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Hanseatisches Oberlandesgericht: Musterentscheid 13 Kap 12/19 HCI Deepsea Oil Explorer GmbH & Co. KG

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Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 13 Kap 12/​19

Beschluss

In der Sache

Sabine Buhl, Pommernstraße 6, 57299 Burbach

– Musterklägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Bender & Pfitzmann Partnerschaftsgesellschaft mbB, Neuer Zollhof 1, 40221 Düsseldorf, Gz.: 14318-CJ-KL

gegen

1)

HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Klaus Götsch, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –
2)

HCI Treuhand GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin Verwaltung HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dührkop, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –
3)

HCI Treuhand SERVICE GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin Verwaltung HCI Treuhand SERVICE GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Kai Dührkop und Frauke Schünemann, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –
4)

UBS Europe SE, vertreten durch d. Vorstände Thomas Rodermann u. a., Bockenheimer Landstraße 2-4, 60306 Frankfurt am Main

– Musterbeklagte –
5)

– ausgeschiedene Musterbeklagte –
6)

Managementgesellschaft Deepsea Oil Explorer mbH, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg
vertreten durch den Geschäftsführer Ingo Kuhlmann

– Musterbeklagter –
7)

Verwaltung Deepsea Oil Explorer GmbH, vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden, Palmaille 67, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –
8)

ZSH GmbH Finanzdienstleistungen, vertreten durch d. Geschäftsführer Manfred Görg und Andreas Boßler, Vangerowstraße 14, 69115 Heidelberg

– Musterbeklagte –
9)

FORAIM Finanzmanagement und -service GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Frau Christiane Könitz und Wolfgang Gierls, Rothenbaumchaussee 3, 20148 Hamburg

– Musterbeklagte –
10)

KKG Kapital Kontor GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Nico Bekhofer und Constantin Rahtgens, Kleine Reichenstraße 1, 20457 Hamburg

– Musterbeklagte –
11)

Stadtsparkasse Bad Pyrmont, vertreten durch d. Vorstand, Brunnenstraße 2, 31812 Bad Pyrmont

– Musterbeklagte –
12)

Sparkasse Rotenburg Osterholz, vertreten durch d. Vorstand Reinhard Krüger, Ulrich Messerschmidt, Stefan Kalt und Thorben Prenntzell, Kivinanstraße 11, 27404 Zeven

– Musterbeklagte –
13)

Fondsvermittlung24de GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Andre Baalhorn, Süderstraße 77, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –
14)

Sorgenfrei GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Ralf Sorgenfrei, Lenbachstraße 59, 70192 Stuttgart

– Musterbeklagte –
15)

– ausgeschiedene Musterbeklagte –
16)

Sparkasse Witten, vertreten durch d. Vorstände Arno Klinger und Andrea Psarski, Ruhrstraße 45, 58452 Witten

– Musterbeklagte –
17)

Heinrich Balzer, Nanzhausen 1, 35102 Lohra

– Musterbeklagter –
18)

Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam, vertreten durch d. Vorstand, die Herren Andreas Schulz, Bernward Höving, Uwe Borges, Gerhard Zepf, Saarmunder Straße 61, 14478 Potsdam

– Musterbeklagte –
19)

HCI Hanseatische Capitalberatung für Beteiligungen GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Klaus Götsch, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –
20)

– ausgeschiedene Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3:
Rechtsanwälte Graf von Westphalen, Ulmenstraße 23 – 25, 60325 Frankfurt, Gz.: 2781/​2018

Prozessbevollmächtigte zu 4:
Rechtsanwälte Caemmerer, Lenz, Douglasstraße 11-15, 76133 Karlsruhe, Gz.: 1826/​18 X12P/​dg

Prozessbevollmächtigte zu 6:
Rechtsanwälte Lindenpartners, Friedrichstraße 95, 10117 Berlin, Gz.: 10957/​18

Prozessbevollmächtigte zu 7:
Rechtsanwälte Graf von Westphalen, Ulmenstraße 23 – 25, 60325 Frankfurt, Gz.: 2781-2018

Prozessbevollmächtigte zu 8:
Rechtsanwälte JuSt im Quadrat, Mallaustraße 99, 68219 Mannheim, Gz.: 426-18

Prozessbevollmächtigter zu 9:
Rechtsanwalt Dr. Tillmann Schmidt-Parzefall, Griegstraße 75 -Haus 25, 22763 Hamburg, Gz.: 16-2018

Prozessbevollmächtigter zu 10:
Rechtsanwalt Dr. Tillmann Schmidt-Parzefall, Griegstraße 75 -Haus 25, 22763 Hamburg, Gz.: 16/​218

Prozessbevollmächtigte zu 11:
Rechtsanwälte Dr. Böse & Partner mbB, Seelhorststraße 24, 30175 Hannover, Gz.: 508/​18 D01 D16/​2318-18JS

Prozessbevollmächtigte zu 12:
Rechtsanwälte Trenz, Johnsallee 9, 20148 Hamburg, Gz.: 292/​18KH11KH

Prozessbevollmächtigte zu 13:
Rechtsanwälte drrp Rechtssanwälte PartmbB, Lessingstraße 11, 80336 München, Gz.: 354/​18

Prozessbevollmächtigte zu 14:
Rechtsanwälte Klein, (Kampnagel) Hauseingang 2, Barmbeker Straße 2-6, 22303 Hamburg, Gz.: M0048/​19nm-ab

Prozessbevollmächtigter zu 16:
Rechtsanwalt Dieter Schmitz, Bahnhofstraße 32 a, 58452 Witten, Gz.: 90/​18S12

Prozessbevollmächtigte zu 17:
Rechtsanwälte Glameyer, Max-Stromeyer-Straße 116, 78467 Konstanz, Gz.: 60BG18

Prozessbevollmächtigte zu 18:
Rechtsanwälte Thümmel, Schütze & Partner, Kurfürstendamm 63, 10707 Berlin, Gz.: os/​ry/​19/​0026

Nebenintervenientin zu 1 – 3:
Baker Tilly GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Am Valentinskamp 88, 20355 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Luther, Rothenbaumchaussee 20, 20148 Hamburg, Gz.: LU/​Sch 95741/​19

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 13. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Panten, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner und die Richterin am Oberlandesgericht Löffler am 16.03.2022 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021:

Die Musterfeststellungsanträge werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Das vorliegende KapMuG-Verfahren bezieht sich auf den am 02.06.2008 veröffentlichten Anlageprospekt zur HCI Deep Sea Explorer GmbH & Co. KG. Ebenso wie die MPC Deep Sea Explorer GmbH & Co. KG sollte die Fondsgesellschaft 50 % des Kapitals der Deep Sea Explorer GmbH & Co. KG aufbringen, die einen Anteil von je 47 % an zwei Gesellschaften niederländischen Rechts, der Delba Drilling International Coöperatie U.A. und der Delba Drilling Services B.V., halten sollte. Erstere sollte als Eigentümergesellschaft des Investitionsobjektes, einer Tiefsee-Halbtaucher-Erkundungsplattform (im Folgenden: Oil Rig) fungieren, letztere als Servicegesellschaft. Mehrheitsgesellschafter der beiden niederländischen Gesellschaften sollten brasilianische Partner des Joint-Ventures sein. Die Plattform wurde auf Bestellung eines der brasilianischen Partnerunternehmen vom 29.12.2006 auf einer Werft in Abu Dhabi gebaut, ihre Ablieferung an die Eigentümergesellschaft war für Juni 2010 geplant. Ab diesem Zeitpunkt sollte das Oil Rig für sieben Jahre fest an den brasilianischen Ölkonzern Petrobras S.A. zu einer Tagescharter von $ 317.000 p.d. verchartert werden, der das Rig für die Suche nach Ölvorkommen in der Tiefsee vor der brasilianischen Küste einsetzen sollte. Den laufenden Betrieb und das technische Management des Rigs sollte ein weiteres brasilianisches Partnerunternehmen durchführen.

