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Hanseatisches Oberlandesgericht: Musterentscheid 14 Kap 13/16 Bankhaus Wölbern & Co. (AG & Co. KG)

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Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 14 Kap 13/16

Verkündet am 30.07.2019

Mumme, JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Beschluss

Musterentscheid

In der Sache

Brit Hartmann, Ernst-August-Straße 25, 22605 Hamburg

– Musterklägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Schirp, Neusel & Partner Rechtsanwälte mbB, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin, Gz.: 337-14/racs/kr – HOLLAND 52

gegen

1)

Sandtor Abwicklungsgesellschaft GmbH & Co. KG i. L., vertreten durch die Liquidatorin HFI Hansische Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH i. L., diese vertreten durch die Liquidatoren Olaf Hartenfels und David Müller-Freyen, Beim Strohhause 31, 20097 Hamburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Luther, Rothenbaumchaussee 20, 20148 Hamburg, Gz.: -/sch 15/93739 u. a.

2)

Hansische Treuhand GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Suzanna Artmann und Stephanie Brumberg, Palmaille 33, 22767 Hamburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Pöllath + Partners, Potsdamer Platz 5, 10785 Berlin, Gz.: 285210-0023

3)

Oldenburgische Landesbank AG, vertreten durch d. Vorstand, Stau 15 – 17, 26122 Oldenburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Koch, Bahnhofstraße 8, 26122 Oldenburg, Gz.: 0572/15-04-Z

4)

… entfallen …

– Musterbeklagte –
5)

UBS Europe SE, vertreten durch d. Vorstände Thomas Rodermann (Vorsitzender) u.a., Bockenheimer Landstraße 2-4, 60306 Frankfurt am Main

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Caemmerer, Lenz, Douglasstraße 11-15, 76133 Karlsruhe, Gz.: 1088/15 P12 P/ts

6)

Landesbank Baden-Württemberg, vertreten durch d. Vorstand, Am Hauptbahnhof 2, 70173 Stuttgart

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte White & Case LLP, Bockenheimer Landstraße 20, 60323 Frankfurt, Gz.: 7163713-0128

7)

Taunus-Sparkasse, vertreten durch d. Vorstand, Ludwig-Erhard-Anlage 6-7, 61352 Bad Homburg

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Metzger & Kollegen, Wilhelminenstraße 30, 64285 Darmstadt, Gz.: 89/15 MM06

8)

Volksbank Koblenz Mittelrhein eG, vertreten durch d. Vorstandsmitglieder Walter Müller und Stephan Breser, Rizzastraße 34, 56068 Koblenz

– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Klinge, Hess, Rheinstraße 2a, 56068 Koblenz, Gz.: K6895fr

Nebenintervenientin zu 6:
Sandtor Abwicklungsgesellschaft GmbH & Co. KG i.L., vertreten durch d. die Liquidatorin HFI Hansische Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH i.L., diese vertreten durch die Liquidatoren Olaf Hartenfels und David Müller-Freyen, Beim Strohhause 31, 20097 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Luther, Rothenbaumchaussee 20, 20148 Hamburg, Gz.: MS/bs 15/93823

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 14. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Beckmann, die Richterin am Oberlandesgericht Steinmetz und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Lohmann am 30.07.2019 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2019:

Die Feststellungsanträge zu Ziffer 1.1. bis 1.5. des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 21.11.2016 (Az. 316 OH 3/16) werden zurückgewiesen.

Die Feststellungsanträge zu den Ziffern 2 und 3 des Vorlagebeschlusses sind gegenstandslos.

Der Prozessbevollmächtigten der Musterklägerin wird für das Betreiben des Musterklageverfahrens eine besondere Gebühr nach einem Gebührensatz von 0,1 und einem Wert von 588.130,50 € bewilligt.

Gründe:

I.

Die Musterklägerin und die Beigeladenen machen als Anleger der Zweiundfünfzigsten IFH geschlossener Immobilienfonds für Holland GmbH & Co. KG (nachfolgend als Holland 52 bezeichnet) gegen die Musterbeklagten in den ausgesetzten Ausgangsverfahren Schadenersatzansprüche wegen unzutreffender Kapitalmarktinformationen geltend. Die Anleger konnten sich im Jahr 2004 mit einer Mindestzeichnungssumme in Höhe von 15.000 € zzgl. 5 % Agio an der streitgegenständlichen Fondsgesellschaft beteiligen. Der Zweck der Fondsgesellschaft liegt gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages im Erwerb sowie in der Verwaltung und Verwertung des wirtschaftlichen Eigentums an Immobilien sowie der Erbringung von Dienstleistungen.

