Hanseatisches Oberlandesgericht
Beschluss
Az.: 13 Kap 4/15
Verkündet am 18.05.2016
Singh, JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Sache
Torsten Hevecke, Fasanenweg 7, 21493 Basthorst
– Musterkläger – |
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Kälberer & Tittel, Knesebeckstraße 59-61, 10719 Berlin, Gz.: 1081/14 TT 03
gegen
Wölbern Treuhand GmbH i.L, vertreten durch den Liquidator Carsten Riemer, Palmaille 33, 22767 Hamburg
– Musterbeklagte – |
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Pöllath + Partners, Potsdamer Platz 5, 10785 Berlin
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beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und die Richterin am Oberlandesgericht zur Verth:
1.) Die Musterverfahrensanträge des Musterklägers zu Ziffer 1 lit. a – d sowie Ziffer 2 des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 29.06.2015 werden zurückgewiesen.
2.) Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagte für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Emissionsprospektes des Dachfonds Deutsche Schifffahrt GmbH & Co. DDS 07 KG verantwortlich ist.
Gründe:
I.
Der Musterkläger zeichnete im Mai 2005 eine Beteiligung an der in Ziffer 2 des Tenors benannten KG, wobei er dieser nicht direkt als Kommanditist beitrat, sondern vielmehr einen Treuhandvertrag mit der als Treuhandkommanditistin fungierenden Musterbeklagten schloss.
Nach der Konzeption des Fonds sollte dieser ein Eigenkapital von maximal € 15.000.000 einwerben und sich sodann seinerseits an einzelnen Schiffsfonds als sog. Zielfonds beteiligen. Die Verwaltung der Gesellschaft und insbesondere die Auswahl der Zielfonds sollte dabei der Meerwert Beteiligungen GmbH (im Folgenden: Meerwert GmbH) als geschäftsführender Kommanditistin obliegen. Zur Meerwert GmbH enthält der Fondsprospekt auf S. 61 Angaben zu Gründungsdatum, HRG-Nummer, Sitz, Organ und Stammkapital.
Die Beteiligungsgesellschaft wurde im Juli 2007 nach Einwerbung des vorgesehenen Kommanditkapitals geschlossen.
Der Musterkläger ist der Auffassung, dass die Darstellung im Fondsprospekt zu einem den Anlegern von der geschäftsführenden Kommanditistin eingeräumten Andienungsrecht unrichtig, unvollständig und irreführend gewesen sei.
Nach dem Prospekt bestand ein Andienungsrecht für Anleger in der Weise, dass den Investoren nach Ablauf von drei vollständigen Geschäftsjahren der Gesellschaft nach Schließung das Recht eröffnet wurde, ihre Anteile der Meerwert GmbH anzudienen. Diese sollte die Anteile zu 100% des Zeichnungsbetrages abzüglich zwischenzeitlich erhaltener Ausschüttungen den Anlegern abkaufen, wobei dieses Andienungsrecht allerdings erlöschen sollte, sobald die Meerwert GmbH 20% der gesamten Zeichnungsbeträge zum Zeitpunkt der Schließung der Beteiligungsgesellschaft übernommen hätte. Die Meerwert GmbH erhielt nach dem Prospekt für die Einräumung dieses Rechtes keine gesonderte Vergütung.
Auf S. 16 des Propektes findet sich zum Andienungsrecht wörtlich der folgende Hinweis: „Möchte ein Investor das Andienungsrecht in Anspruch nehmen, besteht das Risiko, dass aufgrund der Beschränkungen eine Inanspruchnahme nicht mehr möglich ist. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass die geschäftsführende Kommanditistin ihre vertragliche Verpflichtung nicht erfüllen kann bzw. wird.“
Wegen der Einzelheiten der Darstellung des Andienungsrechts wird auf S. 11, 17 und 68 f. des Fondsprospektes (Anl. K 1) Bezug genommen; wegen weiterer Details zur Darstellung der geschäftsführenden Kommanditistin sowie des Andienungsrechts im Prospekt wird auf die Darstellung unter Ziffer II. verwiesen.
Der Musterkläger ist der Auffassung, dass Anlageinteressenten aus der Darstellung des Prospektes den Schluss hätten ziehen müssen, dass die Meerwert GmbH jedenfalls während der Platzierungsphase des Fonds bis Ende Juli 2007 wirtschaftlich in der Lage sein würde, ihren Verpflichtungen aus dem Andienungsrecht – die sich auf maximal € 3.000.000 summieren konnten, vollumfänglich nachzukommen.
