Hanseatisches Oberlandesgericht
Hamburg, den 11.11.2020
Az.: 13 Kap 18/19
Protokoll
aufgenommen in der öffentlichen Sitzung
des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat,
am Mittwoch, 11.11.2020 in Hamburg
Gegenwärtig:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Panten
Richterin am Oberlandesgericht Löffler
Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner
als Beisitzer
Dieses Protokoll ist mit einem Tonträger aufgezeichnet worden.
–
In der Sache
Holger Heimann, Kausenpfad 25, 69121 Heidelberg
– Musterkläger –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Witt Rechtsanwälte PartG mbB, Schlierseestraße 30, 81539 München,
Gz.: 2019/0364-/TP-CW
gegen
1. |
NORDCAPITAL Treuhand GmbH & Cie. KG, vertreten durch d. Komplementärin NORDCAPITAL Treuhand GmbH & Cie KG, Warburgstraße 50, 20354 Hamburg
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2. |
NORDCAPITAL Emissionshaus GmbH & Cie. KG, vertreten durch d. Komplementärin NORDCAPITAL Emissionshaus GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Felix Alexander von Buchwaldt, Warburgstraße 50, 20354 Hamburg
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3. |
NORDCAPITAL Beteiligungen GmbH & Cie. KG, vertreten durch d. Geschäftsführer, Warburgstraße 50, 20354 Hamburg
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Prozessbevollmächtigte zu 1), 2) und 3):
Rechtsanwälte Lebuhn & Puchta, Am Sandtorpark 2, 20457 Hamburg-
erscheinen bei Aufruf der Sache:
als Klägervertreter Rechtsanwalt Pielsticker,
als Beklagtenvertreter Rechtsanwälte Dr. Stahl und Steinmann
sowie der vorbereitend geladene Zeuge von Mecklenburg.
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Im Einverständnis der Parteivertreter soll zunächst der Zeuge vernommen werden.
Der Zeuge wird zur Wahrheit ermahnt und erklärt zur Person:
Vorname: Moritz, |
Der Zeuge erklärt zur Sache:
Ich war seinerzeit, also im Jahre 2009, bei der Firma NORDCAPITAL beschäftigt, inzwischen bin ich es wieder.
Im Jahre ’09 war ich Fondsmanager bei der NORDCAPITAL-Gruppe für die Bereiche Wald und Erneuerbare Energien. Mein Schwerpunkt lag seit dem Jahr 2008 im Bereich Wald. Zu meinem Hintergrund vielleicht: Ich bin gelernter Landwirt und habe insofern eine gewisse Affinität zu solchen Forstthemen.
Im Jahre 2008 war ich bei der NORDCAPITAL New Energy GmbH & Co. KG operativ tätig in der Betreuung der Projekte in Rumänien.
Auf Zwischenfrage:
Der Zeuge erklärt:
Ich bin heute Geschäftsführer beider Waldfonds-Firmen. Ich bin aber nicht Geschäftsführer bei einer der hier beklagten Firmen.
Auf Vorhalt Ziffer 1 des Beweisbeschlusses vom 15.09.2020 erklärt der Zeuge:
Die Anbindung sah so aus, dass wir seinerzeit mit der Betreiberfirma, die für uns den Waldfonds 1 betreute, also mit Firma Esterházy, eine Vereinbarung geschlossen hatten, wonach wir auf Flächen, die Esterházy im Eigentum hatte, beziehungsweise die Esterházy noch erwerben würde, ein Zugriffsrecht hatten. Dies allerdings nur, falls unsere Due Diligence, also auch die forstliche Überprüfung, dazu kam, dass die Flächen für unsere Zwecke geeignet waren und dass der Preis in Ordnung war und dass Esterházy sie überhaupt selbst erwerben konnte.
Dazu gab es auch eine schriftliche Vereinbarung.
Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass die Aushandlung der Vereinbarungen mit der Firma Esterházy nicht in meinem Aufgabenbereich lagen. Das machte der seinerzeitige Geschäftsführer der NORDCAPITAL New Energy, ein Herr Wetzel.
Auf Nachfrage, wie dieses Zugriffsrecht konkret ausgestaltet war, erklärt der Zeuge:
Es verhielt sich so, dass Vertragspartner auf der einen Seite die rumänischen Objektgesellschaften waren und auf der anderen Seite sind zwei Firmen, zum einen die österreichische Esterházy-Firma und zum anderen eine rumänische Firma, die bestand wiederum aus der Firma Esterházy und einem Herrn Bardeau.
