c)

Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass bei Prospektveröffentlichung ein Einbruch der Charterraten zu erwarten gewesen wäre,

Insoweit ist sein Hinweis auf die zyklische Entwicklung der Schifffahrtsmärkte von vornherein unschlüssig: Zunächst muss in einem Prospekt auf allgemeinkundige Tatsachen, wie etwa das Bestehen von Zyklen in der wirtschaftlichen Entwicklung der – nicht nur des Schifffahrts- sondern sämtlicher – Märkte nicht hingewiesen werden. Es ist zu erwarten, dass diese grundlegende volkswirtschaftliche Tatsache jedem verständigen Anleger bekannt ist.

Dass im Mai 2008 konkrete Anhaltspunkte für einen drastischen Abschwung in allernächster Zeit vorgelegen hätten, hat der Kläger nicht dargelegt. Die von ihm in Bezug genommenen Quellen Anl. MK 14, 15 und 16 sind sämtlich erst nach Prospektveröffentlichung veröffentlicht worden und sind daher von vornherein nicht geeignet, eine Kenntnis der Prospektersteller vom Kommen der Krise unmittelbar zu belegen.

Selbstverständlich ist allerdings davon auszugehen, dass den Prospektverantwortlichen als erfahrenen Beobachtern (und Teilnehmern) am Schifffahrtsmarkt die grundlegenden, in diesen Veröffentlichungen berichteten Umstände auch schon im Mai 2008 bekannt waren: Dass damit im Mai 2008 ein Einbruch der Charterraten absehbar gewesen wäre, der die Charterraten unter die im Prospekt genannten Prognosewerte von $ 30.750 p.d. führen könnte (wie nach Klägervortrag (S. 40 des Schriftsatzes vom 22.10.2019) auch erst im Jahr 2011 geschehen), ist damit jedoch nicht belegt.

Dem Geschäftsbericht der HCI Capital AG (Anl. MK 14) ist – wie vom Kläger richtig dargelegt – zu entnehmen, dass es am Schifffahrtsmarkt zyklische Bewegungen gibt und man sich aktuell (also bei Veröffentlichung des Berichts im März 2009) in einer Krise befinde. Anhaltspunkte dafür, dass die Abwärtsbewegung bis in die ab dem Jahre 2011 erreichten Tiefen führen könnte, sind dem Geschäftsbericht jedoch nicht zu entnehmen, der vielmehr auch für die Anleger in Schiffsfonds einen durchaus positiven Ausblick stellte (Anl. MK 14, S. 15, r. Sp. 1. Absatz) und auch für den Bulker-Markt zwar von einem noch nie dagewesenen Absturz des maßgeblich Baltic Dry bis Ende 2008, aber auch schon wieder von einer Erholung des Indices im Februar 2009 berichtete (Anl. MK 14, S. 34, l. Sp., 2. Absatz).

In ähnlicher Weise können auch der Stellungnahme der NordLB – als einer der seinerzeit führenden Schiffsbanken ein gerichtsbekannt kompetenter Marktteilnehmer – nicht nur negative Aussagen zum Bulker-Markt entnommen werden: So wird – wie die Beklagten richtig hervorheben – von einem deutlichen Wachstum des Stahlmarktes (aaO., S. 4 unten), also einer gerade für einen Capesizer durchaus positiven Entwicklung und zudem von einer weiterhin das Tonnageangebot übersteigenden Nachfrage (aaO., S. 8, 3. Absatz) berichtet. Weiter erwartete die Bank eine hohe Nachfrage gerade nach Capesizern aufgrund des hohen Transportbedarfes aus China und Indien (aaO., S. 15 unten). Auch in der zusammenfassenden Betrachtung wurde zwar einerseits eine durchaus volatile Entwicklung und ein Sinken der aktuell (Juli 2008) sehr hohen Raten erwartet, die jedoch weiterhin auf einem „vergleichsweise hohen Niveau“ (aaO., S. 17, drittletzter Bullett-Point) verbleiben würden.

Damit kann nicht davon die Rede sein, dass die NordLB im Frühjahr 2008 etwa eine so dramatische Krise erwartet hätte, wie sie dann 2011 eingetreten ist.

Allein der ebenfalls erst nach Veröffentlichung des Prospektes erschienene Artikel in der Fondszeitung (Anl. MK 16) genügt nicht, um darzulegen, dass im Mai 2008 ein drastischer Einbruch der Charterraten tatsächlich schon absehbar gewesen wäre.

7.)

Feststellungsziel 1c

Die Darstellung der Bonität des Charterers durch den Report von Dynmar B.V. über Transfield ER Ltd. ist im Prospekt unzureichend und irreführend dargestellt.

a)

Der Kläger meint, dass die Angabe des Ratings des Erstcharterers Transfield ER Cape Ltd. durch die Dynamar B.V. mit „4/​5“ auf S. 28 des Prospektes irreführend sei. Denn dadurch werde dem Anleger vorgegaukelt, dass tatsächlich eine umfassende Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dieser Gesellschaft erfolgt und der Bewertung durch Dynamar zugrunde gelegt worden sei.

Im Bericht der Dynamar B.V. (Anl. MK 17) vom 02. Mai 2008 werde jedoch mehrfach angegeben, dass bestimmte Angaben zu Transfield ER nur Berichten zufolge („reportedly“) aufgenommen worden seien, also offenbar ohne eigene Prüfung durch Dynamar B.V. Auch fänden sich Hinweise auf zögerliche Rechnungsbegleichung durch Transfield ER, die ebenfalls nicht erwähnt worden seien.

b)

Die Musterbeklagten treten dem entgegen.