Bei dem Rig – Typbezeichnung TDS 2500 – handelte es sich um die Weiterentwicklung eines schon mehrfach gebauten Typs (TDS 2000) und das letzte Rig einer baugleichen Dreierserie.

Die beiden von MPC bzw. HCI aufgelegten Fondsgesellchaften sollten das Eigenkapital für dieses Projekt einwerben und dabei Kommanditkapital von jeweils ca. $ 105.000.000 aufbringen. Mindestzeichnungssumme waren $ 15.000.

Das Gesamtinvestitionsvolumen zur Erstellung des Oil Rigs sollte bei ca. $ 574.000.000 liegen. Als Laufzeit des Fonds waren 14 Jahre vorgesehen.

Das Oil Rig wurde im November 2019 zu einem Kaufpreis von $ 60.300.000 verkauft, durch den die Forderungen der Fremdkapitalgeber nicht annähernd gedeckt werden konnten; die Fondsgesellschaft wurde aufgelöst, die Anleger – sowohl des MPC – als auch die des streitgegenständlichen Fonds haben einen Totalverlust des investierten Kapitals erlitten und keinerlei Auszahlungen erhalten.

Die Musterbeklagte zu 1 – die HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co. KG – hat als aufnehmende Gesellschaft im Jahre 2010 die „HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft für Beteiligungskapital mbH“ – aufgenommen, die im Prospekt formell die Verantwortung für dessen Inhalt übernommen hat (S. 5).

Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft (HCI Deepsea Oil Explorer GmbH & Co. KG) waren die „Verwaltung Deepsea Oil Explorer GmbH“ (ohne Einlage; Gesellschafter: HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH und MPC Münchmeyer Petersen Steamship GmbH & Co. KG) als persönlich haftende Gesellschafterin sowie die „HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH“ (Einlage: $ 29.000), die „HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH“ (Einlage: $ 1.000) und die „Managementgesellschaft Deepsea Oil Explorer mbH“ (Einlage $ 1.000), letztere als geschäftsführende Kommanditistin.

Alleinige Gesellschafterin der HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH war die HCI Capital AG, die Muttergesellschaft des HCI-Konzerns.

Die Musterbeklagte zu 2, die HCI Treuhand GmbH & Co. KG, ist durch formwechselnde Umwandlung aus der HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH entstanden; die Musterbeklagte zu 3 (HCI Treuhand SERVICE GmbH & Co. KG) wurde im Jahre 2013 von ihr abgespalten. Als Funktion der HCI Hanseatische Schiffstreuhand GmbH war im Prospekt (S. 44) angegeben: „Gründungsgesellschafterin der Emittentin, Treuhänderin, Vertreterin der Interessen der Anlegerinnen und Anleger.“

Keiner der weiteren Musterbeklagten war Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaft; bei der Musterbeklagten zu 19 handelt es sich um die seinerzeit mit dem Vertrieb der Beteiligung beauftragte Gesellschaft; an ihr war die HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH beteiligt.

Mit Beschluss vom 18.03.2019 hat das Landgericht Hamburg dem Senat die folgenden Feststellungsziele zur Durchführung eines Musterverfahrens vorgelegt:

Der am 02.06.2008 von der HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH & Co. KG (vormals HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH) aufgestellte Verkaufsprospekt für den Erwerb einer Beteiligung an der HCI Deep Sea Explorer GmbH & Co. KG ist in wesentlichen Teilen unrichtig und damit insgesamt irreführend und unvollständig, nämlich:

a)

Dass der Emissionsprospekt auf S. 15 den Hinweis auf Kapitalverluste bis hin zum Totalverlustrisiko nur bei einem kumulierten Auftreten von Risiken für erforderlich hält, obgleich bereits jedes der anlagegefährdenden Risiken zu einem Totalverlust führen kann und die Anleger dadurch unrichtig über die Verlustrisiken aufgeklärt werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt durch folgende Formulierung:

„Für den Fall eines kumulierten Auftretens der dargestellten Risiken muss u. a. auf die Möglichkeit von Kapitalverlust bis hin zum Totalverlustrisiko hingewiesen werden“;

b)

dass der Emissionsprospekt auf S. 19 den Hinweis unterlässt, dass eine unmittelbare Inanspruchnahme durch Dritte erfolgen kann, indem die Eigentümergesellschaft mit dem Fondsobjekt unmittelbar in Haftung und Arrest genommen wird für Ansprüche gegen den Charterer, welche aus Schiffsgläubigerrechten nach §§ 596 ff. HGB unmittelbar gegen das Fondsobjekt vollstreckt werden können und die Anleger dadurch unrichtig über die Vertragserfüllungsrisiken des Charterers und anlagegefährdende Risiken der Beteiligung informiert werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt durch folgende Formulierung: „Vertragserfüllungsrisiken aus der Chartervereinbarung

Die Emittentin trägt das Risiko, dass der Charterer der Eigentümergesellschaft seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem Charter- und Serviceauftrag nicht nachkommen kann. In diesem Fall besteht das Risiko, dass eine Weiterbeschäftigung der Erkundungsplattform nicht oder zu niedrigeren Charterraten möglich ist.“

c)

Dass der Emissionsprospekt auf S. 58 den Hinweis unterlässt, dass die für die Bauphase gegen Verspätungen der Abnahme abgeschlossene „Delay in Start Up“-Versicherung nicht greift, wenn die Verspätung

aa) in der Sphäre der Eigentümergesellschaft begründet ist;

bb) in der verspäteten Lieferung der Erstausrüstungsgegenstände (Owner’s furnished Equipment) begründet ist;

und die Anleger dadurch unrichtig über die Versicherung des Bauzeitrisikos unterrichtet werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt durch folgende Formulierung:

„In Ergänzung zu den von SBM abzuschließenden Versicherungen für die Bauphase des Oil Rig hat sich die Coöperatie gegen weitere Risiken vor Charterantritt abgesichert. Dazu zählt vor allem eine Versicherung für den Transport von Abu Dhabi nach Brasilien und eine „Delay in Start Up“-Versicherung. Die „Delay in Start Up“-Versicherung wurde zum 1. Dezember 2007 abgeschlossen und läuft bis zur Inbetriebnahme des Oil Rigs durch Petrobras. Sie deckt im Falle einer verspäteten Ablieferung die fehlenden Brutto-Einnahmen (inkl. Fixkosten und Schuldnerdienst), die bis zur Ablieferung anfallen, als auch die zusätzlichen mit der Vermeidung bzw. Reduzierung der Verspätung in Zusammenhang stehenden Kosten.“

d)

Dass der Emissionsprospekt auf S. 62 bei der Ertragsprognose von 350 Einsatztagen pro Jahr mit vollen Tageseinnahmen ausgeht, ohne dafür eine vertretbare Basis für diese Prognose anzusetzen, obgleich bei Schlechtwetter, Wartezeit, Positionierung und Dockung nur ein mindestens 10 % geringerer Tagessatz gezahlt wird, die Bonusvereinbarung mit dem Charterer bereits bei weniger als 35 Ausfalltagen greift und damit eine valide Grundlage für eine Prognose von 350 Einsatztagen fehlt und ein erheblicher Prospektfehler vorliegt durch folgende Formulierung:

„Daran anschließend liegen der Berechnung der Erlöse jeweils 350 Einsatztage pro Jahr zugrunde, d. h. es wurden regelmäßig 15 Ausfalltage pro Jahr angenommen.“

Mit Beschluss des Senats vom 09.02.2021 wurden die folgenden weiteren Feststellungsziele gem. § 15 KapMuG zugelassen:

e)

Der Prospekt unterlässt einen Hinweis darauf, dass die beiden Vorgängerplattformen auf derselben Werft gebaut werden sollten und mit nur geringem zeitlichen Vorlauf in Auftrag gegeben wurden und verschweigt damit das darin liegende Verzögerungsrisiko durch folgende Formulierung auf S. 6 des Verkaufsprospektes:

„Zudem wird es als letztes Rig einer Dreierserie gefertigt, sodass die Erfahrungen aus dem Bau der beiden ersten Plattformen in dem Bauprozess berücksichtigt werden können.“

f)

Der Prospekt unterlässt einen Hinweis darauf, dass hinsichtlich der beiden Vorgängerplattformen bereits in 2008 Verzögerungen hinsichtlich der Auslieferung ersichtlich waren, die zu einer Verzögerung der Auslieferung der streitgegenständlichen Plattform führen mussten und der Prospekt damit irreführend war durch folgende Formulierung auf S. 6:

„In einem Wertgutachten des auf Offshore-Geschäft spezialisierten unabhängigen Analysehauses ODS-Petrodata wird das Oil Rig – basierend auf den technischen Spezifikationen und den aktuellen Marktgegebenheiten und ohne Berücksichtigung der Charter – für den vorgesehenen Auslieferungszeitpunkt im August 2010 – mit 650 Mio. USD bewertet.“

g)

Der Emissionsprospekt zum Beteiligungsangebot an der HCI Deep Sea Oil Explorer GmbH & Co. KG ist in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend, indem der Prospekt nicht über das erhebliche Risiko der Einstellung der Ölförderung auf dem Oil Rig bei mangelnder Rentabilität der Förderung aufgrund eines vorhersehbar sinkenden und dann sehr niedrigen Ölpreises aufgeklärt wird.

II.

A.) Auch unter Beachtung der neuesten Rechtsprechung des BGH (BGH XI ZR 35/​18, Beschluss vom 19.01.2021), der der Senat folgt, steht der Musterklägerin weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis für ihre Feststellungsanträge zu.

1.)

Allerdings handelt es sich bei den Musterbeklagten zu 1 – 3 um eine Prospektverantwortliche im Sinne der §§ 13 VerkProspG i.V.m. 44 BörsG a.F. (bzw. die Rechtsnachfolgerin einer solchen).

Die Musterbeklagte zu 1 hat als aufnehmende Gesellschaft im Jahre 2010 die „HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft für Beteiligungskapital mbH“ aufgenommen, die im Prospekt formell die Verantwortung für dessen Inhalt übernommen hat (S. 5). Da die Musterbeklagte somit nur im gleichen Umfang haftet, die die aufgenommene Gesellschaft (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) kann ihre Passivlegitimation hier nicht anders beurteilt werden, als die der aufgenommenen Gesellschaft.

Auch die Musterbeklagte zu 6 stellt sich nach den Kriterien der aktuellen BGH-Rechtsprechung als Prospektverantwortliche dar: Sie ist – wenn auch mit einem geringen Anteil – an der Emittentin beteiligt, zudem war sie deren geschäftsführende Kommanditistin und hatte damit als Tochterunternehmen der Musterbeklagten zu 1 – die wiederum eine 100%-tige Tochter der Konzernmutter HCI Capital AG war – und der MPC Münchmeyer Petersen Steamship GmbH & Co KG unmittelbar die Weisungen der für das Projekt verantwortlichen „Hintermänner“ umzusetzen.

Nicht anders stellt sich die Sachlage hinsichtlich der Musterbeklagten zu 2 dar. Mit der Entscheidung des BGH vom 12.10.2021 (BGH XI ZB 26/​19), der der Senat folgt, ist klargestellt, dass schlicht die Eigenschaft als Gründungsgesellschafter einer Fondsgesellschaft zur Anwendung der §§ 13 VerkProspG i.V.m. 44 ff. BörsG und damit der Verdrängung der Prospekthaftung im weiteren Sinne genügt.

Danach ist die Musterbeklagte zu 2, die durch formwechselnde Umwandlung gem. §§ 226 ff. UmwG aus der HCI Schiffstreuhand GmbH hervorgegangen ist, prospektverantwortlich, da ihre Rechtsvorgängerin mit einem Kommanditanteil von $ 1.000 an der Fondsgesellschaft beteiligt war.

Gleiches gilt für die Musterbeklagte zu 3, bei der es sich um eine Abspaltung der Musterbeklagten zu 2 handelt, die gem. § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG gesamtschuldnerisch für deren vor der Abspaltung (die im Jahre 2013 erfolgte) begründete Verbindlichkeiten einzustehen hat und damit auch für die Frage der Prospektverantwortlichkeit nicht abweichend zu beurteilen sein kann.

Gleichwohl sind nicht sämtliche Feststellungsanträge hinsichtlich dieser vier Musterbeklagten gegenstandslos. Zwar steht im Focus des Verfahrens zweifelsfrei eine Haftung der vorgenannten Musterbeklagten nach den Grundsätzen der – nicht anwendbaren – Prospekthaftung im weiteren Sinne, wie sich aus der Argumentation der Musterklägerin im Begründungsschriftsatz vom 14.10.2019 (dort S. 5) ergibt.

Jedenfalls hinsichtlich des sich auf die sog. „delay-in-start-up“-Versicherung beziehenden Feststellungszieles zu lit. C, behauptet die Klägerin nunmehr in Ergänzung ihres bisherigen Vortrages ausdrücklich (Schriftsatz vom 10.02.2022), dass die Musterbeklagten zu 1 – 3 die nach Auffassung der Klägerin fehlerhaften bzw. inhaltlich falschen Angaben vorsätzlich in den Prospekt aufgenommen hätten (zu den Einzelheiten s. u.). Eine Haftung der prospektverantwortlichen Musterbeklagten aus Delikt wird jedoch nicht durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung nach §§ 13 VerkProspG i.V.m. 44 BörsG a.F. verdrängt, wie sich aus § 47 Abs. 2 BörsG a.F. ergibt (so auch BGH XI ZB 35/​18, Rn. 27).

2.)

Keiner der sonstigen Musterbeklagten – durchweg mit dem Vertrieb der Fondsbeteiligungen befasste und daher in Anspruch genommene Finanzdienstleister – war als Gründungsgesellschafter an der Fondsgesellschaft beteiligt , womit bezogen auf sie zwar eine Prospekthaftung im weiteren Sinne von vornherein nicht in Betracht kommt. Gleichwohl bleiben die Feststellungsziele für die fraglichen Ausgangsverfahren erheblich, da auch im Rahmen einer Haftung aus Anlagevermittlungs- bzw. Anlageberatungsvertrag Prospektfehler von Bedeutung sind, jedenfalls sofern sie für den jeweiligen Berater oder Vermittler, der seine Kunden wie regelmäßig unter Verwendung oder auf Basis des Anlageprospektes informiert hat, erkennbar waren.

B.) Die Musterklägerin ist der Auffassung, dass der Prospekt in mehrfacher Hinsicht erhebliche Mängel aufweise. Die Darstellung der Risiken sei ungenügend, wobei insbesondere zu beachten sei, dass das Anlageprojekt mit seiner hochkomplizierten Konstruktion zu den komplexesten und risikoreichsten gehöre, die in der Vergangenheit überhaupt von Emissionshäusern an den deutschen Markt gebracht worden seien – die Beteiligung sei mit allen nur denkbaren Risiken eines internationalen Großprojektes, bezogen auf Erstellung, Ausrüstung, Transport, Betrieb, Chartererwechsel, Wechsel der Finanzierung, Verwertung und Betroffenheit der Rechtskreise von mindestens sechs Ländern behaftet, weshalb an die Darstellung der Risiken im Prospekt hohe Anforderungen gestellt werden müssten, denen der Prospekt Anlage K 1 nicht gerecht werde.

Der Senat folgt dem nicht.

1.)