Hinsichtlich der Fläche in Harlau verhält es sich so, dass Esterházy die schon in Eigentum hatte, und da hatten wir nach dem Vertrag ein echtes Zugriffsrecht, d.h. wir konnten erklären, dass wir die Fläche erwerben wollten. Voraussetzung war, dass wir, wie gesagt, eine positive Due Diligence machten und dass auch die forstliche Bewertung in Ordnung war. Und im Vertrag war auch festgelegt, dass der Erwerb zu einem Preis von 3.600 € pro Hektar erfolgen konnte, wenn wir das Zugriffsrecht ausübten.
Auf weitere Nachfrage:
Hinsichtlich der beiden Flächen in Bacau verhielt es sich so, dass diese von der Firma Esterházy ja noch nicht erworben worden waren. Wir hatten auch ein Zugriffsrecht für den Fall des Erwerbs. Da war aber dann noch kein fester Preis vereinbart in dem Vertrag.
Ich muss noch mal betonen, dass ich bei diesen Verhandlungen nicht federführend war. In Vorbereitung auf den heutigen Termin habe ich aber noch mal den E-Mail-Verkehr aus der Zeit gesichtet und habe daraus ersehen, dass zwischen Herrn Wetzel und einem Herrn Hans Peter Weiß, das war seinerzeit der Geschäftsführer der Firma Esterházy in Eisenstadt, vereinbart worden war, dass die Fläche für 3.400 € pro Hektar von uns sollte erworben werden können.
Auf Nachfrage, was denn passiert wäre, wenn Esterházy selbst die Flächen nur für 3.500 € je Hektar hätte erwerben können, erklärt der Zeuge:
Ich war, wie gesagt, bei den Verhandlungen nicht dabei. Ich kann insofern nur spekulieren. Ich nehme an, dass die Verhandlungen seinerzeit schon so weit gediehen waren, dass Esterházy wohl ersehen konnte, dass dieser Preis von 3.400 € je Hektar hinkommen würde. Aus eigener Kenntnis sicher wissen tue ich dies aber nicht.
Auf Nachfrage durch den Klägervertreter, wann die schriftliche Vereinbarung zustande gekommen sei, in der die Flächen in Bacau schon auftauchten, aber eben noch ohne festen Preis, erklärt der Zeuge:
Diese Vereinbarung stammt aus dem Oktober 2009. Dem E-Mail-Verkehr, den ich eingesehen habe, war aber zu entnehmen, dass die Verhandlungen schon ab Anfang September 2009 liefen und auch schon fortgeschritten waren.
Auf weitere Nachfrage:
Hinsichtlich der Fläche in Harlau war der Preis ja schon im September in der Welt.
Hinsichtlich der Flächen Bacau-West und -Ost kann ich der E-Mail-Korrespondenz entnehmen, dass sich hier zum Beispiel eine E-Mail vom 27.10.2009 findet, in der der Preis auftaucht. Da stand aber auch drin, dass dieser Preis noch bestätigt werden müsse.
Auf weitere Nachfrage, wann es denn zu einer Bestätigung des Preises und ob es zu einer Bestätigung des Preises gekommen sei, erklärt der Zeuge:
Eine schriftliche Bestätigung habe ich insoweit nicht gefunden. In der E-Mail vom 27.10.2009, von der ich gerade gesprochen habe, hat Herr Weiß mitgeteilt, und zwar Herrn Wetzel mitgeteilt, dass man bei dem letzten Besuch in Eisenstadt von Herrn Wetzel schon zu einer Formulierung gekommen sei, und er fragt an, ob da noch ein Formerfordernis bestünde oder ob das schon ausreichend sei. Eine schriftliche Reaktion darauf habe ich nicht mehr finden können.
Auf weitere Nachfrage zum zeitlichen Ablauf:
Es war eben so, dass schon im September hinsichtlich der Fläche Harlau man soweit war, dass auch ein Preis in die Vereinbarung hineingeschrieben wurde, während Esterházy für die Fläche in Bacau noch in der Anbindungsphase war, was wohl der Grund ist, dass kein Preis aufgenommen worden war, und diese schriftliche Vereinbarung ist dann offenbar im Oktober ohne weitere Änderungen oder unangepasst auch abgeschlossen worden. Aber wie gesagt, war ich nicht dabei.
Auf Nachfrage durch den Klägervertreter:
Auf die E-Mail-Korrespondenz, von der ich gerade berichtet habe, habe ich dadurch Zugriff bekommen, dass ich sie bei NORDCAPITAL einsehen konnte, die E-Mail-Korrespondenz von Herrn Wetzel.