Sie verweisen darauf, dass nach dem Risikohinweis S. 15 den Anlegern klar gewesen sein müsse, dass „trotz der eingeholten Bonitätsauskunft /​ Ratings nicht auszuschließen (gewesen sei), dass der Charterer die Charterraten nicht vertragsgemäß zahlt bzw. ausfällt.“

Zudem sei auf S. 11 deutlich darauf hingewiesen worden, dass die Prospektersteller im Prospekt verwandte Aussagen Dritter nicht selbst hätten überprüfen können und daher die Möglichkeit bestehe, dass solche Aussagen falsch seien. Schließlich enthalte der Prospekt keinerlei Angaben dazu, auf welcher Basis das Rating erstellt worden sei.

c)

Ein Prospektfehler liegt nicht vor. Das Rating ist im Prospekt richtig seinem Wert nach angegeben. Eine Darstellung der Bewertungsmethoden des Ratingunternehmens in einem Anlageprospekt ist – wenn sie dem Prospektersteller denn überhaupt bekannt sein sollten – nicht geschuldet, diese Darstellung würde den Prospekt überfrachten.

Dies mag anders zu bewerten sein, wenn im Prospekt etwa mit dem Rating und darauf aufbauend mit der guten Bonität des Charterers geworben würde, dies ist vorliegend jedoch gerade nicht geschehen, vielmehr wird deutlich darauf hingewiesen (S. 11 und S. 15), dass dem Rating nicht etwa entnommen werden könne, dass die Charterraten auch wie bedungen gezahlt würden und der Charterer nicht ausfallen könne.

8.)

Feststellungsziel 1d

Die Darstellung des Charterausfallrisikos im Prospekt ist fehlerhaft, da dieses tatsächlich höher war als dargestellt. Bei Prospekterstellung war bereits der Ausfall des Charterers absehbar, weil infolge eines Dynamar Reports objektiv erkennbar war, dass er seine Verpflichtungen aus dem Chartervertrag nicht erfüllen können wird, wenn sich die prognostizierten Marktrückgänge einstellen.

a)

Der Musterkläger bringt vor, dass der Chartervertrag mit Transfield ER zu einer um $ 15.000 p.d. über dem dreijährigen Mittelwert liegenden Rate abgeschlossen worden sei, womit absehbar gewesen sei, dass Transfield ER schon bald nach Antritt der Charter mit dem Schiff Verluste einfahren würde. Da das Rating von Transfield ER nach dem Dynamar-Report Anl. MK 17 nur mittelmäßig gewesen, der Kreditrahmen des Unternehmens eingeschränkt gewesen sei, sei im Mai 2008 damit offenkundig gewesen, dass ein erhebliches Risiko des Ausfalls des Charterers bestanden habe. Hierauf habe im Prospekt hingewiesen werden müssen.

b)

Die Musterbeklagten halten dieses Feststellungsziel schon nicht für hinreichend bestimmt, der Begriff der „prognostizierten Marktrückgänge“ sei gänzlich unscharf.

Jedenfalls sei es unbegründet: Es werde nicht dargelegt, aufgrund welcher Erkenntnisquellen die Prospektersteller seinerzeit von einem drohenden Ausfall des Charterers hätten ausgehen müssen.

c)

Der behauptete Prospektfehler liegt nicht vor.

Allerdings ist das Feststellungsziel hinreichend bestimmt – es steht im Gesamtzusammenhang des klägerischen Vorbringens, und dem ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass mit den „prognostizierten Marktrückgängen“ der nach Auffassung des Klägers im Frühjahr 2008 absehbare Verfall der Charterraten gemeint ist.

Wie oben zu Feststellungsziel 1b ausführlich dargestellt, hat der Kläger jedoch nicht dargetan, dass ein Verfall der Charterraten im Mai 2008 unmittelbar bevorstand und dies für die Prospektersteller auch ersichtlich gewesen wäre; ebenso wenig (s. o., zu Feststellungsziel 1c) hat der Kläger substantiiert dargelegt, dass im Mai 2008 von einer schlechten Bonität des Charterers auszugehen gewesen wäre.

Nur wenn diese beiden Voraussetzungen gegeben gewesen wären, könnte jedoch davon die Rede sein, dass im Frühjahr 2008 auch ein baldiger Ausfall des Charterers absehbar gewesen wäre.

9.)

Feststellungsziele 1e aa, bb, cc

Die Darstellung des Wertgutachters Dipl.-Ing. Günter Oppermann im Prospekt ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil

aa) sich der Marktwert eines Schiffes anhand auf dem freien Markt durch Angebot und Nachfrage ermittelt, wobei die Charterverträge außer Acht gelassen werden,

bb) sich das Gutachten vom 01.04.2008 auf ein erst im November abzulieferndes Schiff bezieht und der Wert des Schiffes auf dem weltweiten Zeitchartermarkt zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nicht ermittelbar war,

cc) das Gutachten den aktuellen Marktwert nicht wiedergibt.

a)

Der Kläger hält die Ausführungen zum Schiffsgutachten auf S. 30 des Prospektes für fehlerhaft.

Schon die Existenz eines solchen Gutachtens sei zu bezweifeln.

Jedenfalls aber ergebe sich aus dem Text, dass der Gutachter den Schiffswert nicht nach Maßgabe der Vorgaben des § 9 SchiffsBelWertV ermittelt habe und dabei insbesondere nicht von einem charterfreien Schiff ausgegangen sei.