Feststellungsziel a

…, dass der Emissionsprospekt auf S. 15 den Hinweis auf Kapitalverluste bis hin zum Totalverlustrisiko nur bei einem kumulierten Auftreten von Risiken für erforderlich hält, obgleich bereits jedes der anlagegefährdenden Risiken zu einem Totalverlust führen kann und die Anleger dadurch unrichtig über die Verlustrisiken aufgeklärt werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt durch folgende Formulierung:

„Für den Fall eines kumulierten Auftretens der dargestellten Risiken muss u. a. auf die Möglichkeit von Kapitalverlust bis hin zum Totalverlustrisiko hingewiesen werden.

a)

Die Musterklägerin ist der Auffassung, dass die o. g. Darstellung verschleiere, dass es zahlreiche Risiken gebe, die jedes für sich und nicht nur bei kumuliertem Auftreten einen Totalverlust der Anlage auslösen könnten.

Soweit auf S. 21 ausgeführt werde, dass Missmanagement oder auch ein Scheitern der Fremdfinanzierung zu einem Totalverlustrisiko führen könnten, bleibe das Verhältnis dieser Aussage zu derjenigen auf S. 15 unklar.

Ähnlich verhalte sich dies hinsichtlich der Erwähnungen eines Totalverlustrisikos auf S. 44, 51 und 96 des Prospektes.

Auch weitere der insgesamt dreizehn Nennungen des Begriffes „Totalverlust“ im Prospekt seien unklar – so werde auch der Untergang des Oil Rigs in diesem Sinne bezeichnet, obwohl insoweit eine Versicherung eingreifen würde.

Auch die Sensitivitätsanalyse auf S. 69f. sehe keinen Sachverhalt vor, der auch nur in die Nähe eines Totalverlustes kommen würde.

b)

Die Musterbeklagten treten dem entgegen.

Ein Hinweis auf ein Totalverlustrisiko sei bei einem Sachwertfonds – also auch bei einem Schiffsfonds – ohnehin schon entbehrlich.

Ein Hinweis auf einen möglichen Totalverlust finde sich schon in der Einleitung des Prospektes (S. 10). Auch in der Einzeldarstellung der Risiken sei zutreffend auf sowohl anlage- und sogar anlegergefährdende Risiken hingewiesen worden, worin definitionsgemäß zugleich ein Hinweis auf ein Totalverlustrisiko liege.

Sie verweisen weiter darauf, dass die im Feststellungsantrag genannte Passage aus dem Zusammenhang gerissen worden sei, der deutlich erkennen lasse, dass auch Einzelrisiken zu einem Totalverlust führen bzw. sogar das sonstige Vermögen des Anlegers gefährden könnten. Die fragliche Passage S. 15 beschäftige sich nur mit prognosegefährdenden Risiken; insoweit finde sich zudem auf S. 21 der Hinweis, dass auch diese Risiken, wenn sie stark ausgeprägt oder kumuliert auftreten zu einem anlagegefährdenden Risiko werden können.

Dementsprechend sei bei der Beschreibung mehrerer Einzelrisiken auch ausgeführt, dass deren Verwirklichung zu einem Totalverlust führen könne; so u. a. bei Risiken der Nichtablieferung des Oil Rigs und der Nichterfüllung des Bauvertrages (S. 21), der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus der Fremdfinanzierung (S. 21/​22).

Vor allem aber sei das Resumée des Risikokapitels auf S. 24 unmissverständlich, indem dort das Totalverlustrisiko nochmals klar benannt werde.

Schließlich finde sich auch auf S. 24 ein klarer Hinweis auf das Totalverlustrisiko.

Soweit die Klägerin die Passagen beanstande, in der es um den physischen Untergang des Rigs gehe, hätten diese ganz offenkundig keinen Bezug zu einem möglichen Totalverlust des investierten Kapitals.

Die Sensitivitätsanalysen hätten, wie schon der Definition S. 69 klar zu entnehmen sei, nur die Aufgabe, die Folgen der Variation wichtiger Parameter für die Prognoserechnungen aufzuzeigen, nicht aber Risiken offenzulegen.

c)

Der gerügte Prospektmangel liegt nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Anlageprospekt dem Anleger alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Informationen richtig und vollständig zu liefern, wobei es nicht nur auf die korrekte und hinreichend vertiefte Darstellung der einzelnen Umstände des Anlageprojektes ankommt, sondern insbesondere dem Anleger auch ein zutreffendes Gesamtbild von Chancen und Risiken der Anlage vermittelt werden muss. Soweit – wie regelmäßig – in einem Prospekt Prognosen über die künftige Entwicklung der Anlage enthalten sind, müssen diese – was auch praktisch nicht zu leisten wäre – nicht „richtig“ in dem Sinne sein, dass sie ex post betrachtet die tatsächliche Entwicklung zutreffend vorhergesagt haben, sie müssen vielmehr aus der ex ante Sicht „vertretbar“ und auf eine hinreichende Tatsachengrundlage gestützt sein.

Selbst wenn man die klägerseits gerügte Passage auf S. 15, mittlere Spalte, 2. Absatz als missverständlich ansehen wollte, so wird doch insgesamt im Prospekt denkbar eindrücklich darauf hingewiesen, dass Risiken bis hin zum Totalverlust, und zwar nicht nur bei kumuliertem Eintritt verschiedener Risikofaktoren bestehen.

Schon auf S. 10 oben wird deutlich angesprochen, dass ein Totalverlust eintreten kann, und zwar „bei einem unerwartet negativen wirtschaftlichen Verlauf“, d. h. ohne dass auf die Verwirklichung mehrerer Risiken abgestellt würde.

In gleicher Weise ist auch der hervorgehobene Hinweis auf das Totalverlustrisiko bzw. auf anlegergefährdende Risiken auf S. 24 formuliert, nämlich ohne dass hier von einer Verwirklichung mehrerer Risikofaktoren die Rede wäre.

Klarer musste nicht formuliert werden.

2.)

Feststellungsziel b

…, dass der Emissionsprospekt auf S. 19 den Hinweis unterlässt, dass eine unmittelbare Inanspruchnahme durch Dritte erfolgen kann, indem die Eigentümergesellschaft mit dem Fondsobjekt unmittelbar in Haftung und Arrest genommen wird für Ansprüche gegen den Charterer, welche aus Schiffsgläubigerrechten nach §§ 596 ff. HGB unmittelbar gegen das Fondsobjekt vollstreckt werden können und die Anleger dadurch unrichtig über die Vertragserfüllungsrisiken des Charterers und anlagegefährdende Risiken der Beteiligung informiert werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorlieget durch folgende Formulierung: „Vertragserfüllungsrisiken aus der Chartervereinbarung

Die Emittentin trägt das Risiko, dass der Charterer der Eigentümergesellschaft seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem Charter- und Serviceauftrag nicht nahkommen kann. In diesem Fall besteht das Risiko, dass eine Weiterbeschäftigung der Erkundungsplattform nicht oder zu niedrigeren Charterraten möglich ist.“

a)

Die Musterklägerin ist der Auffassung, dass das Oil Rig als Seeschiff zu qualifizieren sei und damit im Prospekt auch auf das sich aus Schiffsgläubigerrechten ergebende Risiko habe hingewiesen werden müssen. Auf das Oil Rig seien die Regelungen der §§ 596 ff. HGB anwendbar, womit es für diverse Verpflichtungen hafte – so die Heuern der Besatzung, öffentliche Kosten und Abgaben, aus seinem Betrieb resultierende Schadensersatzforderungen, Bergelohn und Ähnliches.

Auf das Risiko eines Zugriffs der vorgenannten Gläubiger auf das Rig selbst habe hingewiesen werden müssen. Ebenso auf das damit in Zusammenhang stehende Risiko, dass entsprechende Gläubiger einen Arrest in das Oil Rig ausbringen könnten.

Diese Risiken gingen über das – im Prospekt genannte – Risiko einer Zahlungsunfähigkeit des Charterers hinaus. Es sei nicht erkennbar, dass etwa nicht befriedigte Gläubiger der Betriebsgesellschaft Delbras Ltda. direkt auf das Oil Rig zugreifen könnten.