Auf Nachfrage durch den Klägervertreter:
Bei der Einsichtnahme hat sich mir die E-Mail-Korrespondenz so dargestellt, dass es eine fortlaufende Korrespondenz sei. Mir sind nicht irgendwelche Lücken oder ähnliches aufgefallen. Es hat sich für mich nicht so dargestellt, als sei da etwas gelöscht worden o.ä. Ich kann natürlich nicht sagen, ob es daneben noch andere E-Mails gab und auch nicht sagen, ob nach der letzten, die ich gesehen habe, noch was kam.
Der Zeuge reicht im Einverständnis der Beklagtenvertreter eine „Forstflächen-Vereinbarung“ mit Verlängerung sowie die von ihm gerade erwähnte E-Mail-Korrespondenz als Anlage zu Protokoll.
Auf Nachfrage zu Erfahrungen mit dem Waldfonds 1, die im November 2009 vorgelegen haben, erklärt der Zeuge:
Der Waldfonds 1 war initiiert worden oder war aufgelegt worden im September 2008, d.h. ich meine im September 2008. Das heißt, er lief im November 2009 schon ein gutes Jahr. Es war dort so, dass wir auch da ein Initialportfolio hatten, das hatten wir erworben mit Hilfe einer Eigenkapital-Zwischenfinanzierung. Im Herbst/Winter 2008 war dann die Phase, wo die Übernahme dieser Forstflächen jedenfalls begann, das erfolgte in Zusammenarbeit mit der Firma Esterházy, das ist ein recht komplexer Vorgang. Man muss genau kontrollieren, wie die Flächen sich darstellen, es muss zum Beispiel auch noch mal geprüft werden, ob da Altlasten sind. Das war natürlich in der Due Diligence auch schon geprüft worden, aber es hätte ja noch was danach passieren können. Dann musste geprüft werden bei jedem Einschlag, für jeden einzuschlagenden Baum, ob der einen Stempel trägt, das heißt, man muss mit den Forstarbeitern da durch den Wald gehen. Weiter muss im Rahmen der Inbesitznahme die Erschließung der Flächen geklärt werden, welche Wege müssen vielleicht neu gemacht werden, welche Wege müssen renoviert, überarbeitet werden, man muss sich überlegen, in welchen Flächen man mit dem Einschlag tatsächlich beginnen will.
Man muss sich das so vorstellen, dass letztlich eine mehr oder weniger komplette Inventur dieser riesigen Waldflächen gemacht wurde. Das war der Kern meiner Tätigkeit Ende 2008/Anfang 2009, wobei es natürlich durch den Winter witterungsbedingte Einschränkungen gab. Jedenfalls lief in der Zeit bei dieser Inventur die Zusammenarbeit mit Esterházy nach meiner Erfahrung sehr positiv.
Der zweite Schwerpunkt war dann der Erwerb weiterer Flächen für den Waldfonds 1 und später dann auch für den Waldfonds 2. Auch das hat Esterházy begleitet. Wir haben da sehr umfangreiche Besichtigungen von tausenden von Hektar von Waldflächen gemacht und auch dabei haben wir in der Zusammenarbeit mit Esterházy gute Erfahrungen gemacht.
Es war zu beachten, dass wir auch nicht die einzigen Player am Markt waren, sondern es gab noch andere Investoren, die da auch Flächen erwerben wollten, und deshalb lag mein Fokus 2009 dann auch darauf, andere Waldflächen, die für uns geeignet waren, zu identifizieren.
Auf weitere Nachfrage:
Das zweite Arbeitsfeld war dann natürlich schon die Bewirtschaftung des Bestandes. Auch da waren vor allem erstmal Planungsarbeiten erforderlich: Was soll wo und wann eingeschlagen werden, welche Forsteinrichtungen mussten erstellt werden, aber eben auch schon der tatsächliche Einschlag, der wurde auch schon vorgenommen.
Auf Nachfrage:
Im November 2009 verhielt es sich so, dass von den für den Waldfonds 1 vorgesehenen 12.000 Hektar ca. 10.000 Hektar bereits erworben worden waren.
