Startseite Vorsicht KapMug Hanseatisches Oberlandesgericht: 13 Kap 19/19 MS „Käthe P“ Stefan Patjens GmbH & Co. KG, MS „JPO Gemini“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG, MS „Tim-S“ GmbH & Co.KG und MS „Maren S“ H+H Schepers Reederei GmbH & Co. KG
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Hanseatisches Oberlandesgericht: 13 Kap 19/19 MS „Käthe P“ Stefan Patjens GmbH & Co. KG, MS „JPO Gemini“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG, MS „Tim-S“ GmbH & Co.KG und MS „Maren S“ H+H Schepers Reederei GmbH & Co. KG

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Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 13 Kap 19/​19

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Verkündet am 27.08.2021

Simpson, JAng
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Beschluss

In der Sache

Renate Nonn, Kohnestraße 5, 30559 Hannover

– Musterklägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte von Ferber, Langer, Neuer Wall 61, 20354 Hamburg, Gz.: Z-201/​17-OR

gegen

1)

HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, die HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch ihre Geschäftsführerin Christine Beckmann, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –
2)

HCI Treuhand GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, die Verwaltung HCI Treuhand GmbH, Herdentorsteinweg 7, 28195 Bremen, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –
3)

HCI Treuhand SERVICE GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafterin, die Verwaltung HCI Treuhand SERVICE GmbH, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3:
Rechtsanwälte Baumann Disputes, Alsterarkaden 12, 20354 Hamburg, Gz.: 26-17/​AB/​ts

Nebenintervenientin zu 3:
HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co KG, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Baumann Disputes, Alsterarkaden 12, 20354 Hamburg, Gz.: 026-17/​AE/​ts

Nebenintervenientin zu 2:
HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co.KG, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Baumann Disputes, Alsterarkaden 12, 20354 Hamburg, Gz.: 026-17/​AE/​ts

Nebenintervenientin zu 2 und 3:
RTC Revision Consulting GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatergesellschaft, Burchardstraße 24, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 00564/​16/​Speer/​se

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 00564-16/​Speer/​se

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, die Richterin am Oberlandesgericht Löffler und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner am 27.08.2021:

Die Feststellungsanträge der Musterklägerin werden zurückgewiesen.

Die Erweiterungsanträge der Musterklägerin aus dem Ss. vom 07.01.2021 gemäß § 15 KapMuG werden nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Das vorliegende KapMuG-Verfahren bezieht auf den am 14.09.2005 veröffentlichten Prospekt zum Beteiligungsangebot HCI Shipping Select XIV, bestehend aus den vier Einschiffsgesellschaften MS „Käthe P“ Stefan Patjens GmbH & Co. KG, MS „JPO GEMINI“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG, MS „Tim-S.“ GmbH & Co. KG und MS „Maren S“ H+H Schepers Reederei GmbH & Co. KG. Bei den Musterbeklagten zu 1 bis 3 handelt es sich um die Gründungsgesellschafterinnen der vier Einschiffsgesellschaften. Das von den Anlegern einzusammelnde Fondskapital in Höhe von € 53.000.000,00 sollte mit folgenden Quoten auf die vier Einschiffsgesellschaften verteilt werden: MS „Käthe P“ Stefan Patjens GmbH & Co. KG: 35 %, MS „JPO GEMINI“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG: 27,3 %, MS „Tim-S.“ GmbH & Co. KG: 24,5 % und MS „Maren S“ H+H Schepers Reederei GmbH & Co. KG: 13,2 %.