Zudem könne nicht im April 2008 der Wert eines erst im November 2008 abzuliefernden Schiffes ermittelt worden sein.

b)

Die Beklagten halten das Feststellungsziel zu Ziffer 1 lit. e, aa schon für unzulässig, da es in direktem Widerspruch zu Feststellungsziel Ziffer 1 lit. e dd stehe, da der Kläger hier festgestellt wissen wolle, dass das Schiff charterfrei zu bewerten gewesen sei, dort aber vorbringe, dass die Charter sehr wohl berücksichtigt werden müsse.

Alle drei Feststellungsziele seien unbegründet. Im Prospekt sei klar angegeben, wie der Sachverständige den Schiffswert ermittelt habe, nämlich unter Berücksichtigung der fünfjährigen Anfangscharter. Die SchiffsBelWertV sei nicht anwendbar: Zum einen sei sie erst im Juli 2008 in Kraft getreten, zum anderen sei § 9 nicht einschlägig, da es vorliegend nicht um die Bewertung des Schiffes für den Zweck der Ausgabe von Schiffspfandbriefen gegangen sei.

Dass das Wertgutachten – naturgemäß – für ein noch abzulieferndes Schiff aufgrund der aktuell zur Verfügung stehenden Daten ermittelt worden sei, sei im Prospekt klar ersichtlich.

c)

Ein Prospektfehler liegt nicht vor.

Dass das S. 30 erwähnte Schiffsgutachten tatsächlich nicht existiert hätte, hat der Kläger nicht eindeutig behauptet, jedenfalls aber nicht unter Beweis gestellt.

In der Passage S. 30 des Prospektes ist gut verständlich angegeben, wie der Sachverständige bei der Wertermittlung vorgegangen ist; dass er tatsächlich anders vorgegangen sei, behauptet der Kläger nicht.

Soweit die Feststellungsziele 1e aa und cc auch dahingehend zu verstehen sind, dass sie ein methodisch fehlerhaftes Vorgehen des Sachverständigen und damit eine Fehlerhaftigkeit des Prospektes rügen, ist dem nicht zu folgen.

Soweit der Darstellung entnommen werden kann, dass der Sachverständige nicht charterfrei bewertet hat, sondern offenbar eine Vergleichswertbetrachtung angestellt, aber auch auf den vor allem im Chartervertrag ausgedrückten Ertragswert des Schiffes zurückgegriffen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Sowohl die Vergleichs- als auch die Ertragswertmethode sind anerkannte Verfahren zur Bewertung eines Investitionsobjektes.

Eine zwingende Vorgabe zu einer „charterfreien“ Bewertung bestand nicht: § 9 SchiffsBelWertV ist schon in temporaler Hinsicht nicht anwendbar. Auch nach Sinn und Zweck des hier eingeholten Schiffsgutachtens war eine charterfreie Bewertung nicht geboten – vielmehr kann der aktuelle Wert eines Investitionsobjektes, das laufende Erträge erwirtschaften soll (wie hier das Fondsschiff über die Vercharterung) zwingend nur unter Berücksichtigung der zu erwartenden Erträge, insbesondere wenn diese wie vorliegend schon objektiv feststellbar sind, ermittelt werden, da nur hierdurch die zu diskontierenden jährlichen Ergebnisse verlässlich ermittelt werden können.

Dass diese Methode für die Zwecke einer finanzierenden Bank untauglich ist (woraus sich die Vorgabe der charterfreien Bewertung in § 9 SchiffsBelWertV erklärt), folgt daraus, dass aus Sicht der Bank der bei einer Verwertung der Sicherheit – also letztlich der Versteigerung des Schiffes unter Ausnutzung der Schiffshypothek – zu erzielende Wert maßgeblich ist, es bei einer solchen Verwertung jedoch regelmäßig gerade zu einer Beendigung der etwa laufenden Charterverträge kommt.

Im Übrigen enthält auch die Bewertung nach Vergleichswerten selbstverständlich ein Ertragswertelement, da auch die Kaufpreise nicht vercharterter Schiffe sich am Markt notwendig in Abhängigkeit von den aktuell zu erzielenden Erträgen bilden.

Dass das Gutachten vom 01.04.2008 bezogen auf den Wert des Schiffes im Moment seiner Ablieferung eine Prognose darstellt, ist für jeden verständigen Leser offenkundig und musste nicht explizit herausgestellt werden.

10.)

Feststellungsziel 1 e dd

Die Darstellung des Wertgutachters Dipl.-Ing. Günter Oppermann im Prospekt ist in wesentlichen Punkten unrichtig und irreführend, weil das Gutachten nicht die marktübliche Charter zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens zu Grunde legt.

a)

Der Kläger hält das Gutachten des Sachverständigen Oppermann insoweit für falsch, als es zu einem Wert von $ 95.000.000 unter Berücksichtigung des fünfjährigen Chartervertrages gelange, obwohl die dort vereinbarte Charter von $ 39.450 p.d. tatsächlich weit unter dem seinerzeit erzielbaren Wert von ca. $ 60.000 p.d. gelegen habe.

Dieser errechne sich daraus, dass im März 2008 – ausweislich von Clarksons veröffentlichter Werte (Anl. MK 18) – eine dreijährige Charter eines 170-000 tdw Capesizers eine Rate von $ 101.500 p.d. erbracht haben würde. Bei Vornahme eines Abschlages von 40 % für die vorliegend abgeschlossene fünfjährige Charter müssten damit seinerzeit $ 60.000 p.d. zu erzielen gewesen sein, d. h. der Ertragswert des Schiffes müsse um ca. $ 36.000.000 unter Marktwert gelegen haben.