Im Übrigen werde im Prospekt das Vertragspartnerrisiko verharmlost, da (S. 27 f.) mit der angeblich hervorragenden Bonität von Petrobras geworben werde.

b)

Die Musterbeklagten erwidern, dass nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung (etwa OLG Hamm 34 U 231/​15, 29.09.2016) ein Hinweis auf sog. Schiffsgläubigerrechte gem. §§ 596 ff. HGB nicht erforderlich gewesen sei.

Die fraglichen Rechte seien Ausdruck eines allgemeinen Lebensrisikos und beruhten schlicht auf allgemeinen gesetzlichen Vorgaben für den Bereich des Seehandels – es handele sich damit um ein nicht aufklärungspflichtiges allgemeines wirtschaftliches Risiko, nicht ein Risiko, das spezifisch einem Schiffsfonds anhänge.

Es handele sich zudem um ein Folgerisiko aus dem Abschluss des Chartervertrages, auf dessen Risiken zutreffend hingewiesen worden sei (insbesondere S. 19/​22 f. – „Allgemeine Vertragserfüllungsrisiken“, „Vertragserfüllungsrisiken aus der Chartervereinbarung“, „Vertragserfüllungsrisiken aus dem Servicevertrag“).

Im Übrigen könnten solche Rechte gem. Art. 7 Abs. 1 EGHGB ohnehin nur an Seeschiffen entstehen – unter diesen Begriff aber falle das Oil Rig schon nicht.

Ohnehin sei nicht ersichtlich, wie nach dem einschlägigen Kollisionsrecht die §§ 596 ff. HGB auf das Rig Anwendung finden sollten, selbst wenn man es als Seeschiff im Sinne dieser Normen qualifizieren sollte – deutsches Recht sei auf keines der maßgeblichen Rechtsverhältnisse anwendbar.

Dass nach dem höchstwahrscheinlich anwendbaren Recht von Brasilien oder Panama ähnliche Rechte bestünden, habe die Klägerin schon nicht dargelegt. Dass sich aus der Anwendbarkeit ausländischen Rechts auf die verschiedenen abzuschließenden Verträge Risiken ergeben könnten, sei auf S. 17 hinreichend dargelegt.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen: Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach nicht explizit auf sog. Schiffsgläubigerrechte hingewiesen werden muss.

Insoweit kann offenbleiben, ob auf das Oil Rig Schiffsgläubigerrechte anwendbar sind und nach welcher Rechtsordnung (jedenfalls nicht nach dem von der Klägerin herangezogenen deutschen Recht, da insoweit kein Anknüpfungspunkt besteht: Eigentümerin ist eine Gesellschaft ausländischen Rechts, auch alle sich direkt auf das Rig beziehenden Verträge bestehen zwischen Gesellschaften ausländischen Rechts) sich diese bestimmen würden.

Dass Gläubiger – insbesondere soweit sie sachbezogene Leistungen, wie etwa Reparaturen oder Treibstofflieferungen für ein Schiff oder ggf. (nach deutscher Terminologie) „Schiffsbauwerk“ erbracht haben – unter bestimmten Umständen zur Verwirklichung ihrer Forderung auf die Sache zurückgreifen können, ist ein vielen Rechtsordnungen bekannter Grundsatz, der einer Sache – wie in Deutschland etwa aufgrund § 647 BGB – kraft Gesetzes anhängt und sich letztlich als eine – und nicht die wesentlichste – Ausprägung des allgemeinen Risikos darstellt, dass ein wichtiger Vertragspartner seine geschuldeten Leistungen nicht erbringt. Damit ist neben dem Hinweis auf das Risiko des Ausfallens von Vertragspartnern bzw. die Nichterbringung von Leistungen durch diese (S. 19/​20 des Prospektes) und das Rechtskreisrisiko (S. 17 des Prospektes) eine ausdrückliche Erwähnung der sog. Schiffsgläubigerrechte – auch wenn solche hier anwendbar sein könnten – nicht erforderlich.

3.)

Feststellungsziel c

…, dass der Emissionsprospekt auf S. 58 den Hinweis unterlässt, dass die für die Bauphase gegen Verspätungen der Abnahme abgeschlossene „Delay in Start Up“-Versicherung nicht greift, wenn die Verspätung

aa) in der Sphäre der Eigentümergesellschaft begründet ist;

bb) in der verspäteten Lieferung der Erstausrüstungsgegenstände (Owner’s furnished Equipment) begründet ist;

und die Anleger dadurch unrichtig über die Versicherung des Bauzeitrisikos unterrichtet werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt durch folgende Formulierung:

„In Ergänzung zu den von SBM abzuschließenden Versicherungen für die Bauphase des Oil Rig hat sich die Coöperatie gegen weitere Risiken vor Charterantritt abgesichert. Dazu zählt vor allem eine Versicherung für den Transport von Abu Dhabi nach Brasilien und eine „Delay in Start Up“-Versicherung. Die „Delay in Start Up“-Versicherung wurde zum 1. Dezember 2007 abgeschlossen und läuft bis zur Inbetriebnahme des Oil Rigs durch Petrobras. Sie deckt im Falle einer verspäteten Ablieferung die fehlenden Brutto-Einnahmen (inkl. Fixkosten und Schuldnerdienst), die bis zur Ablieferung anfallen, als auch die zusätzlichen mit der Vermeidung bzw. Reduzierung der Verspätung in Zusammenhang stehenden Kosten.“

a)

Die Musterklägerin hält die Angaben auf S. 58 des Prospektes zur sog. „Delay in Start up Versicherung für irreführend, da unzutreffend der Eindruck erweckt werde, dass die Versicherung alle etwaigen Verzögerungsschäden abdecke, während sie tatsächlich nur dann eingreife, wenn die Verzögerung nicht auf ein Verschulden der Eigentümergesellschaft zurückzuführen sei.

In diesem Zusammenhang sei auch relevant, dass auch die Darstellung zum sog. „Turnkey Agreement“ fehlerhaft sei – denn der Festpreis sei ungeeignet, den Fonds abzusichern, da die Lieferantin SBM Strafzahlungen nur bei Vertretenmüssen schulde. Dem gegenüber vermittele der Text auf S. 10, dass eine Festpreisgarantie bestehe, was auf S. 113 nochmals betont werde.

In Zusammenschau vermittelten diese beiden Passagen den Eindruck einer umfassenden Absicherung auch und gerade gegen Verzögerungsrisiken. Tatsächlich habe wegen der im Pflichtenkreis der Eigentümergesellschaft stehenden Erstausrüstung aber eine erhebliche, nicht abgesicherte Verzögerungsgefahr bestanden, insbesondere, da von der Eignerin auch das Owners Furnished Equipment zu beschaffen gewesen sei.

Die Musterbeklagten hätten vorsätzlich verschwiegen, dass die Delay-in-Start-up-Versicherung keine absolute Sicherheit gegen Verzögerungen für die ersten 12 Monate biete und dass auch eigenes Verschulden nicht mitversichert sei. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass bei Prospektlegung Verzögerungen schon absehbar gewesen seien. In diesem Verhalten liege eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Anleger.

b)

Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Angaben zur Versicherung nicht irreführend seien, wie auch das HansOLG (11 U 185/​15) bereits festgestellt habe.

Jeder Anleger habe damit rechnen müssen, dass die Versicherung nicht Schäden abdecke, die auf eigenem Verschulden der Eigentümergesellschaft beruhten. Die Darstellung S. 22 weise ausdrücklich darauf hin, dass Risiken auftreten könnten, die nicht versichert bzw. nicht versicherbar seien.