Das Fondskonzept sah vor, dass der Fonds eine langfristig vermietete Immobilie in Holland erwirbt. Die weitere Verwertung sollte primär nach einer Laufzeit von ca. zehn Jahren durch Veräußerung erfolgen, daneben war aber auch die Möglichkeit eröffnet, das Grundstück zu halten und entweder an den bisherigen Mieter weiterzuvermieten oder einen neuen Mieter zu finden. Bei dem Objekt handelte es sich um eine Büroimmobilie in Amsterdam Zuidoost mit einer Mietfläche von 29.125 m². Das Gesamtinvestitionsvolumen belief sich auf rund 130 Millionen €, davon sollten 55 Millionen € als Eigenkapital aufgebracht werden, der Rest sollte finanziert werden, davon 56 Millionen über ein Hypothekendarlehen mit einer Laufzeit bis zum 30.9.2014. Das Gebäude war insgesamt an die niederländische ABN AMRO Bank N. V. für eine Mietvertragslaufzeit von zehn Jahren ab Übernahme (15.10.2004) zuzüglich einer Option von 5 × 5 Jahren fest vermietet. Aus den Mieteinnahmen sollten laufende Kosten für Instandhaltung, Versicherungen, Zinsen und Tilgung der aufgenommenen Fremdmittel bestritten werden. Die geplanten Einnahmeüberschüsse sollten der Bildung von Reserven und den jährlichen Ausschüttungen an die Anleger dienen. Der Fonds entwickelte sich schlecht und blieb erheblich hinter den prognostizierten Ergebnissen zurück. Die Parteien streiten darüber, ob der Prospekt, der Grundlage für die Zeichnung durch die Anleger geworden war, richtig und vollständig ist.

Die Musterbeklagte zu 1 ist Anbieterin der Beteiligung und Prospektverantwortliche. Die Musterbeklagte zu 2 ist Treuhand- und Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft. Die übrigen Musterbeklagten haben als Banken die Beteiligungen an dem streitgegenständlichen Fonds unter Verwendung des Prospektes an potentielle Anleger vertrieben.

Das Landgericht Hamburg (Az.: 316 OH 3/16) hat am 21.11. 2016 einen Vorlagebeschluss erlassen, durch den folgende Feststellungsziele vorgegeben werden:

1. Der im April 2004 herausgegebene Prospekt zur „Zweiundfünfzigste IFH geschlossener Immobilienfonds für Holland GmbH & Co. KG“ ist unrichtig und unvollständig, soweit folgende Angaben nicht oder falsch dargestellt wurden:

1.1. Es ist nicht dargestellt worden, dass durch zeitgleiches Auslaufen des Mietvertrages und des Darlehensvertrages ein Insolvenzrisiko für die Fondsgesellschaft besteht. Die diesbezüglichen Darstellungen im Prospekt sind in mehrfacher Hinsicht unzureichend, falsch und unvollständig,

a) weil der Fondsprospekt nicht ausreichend darüber aufklärt, dass eine fehlende Anschlussvermietung oder das Fehlen eines Käufers zur Versagung einer Anschlussfinanzierung und damit zur Insolvenz des Fonds führt,

b) weil der Fondsprospekt nicht darüber aufklärt, dass die Realisierung dieses Risikos selbst bei prospektgemäßem Verlauf genauso wahrscheinlich war wie der prospektierte Verlauf.

1.2. Es ist nicht dargestellt worden, dass auch bei prospektgemäßem Verlauf der Beteiligung die Fondsgesellschaft nicht über genügend Liquidität verfügt, um im Fall, dass für eine Neuvermietung Revitalisierungsaufwand erforderlich wird, die anfallenden Revitalisierungskosten zu tragen, ohne dass zuvor die Immobilie verkauft und der Kaufpreis bezahlt wird.

1.3. Es ist fehlerhaft durch den Prospekt der Gesamteindruck erweckt worden, es handele sich bei der streitgegenständlichen Beteiligung um eine sichere, risikoarme Kapitalanlage. Der Prospekt klärt unzureichend, falsch und unvollständig lediglich darüber auf, dass das Risiko einer Renditeminderung bestehe, nicht jedoch über das Risiko eines teilweisen Kapitalverlustes bzw. der Insolvenz der Fondsgesellschaft.

1.4. Der Prospekt sichert fälschlich zu, dass bei der Prospekterstellung der IDW S4-Standard eingehalten worden ist.

1.5. Es ist nicht dargestellt worden, dass zwischen dem Verkäufer und dem Mieter der Fondsimmobilie zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung bestand.

2. Die Antragsgegnerin ist im Hinblick auf die Beteiligungen an dem Fonds „Zweiundfünfzigste IFH geschlossener Immobilienfonds für Holland GmbH & Co. KG“ gegenüber den Anlegern Haftungsschuldnerin aus Prospekthaftung im weiteren Sinne.

3. Die Antragsgegnerin hat durch die Verwendung des Prospekts schuldhaft nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gehandelt.

Den Feststellungszielen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

Zu 1.1. des Vorlagebeschlusses:

Der Mietvertrag und das Hypothekendarlehen sollten nach der Fondskonzeption nahezu zeitgleich nach zehn Jahren enden.

Die Musterklägerin meint, aus dieser zeitlichen Verknüpfung der beiden Verträge würde sich ein spezielles, kumuliertes Insolvenzrisiko ergeben, über das der Prospekt habe aufklären müssen. Es fehle der konkrete Hinweis darauf, dass ohne zeitnahe Anschlussvermietung ein Verkauf der (unvermieteten) Immobilie unwahrscheinlich sei und die vorhandene Liquiditätsreserve von 1,19 Millionen € für die laufenden Kosten nur wenige Monate ausreiche. Ohne Mieter und ohne Käufer gewähre keine Bank eine Anschlussfinanzierung. Die Folge sei die Insolvenz der Fondsgesellschaft. Das gesamte Konzept habe von vornherein nur bei einer zeitnahen Anschlussvermietung und/oder einem zeitnahen Verkauf der Immobilie nach Auslaufen des Erstmietvertrages aufgehen können. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies gelingen würde, sei nicht größer gewesen als die Möglichkeit, dass dies nicht gelingen würde.