Tatsächlich habe die Meerwert GmbH nie eine entsprechende Kapitalausstattung aufgewiesen und habe – was unstreitig ist – im Jahre 2013 Insolvenzantrag gestellt, nachdem Anleger Anträge auf Inanspruchnahme des Andienungsrechts angebracht hatten.
Es sei nach der Konzeption der Prospektverantwortlichen von vornherein geplant gewesen, die über die Andienung erworbenen Beteiligungen unmittelbar am Zweitmarkt zu veräußern und dadurch die nötige Liquidität aufzubringen. Im Falle einer wirtschaftlichen Schieflage der Fondsgesellschaft habe dieses Konzept nicht aufgehen können, da die Preise am Zweitmarkt dann nicht mehr zur Refinanzierung der Aufwendungen für Andienungen hätten genügen können. Es liege auf der Hand, dass die Meerwert GmbH niemals am Zweitmarkt 100% der Beteiligungssumme würde erzielen können, denn in einer solchen Situation hätten die Anleger des Andienungsrechts nicht bedurft, sondern vielmehr ihrerseits direkt am Zweitmarkt veräußern können.
Hierauf enthalte der Prospekt keinen Hinweis, er suggeriere vielmehr, dass sich die Anleger – bis zum Erreichen der 20%-Grenze – problemlos von ihrer Anlage lösen und dabei jedenfalls das Nominalkapital zurückerhalten könnten.
Als Treuhand(gründungs)kommanditistin sei die Musterbeklagte den Anlegern gegenüber aufklärungspflichtig gewesen.
Mit Beschluss vom 29.06.2015 hat das Landgericht Hamburg dem Senat die folgenden Feststellungsziele vorgelegt:
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Die Musterbeklagte tritt dem Vorbringen des Musterklägers entgegen.
Bei der Beklagten handele es sich nicht um eine Gründungsgesellschafterin, sie sei der Fondsgesellschaft – wie auf S. 61 f. des Prospektes dargestellt – erst im Rahmen einer wirtschaftlichen Neugründung beigetreten.
Die Angaben zum Andienungsrecht seien richtig, vollständig und keineswegs irreführend.
Auch sei es ausgeschlossen, dass Anleger aufgrund der Angaben zum Andienungsrecht den Schluss hätten ziehen können, dass die Meerwert GmbH in der Platzierungsphase wirtschaftlich bereits in der Lage gewesen sei, dem Andienungsrecht bis zur Höhe von 20% der Zeichnungssumme nachzukommen. Da das Andienungsrecht erst drei Jahre später erstmals hätte ausgeübt werden können, sei ein solche Annahme abwegig. Kein Unternehmen verfüge über so viel Eigenkapital, um damit sämtliche künftig etwa fällig werdenden Verpflichtungen bedienen zu können. Typischerweise würden in drei Jahren (vielleicht) fällige Verbindlichkeiten nicht aus dem aktuell verfügbaren Kapital, sondern aus den bis zum Fälligkeitszeitpunkt erwirtschafteten Erlösen erfüllt. Zur Meerwert GmbH weise der Prospekt zudem richtig auf deren Stammkapital von nur € 25.000 hin, während auf S. 30 richtig darauf hingeweisen werde, dass das Unternehmen ihr Konzept der Realisierung eines Dachfonds für Schiffsbeteiligungen mit dem vorliegenden Beteiligungsangebot erstmals realisiere und keine Vorgängerangebote existierten.
Im Übrigen sei die Planung zur Finanzierung des Andienungsrechtes in sich plausibel: Allein aus der Platzierung der Beteiligungsgesellschaft bzw. der Investition in Schiffsfonds habe die Meerwert GmbH bis Juli 2007 ca. € 1.000.000 an Vergütungen und Provisionen erzielt und habe darüber hinaus die berechtigte Aussicht gehabt, weitere € 800.000 zu erlösen; zudem habe sie angesichts des im Jahr 2007 noch boomenden Geschäfts mit Schiffsbeteiligungen mit ähnlichen Einnahmen aus den geplanten Nachfolgefonds DDS 08 und DDS 09 rechnen können.
Neben den Erträgen aus ihrer eigenen Beteiligung an der Fondsgesellschaft in Höhe von ca. € 35.000,- habe die Meerwert GmbH noch im Jahr 2007 eine Platzierungsvergütung von € 220.000,– und eine Vermittlungsprovision von ca. € 751.000 für die Investition von ca. 40% des Portfolios der Beteiligungsgesellschaft bereits verdient (S. 65/66 des Prospektes).