Daneben sei bei der Beschreibung der Delay-in Start-Up-Versicherung auf S. 58 ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass von der Eigentümerin verschuldete Schäden nicht versichert seien, nicht erforderlich gewesen – die Existenz entsprechender Ausschlüsse in Versicherungsverträgen sei allgemein bekannt. Weshalb die Festpreisvereinbarung im Turnkey-Agreement den Anleger in diesem Zusammenhang in die Irre führen sollte, sei nicht ersichtlich.

Auch im Rahmen der ausführlichen Erläuterung des Bauvertrages (S. 77) werde klar dargestellt, dass es bei Verzögerungen aufgrund von force majeure oder sonst nicht von SBM zu vertretenden Umständen dazu kommen könne, dass für Verzögerungen keine Ausgleichszahlungen zu leisten seien.

c)

Die beantragte Feststellung ist nicht zu treffen.

Die Darstellung zur „Delay-in-Start-Up“-Versicherung S. 58 des Prospektes ist nicht irreführend.

Zunächst ist der Senat der Auffassung, dass die Darstellung nicht vorspiegelt, dass auch Verzögerungen versichert seien, die sich aus schuldhaftem Verhalten der versicherten Eigentümerin ergeben könnten: Dass üblicherweise Versicherungen solche Schäden nicht abdecken, dürfte allgemein bekannt sein und daher keinen gesonderten Hinweis erfordern. Zudem wird auf S. 19 des Prospektes gut verständlich auf das „allgemeine Vertragserfüllungsrisiko“ hingewiesen: Dass Risiken aus nicht rechtzeitiger Erfüllung von Pflichten durch Vertragspartner etwa mit Rücksicht auf die genannte Versicherung nicht bestünden, ist dort gerade nicht ausgeführt. Noch weit deutlicher wird auf S. 21 unter „Ablieferung des Oil Rig“ darauf hingewiesen, dass eine ausbleibende Ablieferung des Oil Rigs zum Totalverlust der Anlage führen kann, also offensichtlich von der Versicherung nicht abgedeckt wird. Schließlich wird im selben Abschnitt auch noch auf sich aus einer etwa verspäteten Lieferung des OFE und damit einer verzögerten Inbetriebnahme ergebende Risiken hingewiesen, ohne dass etwa ausgeführt wäre, dass hierfür (jedenfalls teilweise) die Versicherung eingreifen würde.

Weshalb in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die Vereinbarung eines Festpreises im „Turnkey Arrangement“ (S. 10 und 113 des Prospektes) für die „schlüsselfertige“ Ablieferung des Rigs irreführend gewesen sein sollte, hat die Klägerin schon nicht dargelegt: Dass die Angabe sachlich falsch sei, wird nicht behauptet, dass damit zugleich das Auftreten anderer Probleme – wie etwa Verzögerungen –, die zu Kostensteigerungen führen könnten, ausgeschlossen seien, konnte der Leser dieser Passage nicht entnehmen. Zudem wird auf S. 21 deutlich hervorgehoben, dass auch hinsichtlich des „Turnkey-Vertrages“ ein Vertragserfüllungsrisiko besteht, dass bis hin zur Zahlungsunfähigkeit der Emittentin führen kann.

Die Behauptung der Musterklägerin, dass nicht darauf hingewiesen worden sei, dass SBM Strafzahlungen nur bei von ihr verschuldeten Verzögerungen schulde, trifft nicht zu, exakt dieser Hinweis (…, bei Umständen, die SBM zu verantworten hat, …“) findet sich auf S. 77, m. Sp. 3. Absatz des Prospektes.

Da schon objektiv die fraglichen Passagen nicht fehlerhaft sind, ist auch für die Annahme, dass die prospektverantwortlichen Musterbeklagten bei der entsprechenden Abfassung des Prospektes vorsätzlich und in Schädigungsabsicht gehandelt haben könnten, kein Raum.

4.)

Feststellungsziel d

…, dass der Emissionsprospekt auf S. 62 bei der Ertragsprognose von 350 Einsatztagen pro Jahr mit vollen Tageseinnahmen ausgeht, ohne dafür eine vertretbare Basis für diese Prognose anzusetzen, obgleich bei Schlechtwetter, Wartezeit, Positionierung und Dockung nur ein mindestens 10 % geringerer Tagessatz gezahlt wird, die Bonusvereinbarung mit dem Charterer bereits bei weniger als 35 Ausfalltagen greift und damit eine valide Grundlage für eine Prognose von 350 Einsatztagen fehlt und ein erheblicher Prospektfehler vorliegt durch folgende Formulierung:

„Daran anschließend liegen der Berechnung der Erlöse jeweils 350 Einsatztage pro Jahr zugrunde, d. h. es wurden regelmäßig 15 Ausfalltage pro Jahr angenommen.“

a)

Die Klägerin hält die Prognose (S. 62) von 350 Einsatztagen pro Jahr zu einer Tagescharter von $ 317.500 für unvertretbar. Der Prospekt nenne insoweit keine Erfahrungswerte und stelle daher offenbar eine Behauptung ins Blaue hinein auf. Die Prognose sei unrealistisch, da nach den Angaben auf S. 62 bei Schlechtwetter, Wartezeiten, Positionierungen und planmäßigen Dockungen nur 90 % der Charterrate zu zahlen gewesen seien.

Offenbar seien auch die Parteien des Chartervertrages von 35 Ausfalltagen pro Jahr als realistische Schätzung ausgegangen, da sonst kein Anlass bestanden haben würde, dem Charterer bei einem Ausfall von weniger als 35 Tagen pro Jahr (excl. reguläre Dockungszeiten) einen Bonus zu versprechen (S. 11).

b)

Die Musterbeklagten erwidern, dass die Klägerin schon die Angaben im Prospekt falsch verstehe: Mit „Ausfalltagen“ seien solche Tage bezeichnet, an denen überhaupt keine Vergütung erzielt werde, diese seien mit 15 Tagen realistisch geschätzt worden – dass an 350 Tagen p.a. der volle Tagessatz erzielt würde, lasse sich der Darstellung S. 62 gerade nicht entnehmen, die Tabelle S. 62 lege die Ratenreduzierungen bei Schlechtwetter pp. deutlich dar.

Die Klägerin trage hier ohne sachliche Grundlage ins Blaue hinein vor. Im Übrigen verkenne sie, dass nach dem Prospekt Dockungstage nicht als Ausfalltage zählten (S. 62, Tabelle unten rechts sowie S. 11, Fußnote 1).

Einen Bonus für geringe Ausfallzeiten habe der Charterer im Übrigen erst erzielen können, wenn während der gesamten 7-jährigen Festcharter weniger als 35 Ausfalltage entstanden wären.

c)

Auch hier ist ein Prospektfehler schon nicht dargelegt.

Aus der Darstellung S. 62 ergibt sich, dass der Vortrag der Musterbeklagten zutrifft, wonach mit „Ausfalltagen“ solche Tage gemeint sind, an denen keinerlei Vergütung erzielt wird – nur so erklärt sich, dass unmittelbar anschließend davon die Rede ist, dass je nach Einsatzfähigkeit Ratenreduzierungen möglich seien, da dies impliziert, dass mit „Ausfalltagen“ solche Tage gemeint sein müssen (nach der Tabelle S. 62: „Reparturrate“ bzw. „Warterate bei höherer Gewalt (ab Tag 61)“, an denen gar keine Erlöse erzielt werden. Damit ist der Darstellung zugleich zu entnehmen, dass neben den 15 „Ausfalltagen“ prognostisch auch noch Tage mit reduzierten Raten gem. der Tabelle S. 62 anfallen können.