Damit stehe auch fest, dass das Schiff entgegen der Aussage auf S. 21 des Prospektes mitnichten günstig erworben worden sei – ausgehend von dem um $ 36.000.000 hinter dem Marktwert zurückbleibenden Ertragswert sei der Kaufpreis von $ 85.000.000 bei einem Neubaupreis von $ 95.500.000 im April 2008 keinesfalls günstig, vielmehr um ca. $ 15.000.000 überteuert gewesen.

b)

Die Beklagten halten dieses Feststellungsziel für unzulässig, da hier entgegen Feststellungsziel 1 e aa mit der dort noch für unzulässig gehaltenen Bewertung nach dem Ertragswert argumentiert werde.

Die Beklagten bestreiten die Berechnungen des Klägers und weisen darauf hin, dass der Kläger unzulässig den Kaufpreis des Fondsschiffes am Preis einer im Jahre 2008 abgegebenen Neubestellung messen wolle. Letzterer habe zwar bei $ 95.500.000 gelegen, der Resalepreis eines im Jahr 2008 sofort einsatzbereiten Capesize-Neubaus, mit dem sofort die seinerzeit extrem hohen Charterraten hätten eingefahren werden können, würde jedoch bei $ 150.000.000 gelegen haben, wie S. 37 des Prospektes richtig ausgeführt werde.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen.

Der Vortrag des Klägers ist nicht widersprüchlich, wie auch sonst im Zivilprozess bleibt es dem Kläger auch im Verfahren nach dem KapMuG unbenommen, mit hilfsweisem Vortrag zu arbeiten.

Der Klägervortrag ist jedoch nicht schlüssig, der Kläger rügt hier letztlich nicht einen Prospektfehler im Sinne einer fehlerhaften Information, sondern vielmehr, dass der Chartervertrag mit Transfield ER zu einer zu geringen Charterrate abgeschlossen worden sei.

Dass dies gemessen an der historischen Entwicklung der Charterraten tatsächlich nicht der Fall war und die tatsächlich die fünfjährigen Chartern eben nicht nachhaltig die vom Kläger angenommenen $ 60.000 p.d. erreichten, hat der Kläger zu Feststellungsziel 1b (s. o.) selbst ausgeführt.

Wenn bei Abschluss des Chartervertrages die Möglichkeiten des Marktes etwa nicht „bis zum Letzten“ ausgereizt worden sein sollten und man sich möglicherweise für einen konservativeren Ansatz entschlossen haben sollte, so berührt dies die S. 30 referierten Aussagen zum Schiffsgutachten nicht – vielmehr ist es gerade auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers schlüssig, dass der Sachverständige unter Berücksichtigung der tatsächlich vereinbarten (und möglicherweise hinter dem erzielbaren Höchstwert zurückbleibenden) Charterrate zu einem Wert von $ 95.000.000 – und eben nicht € 150.000.000, wie erzielbar beim Resale eines sofort auf dem Spotmarkt einsetzbaren Capesizers (so. S. 37 des Prospektes) – gelangt war.

Dass der Kaufpreis auf S. 21 als „günstig“ bezeichnet wurde, ist hiernach nicht falsch, da er deutlich unter dem so ermittelten Wert des Schiffes und weit unter dem evtl. bei einem Resale zu erzielenden Preis lag.

Auf die von Beklagtenseite angezweifelten Berechnungen des Klägers – die z. B. den behaupteten Minderwert des Schiffes schlicht durch Addition der jährlich nicht erzielten Charterraten und damit fehlerhaft ohne jedwede Diskontierung unter Ansatz von Basiszins, Marktrisikoprämie und individuellem (ggf. in Abhängigkeit vom Verschuldungsgrad gewichteten) beta-Faktor ermittelt haben – ist damit nicht näher einzugehen.

11.)

Feststellungsziel 1f aa, bb, cc, dd

Die Darstellung der Leistungsbilanz aus 2006 zur HCI-Gruppe ist veraltet, unvollständig und irreführend, weil bei Prospekterstellung im Mai 2008 Zahlen aus 2007 bereits bekannt waren und die Ergebnisse aus 2007 in Bezug auf die 17 in Fahrt befindlichen Bulkerschiffe der HCI Flotte

aa) bei 16 Schiffsgesellschaften (94,11 %) der Reedereiüberschuss kumuliert mit 18,69 % unter Plan lag,

bb) bei 6 Schiffsgesellschaften (35,29 %) die Tilgung kumuliert mit 2,04 % unter Plan lag

cc) bei 16 Schiffsgesellschaften (94,11 %) die Liquidität kumuliert mit 54,87 % unter Plan lag,

dd) bei 11 Schiffsgesellschaften (64,7 %) die Ausschüttungen kumuliert mit 21,75 % unter Plan lagen.

a)

Der Musterkläger hält die Darstellung der Leistungsbilanz der HCI-Gruppe auf S. 25/​26 des Prospektes für irreführend, da sie die bei Prospektlegung bereits bekannten – negativen – Zahlen aus dem Jahre 2007 nicht berücksichtigt habe.

Die Darstellung vermittele das Bild, dass die Ausschüttungen an die Anleger bei nur 18 von 232 Schiffsgesellschaften (mithin 7,75 %) unter Plan lägen und nur 20 Gesellschaften (entsprechend 8,62 %) nicht planmäßig ihr Fremdkapital getilgt hätten.