Die Investition der weiteren 60% habe noch ausgestanden, aus ihr seien weitere gesicherte Einnahmen in Höhe von ca. € 800.000 – 1.200.000 zu erwarten gewesen. Dabei seien die Provisionen, die aus der Beteiligung an Zielfonds erlöst würden, auch keinesfalls durchlaufende Posten, da ihnen keine Provisionsverpflichtungen für weitere Vertriebsleistungen gegenüberstünden. Weiter habe der Meerwert GmbH ein Gewinn-Vorab (S. 62 des Prospektes) zugestanden, wobei bis zum Ausbruch der Schifffahrtskrise im Jahre 2008 Überschüsse sehr wohl zu erwarten gewesen seien.
Da zudem für das Andienungsrecht maximal € 3.000.000 aufzuwenden sein würden, hätten schon die erzIelten Provisionseinnahmen genügt, um Verluste bei der beabsichtigten Veräußerung angedienter Berteiligungen am Zweitmarkt bis zu 35% des Nominalwertes auszugleichen. Diese Rechnung sei im Jahre 2007 kaufmännisch vertretbar, das Konzept zur Finanzierung des Andienungsrechtes damit plausibel gewesen. Der Zusammenbruch der Meerwert GmbH sei dem unvorhersehbaren Ausbruch der weltweiten Finanzkrise im Jahre 2008 geschuldet gewesen. Insbesondere die katastrophale Enwicklung des Zweitmarktes, auf dem Mitte 2007 durchschnittlich ca. 93% – 120% der Nominalwerte erlösbar gewesen seien, sei nicht vorhersehbar gewesen.
Auch die Risikoaufklärung durch den Prospekt sei gerade auch bezogen auf das Andienungsrecht vollkommen ausreichend, der Hinweis auf S. 16 absolut unmissverständlich gewesen, zumal auf S. 15 auch in aller Deutlichkeit ausgeführt sei, dass es sich bei dem Anlagegeschäft um eine unternehmerische Beteiligung handele, bei der auch das Risiko eines Totalverlustes bestehe.
II.
1.) Die Feststellungen zu Ziffer 1 lit. a – d des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 29.06.2015 kann der Senat nicht treffen, der Fondsprospekt weist die fraglichen Mängel nicht auf.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss ein Prospekt den potentiellen Anleger über alle wesentlichen, d.h. für die Investitionsentscheidung bedeutenden Umstände verständlich, sachlich zutreffend und vollständig unterrichten, wobei für diese Beurteilung nicht einzelne Formulierungen aus dem Gesamtkontext herauszugreifen sind, sondern vielmehr auf die gesamte Darstellung abzustellen und davon auszugehen ist, dass von dem Anleger, der sich aus dem Prospekt informiert, eine sorgfältige und eingehende Lektüre zu erwarten ist.
a) Nach diesen Maßstäben kann nicht davon die Rede sein, dass im Prospekt nicht hinreichend über den Stand der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Meerwert GmbH im Jahre 2007 aufgeklärt werde.
Der Prospekt beschäftigt sich mit der Meerwert GmbH im Wesentlichen wie folgt:
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S. 6: Bezeichnung als „Anbieterin und geschäftsführende Kommanditistin“; |
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S. 7: unter „Vertragspartner und Struktur des Beteiligungsangebotes“ – Investoren: Bezeichnung als „(Anbieter & Geschäftsführung)“; |
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S. 13: Erklärung zur Prospektverantwortlichkeit durch die Geschäftsführer; |
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S. 16 unter „Risiken auf Ebene der Investoren“ wird zur Inanspruchnahme des Andienungsrechts“ ausgeführt, dass die Meerwert GmbH den Anlegern ein solches einräume, ausübbar frühestens ab 2011, beschränkt auf maximal 20% der Zeichnungsbeträge, verbunden mit dem Hinweis: „Darüber hinaus besteht das Risiko, dass die geschäftsführende Kommanditistin ihre vertragliche Verpflichtung nicht erfüllen kann bzw. wird.“; |
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S. 29: Vorstellung der Meerwert GmbH, der für sie handelnden Personen und deren Konzept der Realisierung von Dachfonds für Schiffsbeteiligungen, verbunden mit dem Hinweis, dass es sich bei dem vorliegenden um das erste Beteiligungsangebot der GmbH handele; |
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S. 59: Vorstellung der Meerwert GmbH mit Nennung des Tags der Eintragung im Handelsregister (27.02.2004), ihrem Stammkapital von € 25.000 und ihrer Funktionen als Gründungsgesellschafterin der Beteiligungsgesellschaft, Anbieterin des Beteiligungsangebotes und Platzierungsgarantin; |