Soweit die Musterklägerin rügt, dass der Prospekt hier nicht auf Erfahrungswerte Bezug nimmt, ist eben dieser Umstand für jeden Leser des Prospektes offensichtlich; dass es überhaupt Erfahrungswerte betreffend die Ausfalltage von Oil Rigs gebe, wonach die Prognose S. 62 unvertretbar sei, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Die mit Petrobras getroffene Bonusregelung lässt im Übrigen den von der Klägerin gezogenen Schluss, dass der Ansatz von nur 15 Ausfalltagen unrealistisch sei, nicht zu. Denn insoweit (ausweislich S. 63, m. Sp., 2. Absatz) werden in die Berechnung der in die sog. „Up-Time“ einzubeziehenden Tage nur Ausfalltage aufgrund technischer Mängel nicht einbezogen, d. h. eine abweichende Definition zugrunde gelegt.

Schließlich ist auf S. 15 des Prospektes sehr deutlich ausgeführt, dass negative Abweichungen von Prognosen auftreten können.

5.)

Feststellungsziel e

Der Prospekt unterlässt einen Hinweis darauf, dass die beiden Vorgängerplattformen auf derselben Werft gebaut werden sollten und mit nur geringem zeitlichen Vorlauf in Auftrag gegeben wurden und verschweigt damit das darin liegende Verzögerungsrisiko durch folgende Formulierung auf S. 6 des Verkaufsprospektes:

„Zudem wird es als letztes Rig einer Dreierserie gefertigt, sodass die Erfahrungen aus dem Bau der beiden ersten Plattformen in dem Bauprozess berücksichtigt werden können.“

a)

Die Musterklägerin bringt vor, dass Verzögerungen bei den Vorgängerplattformen zu einer auch das streitgegenständliche Rig betreffenden Kettenreaktion geführt hätten.

Dies ergebe sich aus einer von HCI und MPC stammenden (und offenbar nach März 2010 erstellten – vgl. Anl. KAP 5, Fußnote letzte Seite) Power Point-Präsentation (Anl. KAP 5), in der festgestellt werde, dass (u. a.) Verzögerungen bei dem Bau der beiden Vorgängerrigs zu einer Verschiebung des Auslieferungstermins auf den 01.01.2011 geführt hätten.

b)

Die Beklagten meinen, dass schon von vornherein bei einem Abstand von sechs Monaten zwischen den drei zu liefernden Plattformen nicht von einem nur geringen zeitlichen Vorlauf – insbesondere für das hier streitgegenständliche dritte Rig – die Rede sein könne.

Auch aus der Darstellung in Anl. KAP 5 könne nicht auf ein „angelegtes Verzögerungsrisiko“ geschlossen werden. Soweit die Bauwerft fehlendes Equipment gerügt habe, habe dies mit den anderen beiden Plattformen nichts zu tun. Ohnehin sei Anlage KAP 5 nicht beweistauglich, da sie offenkundig erst im April 2010 veröffentlicht worden sei – weit nach Prospektlegung.

Grund der Verzögerungen sei nach Kenntnis der Musterbeklagten ein Werftbrand im Mai 2009 gewesen.

c)

Erneut fehlt es schon an der schlüssigen Darstellung eines Prospektfehlers – die Musterklägerin liefert keinen zureichenden Anhaltspunkt dafür, dass bei Veröffentlichung des Prospektes die Prognose eines Ablieferungszeitpunktes 01.06.2010 (S. 6 bzw. 26 des Prospektes) nicht vertretbar gewesen wäre.

Zunächst ist unstreitig, dass SBM im Turnkey-Agreement eine Lieferung der Plattform zum 01.06.2010 zugesagt und sich bei Verzögerungen ab dem 61. Tag zur Zahlung einer Vertragsstrafe von täglich 95.000 $ (bis zu maximal ca. $ 17.550.000 – siehe S. 77 des Prospektes) verpflichtet hatte – ein Umstand, der sehr deutlich dafür spricht, dass jedenfalls das auch im Bau von Ölbohrplattformen durchaus erfahrene Unternehmen SBM bei Abschluss des Bauvertrages im Dezember 2006 davon überzeugt war, den genannten Liefertermin einhalten zu können; wovon SBM zudem auch noch deutlich später ausging, wie sich aus der Darstellung im SBM Offshore Annual Report 2008 (Anl. GvW 2, S. 47 l.Sp., 1. Absatz) (“This rig will be delivered in the first quarter of 2010“) ergibt.

Auch nach Klägervortrag lagen von Seiten SBM bei Veröffentlichung des Prospektes im Juni 2008 keine Informationen vor, die den Termin 01.06.2010 als unrealistisch erscheinen lassen mussten.

Vielmehr war im SBM Offshore Annual Report 2007 (Anl. Kap 6) angegeben, dass die Plattform Delba III „in the second quarter of 2010“ ausgeliefert werden würde. Dies bedeutete zwar gegenüber dem Report für 2006 (Anl. MK 5 aus dem Parallelverfahren 13 Kap 2/​19, mit den Parteien erörtert in der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2021) eine Verschiebung um ein Quartal, bot aber keinen Anlass für die Annahme, dass SBM den vertraglich zugesicherten Termin nicht würde halten können, zumal dieser nicht fix auf den 01.06.2010, sondern auf den „01.06.2010 zzgl. max. 60 Tage“ – Prospekt S. 77 – definiert war. Dies umso mehr, als hinsichtlich der Vorläuferplattformen DELBA I und II im SBM-Report für 2007 (aaO., Anl. MK 6, S. 33, r. Sp., 4 und 5. Absatz) dieselben Ablieferungszeitpunkte genannt wurden wie im Vorjahresreport – offenbar hatte SBM aus der maßgeblichen Sicht des Frühjahrs 2008 keinen Zweifel an der planmäßigen Ablieferung der Vorgängerrigs. Dem Vergleich dieser Reports kann also eine sich schon abzeichnende Verzögerung bei DELBA I und II gerade nicht entnommen werden.

Selbst wenn im Frühjahr 2008 entsprechend dem Klägervortrag schon Anhaltspunkte für die Verlängerung der Bauzeit bei DELBA I und II um sechs bzw. drei Monate vorgelegen haben sollten, so wäre hieraus doch ex ante nicht der Schluss auf eine erhebliche Verzögerung bei DELBA III zu ziehen gewesen – vielmehr konnte daraus weit eher der Schluss gezogen werden, dass die Verschiebung von drei Monaten für Delba III (wie ausgewiesen im SBM-Report für 2007, Anl. Kap 6) durchaus zu den beim Bau ihrer Vorläuferinnen in der Dreier-Serie gewonnenen Erfahrungen passte. Auch wenn sich damit für Delba I eine Gesamtbauzeit von 28 Monaten abgezeichnet haben sollte, so mussten die Prospektersteller hieraus doch keineswegs schließen, dass der vertraglich zugesicherte Fertigstellungszeitpunkt nicht zu halten sein würde. Vielmehr sprach gerade der Umstand, dass die mitgeteilte Verzögerung bei Delba I am längsten ausfallen sollte, dafür, dass die Fertigstellung der Baunummern 2 und 3 der Serie bereits zügiger voranschreiten könnte; lebensnah konnte angenommen werden, dass alle Beteiligten zunehmend Erfahrungen im Bau dieses Plattformtyps gesammelt hatten.

6.)

Feststellungsziel f

Der Prospekt unterlässt einen Hinweis darauf, dass hinsichtlich der beiden Vorgängerplattformen bereits in 2008 Verzögerungen hinsichtlich der Auslieferung ersichtlich waren, die zu einer Verzögerung der Auslieferung der streitgegenständlichen Plattform führen mussten und der Prospekt damit irreführend war durch folgende Formulierung auf S. 6:

„In einem Wertgutachten des auf Offshore-Geschäft spezialisierten unabhängigen Analysehauses ODS-Petrodata wird das Oil Rig – basierend auf den technischen Spezifikationen und den aktuellen Marktgegebenheiten und ohne Berücksichtigung der Charter – für den vorgesehenen Auslieferungszeitpunkt im August 2010 – mit 650 Mio. USD bewertet.“

a)

Die Klägerin bringt vor, dass sich aus SBM Annual Reports der Jahre 2007 – 2010 (Anl. Kap 6 – 9) eine kontinuierliche Verzögerung des Ablieferungstermins des Oil Rigs ergebe.