Diese S. 26 auch noch durch eine Grafik besonders herausgehobene Darstellung sei irreführend, da sie verschweige, dass die von HCI-Gesellschaften betriebenen Bulker sich real deutlich negativer entwickelt hatten. Tatsächlich hätten von 17 Bulkschiffen 16 nicht den geplanten Überschuss erzielt, 6 nicht wie kalkuliert getilgt, hätten 16 eine unter Plan liegende Liquidität ausgewiesen und 11 nicht wie prospektiert ausgeschüttet, wie sich aus der Darstellung in der HCI Leistunsgbilanz 2007 (Anl. MK 19 und 20) ergebe.

Die Bilanz 2006 haben bezogen auf die Bulker zudem nicht besser ausgesehen.

b)

Die Beklagten treten dem entgegen.

Es treffe schon nicht zu, dass derartige Leistungsbilanzen geeignet seien, beim Anleger ein besonderes Vertrauen in den künftigen Erfolg der angebotenen Anlage zu erwecken – dies verhinderten die im Prospekt enthaltenen eindeutigen Risikohinweise.

Zudem sei die Leistungsbilanz ersichtlich genereller Natur, indem sie sich auf sämtliche HCI-Schiffsbeteiligungen und eben nicht nur auf Bulker beziehe. Damit aber habe klar sein müssen, dass aus ihr konkret für die „Vogerunner“ nichts hergeleitet werden konnte.

Ohnehin seien die Zahlen nicht veraltet gewesen – die Leistungsbilanz 2007 habe erst im September 2008 Redaktionsschluss gehabt, weshalb sie bei der Erstellung des im Mai veröffentlichten streitgegenständlichen Prospekts eben noch nicht habe berücksichtigt werden können.

Auch seien – so bei der MS „Bulk Europe“ und MS „Bulk Asia“ – in der „Negativ-Liste“ des Klägers auch Fonds betroffen, die nicht nur in Bulker investiert hätten.

Die maßgebliche und im Prospekt dargestellte Leistungsbilanz für 2006 sei bezogen auf Bulker nicht schlecht gewesen – zwar seien die Reedereiüberschüsse niedriger als prognostiziert ausgefallen, dafür sei jedoch das Fremdkapital stärker als geplant zurückgeführt worden.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Darstellung der Leistungsbilanz auf S. 25 und 26 des Prospektes gerade auch dem Anleger, der sich für den hier beworbenen Bulker interessierte, den Eindruck vermitteln sollte, dass nahezu alle Schiffs-Fonds der HCI-Gruppe hervorragend liefen.

Ebenso kann die Verteidigung der Beklagten, dass die Leistungsbilanz 2007 erst im September 2008 fertiggestellt worden sei, in keiner Weise überzeugen, denn es erscheint ausgeschlossen (oder wäre ansonsten für sich genommen eine im Prospekt aufklärungspflichtige Tatsache), dass ein Emissionshaus wie die HCI-Gruppe so mangelhaft über seine emittierten Beteiligungen orientiert wäre, dass die Ergebnisse des Vorjahres auch intern erst im Herbst des Folgejahres vorlägen – bei einem derartigen Unternehmen ist vielmehr davon auszugehen, dass es, wenn nicht jederzeit oder zu jedem Monatsultimo, so doch spätestens zum Ende eines jeden Quartals über den wirtschaftlichen Verlauf des Vorquartals orientiert ist.

Genau dies aber – dass nämlich keine aktuellen Zahlen vorgelegt wurden, sondern vielmehr ein Jahr alte Zahlen werblich herausgestellt wurden – konnte der aufmerksame Leser des Prospektes ebenso erkennen, wie den Umstand, dass die fragliche Passage (S. 25/​26) auch inhaltlich so unkonkret ist, dass sie tatsächlich nicht mehr als eine nicht belastbare Werbeaussage darstellte.

Damit aber enthielt dieser Abschnitt keine für den Anleger wesentlichen Informationen und stellt auch die Nichtdarstellung der Ergebnisse für 2007 keine wesentliche Lücke des Prospektes dar.

12.)

Feststellungsziel 1g

Der Prospekt weist nicht darauf hin, dass die Gesellschaft im Fall der Insolvenz für Verbindlichkeiten des Charterers und des Subcharterers haftet. Dabei handelt es sich um einen wesentlichen Prospektfehler.

a)

Der Musterkläger meint, dass im Prospekt über die sogenannten „Schiffsgläubigerrechte“ aufgeklärt werden müsste, die ggf. einen Zugriff von Gläubigern des Charterers auf das Schiff erlauben würden.

b)

Die Musterbeklagten sind der Auffassung, dass auf derartige Folgerisiken der Vercharterung nicht hingewiesen werden müsse, jedenfalls nicht neben den ausdrücklichen Hinweisen auf die Bedeutung der Bonität der Vertragspartner, wie sie sich hier auf S. 11 und 15 des Prospektes finden.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen: Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach nicht explizit auf sog. Schiffsgläubigerrechte hingewiesen werden muss.

Dass Gläubiger – insbesondere soweit sie sachbezogene Leistungen erbracht haben, wie etwa Reparaturen oder Treibstofflieferungen – unter bestimmten Umständen zur Verwirklichung ihrer Forderung auf die Sache zurückgreifen können, ist ein vielen Rechtsordnungen bekannter Grundsatz, der einer Sache – wie in Deutschland etwa aufgrund § 647 BGB – kraft Gesetzes anhängt und sich letztlich als eine – und nicht die wesentlichste – Ausprägung des allgemeinen Risikos darstellt, dass ein wichtiger Vertragspartner seine geschuldeten Leistungen nicht erbringt. Damit ist neben dem Hinweis auf das Risiko des Ausfallens von Vertragspartnern (S. 15 des Prospektes) und das Rechtskreisrisiko (S. 14 des Prospektes) eine ausdrückliche Erwähnung der sog. Schiffsgläubigerrechte nicht erforderlich.