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S. 62 Mitte: Hinweis auf die aktuelle Beteiligung der Meerwert GmbH am Kommanditkapital, die für sie bestehende Möglichkeit einer Erhöhung des Anteils und die aus dem vereinbarten Ergebnisverteilungsmodus folgende überproportionale Beteiligung an einem erwirtschafteten Gewinn; Hinweis auf den der Meerwert GmbH bei Übererfüllung der Cash-Flow-Prognosen zustehenden Vorabgewinn; Hinweis, dass Entnahmen von Mehrauszahlungen und Vorabgewinnen durch sie erst nach vollständiger Tilgung der zum Erwerb der Zielfonds aufgenommenen Darlehen möglich ist; |
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S. 63 drittletzter Absatz: Hinweis darauf, dass die Vertretung und Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft allein bei der Meerwert GmbH liegt; |
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S. 64: Hinweis darauf, dass die Meerwert GmbH bei Prospektauflegung einen KG-Anteil von € 1.000 bei einem Gesamtkommanditkapital von € 2.000 hält; |
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S. 64: Hinweis, dass die Meerwert GmbH ihren KG-Anteil auf höchsten € 125.000,- maximal jedoch 0,5% der tatsächlichen Zeichnungssumme zzgl. des tatsächlich verfügbaren Fremdkapitals erhöhen kann; |
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S. 65: Hinweis darauf, dass die Meerwert GmbH für ihre Leistungen in der Investitionsphase maximal (bei Vollzeichnung) eine Vergütung von € 220.000 erhält, davon € 80.000 bei Abschluss des Vertrages, den Rest bei Schließung der Beteiligungsgesellschaft; |
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S. 65 Mitte: Hinweis darauf, dass die Meerwert GmbH von den Zielfonds (die erst in Höhe von 40% der Gesamtzeichnungssumme feststehen) € 751.200 Provision erhalten hat und Aussagen zu weiteren Provisionen nicht getroffen werden könnten; |
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S. 65: Hinweis, dass die Meerwert GmbH sich zur Erfüllung ihrer Pflicht zur Einwerbung des Eigenkapitals der Hilfe von Vertriebspartnern bedienen wird und die diesen zu zahlenden Provisionen aus den vorgenannten, von ihr vereinnahmten Vergütungen und Provisionen decken wird; |
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S. 65: Hinweis, dass die Meerwert GmbH für die Einräumung des Andienungsrechts keine Vergütung erhalte; |
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S. 67: Hinweis auf eine von der Meerwert GmbH gegebene Platzierungsgarantie in Höhe von € 5.950.000 + 5% agio, wobei sie diejenigen Aufwendungen der Investitionsphase tragen muss, die die prognostizierten Ansätze übersteigen und die Liquiditätsreserve aufbrauchen würden, wobei sie auch diese Kosten aus den von Zielfonds gezahlten Provisionen decken werde; |
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S. 67 unten/68 oben: Nochmalige Beschreibung des von der Meerwert GmbH eingeräumten Andienungsrechts; |
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S. 75 Mitte: Angaben zur Meerwert GmbH nach Maßgabe der VerkProspV – sie ist als Gründungsgesellschafterin mit dem Vertrieb beauftragt; sie, die Beklagte und die DDS Verwaltungs GmbH sind an Vertriebsunternehmen nicht beteiligt; |
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S. 77: § 3 des Gesellschaftsvertrages: Die Meerwert GmbH ist geschäftsführende Kommanditistin mit einer Einlage von zunächst € 1.000; |
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S. 80: Beschreibung der Befugnisse der geschäftsführenden Kommanditistin im Rahmen von Vertretung und Geschäftsführung; |
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S. 80/81: §§ 16 und 17 Gesellschaftsvertrag – Regelungen zur Ergebnisverteilung und Entnahmen, auch bezogen auf Beteiligung bzw. Vorabgewinn, Erhöhung bei hohem cash-flow zugunsten der Meerwert GmbH; |
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S. 83: § 18 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages – Aufwendungsersatzanspruch der geschäftsführenden Kommanditistin; |
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S 91: Prognoserechnung mit Ausweis der Entnahmen der Meerwert GmbH bzw. Auszahlungen an sie. |
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschäftsführenden Kommanditistin kann dem Prospekt damit entnommen werden, dass sie ein gesellschaftsvertragliches Stammkapital von € 25.000 aufweist, während sich Aussagen zum aktuellen Eigenkapital nicht finden.