Während im Bericht für 2007 (Anl. KAP 6) für das erste Rig eine Ablieferung im 1. Quartal 2009, für das 2. im 3. Quartal 2009 und für das dritte im zweiten Quartal 2010 avisiert worden sei, werde im Report 2008 (Anl. KAP 7) für das erste Rig eine erwartete Ablieferung im dritten Quartal 2009, für das zweite im 4. Quartal 2009 berichtet.

Im Report 2009 (Anl. KAP 8) sei für das dritte Rig von einer verspäteten Lieferung im vierten Quartal 2010 in Abu Dhabi die Rede, während der Report für 2010 (Anl. KAP 9) schließlich die erste Hälfte 2011 nenne.

Damit hätten die Beklagten jedenfalls gegen die Pflicht zu einer nachträglichen Aktualisierung des Prospektes verstoßen.

b)

Auch aus den Berichten von SBM sei nicht abzuleiten, dass im Jahre 2008 bereits eine Verzögerung der Ablieferung des Rigs absehbar gewesen wäre.

Der Report aus 2008 sei ohnehin irrelevant, da er erst Mitte März 2009 veröffentlicht worden und daher bei Prospekterstellung noch nicht bekannt gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Fonds – was unstreitig ist – bereits voll ausplatziert gewesen (Schriftsatz der Musterbeklagten zu 18 vom 07.02.2020, S. 8, 2. Absatz; Bl. 495 d.A.). Tatsächlich sei auf S. 47 des Reports für 2008 (Anl. MBK4-8) für das streitgegenständliche Rig eine Ablieferung im 2. Quartal 2010 veranschlagt worden, d. h. zu dem Zeitpunkt sei man hinsichtlich der dritten Plattform noch im Plan gewesen.

c)

Auch hier ist die begehrte Feststellung nicht zu treffen.

Soweit die Musterklägerin zu diesem Feststellungsziel erneut dazu vorträgt, dass zum Veröffentlichungszeitpunkt im Juni 2008 die Prognose einer Ablieferung im Juni 2010 nach den von ihr vorgebrachten SBM-Reports nicht mehr vertretbar gewesen sei, ist ihr Vortrag unschlüssig (s. o. zu Feststellungsziel e).

Eine etwaige Nachtragspflicht ist schon nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, auch Feststellungsziel f bezieht sich zweifelsfrei auf den veröffentlichten Prospekt und nicht auf einen etwaigen Verstoß gegen eine Pflicht zur Erstellung eines Nachtrages.

Selbst wenn man dies anders sehen und zugleich annehmen wollte, dass die in den SBM-Reports für 2009 und 2010 genannten Ablieferungsdaten für die Plattform DELBA III grundsätzlich geeignet wären, eine Pflicht zur Nachprospektierung auszulösen, so wäre der Klagvortrag gleichwohl unschlüssig, da unstreitig der Fonds bei Veröffentlichung des Reports für 2009 (Anl. Kap 8) bereits vollständig ausplaziert war und diese Frage folglich für die Ausgangsverfahren nicht relevant sein kann.

7.)

Feststellungsziel g

Der Emissionsprospekt zum Beteiligungsangebot an der HCI Deep Sea Oil Explorer GmbH & Co. KG ist in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend, indem der Prospekt nicht über das erhebliche Risiko der Einstellung der Ölförderung auf dem Oil Rig bei mangelnder Rentabilität der Förderung aufgrund eines vorhersehbar sinkenden und dann sehr niedrigen Ölpreises aufgeklärt wird.

a)

Die Beigeladenen, die dieses Feststellungsziel angebracht haben, sind der Auffassung, dass der sich auf S. 24 findende Hinweis auf das Risiko einer nicht rentierlichen oder auch gar nicht zu findenden Anschlussbeschäftigung nicht ausreichend sei.

Den Musterbeklagten sei bei Prospektlegung bekannt gewesen, dass der Ölpreis in der Vergangenheit sehr starken Schwankungen unterlegen habe und daher damit zu rechnen gewesen sei, dass während der Laufzeit des Fonds der Preis unter die für eine Offshoreförderung maßgebliche Grenze der Rentabilität von $ 50/​barrel fallen werde. Auch die kommende Konkurrenz durch die fracking-Technik sei absehbar gewesen.

Auf S. 32 werde zwar die historische Entwicklung des Ölpreises dargestellt, aber verschwiegen, dass der Preis zwischen 1983 und 2005 durchweg auf einem Niveau gelegen habe, bei dem der wirtschaftliche Betrieb eines oil rigs unmöglich sein würde.

b)

Die Musterbeklagten sind der Auffassung, dass der Risikohinweis auf S. 24 vollständig ausreichend sei, zumal sich auf S. 15 auch noch der Hinweis finde, dass der Verlauf der Beteiligung von verschiedenen in der Zukunft liegenden Ereignissen abhänge, wobei exemplarisch als ein negativer Faktor eine abnehmende Nachfrage nach Öl genannt worden sei.

Entgegen der Behauptung der Beigeladenen sei ein Preisverfall auf einen unter der Rentabilitätsschwelle liegenden Wert angesichts zahlreicher vollständig ungewisser Variablen (Entwicklung des Frackings – Föderentscheidungen der OPEC – Nachfrageboom aus den BRIC-Staaten) nicht absehbar gewesen. Tatsächlich habe etwa das DIW im Jahre 2008 sogar eine Verdoppelung des Ölpreises auf $ 200/​barrel für möglich gehalten (Anl. NI 6 Bl. 656 – 659 d.A).

Die Beigeladenen argumentierten aus dem Wissenstand ex post heraus. Im Übrigen betreibe das streitgegenständliche Oil Rig keine Ölförderung, sondern allein die vom Abbau zu trennende Vorbereitungserkundung.

c)

Ein Prospektfehler liegt nicht vor.

Neben den allgemeinen Risikohinweisen auf mögliche negative Veränderungen der wirtschaftlichen Gegebenheiten (S. 15 und 24 des Prospektes) war ein expliziter Hinweis, dass ab einem bestimmten Ölpreis die Offshoreförderung nicht mehr rentabel sei, nicht erforderlich.

Unstreitig stellt der Chart S. 32 die Ölpreisentwicklung seit den 80er-Jahren zutreffend dar. Danach aber lag der Preis je Fass der Brent nur für einen kurzen Zeitraum unter der – nach Klägervortrag – Rentabilitätsschwelle der Offeshore-Förderung von $ 50/​Fass, die meiste Zeit und gerade seit den 2000er-Jahren jedoch weit oberhalb dieses Grenzwertes. Dass maßgebliche Marktteilnehmer im Jahre 2008 ein drastisches Absacken des Preises erwartet hätten, ist nicht schlüssig vorgebracht worden, vielmehr ist seitens der Nebenintervenientin Baker Tilly GmbH belegt worden, dass etwa das DIW im Frühjahr 2008 mit weiteren Preissteigerungen rechnete (Anl. NI-6).

Dass das längerfristige Absacken des Marktes unter oder doch in die Nähe die $ 50/​barrel-Marke, wie seit 2014 geschehen (vgl. https:/​/​www.finanzen.net/​rohstoffe/​ oelpreis/​chart) im Sommer 2008 vorhersehbar gewesen wäre, ist nicht ansatzweise dargelegt.

Im Übrigen hat die Klägerseite nicht substantiiert dargelegt, dass die Rentabilitätsschwelle tatsächlich – wie von ihr behauptet – bei $ 50 je Fass und nicht – wie S. 33, r. Sp., 2. Absatz des Prospektes angegeben – vielmehr schon bei $ 20/​barrel erreicht sei.

Panten Dr. Tonner Löffler
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht
Richterin
am Oberlandesgericht

Kann wegen Erkrankung nicht
unterschreiben

Panten, VRiOLG

 

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