Auf Nachfrage, ob es in diesem operativen Bereich irgendwelche Probleme gab, erklärt der Zeuge:
Es gab da schon Themen, die kamen aber in erster Linie aus der Sphäre der rumänischen Bürokratie, nicht aus der Zusammenarbeit mit der Firma Esterházy. Die Regelungen zur Waldbewirtschaftung waren seinerzeit in Rumänien sehr bürokratisch und sind es auch immer noch. Man musste praktisch – überspitzt gesagt – jeden einzelnen Baum im Einschlag genehmigen lassen, es musste gekennzeichnet werden mit einem Farbhammer, man brauchte eine behördliche Genehmigung eigentlich für jeden einzelnen Einschlag. Nach dem Einschlag wurde das dann alles nochmals nachgemessen. Das alles war ein ganz erheblicher Aufwand. Das waren seinerzeit unsere Hauptthemen.
Im Übrigen war es ja so, dass Rumänien im Jahre 2007 mit der Restitution von Waldflächen begonnen hatte. Bis dahin war der Wald ausschließlich Staatseigentum gewesen, und da gab es viele, die sich erst daran gewöhnen mussten, dass sie jetzt mit privaten Waldeigentümern zusammenarbeiten mussten, mit allen Rechten und Pflichten.
Auf Nachfrage und Vorhalt des klägerischen Vortrages, dass im Herbst 2009 sich schon abgezeichnet habe, dass die für den Waldfonds 1 in 2010 geplanten Ausschüttungen nicht würden durchgeführt werden können, erklärt der Zeuge:
Es ist ja so, dass die Haupteinschlagszeit im Wald von September bis März geht. Und wir hatten uns aufgrund der Ereignisse im Jahre 2008, womit ich jetzt die Finanzkrise und die Lehman Krise meine, entschieden, ganz bewusst entschieden, etwas weniger einzuschlagen. Die Preise hatten sich aufgrund dieser Geschehnisse ungünstig entwickelt und wir wollten vermeiden, dass man uns später vorhält, dass wir zu einem ungünstigen Zeitpunkt verkauft hätten.
Es war also so, dass wir zunächst weniger einschlugen, aber das hätte man im Frühjahr 2009 aus meiner Sicht auch noch aufholen können. Jedenfalls war es nach meiner Erinnerung nicht so, dass im Herbst 2009 schon klar gewesen wäre, dass Ausschüttungen, die für 2010, für Ende 2010, im Waldfonds 1 projektiert waren, nicht würden erfolgen können.
Auf weitere Nachfrage:
Nach meiner Erinnerung gab es im Herbst 2009 keine Schwierigkeiten mit der Firma Esterházy, keine Auseinandersetzungen.
Auf Vorhalt des von Klägerseite vorgetragenen Inhalts des Geschäftsberichts Waldfonds 1 aus dem Februar 2010, Seite 29 des klägerischen Schriftsatzes vom 05.12.2019, erklärt der Zeuge:
Diese Passagen unter der Überschrift „Holzpreise unter Druck“ und „Üblicher Preisanstieg für Laubholz im Herbst/Winter“ blieb 2009 aus, das ist genau das, was ich gerade geschildert habe. Wir hatten seinerzeit die Wahrnehmung, dass eben die Preise sich ungünstig entwickelt hatten. Und das war dann der Grund dafür, dass wir uns entschieden hatten, zunächst etwas weniger einzuschlagen, wie ich es schon geschildert habe.
Auf Vorhalt des letzten Zitates auf Seite 30 unten dieses Schriftsatzes, wonach Auszahlungen an die Gesellschafter im Jahre 2010 nicht geplant gewesen seien, erklärt der Zeuge:
Es handelt sich ja hierbei um eine Planung. Wie schon gesagt bin ich nicht davon ausgegangen, dass auszuschließen sei, dass es im Jahre 2010 zu einer Auszahlung an die Gesellschafter kommen würde.
Wie gesagt, hatten wir uns eben entschlossen, weniger zu machen, gerade hochpreisige Segmente unseres möglichen Angebots etwas zurückzuhalten, um eben auf günstigere Preise zu warten.
Auf weitere Nachfrage und Vorhalt, ob, wenn im Geschäftsbericht Februar 2010 sich diese Aussage zu nicht erfolgenden Auszahlungen im Jahre 2010 finde, ob dann davon auszugehen sei, dass diese Planung schon im November 2009 so stand oder bekannt war, erklärt der Zeuge:
Das kann ich aus der Erinnerung heute nicht mehr beantworten.
Auf weitere Nachfrage, ob nach dem Planungsstand November 2009 denn mit einem Ausbleiben der Ausschüttung zu rechnen gewesen sei, erklärt der Zeuge:
Es ist ja so, dass die Planung in der Forstwirtschaft nicht einmal im Jahr gemacht wird, sondern dass das ein ziemlich lebendiges System ist. Die Preise entwickeln sich, die Nachfrage entwickelt sich, es gibt monatliche Aktualisierungen, heute plane ich auch quartalsweise zum Beispiel. Es gibt in der Tat Dreijahresplanungen, aber an denen wird eben gearbeitet.