Hinsichtlich möglicher Einkünfte aus werbender Tätigkeit ist zu entnehmen, dass es Vorgängerprojekte nicht gab, die GmbH aus dem aktuellen Projekt Einkünfte in Gestalt von Vergütungen und für das Investment in Zielfonds gezahlter Provisionen in Höhe von ca. € 1.000.000 schon verdient habe, während zu weiteren Provisionseinnahmen keine Aussage getroffen werden könne.
Weiter war zu ersehen, dass einererseits die Meerwert GmbH bei guter Entwicklung der Beteiligungsgesellschaft weitere Auszahlungen aus dieser und wohl auch weitere Povisionen erwarten könne und andererseits auf die GmbH auch nicht näher quantifizierte Kosten der Investitionsphase (insbesondere aus Provisionszahlungen für den Vertrieb der Beteiligung) zukommen würden.
Dem Musterkläger ist zuzugeben, dass diese Informationen eine tiefergehende Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Meerwert GmbH nicht ermöglichen, insbesondere da über deren aktuellen Vermögensstand nichts mitgeteilt wird und nicht erkennbar ist, welche Kosten – etwa für ihre eigene Verwaltung oder auch die Vergütung ihrer Geschäftsführer – etwa schon aus den generierten Einnahmen hatten gedeckt werden müssen und welche noch anfallen würden.
Gleichwohl liegt insoweit ein Mangel des Prospektes nicht vor – dass einzelne Informationen falsch seien, ist vom Musterkläger schon nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich. Damit aber kann der aufmerksame Leser dem Prospekt jedenfalls entnehmen, dass anhand der o.g. Informationen eine wirkliche Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Meerwert GmbH schlicht nicht möglich ist – jedenfalls nicht jenseits der Aussage, dass das Unternehmen offenbar liquide und nicht überschuldet war, da ansonsten ein Insolvenzgrund gegeben gewesen wäre.
Eine nähere Information ist jedoch auch nicht nötig – zwar ist die geschäftsführende Kommanditistin im Rahmen des Fondskonzepts aufgrund ihrer vielfältigen Funktionen und Befugnisse ein zentraler Baustein, die ihr zugedachte Rolle kann sie jedoch übernehmen, sofern sie als GmbH existiert und nicht insolvenzreif ist.
Anders wäre der Inhalt des Prospektes bezogen auf die Darstellung zur Meerwert GmbH nur zu beurteilen, wenn dem Anleger etwa eine besondere Leistungsfähigkeit der geschäftsführenden Kommanditistin vorgegaukelt würde, da er hieraus unzutreffende Schlüsse bezüglich Chancen und Risiken des Anlageproduktes ziehen könnte.
Den oben aufgeführten Aussagen zur Meerwert GmbH selbst, kann derartiges jedoch gerade nicht entnommen werden: Die Aussagen zu Einnahmechancen und zu erwartenden Ausgaben sind dürftig, aber eben nicht falsch, es wird gerade nicht dargestellt, dass ein Erfolg der Meerwert GmbH sicher und etwa mit großen Erträgen aus Provisionen oder Vergütungen zu rechnen sei, die oben im Detail angeführten Aussagen lassen noch nicht einmal eine besonders optimistische Zukunftsprognose erkennen.
Entgegen der Auffassung des Musterklägers folgt auch aus dem Umstand, dass die Meerwert GmbH den Anlegern ein Andienungsrecht einräumte, nichts anderes; auch dieser Umstand konnte aus Sicht eines verständigen und den Prospekt vollständig zur Kenntnis nehmenden Anlegers gerade nicht den Schluss darauf tragen, dass die Vermögenslage der GmbH zum Zeitpunkt der Auflegung des Prospektes etwa besonders gut gewesen wäre (dazu sogleich sub lit b).
b) Eine Pflicht im Prospekt ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Andienungsverpflichtete Meerwert Beteiligungen GmbH zum Zeitpunkt der Emission nicht über die finanziellen Mittel verfügte, um ihre Verpflichtungen aus dem den Anlegern eingeräumten Andienungsrecht zu erfüllen, bestand nicht.