Statt entsprechende Risikohinweise zu erteilen, verharmlose der Prospekt die Gefahren für den Anleger und erwecke fehlerhaft den Eindruck, als würden alle denkbaren Szenarien im Falle von Vermietungsschwierigkeiten nach Auslaufen des Mietvertrages lediglich zu Renditeeinbußen führen, nicht jedoch die Insolvenz der Fondsgesellschaft zur Folge haben können. Die Musterklägerin weist beispielhaft auf die Ausführungen auf Seite 37 des Prospektes (Sensitivitätsanalyse), Seite 56 des Prospektes (Vermietungsrisiko) und Seite 58 des Prospektes (Wertentwicklung) hin.

Die Musterbeklagten machen demgegenüber geltend, dass sich etwa aus den Seiten 4, 8, 10, 26 und 29 des Prospektes ergebe, dass der Miet- und Darlehensvertrag nach zehn Jahren nahezu gleichzeitig enden würden. Der Prospekt müsse nicht zusätzlich und ausdrücklich wiederholen, dass die Fondsgesellschaft ohne Einnahmen aus einem Verkauf oder gegebenenfalls einer Weitervermietung bei gleichzeitig zu bedienenden Darlehensverbindlichkeiten zahlungsunfähig werden könnte. Dabei handele es sich um eine wirtschaftliche Selbstverständlichkeit, auf die nicht ausdrücklich hingewiesen werden müsse. Zum Zeitpunkt der Prospekterstellung sei ausschließlich ein allgemeines Insolvenzrisiko bei der Fondsgesellschaft ersichtlich gewesen. Der geplante Verkauf der Immobilie zum Laufzeitende habe ex ante auf im Jahr 2004 kaufmännisch vertretbaren Annahmen beruht, aus denen sich keine spezielle Risikoerhöhung ergeben habe. Die damaligen Annahmen seien erst durch die historische Krise auf dem holländischen Immobilienmarkt zunichte gemacht worden, die Folge der unvorhersehbaren weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise gewesen sei. Die Musterbeklagten weisen auf den unstreitigen Umstand hin, dass der holländische Immobilienmarkt seit 22 Jahren stetig und ungebrochen gewachsen und erst aufgrund einer Weltwirtschaftskrise historisch eingebrochen sei. Die Immobilienpreise in Holland hätten sich, wie weiter unstreitig ist, von 1985-2008 verdreifacht, an der Spitze dieser Entwicklung habe Amsterdam gestanden, in der sich die damals neu errichtete Fondsimmobilie befunden habe. Das Risiko einer fehlenden Anschlussvermietung sei im Zeitpunkt der Produktempfehlung als außerordentlich gering zu bezeichnen gewesen. Dies ergebe sich aus der guten Qualität der Immobilie, dem guten Standort sowie und insbesondere aus deren hoher Flexibilität und Erreichbarkeit.

Bestehende Risiken seien auch nicht verharmlost worden. Bereits in der „Vorbemerkung“ zu dem Kapitel „Chancen und Risiken“ sei darauf hingewiesen worden, dass Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds unternehmerisch geprägte Investitionen seien, bei denen der Chance auf eine überdurchschnittliche Vermögensmehrung im günstigsten Fall auch das Risiko eines Verlustes der eingesetzten Einlage im ungünstigsten Fall gegenüberstehe. Auf Seite 58 Weise der Prospekt zudem ausdrücklich darauf hin, dass das Risiko bestehe, dass der Verkaufspreis des Objektes nicht ausreiche, um das valutierende Fremdkapital der Gesellschaft vollständig zurückzuführen. Dadurch würde der prognostizierte Erfolg der Beteiligung nicht eintreten, sodass das Eigenkapital nicht oder nicht vollständig zurückgeführt werden könne. Auch die Behauptung, der Fonds würde insolvent, wenn nicht innerhalb einer kurzen Zeitspanne ein Nachmieter gefunden werde, sei irreführend. Diese Behauptung beruhe auf der lebensfremden Annahme, die Fondsgesellschaft würde erst nach Beendigung des Mietvertrages damit beginnen, einen neuen Mieter zu suchen. Auch die Prognose, die Immobilie könne nach zehn Jahren mit einem Gewinn veräußert werden, sei nicht zu beanstanden. Im Jahre 2004 hätten keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die spätere Vermietung und auch der spätere Verkauf nicht möglich sein würden.

Zu 1.2. des Vorlagebeschlusses:

Der Prospekt weist auf Seite 34 unter der Überschrift „Liquidationsprognose“ darauf hin, dass es bei einer Liquidation möglich sei, dass Revitalisierungsaufwendungen in Hinblick auf eine Nachvermietung oder auf die Veräußerbarkeit anfallen. Diese Kosten werden im Rahmen der Liquidationsprognose auf Seite 35 des Prospektes mit rund 5,5 Millionen € angesetzt und darauf hingewiesen, dass der Betrag zu Ausschüttungszwecken verwendet würde, soweit Revitalisierungskosten nicht anfallen würden. Höhere Revitalisierungskosten würden zu einer Reduzierung des Liquidationserlöses führen.

Weiterhin sollte entsprechend den Seiten 30 ff. des Prospektes eine Liquiditätsreserve zum Ende des 10-jährigen Kalkulationszeitraums in einer Höhe von rund 1,19 Millionen € aufgebaut werden.