Bei den vier Fondsschiffen handelt es sich um vier Neubauten von Vollcontainerschiffen, die von den jeweiligen Schiffsgesellschaften betrieben werden sollten. Das MS „Käthe P“ (Panamax-Vollcontainerschiff, 5.041 TEU) befand sich zum Zeitpunkt der Prospekterstellung noch im Bau und sollte am 04.12.2006 abgeliefert werden. Das MS „Tim-S.“ (kleineres Panamax, 2.430 TEU) sollte am 20.10.2005 von der Schiffsgesellschaft übernommen werden. Die Übernahme des MS „JPO GEMINI“ (Sub-Panamax-Containerschiff, 1.875 TEU) durch die Schiffsgesellschaft erfolgte bereits am 28.01.2005 und die des MS „Maren S“ (kleines Handysize, 700 TEU) am 08.04.2005. Das MS „Käthe“ war nach Ablieferung für acht Jahre fest an die Reederei Stefan Patjens GmbH & Co. KG, Drochtersen, verchartert, die anderen drei Schiffe gingen in eine Poolmitgliedschaft.

Mit Beschluss vom 17.05.2019 hat das Landgericht Hamburg dem Senat die folgenden Feststellungsziele vorgelegt:

„Es wird festgestellt, dass der Verkaufsprospekt zum „HCI Shipping Select XIV“ vom 14. September 2005 mit dem Beteiligungsangebot an den vier Einschiffsgesellschaften:

MS „Käthe P“ Stefan Patjens GmbH & Co. KG

MS „JPO GEMINI“ Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG

MS „Tim-S.“ GmbH & Co. KG

MS „Maren S“ H+H Schepers Reederei GmbH & Co. KG

(im Folgenden „HCI Shipping Select XIV“ genannt) in den nachfolgend genannten Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend ist:

1. Der Prospekt ist unrichtig, weil er das Marktumfeld und die damit verbundenen Chancen und Risiken unzutreffend darstellt,

a) in Bezug auf das damals vorherrschende Verhältnis von Tonnageangebot und -nachfrage sowie
b) im Hinblick auf die erhebliche Volatilität der Schifffahrtsmärkte und der daraus resultierenden Risiken.

2. Der Prospekt ist fehlerhaft, weil die in ihm enthaltene Prognoserechnung auf unvertretbaren Annahmen beruht,

a) die Charterraten betreffend,
b) die Schiffsbetriebskosten betreffend und auch
c) im Hinblick auf die angenommene Verschrottungsquote.

3. Der Prospekt ist ferner fehlerhaft, weil er nicht vollständig bzw. irreführend über den Anfall erheblicher Zwischengewinne der Initiatoren aufklärt.

4. Der Prospekt ist zudem fehlerhaft, weil er über erhebliche Risiken und Nachteile der Kapitalanlage überhaupt nicht bzw. nur unzureichend aufklärt, indem er

a) darüber nicht aufklärt, dass die Schifffahrtsgesellschaft im Falle der Insolvenz des Charterers für dessen Verbindlichkeiten haftet,
b) über das Risiko nicht aufklärt, welches sich aus der Untervercharterung der Fondsschiffe ergeben kann,
c) über die Nachteile nicht aufklärt, die sich aus der langfristigen Vercharterung der Schiffe ergeben können,
d) über das Risiko nicht aufklärt, das sich aus dem nachteiligen Kaskadeneffekt im Containerschifffahrtsmarkt ergeben kann,
e) darüber nicht aufklärt, dass der im Prospekt genannte Wettbewerbsvorteil von Panamax-Schiffen nur zeitlich begrenzt war,
f) über diejenigen steuerlichen Risiken nicht aufklärt, die mit einer Ausflaggung der Schiffe verbunden sein können,
g) über Risiken nicht aufklärt, die mit der Platzierungsgarantie verbunden sind und
h) nicht über Risiken aufklärt, die sich bei einer Rückabwicklung im Falle des Fehlschlagens der Platzierung ergeben können.

5. Der Prospekt ist falsch, da die Liquiditätsvorschau Unstimmigkeiten aufweist, wie sie näher beschrieben sind in der Antragsbegründung zum Musterverfahrensantrag zum Aktenzeichen 322 O 180/​17 auf Seite 31 (gleich Blatt 32 der Akte 322 OH 5/​17)

6. Der Prospekt ist ferner falsch, weil er nur unzureichend über die Kommanditistenhaftung der Anleger aufklärt.

7. Der Prospekt ist fehlerhaft, da er in der Gesamtschau seiner Angaben einen unzutreffenden Gesamteindruck von der angebotenen Vermögensanlage vermittelt.