Ich bin mir heute relativ sicher, dass wir im Herbst 2009 davon ausgegangen sind, dass wir mit dem Waldfonds 1 mit den erworbenen Flächen auf einem guten Weg waren und dass wir eine Ausschüttung 2010 würden darstellen können. Offenbar muss es – wenn ich diesen Vorhalt aus dem Geschäftsbericht sehe – dann zwischen November 2009 und Anfang 2010 eine Änderung gegeben haben. Ganz genau von den Daten her festmachen kann ich das aus der Erinnerung her nicht.
Weitere Fragen werden nicht gestellt. Auf Vorspielen vom Tonträger verzichtet und allseits genehmigt. Der Zeuge ist mit Dank entlassen. |
Die Sitzung wird für die Verkündung in einer anderen Sache unterbrochen.
Nach Wiedereintritt in die Verhandlung wird die Sach- und Rechtslage erörtert.
Zu Feststellungsziel F 1.a) „Anbindung der drei Waldflächen in Harlau und Bacau“ weist der Senat darauf hin, dass er nach dem Stand seiner Vorberatungen einen Prospektmangel wohl eher nicht annehmen wird. Zwar wird das Initialportfolio im Prospekt recht deutlich herausgestellt, es wird auch werblich herausgestellt, das ändert aber nichts daran, dass nach der Darstellung insbesondere Seite 48 für den aufmerksamen Leser deutlich zu erkennen war, dass die Flächen eben tatsächlich noch nicht erworben worden waren.
Der Klägervertreter tritt dem entgegen und weist darauf hin, dass insbesondere aufgrund der recht deutlichen Hervorhebung und Betonung des Initialportfolios und der Verwendung des unklaren Begriffs des Angebundenseins für den durchschnittlichen Leser eben nicht wirklich erkennbar sei, dass diese Flächen noch nicht in irgendeiner Form rechtlich gesichert gewesen seien oder überhaupt gesichert gewesen seien für den Fonds. Die Ausführungen im Prospekt sähen eben nach Verbindlichkeit aus und das sei für einen Anleger nicht anders wahrzunehmen gewesen. Die Darstellung auf Seite 48 sei dort dann doch eher dürftig.
Die Beklagtenseite tritt dem entgegen: Der Begriff des Angebundenseins vermittle dem Leser nach der Gesamtdarstellung eben gerade nicht den Eindruck, dass die Flächen tatsächlich und endgültig gesichert gewesen seien. Im Übrigen habe die Darstellung des Initialportfolios nicht nur die Funktion, gerade diese konkreten Flächen zu schildern, sondern auch die Funktion, einem Leser gewissermaßen abstrakt zu schildern, was denn überhaupt ein taugliches oder denkbares Objekt für diesen Fonds gewesen sei.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 1.b), Auslaufen der Befristung der „Anbindungen“, weist der Senat darauf hin, dass er nach dem Stand seiner Vorberatung hier zur Annahme eines Prospektfehlers tendiert.
Dass hinsichtlich der Flächen in Harlau und in Bacau-Ost und -West mit dem Oktober 2010 jedenfalls rechtlich verbindliche Optionen unstreitig nicht mehr bestanden, ist aus Sicht des Senats ein wesentlicher Umstand, der einem dann neu beitretenden Anleger hätte verdeutlicht werden müssen. Die benannten Flächen nehmen im Prospekt eine recht wesentliche Stellung ein, sie werden hervorgehoben, es wird hervorgehoben, dass sie zu einem günstigen Preis angebunden waren. Auf Seite 8 wird sehr deutlich hervorgehoben, dass der Gewinn, den der Fonds zu erzielen hoffte, gerade in günstigen Einkaufspreisen begründet sein würde. Weiter ist hervorgehoben, dass die Flächen begehrte Holzarten enthielten und gut geeignet seien, und dies alles legt es sehr nahe, dass der Wegfall einer rechtlichen „Anbindung“ hinsichtlich dieser Flächen tatsächlich im Oktober 2010 hätte offengelegt werden müssen.
Die Beklagtenseite weist darauf hin, dass die Aussage zum Gewinn, der im Einkauf liege, auf Seite 8 sich doch eher beziehe auf das allgemeine Preisgefüge, das seinerzeit in Rumänien eben aus Sicht eines Investors günstig gewesen sei, und nicht konkret Bezug nehme auf die Flächen in Harlau und Bacau. Im Übrigen sei im Prospekt für den Leser eben hinreichend deutlich gemacht, das es dazu kommen könne, dass diese genannten Flächen eben gerade nicht erworben würden.