Die Musterklägerin macht geltend, die Liquidationskalkulation könne nicht aufgehen. Sowohl vor einer Neuvermietung als auch vor einem Verkauf habe der angesetzte Revitalisierungsaufwand aufgebracht werden müssen. Dafür hätten aber keine ausreichenden Mittel zur Verfügung gestanden. Die Liquiditätsreserve sei zu gering und würde keinesfalls ausreichen. Dadurch würde sich sowohl eine Neuvermietung als auch der Verkauf der Immobilie als deutlich erschwert bis unmöglich erweisen. Darauf weise der Prospekt nicht hin. Die fehlenden Mittel für die erforderliche Revitalisierung könnte auch die Insolvenz des Fonds zur Folge haben. Das gesamte Fondskonzept habe nur aufgehen können, wenn der bisherige Mieter die Verlängerungsoption gezogen hätte und in den unveränderten Büroflächen verblieben wäre.

Die Musterbeklagten weisen darauf hin, dass eine Ende 2004 neu errichtete Immobilie nach zehn Jahren durchaus ohne ausführliche Renovierungsarbeiten verkäuflich sein könne. Es sei auch nicht so, dass bei einem Verkauf notwendigerweise von Verkäuferseite Revitalisierungskosten aufgebracht werden müssten. Vielmehr sei es im Gewerbeimmobilienmarkt mindestens genauso üblich, dass der Käufer die Immobilie an die Bedürfnisse des eigenen neuen Mieters anpassen wolle, den der Verkäufer gar nicht kenne. Mögliche Revitalisierungskosten würden dann vom Kaufpreis für die Immobilie abgezogen werden, ohne dass sie vom Verkäufer vorfinanziert werden müssten. Selbst wenn ausnahmsweise, etwa bei einer Vermietung an einen neuen Mieter, Revitalisierungskosten vom Fonds aufgewendet werden müssten, ließen sich diese aus der vorhandenen Liquidität bestreiten. Dafür stünde neben der Liquiditätsreserve auch der für das 10. Wirtschaftsjahr geplante Jahresüberschuss in Höhe rund 4,4 Millionen € zur Verfügung. Dass sich durch diese Verwendung des Jahresüberschusses das Bewirtschaftungsergebnis des Fonds entsprechend reduzieren würde, darauf würde auf Seite 56 des Prospektes unter dem Stichwort „Vermietung“ ausdrücklich hingewiesen. Selbst wenn Liquidität über einen Bank- (zwischen-) kredit geschöpft werden müsste, sei ein derartiger Kredit angesichts des Gesamtwertes der Immobilie und der Höhe der nach zehn Jahren noch bestehenden Bankverbindlichkeiten völlig problemlos zu erlangen.

Zu 1.3. des Vorlagebeschlusses:

Die Musterklägerin meint, der Prospekt erwecke insgesamt den fehlerhaften Eindruck, als handele es sich um eine sichere Kapitalanlage. Er lasse dabei den Eindruck entstehen, als sei realistisch nur das Risiko einer Renditeminderung, nicht jedoch das Risiko eines teilweisen oder vollständigen Kapitalverlustes.

Zwar weise der Prospekt auch auf das Risiko eines Totalverlustes hin. So heiße es etwa auf Seite 12, dass insbesondere eine Kumulation einzelner Risiken dazu führen könne, dass der Anleger die eingesetzte Einlage nicht oder nicht vollständig zurückerhalte. Auf Seite 56 werde in dem Kapitel „Chancen und Risiken“ unter der Rubrik „Vorbemerkung“ ausgeführt, Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds seien unternehmerisch geprägte Investitionen, bei denen der Chance auf eine überdurchschnittliche Vermögensmehrung im günstigsten Fall auch das Risiko eines Verlustes der eingesetzten Einlage im ungünstigsten Fall gegenüberstehe. Unter der Rubrik „Wertentwicklung“ werde auf Seite 58 des Prospektes mitgeteilt, letztendlich bestehe das Risiko, dass der Verkaufspreis des Objektes nicht ausreiche, um das valutierende Fremdkapital der Gesellschaft vollständig zurückzuführen und somit der prognostizierte Erfolg der Beteiligung nicht eintrete, so dass das Eigenkapital nicht oder nicht vollständig zurückgeführt werden könne. Diese Risikohinweise blieben jedoch abstrakt. Um welche Risiken, die zu einem Totalverlust führen könnten, es sich dabei handele, und wie wahrscheinlich das Zusammentreffen einzelner Risiken sei, werde dem Anleger nicht erklärt. Aufgrund des zehnjährigen Mietvertrages und der fest eingedeckten Finanzierung einerseits und der reduzierten Haftung andererseits sei ein Totalverlust praktisch unmöglich. Der Prospekt weise jedoch auf dieses gar nicht vorhandene Risiko hin. Dadurch werde aber der jeweils auch enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit eines Teilverlustes undeutlich und berge die Gefahr, dass dieses Risiko vom Anleger nicht ernst genommen würde. Er würde deshalb vom Anleger ebenfalls als nur rein theoretisch vorhanden verstanden werden.