8. Es wird festgestellt, dass die Beklagten/​Antragsgegner für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Emissionsprospekts im Wege der Prospekthaftung im weiteren Sinne verantwortlich sind und dass diese Haftung nicht voraussetzt, dass die Beklagten/​Antragsgegner mit den Anlageinteressenten bei der Vertragsanbahnung in sozialen Kontakt getreten sind oder ihnen auch nur namentlich bekannt gewesen sein müssen.

9. Es wird festgestellt, dass zu vermuten ist, dass die unter den Ziffern 1 bis 7 gerügten Prospektfehler kausal für die Beitrittsentscheidung der jeweiligen Anleger waren, unabhängig davon, ob diesen der streitgegenständliche Prospekt zu spät oder gar nicht übergeben worden ist.“

Die Musterklägerin hat mit Schriftsatz vom 07.01.2021 (Bl. 172 ff. d.A.) beantragt, den Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg vom 17.05.2019 um folgende Feststellungsziele zu erweitern:

„1. Erweiterung der Feststellungsziele um 1. c):

1. Der Prospekt ist unrichtig, weil er das Marktumfeld und die damit verbundenen Chancen und Risiken unzutreffend darstellt, insbesondere

(…)

c) im Hinblick auf die auf S. 44/​45 des Prospekts erfolgte Information,

„Seit Mitte 2003 führte eine gestiegene Tonnagenachfrage in Asien infolge der dort boomenden Volkswirtschaften – insbesondere in China – zu deutlichen Ratenerhöhungen, da zu wenig Tonnage zur Verfügung stand. Seitdem sind die Charterraten kontinuierlich bis ins aktuelle 2. Quartal 2005 gestiegen. Es wird erwartet, dass dieses Niveau auch noch bis in das Jahr 2006 hinein anhält.“,

womit die Anlageinteressenten über ein erwartetes, gleichbleibendes, stabiles und hohes Niveau der Charterraten, vergleichbar zum Niveau im 2. Quartal 2005, bis in das Jahr 2006 hinein informiert wurden, obwohl diese Prospektaussage zum Zeitpunkt des Vertriebsbeginns der Vermögensanlage, jedenfalls jedoch spätestens ab Ende Oktober/​Anfang November 2005 nicht mehrt haltbar war, sondern im Rahmen eines Nachtrags hätte korrigiert werden müssen.

2. Erweiterung der Feststellungsziele um 4. i):

4. Der Prospekt ist zudem fehlerhaft, weil er über erhebliche Risiken und Nachteile der Kapitalanlage überhaupt nicht bzw. nur unzureichend aufklärt, insbesondere

(…)

i) nicht darüber aufklärt, dass für die Fondsschiffe „JPO Gemini“ und „Tim S“ bereits Festcharterverträge über 5 Jahre abgeschlossen waren, deren vertraglich vereinbarte Charterraten weit über den geplanten Pooleinnahmen lagen, von denen aber nicht die Anleger der beiden Fondsschiffe profitierten, sondern die vom Pool plangemäß aufgesogen werden sollten.

3. Erweiterung der Feststellungsziele um 4 j):

4. Der Prospekt ist zudem fehlerhaft, weil er über erhebliche Risiken und Nachteile der Kapitalanlage überhaupt nicht bzw. nur unzureichend aufklärt, insbesondere

(…)

j) durch die grafischen Darstellungen der historischen Zeitcharterraten auf den Seiten 46 und 47 des Prospektes von mit der Größe des Fondsschiffs vergleichbaren Contanerschiffen und/​oder durch die Kapitalmarktinformation auf Seite 45 des Prospekts in der Fußnote 1,