Auf Nachfrage, weshalb denn die Optionen überhaupt in den Prospekt aufgenommen worden seien, erklärt die Beklagtenseite, dass das eben die Schilderung der Planung sei, so wie sie sich im Moment der Prospektauflegung tatsächlich dargestellt habe. Die Beklagtenseite weist weiter darauf hin, dass den Optionsrechten eben nicht eine überragende Bedeutung zugekommen sei, sondern dass sie nur eine der Handlungsmöglichkeiten der Fondsgeschäftsführung beim Flächenerwerb gewesen seien. Es sei ja auch nach Auslaufen der Optionen noch durchaus möglich gewesen, solche Flächen zu kaufen, aber insoweit sei es eben darauf angekommen, was sich in dem Moment als die beste Option für die Fondsgeschäftsführung darstellte.
Der Klägervertreter weist darauf hin, dass aus seiner Sicht die Darstellung der Optionen im Prospekt schon geeignet waren, auf Seiten des Anlegers Vertrauen darauf zu erwecken, dass eben diese konkreten und als günstig geschilderten Flächen erworben werden könnten, womit dann der Wegfall dieser Optionen ein aufzudeckender Umstand gewesen sei.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 1.c), Vortrag, dass der Ankauf des Initialportfolios tatsächlich schon im Sommer 2010 gescheitert sei, weist der Senat darauf hin, dass hier hinreichend substantiierte Anhaltspunkte für ein tatsächliches Scheitern der Verhandlungen vor Auslauf der Optionen nicht bestanden hätten. Es wird darauf hingewiesen, dass der Zeuge von Mecklenburg derartiges auch nicht berichtet habe.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 1.d), Anbindung der Waldflächen in Harlau und Bacau zu 3.600 € beziehungsweise 3.400 € je Hektar, weist der Senat darauf hin, dass hier das Ergebnis von der Würdigung der Aussage des Zeugen von Mecklenburg abhängt. Hinsichtlich der Fläche in Harlau hat der Zeuge nach Wahrnehmung des Vorsitzenden klar ausgesagt, dass eine schriftliche Vereinbarung bestehe und diese auch vorgelegt, sie muss noch gelesen und gewürdigt werden. Hinsichtlich der Flächen in Bacau war nach Aussage des Zeugen eine so klare schriftliche Vereinbarung offenbar nicht getroffen. Insofern hängt das Ergebnis davon ab, wie die weiteren Aussagen des Zeugen und der vorgelegte E-Mail-Verkehr zu bewerten sind.
Zum Feststellungsziel F 1.e), aus Sicht des Klägers unklare Angaben zum Deckungsumfang der sogenannten Eigentumsversicherung, weist der Senat darauf hin, dass er hier schon davon ausgeht, dass die Schilderung zur Eigentumsversicherung doch eher unklar ist. Der Deckungsumfang kann dem Prospekt nicht wirklich eindeutig entnommen werden. Hier kann aber nicht verkannt werden, dass sich auf Seite 26 des Prospekts, und zwar im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erwähnung der Eigentumsversicherung, ein sehr klarer Hinweis darauf findet, dass die Fondsgesellschaft auf den Kosten für Eigentumserwerb sitzenbleiben könne, auch wenn das Eigentum nicht rechtsbeständig erworben worden sein sollte.
Die Beklagtenseite erklärt die Funktion der Title Insurance so, wie sie sich hier bezogen auf die Waldflächen darstellte.
Der Senat weist darauf hin, dass der Senat hier hinsichtlich des mit F 1.e) zusammenhängenden Feststellungsziels F 1.h) tatsächlich dazu neigt, einen Prospektfehler anzunehmen. Nach dem Verständnis eines deutschen Anlegers, der mit dem Begriff der Eigentumsversicherung nicht vertraut ist, der im Prospekt in keiner Weise erläutert wird, liegt es nicht fern, anzunehmen, dass dieser Anleger auf die Idee kommen wird, dass ein Versicherungsschutz vor oder jedenfalls bei Kaufvertragsschluss besorgt wird, da es doch eher fernliegt anzunehmen, dass ein bereits eingetretenes Risiko noch versichert werden könne, zumal sich im Prospekt auch kein Hinweis darauf findet, dass der konkrete Umfang der Deckung dann möglicherweise auch noch von Ausschlüssen in der Versicherungspolice abhängt.