Wie dargelegt boten die Angaben zur Meerwert GmbH selbst keinen Anhaltspunkt für verlässliche Aussagen zur tatsächlichen Vermögenslage der GmbH. Auch dem Umstand, dass ein Andienungsrecht eingeräumt wurde, kann gerade nicht die Aussage entnommen werden, dass die Verpflichtete schon bei Platzierung der Anlage in der Lage gewesen wäre, die daraus eventuell resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen.
Mit dem Andienungsrecht beschäftigt sich der Prospekt (soweit nicht schon oben unter lit. a erwähnt) im Wesentlichen wie folgt:
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S. 9: „Andienungsrecht: Den Investoren wird die Möglichkeit eingeräumt, Ihre Beteiligung nach Ablauf von drei vollständigen Geschäftsjahren nach Schließung der Beteiligungsgesellschaft der geschäftsführenden Kommanditistin anzudienen. Dieses Andienungsrecht unterliegt allerdings Beschränkungen die im Kapitel „Die rechtlichen Grundlagen“ näher erläutert werden. Das Andienungsrecht erlischt, wenn die geschäftsführende Kommanditistin 20% der Summe der Zeichnungsbeträge bei Schließung der Beteiligungsgesellschaft übernommen hat.“ |
und insbesondere
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S. 16 „Risiken auf Ebene der Investoren“ „Inanspruchnahme des Andienungsrechts“ (s.o. lit a). |
Der vom Musterkläger vermisste Hinweis darauf, dass die Meerwert GmbH – unstreitig – in der Platzierungsphase nicht in der Lage gewesen wäre, die Verpflichtungen aus dem Andienungsrecht zu erfüllen, wäre allenfalls dann erforderlich gewesen, wenn aus Sicht eines verständigen Lesers des Prospektes irgend ein Grund für genau diese Annahme gegeben gewesen sein sollte: Dies war jedoch nicht der Fall.
Wie ausgeführt (s.o. lit a) ließ der Prospekt eine wirkliche Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Meerwert GmbH nicht zu, vielmehr waren die vorhandenen Angaben (GmbH mit Mindestkapitalisierung, keine konkreten Angaben zu künftigen Einnahmen / Kosten) eher geeignet, Zweifel an ihrer Leistungsfähigkeit zu wecken. Jedenfalls vor diesem Hintergrund gab die Einräumung eines frühestens in drei Jahren auszuübenden und daher auch erst dann liquiditätswirksam werdenden Rechtes den Anlegern keinerlei Anlass darauf zu schließen, dass die erst dann erforderlichen Mittel tatsächlich bereits vorhanden seien.
Es war unschwer zu errechnen, dass die Meerwert GmbH für die Befriedigung des Andienungsrechtes maximal € 3.000.000 würde aufwenden müssen – nirgends im Prospekt ist auch nur angedeutet, dass sie bereits Zuflüsse in dieser Höhe erhalten hätte, vielmehr war deutlich herausgestellt, dass es sich bei ihr um ein junges Unternehmen handelte, das erstmals am Markt auftrat, also außer den ausdrücklich erwähnten auch noch keine weiteren Einnahmen erzielt haben konnte. Da es schließlich auch kaufmännisch nicht vernünftig oder gar geboten wäre, die Mittel zur Erfüllung einer erst künftig (und dann auch noch ungewiss) fällig werdenden Verbindlichkeit über so einen langen Zeitraum vorzuhalten, war ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass dies nicht der Fall war, schlicht überflüssig.
Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn – diese Behauptung ist dem Klagvortrag und allen vier Vorlagefragen zu Ziffer 1 des Vorlagebeschlusses bei sachgerechter Auslegung implizit – es bezogen auf den Zeitpunkt der Investitionsphase ausgeschlossen erschienen wäre, dass es der Meerwert GmbH gelingen könnte, die fraglichen Mittel in drei Jahren zur Verfügung zu haben. Nur in dieser Situation wäre durch die Vereinbarung eines Andienungsrechtes den Anlegern eine zusätzliche Sicherung ihrer Investition fälschlich vorgespiegelt worden.
Dass sich dies so verhalten hätte, ist jedoch schon nicht dargelegt, es ist nicht ersichtlich, dass das Konzept der Meerwert GmbH nicht hätte aufgehen können. Nach dem Kenntnisstand des Jahres 2007 stand keinesfalls fest, dass sie nicht in der Lage sein würde, die fraglichen Mittel von maximal € 3.000.000 im Jahre 2011 aufzubringen.