„Poolerlöse liegen in Hochphasen meist unterhalb der kurzfristig erzielbaren Raten, puffern dafür aber auch Markttiefs ab“,

und/​oder durch die Kapitalmarktinformation auf der Seite 48/​49 des Prospekts,

„In der Peter Döhle Schiffahrts-KG werden Einnahmepools für diverse Schiffsgrößen verwaltet, die den Eignern vergleichbarer Tonnage einen komfortablen Ratenausgleich bieten, der das durchschnittliche Marktgefüge widerspiegelt“,

dem normalverständigen Leser den irreführenden Eindruck vermittelt, dass die Poolerlöse im langfristigen Durchschnitt den am Markt erzielbaren durchschnittlichen Charterraten entsprechen bzw. sich diesen angleichen, ohne darüber aufzuklären, dass die Einnahmepools der 2.500 TEU und der 3.100 TEU Schiffe, aus denen 2 der Fondsschiffe ihre Erträge erhalten sollten, im historischen Vergleich durchschnittlich deutlich weniger Einnahmen erzielten als die durchschnittlich erzielten Charterraten vergleichbarer Schiffe am freien Markt.

4. Erweiterung der Feststellungsziele um 4. k):

4. Der Prospekt ist zudem fehlerhaft, weil er über erhebliche Risiken und Nachteile der Kapitalanlage überhaupt nicht bzw. nur unzureichend aufklärt, insbesondere

(…)

k) nicht darüber aufklärt, dass durch die Poolmitgliedschaft von drei Fondsschiffen die unternehmerischen Chancen der Vermögensanlage erheblich eingeschränkt sind, indem der Prospekt in einem entscheidungserheblichen Punkt verschweigt, dass die Veräußerung des Schiffes mit gleichzeitiger Übertragung eines bestehenden Chartervertrages auf den Käufer die Zustimmung der Poolmitglieder erfordert und in diesem Fall die Poolmitgliedschaft vom Käufer übernommen werden muss, so dass ein schneller Verkauf zum marktüblichen Preis nicht möglich ist.

5. Erweiterung der Feststellungsziele um das Feststellungsziel 10:

10. Feststellungsziel:

Der Prospekt ist fehlerhaft, weil ein erforderlicher Prospektnachtrag unterblieben ist, der auf die seit Juni 2005 bis Oktober/​November 2005 deutlich eingebrochenen Charterraten hinweist und/​oder darüber aufklärte, dass für das Fondsschiff „Tim S“ entgegen der Prospektaussage ein langfristiger Chartervertrag geschlossen wurde, der Charterraten vorsah, die weit über den prognostizierten Pooleinnahmen lagen.“

II.

Die Musterklägerin ist der Auffassung, dass der streitgegenständliche Prospekt diverse Mängel aufweise, für die die Musterbeklagten zu 1 bis 3 einzustehen hätten. Zusammenfassend meint die Musterklägerin, dass sie über das Marktumfeld und die damit verbundenen Chancen und Risiken und das zu erwartende Überangebot an Containerkapazitäten nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei. Überdies enthalte der Emissionsprospekt fehlerhafte Prognosen hinsichtlich der Schiffsbetriebskosten und der Charterraten. Ferner sei der Prospekt fehlerhaft, weil er über erhebliche Risiken und Nachteile der Kapitalanlage nicht bzw. nur unzureichend aufkläre. Die Musterklägerin trägt zu den von ihr behaupteten Prospektfehlern im Einzelnen ausführlich vor. Hierzu wird insbesondere auf ihren Begründungsschriftsatz vom 08.01.2020 (Bl. 41 ff. d.A.) sowie – hinsichtlich des Erweiterungsantrags – auf den Schriftsatz vom 07.01.2021 (Bl. 172 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Musterbeklagten treten dem im Einzelnen entgegen und beantragen, sämtliche Feststellungsziele zurückzuweisen. Insoweit wird insbesondere auf die Schriftsätze vom 07.04.2020 (Bl. 121 ff. a.A.) und 08.02.2021 (Bl. 232 ff. a.A.) Bezug genommen.