13.)

Feststellungsziel 1h

Die in der Liquiditätsprognose prospektierte jährliche Eskalation der Schiffsbetriebskosten in Höhe von 4 % p.a. für die Jahre 2010 – 2012 und um 2,5 % p.a. ab 2013 war bereits aus ex-ante-Sicht nicht vertretbar.

a) Der Musterkläger meint, dass die Schiffsbetriebskosten deutlich stärker hätten eskaliert werden müssen, als in der Prognose S. S. 43 (l. Sp., vorl. Absatz) geschehen. Tatsächlich seien die Schiffsbetriebskosten bereits 2009 um 10 % gestiegen, es sei erkennbar gewesen, dass die gewählte Eskalation zu niedrig angesetzt gewesen sei.

Schon mit Rücksicht auf die zulaufenden Schiffe sei mit einem stärkeren Anstieg der Personalkosten zu rechnen gewesen, und auch der Rohölpreis sei schon geraume Zeit mit mehr als 2 % p.a. gestiegen. Der gewählte Wert habe nicht einmal die Inflation ausgleichen können.

Zudem hätten die Musterbeklagten schon bei anderen Schiffsfonds die Erfahrung gemacht, dass in den Jahren vor Veröffentlichung des Prospektes die Betriebskosten stark gestiegen seien (wegen der Details der Darstellung wird Bezug genommen auf S. 57 – 62 des Schriftsatzes des Musterklägers vom 04.12.2020).

b) Die Musterbeklagten halten die angesetzten Werte für ex ante vertretbar. Die Klägerseite lasse insbesondere außer Betracht, dass es sich bei dem Fondsschiff um einen modernen Neubau gehandelt habe, den sie nicht auf eine Stufe mit deutlich älteren Schiffen stellen könne. Bei mehreren der Schiffsfonds der Beklagtenseite, auf die der Kläger sich zur Darlegung höherer Steigerungsraten beziehe, handele es sich um Fonds, die alte und damit für Kostensteigerungen anfällige Schiffe betrieben (so etwa die „MS Bulk Europe“ und die „Atlantic Voyager“). Zudem argumentiere die Klägerseite mit Daten zu vom Typ her schlicht nicht vergleichbaren Schiffen, so habe es sich etwa bei der „Atlantic Voyager“ um einen 2.546 TEU-Container, bei der MS Beluga Enterprise“ um einen 73.000 tdw Bulker gehandelt.

Ex post hätten die Ist-Werte für 2011 – 2013 sogar deutlich unter den Prognosen gelegen.

Auch die Inflation im Dollar-Raum sei irrelevant – auswirken könne sie sich nur auf Waren und Leistungen, die in den USA bezogen würden, nicht schon auf Waren und Dienstleistungen, die nur in Dollar abgerechnet, aber etwa kostengünstig in Drittstaaten bezogen würden.

c) Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen.

Der Musterkläger hat schon nicht schlüssig dargelegt, dass die gerügte Eskalation von 4 bzw. 2,5 % ex ante unvertretbar gewesen wäre. Insbesondere verfängt die Argumentation anhand der Geschäftsberichte der HCI-Gruppe zu anderen Schiffsfonds hier nicht. Der Kläger hat die Einwände der Beklagten hierzu nicht entkräftet: Es ist plausibel, dass die in den fraglichen Berichten angegebenen Kostensteigerungen bei der „Altlantic Voyager“, der „Beluga Enterprise“, der „Bulk Europe“, der „Kaspar Schulte“ und zum „Shipping Select XXV“ mit Rücksicht darauf nicht auf das Fondsschiff übertragen lassen, als die fraglichen Schiffe zu ganz anderen Typen gehörten und zudem deutlich älter waren. Konkreter Vortrag des Musterklägers, dass den Musterbeklagten vor Veröffentlichung des streitgegenständlichen Prospektes aufgrund von Erfahrungen mit „eigenen“ Schiffen bekannt gewesen sei, dass für ein dem Fondsschiff vergleichbares Schiff die fragliche Prognose unvertretbar gewesen sei, fehlt. Auch dem – jedenfalls indiziell bedeutsamen – Vortrag der Beklagtenseite, dass in den Jahren 2011 – 2013 die prognostizierten Kosten sogar unterschritten worden seien, ist der Kläger nicht entgegengetreten.

Gleiches gilt für den plausiblen Einwand der Musterbeklagten, dass die Inflation im Dollarraum schon grundsätzlich kein relevanter Parameter für die Prognose der Schiffsbetriebskosten sei bzw. jedenfalls nicht 1:1 übertragen werden müsse, da es nicht darauf ankomme, in welcher Währung Leistungen fakturiert würden, sondern wo und von wem sie erbracht werden.

Damit kann auch der allgemeine und bezogen auf die tatsächliche Kostensituation des Fondsschiffs gänzlich unkonkrete Hinweis des Klägers auf steigende Personalkosten bzw. Ölpreissteigerungen nicht durchgreifen.

14.)