Tatsächlich mussten ihr schon aus dem streitgegenständlichen Anlagemodell erhebliche Einkünfte zufließen – dass die Angaben zu schon verdienten Vergütungen / Provisionen in Höhe von knapp € 1.000.000 unzutreffend wären, ist nicht vorgetragen. In gleicher Weise ist es damit plausibel, dass ihr auch aus dem Einsatz der noch nicht investierten 60% des Fondskapital in Zielfonds weitere Provisionen zufließen würden. Ebenso kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Jahre 2007 bereits ersichtlich gewesen wäre, dass die für die Folgejahre angedachten Projekte DDS 08 und 09, aus denen dann wiederum Erlöse fließen würden, etwa nicht durchführbar sein würden. Es ist allgemeinkundig, dass die derzeit immer noch andauernde Schifffahrtskrise mit voller Wucht erst im Sommer 2008 einsetzte, während bis zu diesem Zeitpunkt die Frachtraten eher auf hohem Niveau waren und sogar steigende Tendenz aufwiesen. Damit aber ist schon nicht dargelegt, dass aus der Sicht des Jahres 2007 Konzepte wie das der Meerwert GmbH etwa chancenlos gewesen wären. Damit konnte aus dem laufenden Betrieb der Jahre 2007 – 2010 durchaus mit Erlösen gerechnet werden, die jedenfalls zu einer Finanzierung des Andienungsrechts beitragen konnten. Dass die Kosten der Meerwert GmbH – etwa für den Vertrieb – so hoch gewesen seien, dass mit einem völligen oder doch weitgehenden Verzehr der Erlöse zu rechnen gewesen wäre, hat die Klägerseite schon nicht dargelegt.
Zudem ist auch der Ansatz einer Refinanzierung über den Verkauf der angedienten Beteiligungen am Zweitmarkt – jedenfalls aus Sicht des Jahres 2007 – nicht unplausibel: Allerdings konnte es zu einer Ausübung der Andienungsrechte realistischerweise nur kommen, wenn der Kurs der Beteiligungen am Zweitmarkt im Jahre 2011 unter pari stehen sollte, da andererseits für die Anleger kein Anreiz bestanden haben würde, ihr Recht gegen Zahlung des Nominalwertes auszuüben, da eine Deinvestition durch eigenen Verkauf am Zweitmarkt dann günstiger gewesen wäre. Es war also schon im Jahre 2007 davon auszugehen, dass es der Meerwert GmbH nicht möglich sein würde, sich vollständig über den Verkauf am Zweitmarkt zu refinanzieren, vielmehr musste von einer gewissen Unterdeckung ausgegangen werden. Allerdings ist unstreitig geblieben, dass die Darstellung im Prospekt (S. 41) zu den durchschnittlichen Erlösen am Zweitmarkt zutraf , wonach 10-jährige Schiffsbeteiligungen dort Mitte 2007 durchschnittlich knapp 93% des Nominalwertes erreichten und etwa das Handelsblatt noch Ende August 2007 von steigender Nachfrage und einem Anstieg der durchschnittlichen Erlöse am Zweitmarkt auf 102% nominal berichtete. Dass der dramatische Absturz der Kurse im Verlauf des Jahres 2008 seinerzeit vorhersehbar gewesen wäre, ist nicht dargelegt. Damit aber konnte bei Prospekterstellung plausibel davon ausgegangen werden, dass die Meerwert GmbH jedenfalls einen erheblichen Teil der Aufwendungen für das Andienungsrecht über den Zweitmarkt würde refinanzieren können. Da zugleich durchaus mit Einkünften aus dem laufenden Geschäft gerechnet werden konnte, ist nicht dargelegt, dass das Refinanzierungskonzept von vornherein nicht hätte aufgehen können.
Insoweit ist auch zu beachten, dass schon ganz unabhängig von der Darstellung zur Meerwert GmbH im Prospekt die Vereinbarung eines Andienungsrechtes von vornherein nicht geeignet war, bei den Anlegern den Eindruck hervorzurufen, dass es sich bei der fraglichen Anlage um ein besonders sicheres Produkt gehandelt habe.