Die Musterbeklagten meinen im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 19.01.2021, XI ZB 35/​18, dass alle drei Musterbeklagten prospektverantwortlich im Sinne der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 13 VerkProspG, 44 BörsG a.F. seien und daher die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB auf sie nicht anwendbar sei. Da die spezialgesetzlichen Haftungstatbestände verjährt seien, seien die hier geltend gemachten Feststellungsziele nicht entscheidungserheblich und damit gegenstandslos. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres diesbezüglichen Vortrags wird auf den Schriftsatz vom 26.05.2021 (Bl. 363 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Musterklägerin tritt dem entgegen und meint, dass zumindest eine Haftung der Musterbeklagten zu 2 und 3 nicht verdrängt worden sei, da die HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH, deren Rechtsnachfolgerinnen die Musterbeklagten zu 2 und 3 sind, im Rahmen der Konzeptionierung des Schiffsfonds keine tragende oder auch nur einflussreiche Rolle gespielt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres diesbezüglichen Vortrags wird auf den Schriftsatz vom 16.06.2021 (Bl. 376 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Senat folgt der Ansicht der Musterbeklagten zu ihrer fehlenden Haftung. Das führt dazu, dass die Feststellungsziele der Musterklägerin mangels Sachentscheidungsinteresse zurückzuweisen waren (dazu unter a). Die Erweiterungsanträge waren mangels Sachdienlichkeit nicht zuzulassen (dazu unter b).

a) Den vom Landgericht formulierten Feststellungszielen der Musterklägerin fehlt mangels Entscheidungserheblichkeit das Sachentscheidungsinteresse. Sie waren daher zurückzuweisen. Die Musterbeklagten sind für etwaige Fehler des streitgegenständlichen Prospekts nicht nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB verantwortlich, da diese im hier gemäß § 8g VerkProspG in der vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung gegebenen Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG i.V.m. §§ 44 ff. BörsG a.F. verdrängt wird und danach nicht anwendbar ist.

Der BGH hat hierzu in seiner Entscheidung vom 19.01.2021, XI ZB 35/​18, ausgeführt:

„(2) Nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF haften neben denjenigen, die für den Prospekt im Sinne des § 8g VerkProspG aF die Verantwortung übernommen haben, im Falle von dort enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF. Damit sollen die Personen und Unternehmen getroffen werden, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind (vgl. Senatsurteil vom 18. September 2012 – XI ZR 344/​11, BGHZ 195, 1 Rn. 35 ff.; BGH, Urteile vom 6. Oktober 1980 – II ZR 60/​80, BGHZ 79, 337, 340 ff., vom 22. März 1982 – II ZR 114/​81, BGHZ 83, 222, 223 f., vom 5. Juli 1993 – II ZR 194/​92, BGHZ 123, 106, 109 f. und vom 2. Juni 2008 – II ZR 210/​06, BGHZ 177, 25 Rn. 12). Veranlasser ist, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. Durch die Regelung soll eine Lücke bei den Haftungsverpflichteten geschlossen werden; insbesondere sollen auch Konzernmuttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden (Senatsurteil vom 18. September 2012, aaO, Rn. 36). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF ist von einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (Senatsurteil vom 18. September 2012, aaO, Rn. 37).“

Nach diesen Grundsätzen sind die Musterbeklagten Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF. Sie sind Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft. Beide Musterbeklagte waren bei Aufstellung des Prospekts zu jeweils 50% Gesellschafter der Komplementärin der Fondsgesellschaft. Die Musterbeklagte zu 1 war außerdem die Schwestergesellschaft der Prospektverantwortlichen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG aF und fungierte als Treuhandkommanditistin. Die Musterbeklagte zu 2 übernahm von den ursprünglich auf 275.000 € bezifferten Pflichteinlagen eine Pflichteinlage von 200.000 €. Beide Musterbeklagten hafteten mithin als Veranlasser für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung.