Werde der Prospekt dagegen konkret, würden die dargestellten Risiken minimiert und führten lediglich zu einer Ergebnisminderung, nicht aber zu einem teilweisen oder gänzlichen Verlust der Einlage. So sei etwa auf Seite 12 des Prospektes davon die Rede, dass Grundlage sämtlicher Prognosen ein konservativer Wertansatz mit dem Ziel sei, ein möglichst optimales und ausgewogenes Verhältnis der mit der Investition verbundenen Chancen und Risiken zu erreichen. Das grundsätzlich bestehende Risiko, dass ein Mieter aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht in der Lage sei, seinen Mietverpflichtungen nachzukommen, werde durch die sehr gute Bonität des Erstmieters minimiert. Auf Seite 13 würde zu den Mieteinnahmen ausgeführt, eine geringere Preissteigerungsrate als die kalkulierte könne zu geringeren Mieteinnahmen führen, generell bestehe das Risiko, dass ein Mieter aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht in der Lage sei, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Zur Wertentwicklung des Objekts heiße es auf Seite 13, eine ungünstige Marktentwicklung und ein überplanmäßiger Kostenaufwand bei der Liquidation könnten zu einem geringeren Liquidationserlös und damit zu einer niedrigeren Ausschüttung führen. Sowohl die Liquidationsrechnung auf Seite 34 des Prospektes als auch die Sensitivitätsanalyse auf Seite 37 oder die Beschreibung der Chancen und Risiken einer Vermietung auf Seite 56 endeten nicht mit einem (Teil-) Verlust der Einlage des Anlegers, sondern lediglich mit einer Reduzierung des Gewinns. Hinzu komme, dass der Prospekt auf Seite 14 und 15 die Erfahrung des Bankhauses Wölbern hervorhebe und als erfolgreichen Marktführer anpreise, der ganz besonders strenge Kriterien anlege, wenn es um den Ankauf neuer Objekte und die Erstellung von Fondskonzepten gehe. Soweit Risiken konkret dargestellt würden, vermittele der Prospekt daher den Eindruck, es handele sich um eine sichere Kapitalanlage, bei der im negativen Fall lediglich mit einer Reduktion des Bewirtschaftungsergebnisses zu rechnen sei. Das Risiko von gänzlichen oder teilweisen Verlusten sei dagegen nur ein abstraktes und daher von den Anlegern nicht ernst zu nehmendes.

Die Musterbeklagten halten die gegebenen Risikohinweise für ausreichend und zutreffend und insbesondere nicht für irreführend. Unstreitig würden die im Prospekt angeführten Umstände hinsichtlich der Erfahrung des Bankhauses Wölbern und der Auswahl der Immobilie und des Mieters zu einer Risikominderung führen. Auf der anderen Seite sei jedem Anleger klar, dass die zu leistenden Darlehensraten aus Mietzahlungen des einzigen Mieters finanziert werden sollten und was ausbleibende Mietzahlungen für den Fonds und damit den wirtschaftlichen Erfolg der Anlage und das Schicksal der Einlage der Gesellschafter bedeuten würden. Darauf zielten die Hinweise im Prospekt ab, mit denen ein teilweiser oder gänzlicher Verlust der Einlage als nicht ausgeschlossen dargestellt worden sei. Vor diesem Hintergrund könne kein Anleger den Eindruck gewinnen, es bestehe nur das Risiko einer Renditeminderung, nicht aber das Risiko eines (Teil-) Verlustes seiner Zeichnungssumme.

Daneben weisen die Musterbeklagten darauf hin, dass bei einem nur teilweise fremdfinanzierten Immobilienfonds wie dem vorliegenden mit einer Fremdkapitalquote von etwa 50 % ein Totalverlustrisiko so gut wie ausgeschlossen sei.

Zu 1.4. des Vorlagebeschlusses:

Die Musterklägerin rügt, der Prospekt sichere fälschlich zu, dass bei der Prospekterstellung der IDW S4-Standard eingehalten worden sei.

Der Prospekt enthält auf Seite 9 folgenden Hinweis:

„IDW-Standard

Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) hat im September 2000 seine Berufsauffassung in Bezug auf den Inhalt von Prospekten verabschiedet. Dieser IDW-Standard S4 ist Grundlage für die Beurteilung von Beteiligungsangeboten in Prospektgutachten und wird auch für die Prospektierung von Holland 52 angewendet.“

Auf Seite 10 des Prospektes ist am Ende der „Checkliste“ aufgeführt:

„IDW-Standard S4. ………….…. ja.“

Die Musterklägerin meint, diese Prospektaussage, die insbesondere der Vertrauenswerbung der Anleger diene, sei falsch. Der Prospekt verletze den IDW S4 in genau den Aspekten, die dieser Standard zur Beurteilung der Risiken einer Kapitalanlage für wesentlich erachte. Die Verletzung des IDW-Standards sei hier ein eigenständiger Prospektfehler, weil die Einhaltung dieses Standards dem potentiellen Anleger als Grundlage des Prospektes zugesagt worden sei. Im Einzelnen rügt die Klägerin die Verletzung des IDW S4-Standards im Hinblick auf die Prognoserechnung, die Risikodarstellung und die Sensitivitätsanalyse:

Die Prognoserechnung im Prospekt ende mit dem 31. Dezember 2014, der Mietvertrag ende am 15. Oktober 2014, der Darlehensvertrag am 30.9.2014. Damit ende im Jahr 2014 jegliche Einnahmen- und Ausgabensicherheit, die zuvor vorhanden gewesen sei. Diese Darstellung halte die Vorgaben des IDW S4, II. 3 (19) nicht ein. Danach dürfe der Prognosezeitraum nicht willkürlich gewählt werden und müsse daher in Fällen, in denen die Prognose durch zeitlich begrenzte Einflussfaktoren wesentlich geprägt sei (z. B. Sonderabschreibungen, Investitionszuschüsse, Mietgarantien, gesicherte Mieteinnahmen, Zinsfestschreibung etc.), auch die Folgeperiode in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen noch darstellen. Dies sei hier nicht geschehen. In den Erläuterungen zur Prognoserechnung würde nicht darauf hingewiesen werden, dass nach Auslaufen der Mietverträge 2014 mit nahtloser Anschlussvermietung gerechnet werde. Fehlerhaft heiße es dort, Grundlage der unterstellten Mieterträge sei der abgeschlossene Mietvertrag. Es fehle jeglicher Hinweis, dass die prognostizierten Mieteinnahmen des letzten Quartals 2014 keine vertragliche Grundlage mehr hätten. Es habe nicht garantiert werden können, dass für das letzte Quartal 2014 ein Mietvertrag bestehen würde. Es werde nicht zwischen gesicherten und ungesicherten Einnahmen unterschieden, die notwendig dargestellte Folgeperiode werde verschwiegen.

Hinsichtlich der Risikodarstellung verlange der IDW S4-Standard die Beschreibung des den Anleger bei einem Misserfolg treffenden maximalen Risikos, dabei seien realistische, nicht völlig unwahrscheinliche Geschehensabläufe zu unterstellen. Die Risiken seien zu gewichten. Diese Anforderungen erfülle der Prospekt nicht, weil das Auslaufen der Mietverträge nach zehn Jahren bei Prospektherausgabe ebenso wahrscheinlich gewesen sei wie die Mietvertragsverlängerung durch die ursprünglichen Mieter. Der Prospekt nehme keinerlei Gewichtung vor.

Hinsichtlich der Sensitivitätsanalyse empfehle der IDW S4-Standard eine Verdeutlichung der Auswirkungen von Veränderungen wesentlicher Parameter, wenn die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage von verschiedenen Parametern abhänge. Dabei sei eine Gewichtung nach der Einschätzung der Wahrscheinlichkeit durch den Initiator unter Einbeziehung der denkbar ungünstigsten Entwicklung geboten. Daran fehle es hier. Die Sensitivitätsanalyse im Prospekt unterstelle wie alle anderen Berechnungen nur den Verkaufsfall. Sie unterstelle ferner eine nahtlose Anschlussvermietung. Zeitlich befasse sich die Sensitivitätsanalyse mit einem Zeitraum von zehn Jahren. Im Hinblick auf die Anschlussvermietung würden überhaupt keine Alternativen dargestellt, die Berechnungen im Prospekt erweckten den Eindruck, die Mietvertragsverlängerung sei gewiss, und zwar nahtlos und zu den Konditionen des ursprünglichen Mietvertrages. Dabei sei von vornherein ebenso wahrscheinlich gewesen, dass der Mieter nach zehn Jahren seinen Mietvertrag nicht verlängere und keine nahtlose Anschlussvermietung erfolge.

Die Musterbeklagten machen geltend:

Es brauche nicht geklärt zu werden, ob tatsächlich ein Verstoß gegen die IDW-Standards vorliege. Denn ein derartiger Verstoß würde jedenfalls keinen Prospektfehler begründen. Ein Emissionsprospekt müsse einen Anleger nur über diejenigen Umstände sachlich richtig und vollständig unterrichten, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung seien oder sein könnten. Solche wesentlichen Umstände seien insbesondere die Eigenschaften des Anlageobjekts, die auf seinen Wert bzw. seine Werthaltigkeit Einfluss hätten, oder die Risiken, die mit der Anlage verbunden seien. Nur die falsche oder unvollständige Information bezüglich derartiger Umstände würde einen Prospektfehler begründen. Nach welchen Standards der Prospekt erstellt sei, spiele weder für einen Anleger im Allgemeinen eine Rolle noch habe die Beachtung des IDW-Standards Auswirkungen auf die Sicherheit oder Werthaltigkeit der Fondsbeteiligung selbst.

Im Übrigen halte der Prospekt den IDW S4-Standard auch ein.

Der Prognosezeitraum sei zu zutreffend gewählt. Er reiche bis zum Ende der prognostizierten Fondslaufzeit, zu dem die Immobilie planmäßig habe veräußert und die Gesellschaft liquidiert werden sollen. Für das Jahr 2014 habe ab Mitte Oktober 2014 nicht differenziert werden müssen. Der Zeitraum vom voraussichtlichen Auslaufen des Mietvertrages bis zum Prognoseende 2014 sei so kurz, dass er wirtschaftlich nicht ins Gewicht falle. Die Mieteinnahmen für die letzten zweieinhalb Monate des Jahres 2014 stellten lediglich einen zu vernachlässigenden Bruchteil der über die Fondslaufzeit von zehn Jahren insgesamt kalkulierten Mieteinnahmen dar. Wie die Mieteinnahmen seien auch sämtliche Ausgaben für das Gesamtjahr 2014 hochgerechnet worden. Letztlich gehe es – insoweit unstreitig – lediglich um Mieteinnahmen in einer Höhe von allenfalls 221.885,10 €, was angesichts der Gesamtinvestitionen sowohl für den Fonds als auch für die Ausschüttungen der Anleger ohne Belang sei. Ein gesonderter Hinweis auf eine mögliche Zäsur im Oktober 2014 sei deshalb bereits wegen fehlender nominaler Relevanz entbehrlich.