Dieser Eindruck hätte nur bei einem Anleger entstehen können, der den weiteren Prospektinhalt komplett ausgeblendet hätte. Denn unter den allgemeinen Risikohinweisen (S. 15/16 des Prospektes) findet sich ein nicht mißzuverstehender Hinweis darauf, dass es sich bei der fraglichen Anlage um eine unternehmerische Beteiligung mit Totalverlustrisiko und einem grundsätzlich durchzuhaltenden Anlagehorizont von 10 Jahren handelt. Damit aber konnte ein Anleger – ganz abgesehen, von dem schon angesprochenen, sich gerade auf das Andienungsrecht beziehenden Risikohinweis auf S. 16 des Prospektes – dieses Recht von vornherein nicht dahingehend missverstehen, dass es ihm auf jeden Fall nach drei Jahren einen verlustfreien Ausstieg aus der Beteiligung ermöglichen würde.
c) Es bestand auch keine Pflicht darauf hinzuweisen, dass die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Andienungsrecht durch die Andienungsverpflichtete voraussetzte, dass diese sich über den Zweitmarkt refinanzieren konnte.
Allerdings findet sich ein entsprechender Hinweis im Prospekt nicht, er war jedoch auch nicht erforderlich: Wie unter lit b) im Detail ausgeführt, bestand keine Pflicht darauf hinzuweisen, dass die Meerwert GmbH während der Emissionsphase noch nicht in der Lage war, die künftig eventuell fällig werdende Verbindlichkeit aus dem Andienungsrecht zu erfüllen, da jeder verständige Leser des Prospektes auf diese Vorstellung nicht verfallen konnte.
Vielmehr lag die Annahme sehr nahe, dass die Meerwert GmbH die Mittel zur Bedienung dieses Rechtes erst im Laufe ihres Geschäftsbetriebes erwerben würde – zugleich war damit auch evident, dass die Meerwert GmbH zu diesem Zwecke auch auf die ihr angedienten Beteiligungen zurückgreifen würde, sei es durch Ausschüttungen aus denselben oder auch aus einer Verwertung. Eines gesonderten Hinweises bedurfte es insoweit nicht, zumal es letztlich Sache der Meerwert GmbH war, wie sie die fraglichen Mittel bereitstellte und – wie ebenfalls bereits unter lit. b) ausgeführt – ihr Konzept hierzu durchaus plausibel war.
d) Aus den vorgenannten Gründen war damit im Emissionsprospekt auch kein detaillierter Hinweis dazu erforderlich, dass die Andienungsverpflichtete erst durch die von ihr zum Zeitpunkt der Emission beabsichtigte zukünftige Tätigkeit die finanziellen Mittel erwirtschaften wollte, die zur Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Andienungsrecht erforderlich waren.
2.) Mangels einschlägiger Prospektmängel im Sinne der Vorlagefragen zu Ziffer 1 lit. a – d kann auch nicht festgestellt werden, dass die Vermutung, dass die in Ziffer 1. a) bis 1. d) gerügten Prospektfehler für die Anlageentscheidung kausal waren, auch in den Fällen gelte, in denen der Anleger von seinem Andienungsrecht nicht Gebrauch gemacht hat.
3.) Auszusprechen ist allerdings, dass die Beklagte für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Emissionsprospektes Anl. K 1 verantwortlich ist.
Dabei ist der Vortrag der Musterbeklagten, sie (bzw. die Rechtsvorgängerin Wölbern Treuhand AG) sei nicht historische Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft, da diese aus einer schon 2006 als Vorratsgesellschaft gegündeten GmbH & Co. KG hervorgegangen sei, die erst am 23.01.2007 wirtschaftlich neugegründet worden sei, unerheblich.
Während der Investitionsphase war sie – neben der Meerwert GmbH – eine der beiden Kommanditistinnen der Fondsgesellschaft und in der Folge bestimmungsgemäß als Treuhandkommanditistin tätig – damit unterlag sie der Prospekthaftung im weiteren Sinne und hätte für festgestellte Prospektfehler ggf. einzustehen.
4.) Ob im Übrigen Prospektfehler vorliegen, ist nicht zu untersuchen: Da der Vorlagebeschluss in gleicher Weise bestimmt sein muss, wie eine an § 253 Abs. 2 ZPO zu messende Klagschrift, führt allein die Formulierung „insbesondere“ im Vorlagebeschluss nicht dazu, dass der Prospekt umfassend auf jeden etwa denkbaren Mangel zu untersuchen wäre. Allenfalls wenn im Vorlagebeschluss subtantiierter Vortrag zu weiteren konkreten Mängel wiedergegeben wäre, könnte möglicherweise auch dies zur Auslegung der Feststellungsziele heranzuziehen und damit streitgegenständlich sein – so verhält es sich vorliegend aber gerade nicht.
5.) Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst (§ 16 Abs. 2 KapMuG).
Panten | Löffler | zur Verth | ||
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht |
Richterin am Oberlandesgericht |
Richterin am Oberlandesgericht |
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