(3) Neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF ist eine Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung des unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung ausgeschlossen (vgl. zu § 127 InvG in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung [künftig: aF] Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018 – XI ZB 3/​16, BGHZ 220, 100 Rn. 55). Die Veranlasserhaftung nach § 13 VerkProspG, § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF erfasst den Gründungsgesellschafter als Veranlasser und als künftigen Vertragspartner des Gesellschaftsvertrags der Anlagegesellschaft. Die Haftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF verwirklicht in der Person des Gründungsgesellschafters stets auch die Voraussetzungen des Verschuldens bei Vertragsschluss mittels Verwendens eines fehlerhaften Verkaufsprospekts (§ 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB). Wollte man diese allgemeinen Haftungsgrundsätze neben § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF ohne jede Einschränkung zur Anwendung bringen, liefe die gesetzgeberische Entscheidung, dem Gründungsgesellschafter als Veranlasser im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF die Möglichkeit zu eröffnen, sich mit dem Nachweis einfach fahrlässiger Unkenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Verkaufsprospekts zu entlasten (§ 45 Abs. 1 BörsG aF), und eine Sonderverjährungsfrist (§ 46 BörsG aF) anzuordnen, vollständig leer. Eine Haftung des Gründungsgesellschafters nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB kommt daher nur bei Sachverhaltskonstellationen in Betracht, die von der Regelung der § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF nicht erfasst sind.

(4) Die Übertragung dieser vom Senat zuerst für die nach § 127 InvG aF haftende Kapitalanlagegesellschaft entwickelten Grundsätze (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018 – XI ZB 3/​16, BGHZ 220, 100 Rn. 55) auf den nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF haftenden Gründungsgesellschafter steht § 47 Abs. 2 BörsG aF nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift bleiben weitergehende Ansprüche, die nach den Regeln des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder vorsätzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden können, unberührt. Eine Aussage zu vorvertraglichen Ansprüchen unter denselben Haftungsvoraussetzungen lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Der Wille des Gesetzgebers spricht für einen Ausschluss von Ansprüchen aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB neben solchen nach § 13 VerkProspG aF. Der Gesetzgeber des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes vom 28. Oktober 2004 (BGBl. I 2630) hielt im Zusammenhang mit der Anfügung einer neuen Nummer 3 in § 13 Abs. 1 VerkProspG aF ausdrücklich fest, Ansprüche aus zivilrechtlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne gegen von § 13 VerkProspG, § 44 BörsG aF „nicht erfasste am Vertrieb der Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 [VerkProspG aF] Beteiligte, z.B. Vermittler“, würden nicht berührt (BT-Drucks. 15/​3174, S. 44). Dem lässt sich im Gegenschluss der gesetzgeberische Wille entnehmen, vorvertragliche Ansprüche gegen Adressaten der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nicht zur Anwendung zu bringen.“

(BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – XI ZB 35/​18 –, Rn. 22 – 27, juris)

Mit Beschluss vom 08.06.2021, XI ZB 22/​19, Rn. 31, hat der BGH die vorstehenden Grundsätze bestätigt und ausgeführt, dass Ansprüche wegen Verwendens eines unrichtigen oder unvollständigen Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung neu hinzutretender Anleger durch die Gründungskommanditisten aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sind, weil ein Anspruch auf dieser Grundlage durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31.05.2012 geltenden Fassung verdrängt ist.

Überträgt man diese Grundsätze auf die vorliegende Fallkonstellation, so scheidet eine Haftung aller drei Musterbeklagten aus. Die Musterbeklagte zu 1 hat bereits im Sinne des § 8g VerkProspG a.F. für den streitgegenständlichen Prospekt die Verantwortung übernommen, weil sie Prospektherausgeberin ist. Das trifft zwar auf die Musterbeklagten zu 2 und 3 nicht zu. Diese sind aber Prospektveranlasser, denn es handelt sich bei ihnen – wie es der BGH fordert – um Personen, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht, die hinter dem Emittenten stehen und als oder neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausüben.