Alle hypothetischen Abweichungen von einer für 10 Jahre erstellten Prognose könne kein Prospekt darstellen oder gar prognostizieren. Der Prospekt enthalte eine Liquidationsprognose zu den erwarteten Ergebnissen aus dem Verkauf und weise auf die Gefahr hin, dass die Verkaufsbemühungen scheitern könnten oder unter Umständen zum Laufzeitende neue Mieter gefunden werden müssten. Ohnehin sei eine Prognoserechnung, die einen Zeitraum von zehn Jahren abdecke, mehr als ausreichend und langfristig. Für den Anschlusszeitraum könne ein Anleger realistischerweise keine sinnvolle und belastbare Prognose erwarten. Im Übrigen weise der Prospekt auch auf die Unwägbarkeiten hin, die sich mit Ablauf des Prognosezeitraums verwirklichen könnten.

Ebenso liege auch keine Verletzung des IDW S4-Standards bei der Risikodarstellung vor. Sowohl die grundsätzlichen Risiken als auch ihre Gewichtung würden im Prospekt mitgeteilt.

Hinsichtlich der Sensitivitätsanalyse sehe der IDW S4-Standard bereits nicht vor, dass ein Prospekt überhaupt eine Sensitivitätsanalyse enthalten müsse. Diese Analyse sei optional. Dennoch versuche der Prospekt, vorhersehbare Negativabweichungen im Rahmen der Sensitivitätsanalyse durchzuspielen. Der Prospekt weise ausdrücklich darauf hin, dass der wirtschaftliche Erfolg der Anlage durch Veränderungen bei der Anschlussvermietung verändert werden könne. Die Sensitivitätsanalyse habe nicht alle Szenarien erschöpfend darstellen und 10 Jahre im Voraus prognostizieren können. Dies sei unmöglich und auch nicht notwendig. Das von der Musterbeklagten zu 2 auszugsweise vorgelegte Prospektgutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst und Young zum streitgegenständlichen Prospekt bestätige ausdrücklich, dass die Prospektdarstellungen den IDW S4-Standard vollständig erfüllen würden. Im Übrigen sei der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass kein Anleger wegen der Prospektangabe „IDW-Standard S4: ja“ mehrere 10.000 € in einen Immobilienfonds mit unternehmerischem Teilverlustrisiko investiere. Die Musterklägerin kenne diesen Standard und dessen Inhalt gar nicht.

Zu 1.5. des Vorlagebeschlusses:

Die Musterklägerin meint unter Berufung auf BGH III ZR 66/13 vom 31.10.2013, der Prospekt habe eine zwischen dem Verkäufer und dem Mieter der Büroimmobilie zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe bestehende Verflechtung darstellen müssen. Das niederländische Unternehmen, das die Büroimmobilie an die streitgegenständliche Fondsgesellschaft im Jahre 2004 verkauft habe, habe der (späteren) Mieterin der Immobilie gehört. Diese Verflechtung habe zu einer Interessenkollision geführt, weil sowohl die Verkäuferin als auch die Mieterin dem gleichen Konzern angehört hätten und damit übergreifend gleiche Interessen verfolgt hätten. In dieser Konstellation sei es nicht unwahrscheinlich, dass einzelne Vertragsaspekte im Rahmen des Konzernverbundes vertragsuntypisch verlagert worden seien.

Die Musterbeklagten machen übereinstimmend geltend, dass eine mögliche gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen Verkäufer und Mieter irrelevant sei. Ein Prospekt müsse nicht über Verflechtungen aufklären, die nicht die Fondsgesellschaft selbst beträfen, sondern nur zwischen außenstehenden Dritten bestünden. Ein Interessenskonflikt, der zu Lasten der Anleger gelöst werden könnte, liege weder vor noch würde er von der Musterklägerin konkret bezeichnet werden. Vielmehr sei es so gewesen, dass Verkäufer und Mieter der Fondsgesellschaft als fremde Vertragspartner gegenüber gestanden hätten und so ein Interessenkonflikt zum Nachteil der Fondsgesellschaft bereits strukturell ausgeschlossen gewesen sei.

Zu 2. des Vorlagebeschlusses:

Die Musterklägerin macht geltend, die Musterbeklagte zu 1 und 2 hafteten aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, und zwar als Gründungsgesellschafter bzw. als Generalemittent. Aus dieser Stellung ergäben sich umfassende Aufklärungspflichten über die Kapitalanlage, die wegen der unrichtigen bzw. unterbliebenen Informationen im Prospekt verletzt worden seien. Die Musterbeklagten zu 3 und 5 hafteten aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sowie aufgrund der Verletzung ihrer Pflichten aus dem Anlagevertrag. Bei banküblicher Sorgfalt seien die Prospektfehler erkennbar gewesen.

Die Musterbeklagten tragen vor, eine Haftung entfiele schon deshalb, weil die gerügten Prospektfehler nicht vorliegen würden. Soweit die Musterklägerin eine Verletzung des Anlageberatungsvertrages behaupte, sei dies schon kein zulässiges Feststellungsziel im KapMuG-Verfahren.

Zu 3. des Vorlagebeschlusses:

Die Musterklägerin trägt vor, die Musterbeklagten hätten auch schuldhaft gehandelt. Dies werde gem. § 280 Absatz 1 BGB vermutet.

Die Musterbeklagten bestreiten ein Verschulden und meinen, das Verschulden könne ohnehin kein Feststellungsziel eines Musterverfahrens sein.

II.

Die Feststellungsanträge zu Ziffern 1.1. bis 1.5. des Vorlagebeschlusses sind als unbegründet zurückzuweisen, die Feststellungsanträge zu 2 und 3 sind gegenstandslos.