Feststellungsziel 1i

Die Sensitivitätsanalyse auf S. 48 des Verkaufsprospektes erweist sich als unrichtig und unvollständig, führt den Anleger bei der Investitionsentscheidung in die Irre und leidet an groben Mängeln der Systematik und Methodik.

a) Verschiedene Beigeladene argumentieren, dass die Sensitivitätsanalyse S. 48 untauglich sei.

So sei schon nicht erkennbar, dass mit der Veränderung der „Umsatzerlöse“ in dem Balkendiagramm S. 48 eine Veränderung der Charterrate gemeint sei. Auch sei die Abweichung von nur maximal -10 % untauglich, um dem Anleger zu verdeutlichen, ab welchem Grenzwert sich seine Investition nicht mehr lohne – zu fordern sei der Ansatz eines kritischen Wertes. Es hätten mindestens negative Abweichungen von 30 – 50 % angesetzt werden müssen.

b) Die Musterbeklagten weisen darauf hin, dass die Sensitivitätsanalyse nicht etwa der Darstellung eines „worst case-Szenarios“ diene.

c) Die Feststellung ist nicht zu treffen.

Keinem verständigen Leser dürfte verschlossen bleiben, dass mit dem Begriff „Umsatzerlöse“ , wie er S. 48 benutzt wird, nur die Entwicklung der Chartereinnahmen gemeint sein kann – andere Erlöse sollte das Fondsschiff nach dem Prospekt nicht erwirtschaften.

Ein „worst-case-Szenario“ muss in einer Sensitivitätsanalyse nicht aufgezeigt werden – dies ist Aufgabe des – hier auf S. 18 des Prospektes deutlich hervorgehobenen – Hinweises auf das bestehende Totalverlustrisiko.

Ebenso muss nicht explizit ein Szenario dargestellt werden, in dem der Grenzwert für eine Amortisation der Anlage erreicht wird – der Darstellung der Auswirkungen einer negativen Entwicklung um – wie vorliegend – 10 % konnte der Anleger ohne Weiteres entnehmen, dass zur Erreichung dieses so verstandenen Grenzwertes insbesondere die Umsatzerlöse um ein Vielfaches stärker zurückgehen mussten. Deren Volatiliät aber war auf S. 38 des Prospektes durchaus verständlich dargestellt.

15.)

Feststellungsziel 1j:

Die Angaben zu dem Charterunternehmen sind unrichtig, unvollständig und widersprüchlich.

Die Feststellung ist nicht zu treffen; das Feststellungsziel ist weder von den Beigeladenen, auf deren Antrag es zugelassen wurde, noch vom Musterkläger begründet worden.

16.)

Feststellungsziel 2

Die Antragsgegner sind für den am 08.05.2008 für die Beteiligung an der MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG veröffentlichten Prospekt als Fondsinitiator gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 VermAnlG verantwortlich, und es liegt kein Haftungsausschluss nach § 20 Abs. 3, 4 VermAnlG vor.

a)

Der Musterkläger hält § 20 VermAnlG für anwendbar, die Beklagten für Fondsinitiatoren und den Haftungsausschluss für nicht anwendbar.

b)

Die Musterbeklagten halten das Feststellungsziel für unzulässig und weisen darauf hin, dass das VermANlG erst am 01.06.2012 in Kraft getreten ist.

c)

Die Feststellung ist nicht zu treffen, das VermAnlG ist in temporaler Hinsicht nicht anwendbar (vgl. § 32 VermAnlG).

17.)

Feststellungsziel 3

Die Antragsgegner haften im Hinblick auf die Beteiligung an der MS „Vogerunner“ GmbH & Co. KG gegenüber den Anlegern als Haftungsschuldner aus Prospekthaftung im weiteren Sinne als Gesamtschuldner.

a)

Der Musterkläger meint, dass die Musterbeklagten als Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft im Sinne der Prospekthaftung im weiteren Sinne passivlegitimiert seien, wobei dies auch im Verhältnis zu den Anlegern gelte, die sich nur als Treugeber über eine Treuhänderin an dem Fonds beteiligt hätten.

b)

Die Musterbeklagten halten auch dieses Feststellungsziel schon für unzulässig, da das Bestehen oder Nichtbestehen eines klageweise geltend gemachten Anspruches nicht Gegenstand eines KapMuG-Verfahrens sein könne.

Im Übrigen sind sie der Auffassung, dass auch die Musterbeklagten zu 1 – 5 nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH nicht passivlegitimiert im Sinne der Prospekthaftung im weiteren Sinne seien.

Zudem sei der Prospekt fehlerfrei.

c)

Die Feststellung ist nur hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2, 3 und 5 zu treffen – auf die obigen Ausführungen zu Lit. A. wird Bezug genommen.

Dabei versteht der Senat das Feststellungsziel dahingehend, dass nicht das Bestehen des Anspruchs an sich ausgesprochen werden – was in der Tat unzulässig wäre – sondern nur festgestellt werden soll, dass die Musterbeklagten als Gründungsgesellschafter grundsätzlich gegenüber den neu beitretenden (bzw. sich über die Treuhänderin beteiligenden) Anlegern aufklärungspflichtig waren.

18.)

Feststellungsziel 4

Die Antragsgegner haben schuldhaft nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gehandelt.

a)

Der Musterkläger ist der Auffassung, dass die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB anwendbar und nicht widerlegt sei.

b)

Die Musterbeklagten halten auch dieses Feststellungsziel schon für unzulässig, da es wiederum um das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruches gehe.

Im Übrigen sei es auch unbegründet: Die weltwirtschaftlichen Verwerfungen durch die Finanzkrise seien bei Prospekterstellung nicht vorhersehbar gewesen.