Die Frage der Eigentumsversicherung wird ausführlich streitig diskutiert.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 1.f), sich abzeichnende Probleme mit den rumänischen Forstbehörden, weist der Senat darauf hin, dass hier der Vortrag von Klägerseite zu konkret vorhersehbaren Problemen wohl nicht hinreichend substantiiert sein dürfte. Die Beklagte könnte insoweit zutreffend darauf verwiesen haben, dass die Probleme, die sich dann mit Gura Teghii tatsächlich ergeben haben, nicht vorhersehbar gewesen seien. Insoweit dürften aus Sicht des Senats die relativ abstrakten Risikohinweise auf Seite 25 bis 27 ausreichen.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 1.g), bewährtes Konzept bezogen auf den Waldfonds 1, weist der Senat darauf hin, dass hier die Entscheidung von der Bewertung der Aussage des Zeugen von Mecklenburg abhängen dürfte. Nach vorläufiger Einschätzung des Vorsitzenden hat dieser zu Problemen mit Firma Esterházy gar nichts berichtet beziehungsweise angegeben, dass keine bestanden hätten im Herbst 2009. Hinsichtlich der Bewirtschaftung des Waldfonds 1 hat der Zeuge erklärt, dass es schon ein fallendes Preisniveau gegeben habe und man daher auf gewisse Einschläge verzichtet habe. Hinsichtlich der Frage, wann konkret festgestanden habe, dass Auszahlungen in 2010 an die Anleger des Waldfonds 1 nicht erfolgen könnten, hat der Zeuge keine ganz klare Aussage, kein ganz klares Datum nennen können. Das wird zu bewerten sein.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 2., Mängel des Infoblatts Anlage K 4, weist der Senat darauf hin, dass hier dahinstehen kann, ob diese Anlage überhaupt eine Kapitalmarktinformation im Sinne des KapMuG darstellt. Jedenfalls dürfte dem Inhalt zu entnehmen sein, dass er unvollständig und auch unverbindlich ist und eher eine Vorabinformation darstellen dürfte.
Der Klägervertreter weist darauf hin, dass in dieser Anlage im Gegensatz zum Prospekt, wo nur von einer Anbindung des Initialportfolios die Rede sei, tatsächlich von „gesicherten“ Flächen die Rede sei, und dies sei aus seiner Sicht dann ein erheblicher Umstand.
Hinsichtlich der folgenden Feststellungsziele weist der Senat darauf hin, dass diese eher abstrakten Feststellungen jedenfalls dann begehrt werden können, wenn der Senat inhaltliche Fehler eines Prospekts darstellt, da dann für solche Feststellungen ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen dürfte.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 3., Passivlegitimation der Musterbeklagten im Sinne der Prospekthaftung im weiteren Sinne, weist der Senat darauf hin, dass beide Musterbeklagten Gründungskommanditisten sind und damit nach der Rechtsprechung des BGH in der Haftung stehen.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 4., Verschuldensvermutung, wird darauf hingewiesen, dass nach dem Vortrag der Beklagtenseite die Vermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB hinsichtlich möglicher Fehler bislang wohl nicht widerlegt sein dürfte.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 5., Gesamtbild des Anlegers eher chancen- als sicherheitsorientiert, weist der Senat darauf hin, dass auch dieses Feststellungsziel zulässig sein dürfte, da es im Rahmen der Kausalitätsentscheidung im Einzelprozess eine Rolle spielen kann, wobei hier natürlich keine Feststellungen für den Einzelprozess getroffen werden können. Dass dieses Anlageprojekt sich eher an chancenorientierte Anleger richtet, ist nach dem Gesamtinhalt des Prospekts aus Sicht des Senats aber durchaus eindeutig.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 6., also der Bereitschaft eines Anlegers, der gezeichnet hat der Konzeption des Prospektes zu folgen, weist der Senat darauf hin, dass dies bei einem Anleger, der den Prospekt gelesen und dann gezeichnet hat, ziemlich denknotwendig sein dürfte.