Der Senat versteht die Entscheidung des BGH vom 19.01.2021 allerdings dahingehend, dass es nicht bereits ausreicht, dass die Musterbeklagten Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft sind, sondern dass darüber hinaus weitere Umstände erforderlich sind, die sie in Verbindung mit der Stellung als Gründungsgesellschafterinnen zu Prospektveranlassern machen. Ansonsten wäre die vom BGH in Rn. 25 seiner Entscheidung vom 19.01.2021 vorgenommene Subsumtion weiterer Kriterien für eine Prospektveranlassung nicht erforderlich gewesen, sondern der BGH hätte es allein bei der im dortigen Fall gegebenen Feststellung der Rolle der dortigen Musterbeklagten als Gründungskommanditistinnen belassen können. Für die dementsprechend erforderlichen weiteren Umstände ist entscheidend, welche ganz konkrete Rolle bezogen auf Projektierung, Erstellung des Konzepts der Anlage und Prospekterstellung die jeweilige Musterbeklagte gespielt hat. Vorliegend sind solche Umstände gegeben.

Die Musterbeklagte zu 2 – für die Musterbeklagte zu 3 gilt über § 133 UmwG Entsprechendes – war zunächst – wie vom BGH gefordert – Gründungsgesellschafterin aller vier Schiffsgesellschaften. Darüber hinaus war sie Schwestergesellschaft der prospektverantwortlichen Musterbeklagten zu 1, was nach der Entscheidung des BGH vom 19.01.2021, der hinsichtlich einer der beiden dortigen Musterbeklagten auf deren Stellung als Schwestergesellschaft der dortigen Prospektverantwortlichen gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. abgestellt hat, für die Frage der Prospektveranlassung ebenfalls eine Rolle spielt. Sie ist weiter Gesellschafterin der Komplementärinnen von drei (MS Käthe P, MS Maren S und MS JPO Gemini) der vier Schiffsgesellschaften, wobei dies im Hinblick auf den Zeitpunkt der von den Musterbeklagten vorgelegten Gesellschafterliste für das MS JPO Gemini hinsichtlich des Zeitpunkts der Prospektherausgabe streitig ist.

Es sind damit – worauf die Musterbeklagten zutreffend hinweisen – drei der vom BGH aufgeführten Kriterien und das vierte Kriterium (Gesellschafterin der Komplementärinnen der Schiffsgesellschaften) in zwei oder drei (streitig im Hinblick auf das MS JPO Gemini) der vier streitgegenständlichen Schiffsgesellschaften erfüllt. Damit zeigt sich der wesentliche Einfluss der Musterbeklagten zu 2 und 3 auf das Anlagekonzept, den der Senat auch für den Fall bejahen würde, dass die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 2 und 3 nur an den Komplementärinnen von zwei der vier Schiffsgesellschaften beteiligt gewesen sein sollten, so dass bei einer Gesamtschau in jedem Fall die Kriterien erfüllt sind, nach denen der BGH eine Prospektveranlassung im Sinne der spezialgesetzlichen Prospekthaftung bejaht.

Dies wiederum hat als Konsequenz der Entscheidung des BGH vom 19.01.2021, XI ZB 35/​18, zur Folge, dass ein Rückgriff auf die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne gesperrt ist. Da die Feststellungsanträge, wie sich aus dem Feststellungsziel 8 ergibt, explizit auf die Feststellung einer Haftung nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gerichtet sind, ist dieses Feststellungsziel unbegründet und kommt es im Übrigen auf die mit den Feststellungszielen verfolgten Feststellungen von Prospektfehlern demnach nicht an. Den Feststellungszielen fehlt das Sachentscheidungsinteresse, weshalb sie zurückzuweisen waren.

b) Aus den genannten Gründen sind auch die Erweiterungsanträge unzulässig. Sie waren mangels Sachdienlichkeit nicht zuzulassen, denn auch ihnen fehlt das Sachentscheidungsinteresse, da die Entscheidung der zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten angesichts der fehlenden Verantwortlichkeit der Musterbeklagten im Rahmen der hier allein geltend gemachten Prospekthaftung im weiteren Sinne nicht von den weiteren auf die Feststellung von Prospektfehlern gerichteten Feststellungszielen abhängt.

c) Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Panten

Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht

Löffler

Richterin
am Oberlandesgericht

Dr. Tonner

Richter
am Oberlandesgericht

 

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