Zudem sei der Prospekt von der RTC Revision Treuhand Consulting GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft mbH geprüft und Fehlerfreiheit bescheinigt worden.

c)

Die beantragte Feststellung – verstanden als Feststellung (nur) des Verschuldens – bezogen auf den festgestellten Prospektfehler und insoweit zulässig – ist zu treffen.

Wie oben ausgeführt, weist der Prospekt zu einem zentralen Punkt – der Darstellung der künftigen Entwicklung von Angebot und Nachfrage eine ganz wesentliche Lücke auf, da dem Anleger für seine Orientierung unabdingbare Grunddaten nicht bzw. nicht in verständlicher Form mitgeteilt werden.

Die auf die Prospekthaftung im weiteren Sinne unzweifelhaft anwendbare Verschuldensvermutung der § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht widerlegt.

Der Vortrag der Beklagten zur Nichtvorhersehbarkeit der Auswirkungen der Finanzkrise in den Jahren ab 2009 ist insoweit unerheblich: Die wirtschaftliche Entwicklung nach Veröffentlichung des Prospektes hat mit den Anforderungen an eine vernünftige Darstellung der wirtschaftlichen Ausgangssituation nichts zu tun.

Ebenso können sich die Musterbeklagten zu 2, 3 und 5 hier nicht auf die Prüfung des Prospektes durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft berufen: Dieser ist offenbar die gleiche fundamentale Fehleinschätzung unterlaufen wie den Prospekterstellern selbst, ihr Verschulden müssen sich diese nach § 278 BGB zurechnen lassen – die ordnungsgemäße Erstellung des Prospektes ist die wesentliche Verbindlichkeit, die die Prospektverantwortlichen im Verhältnis zu den Anlegern trifft, zu deren Erfüllung hat sie sich der Wirtschaftsprüfer bedient, indem sie diesen die Kontrolle des Prospektes übertrug. Damit können sich auch die als Gründungsgesellschafter in Anspruch genommenen Musterbeklagten zu 2, 3 und 5 hier nicht auf fehlendes Verschulden berufen.

19.)

Feststellungsziel 5

Es wird festgestellt, dass die Kausalitätsvermutung bezüglich der Prospektfehler für die Anlageentscheidung nicht schon deshalb widerlegt ist, weil der Anleger an einer Sanierung durch weiteres Kapital teilgenommen hat.

a)

Der Musterkläger will festgestellt wissen, dass der Nachschuss von Kapital durch Anleger im Rahmen einer Sanierung – wie bei dem vorliegenden Fonds geschehen – nicht zur Unanwendbarkeit der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens führe.

Zum Zeitpunkt der individuellen Entscheidung hätten die Anleger keine Kenntnis von den Prospektfehlern gehabt, allein die Kenntnis von der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Fondsgesellschaft könne für einen Ausschluss der Kausalitätsvermutung nicht genügen.

b)

Die Musterbeklagten sehen diesen Antrag wiederum als unzulässig an, da es insoweit auf individuelle Umstände bezogen auf den einzelnen Anleger ankomme, insbesondere darauf, ob und wie dieser die verschiedenen ihm zugegangenen Informationen zur Lage der Gesellschaft verstanden habe.

Die Musterbeklagten stellen im Detail dar, welche Informationen den Anlegern im Vorfeld des Sanierungsversuches in den Jahren 2010 – 2013 zugeleitet wurden; wegen der Einzelheiten wird auf S. 91 – 127 des Schriftsatzes der Musterbeklagten vom 10.02.2020 Bezug genommen.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen: Die Musterbeklagten weisen zutreffend darauf hin, dass die Frage, wie ein Anleger die zahlreichen Anschreiben, die vor der Entscheidung zu einer Beteiligung am Sanierungsversuch versandt wurden, verstanden hat, eine nur im jeweiligen Individualprozess zu klärende Frage ist.

Insbesondere hängt vom Verständnishorizont des jeweiligen Anlegers ab, ob er den zahlreichen Schreiben, in denen auf die schlechte wirtschaftliche Lage der Fondsgesellschaft eingegangen wurde, im Wege des Rückschlusses auch entnommen hat, dass schon die Darstellung der Marktlage im Prospekt nicht zutreffend bzw. nicht ausreichend gewesen sein könne; ganz abgesehen davon, dass auch nur im individuellen Verfahren geklärt werden kann, welche Schreiben dem jeweiligen Anleger denn überhaupt zugegangen waren.

20.)

Feststellungsziel 6

Die Antragsteller sind so zu stellen, wie sie stünden, wenn sie die Beteiligung nicht gezeichnet hätten.

a)

Der Musterkläger will festgestellt wissen, dass die Beklagten den Anlegern gesamtschuldnerisch auf den Ersatz des negativen Interesses haften.

b)

Die Beklagten weisen darauf hin, dass auch die Feststellung des Schadens zwingend den individuellen Klagverfahren vorbehalten sein müsse.

c)

Die beantragte Feststellung ist zu treffen, allerdings nur in dem Sinne, dass aus Prospekthaftung im weiteren Sinne der Anleger in der Tat grundsätzlich nur Ersatz des negativen Interesses fordern kann, ohne dass hiermit irgendeine Aussage dazu verbunden wäre, welcher konkrete Schaden vorliegend welchem Anleger tatsächlich zu ersetzen wäre.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Panten

Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht

Löffler

Richterin
am Oberlandesgericht

Dr. Tonner

Richter
am Oberlandesgericht

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