Hinsichtlich Feststellungsziel F 7., Vorliegen eines „dauerhaften Blind-Pools“ und Befugnis der Geschäftsführung, hiervon ausgehend den Fonds zu verwalten, erklärt der Beklagtenvertreter, dass das richtig so verstanden sei, dass seiner Auffassung nach eben von einem durchgängigen Blind Pool auszugehen sei, womit dann letztlich auch über das Schicksal des Initialportfolios keine Aufklärungspflicht bestehen könne. Dies vor dem Hintergrund, dass es hier eben um Prospekthaftung im weiteren Sinne gehe. Dies sei in dem Sinne zu verstehen, dass bei einem BlindPool-Konzept es eben über die gesamte Lebensdauer des Fonds so bleibe, dass die Alleinverantwortung für die Auswahl der Investitionsobjekte eben bei der Geschäftsführung liege. Selbstverständlich sei ein Blind-Pool nach Erwerb des Investitionsobjekts nicht mehr „blind“ in dem Sinne, dass nichts bekannt sei über die Investitionsobjekte. Dies ändere aber nichts an der Alleinverantwortung der Geschäftsführung für die Auswahl, und zwar auch zum Beispiel für Verkauf und Wiederankauf neuer Flächen.
Der Klägervertreter tritt dem entgegen und weist insbesondere darauf hin, dass verschiedene Funktionen innerhalb des Erwerbsprozesses der Investitionsobjekte nach dem Inhalt des Prospekts eben an Dritte ausgelagert seien, es damit eben also keine Alleinentscheidungsbefugnis der Geschäftsführung gebe.
Der Senat weist darauf hin, dass er nach dem Stand seiner Vorberatung, wonach eben durchaus über das Schicksal des Initialportfolios hätte aufgeklärt werden müssen, wie schon angesprochen, er diese Feststellung voraussichtlich nicht treffen wird.
Der Senat weist darauf hin, dass er die Feststellung zu Ziel F 8. wohl eher nicht treffen wird. Dies wiederum im Hinblick darauf, dass, wie schon erwähnt, das Ausfallen des Initialportfolios nach seiner Auffassung wohl dargestellt werden musste.
Feststellungsziel F 9., Nichtbestehen einer Nachtragspflicht wegen des Nichterwerbs des Initialportfolios: Insoweit wird der Senat voraussichtlich in gleicher Weise entscheiden wie bei den vorher angesprochenen Feststellungszielen.
Feststellungsziel F 10., Umstand, dass die Beurteilung, ob der Erwerb einer Fläche zur Konzeption des Fonds passt, allein Sache der Geschäftsführung sei: Hier neigt der Senat dazu, diese Feststellung zu treffen, es ist nicht ersichtlich, wer die Entscheidung sonst treffen sollte.
Die Beklagtenseite weist darauf hin, dass im Erweiterungsbeschluss bei der Übernahme des nunmehr als Feststellungsziel F 7. bezeichneten Feststellungszieles aus dem Antragsschriftsatz hier Blatt 192 der Akte, Seite 96 des Schriftsatzes der Beklagtenseite vom 31.03.2020, ein Fehler passiert sei, da eine Passage fehle.
Beschlossen und verkündet:
Der hinsichtlich Feststellungsziel F 7. wird dieses neu gefasst in dem Sinne, dass es nunmehr lautet:
7. |
Es wird festgestellt, dass das vom Prospekt vom 09.11.2009 und Nachtrag vom 07.10.2011 für den NORDCAPITAL WALDFONDS vermittelte Gesamtbild ein BlindPool-Konzept zeigt, in dem die Verwirklichung der im Prospekt und Nachtrag dargestellten Chancen und die Beherrschung der Risiken von Anfang an und auch danach dauerhaft während der gesamten Laufzeit des Fonds in den Händen der Geschäftsführung liegt. |
Der Klägervertreter weist darauf hin, dass hinsichtlich Feststellungsziel F 1.c) ein Änderungsantrag nicht beschieden worden sei.
Und zwar bezieht sich dies auf die Zeitangabe, nicht ab Oktober 2010, sondern Juni 2010 sei hier aufzunehmen.
Beschlossen und verkündet:
Das Feststellungsziel F 1.c) wird dahingehend berichtigt, dass es korrekt lautet c)
Die Angaben über drei Waldflächen für ein sogenanntes vorgesehenes Initialportfolio sind ab Juni 2010 irreführend gewesen … [und dann weiter wie bereits abgefasst]. |
Beschlossen und verkündet:
1. |
Den Parteien wird nachgelassen, zum Ergebnis der Beweisaufnahme und zu dem heutigen Termin erteilten Hinweisen bis – eingehend bei Gericht 9. Dezember 2020 – abschließend vorzutragen. |
2. |
Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird anberaumt auf Mittwoch, den 23. Dezember 2020, 12:00 Uhr, Raum 130. |
–
Panten
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Hundertmark, JAng
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
zugleich für die Richtigkeit und Vollständigkeit
der Übertragung vom Tonträger.
Der Tonträger wird frühestens 1 Monat nach Zugang des Protokolls gelöscht.
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