Zu 1.1. des Vorlagebeschlusses:

Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Wie die Musterklägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 5.7.2019 nochmals klargestellt hat, geht die Stoßrichtung ihrer Kritik an dem Prospekt dahin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Mietvertrag verlängert oder ein neuer Mieter gefunden wird, genauso groß sei wie die Wahrscheinlichkeit, dass dies nicht der Fall ist. Ohne Mieter drohe dem Fonds die Insolvenz. In Eigenregie könne das Objekt vom Fonds nicht weiterbetrieben werden, weil sich eine Bank ohne den Nachweis entsprechender Mieteinnahmen nicht auf eine Anschlussfinanzierung einlassen würde. Eine Veräußerung ohne einen festen Mieter sei bei Gewerbeimmobilien aber – wenn überhaupt – nur mit erheblichen Verlusten möglich. Auf das sich daraus ergebende spezielle Insolvenzrisiko habe hingewiesen werden müssen

Diese Überlegungen überzeugen nicht.

Der Prospekt musste nicht, wie unter 1.1. a) beantragt, gesondert darauf hinweisen, dass eine fehlende Anschlussvermietung oder das Fehlen eines Käufers im Ergebnis zur Insolvenz des Fonds führen würde.

Zunächst einmal ist jedermann klar, dass dann, wenn auf der einen Seite ein Darlehen bedient werden muss und auf der anderen Seite keine Einnahmen durch Vermietung oder Veräußerung des Objekts erzielt werden können, der Fonds insolvent wird. Darauf musste nicht gesondert hingewiesen werden, weil durch die Miet- und Veräußerungseinnahmen das aufgenommene Fremdkapital zurückgeführt und den Anlegern ihre Einlage einschließlich eines Gewinns zurückerstattet werden sollte. Darin besteht das ganz offensichtliche Fondskonzept.

Das zeitliche Zusammenfallen der Beendigung des Miet- und Darlehensvertrages erhöht dieses allgemein bestehende Insolvenzrisiko nicht. Wenn die beiden Verträge zeitlich entkoppelt worden wären, das Mietvertragsende also auf die Zeit vor oder nach dem Laufzeitende des Darlehensvertrages gelegt worden wäre, hätte das identische Risiko bestanden, dass ausreichende Einnahmen generiert werden mussten, um das laufende Darlehen zu tilgen oder zu bedienen. Wäre dies mangels Mieters nicht gelungen, hätte die finanzierende Bank ein laufendes Darlehen fällig gestellt, wenn keine begründete Aussicht auf Besserung der Einnahmesituation bestanden hätte. Es macht keinen relevanten Unterschied, ob der Darlehensbetrag bereits wegen Zeitablaufs zur Rückzahlung fällig ist und die Bank von einer Neufinanzierung Abstand nimmt und zur Verwertung der Immobilie schreitet, weil dem Darlehensnehmer eine Neuvermietung zu ausreichenden Konditionen nicht möglich ist, oder ob die Bank das noch laufende Darlehen, das nach Mietvertragsende wegen fehlender Mieteinnahmen nicht bedient werden kann, kündigt, weil mangels aussichtsreicher Neuvermietung keine Chance auf eine durchgreifende Besserung der Situation besteht. Es gibt kein spezielles, aus der zeitlichen Verknüpfung von Miet- und Darlehensvertrag entstehendes zusätzliches Risiko.

Eine zeitliche Verknüpfung von Miet- und Darlehensvertrag war hier im Übrigen auch schon sachlich geboten. Die favorisierte Verwertungsvariante war die Veräußerung des Grundstücks nach 10 Jahren Laufzeit. Wären nicht beide Verträge zeitlich aufeinander abgestimmt worden, wäre entweder bei länger laufendem Darlehensvertrag eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen gewesen oder bei länger laufendem Mietvertrag der Kreis der potentiellen Erwerber, die entweder selbst nutzen oder an selbst ausgesuchte Mieter vermieten wollten, erheblich eingeschränkt gewesen. Die zeitliche Verknüpfung von Miet- und Darlehensvertrag war deshalb eine logische Folge des sich aus dem Prospekt ohne weiteres ergebenden Fondskonzepts, eine fehlende Verknüpfung wäre ein Konstruktionsfehler gewesen.

Der Prospekt verharmlost das Insolvenzrisiko auch nicht. Er weist zunächst einmal auf den Seiten 12 („Chancen und Risiken“, „Vorbemerkung“) und 56 („Vorbemerkung“) in allgemeiner Form darauf hin, dass die bestehenden Risiken dazu führen könnten, dass der Anleger die eingesetzte Einlage nicht oder nicht vollständig zurückerhält. Auf Seite 56 befasst sich der Prospekt in der Überschrift „Vermietung“ speziell mit dem Risiko, dass die Neuvermietung nur zu einem niedrigeren Mietzins durchgeführt werden könnte und dass dies zu einer Reduzierung des Bewirtschaftungsergebnisses der Fondsgesellschaft, also Einnahmeverlusten führen würde. Mit dieser Aussage wird das Risiko, dass völlig unzureichende oder ganz ausbleibende Mieteinnahmen zur Insolvenz des Fonds führen können, nicht verharmlost oder ausgeschlossen. Diesen naheliegenden Schluss wird ein verständiger Anleger im Sinne eines Erstrecht-Schlusses ohne weiteres selbst ziehen. Es wird auch nicht suggeriert, der „worst case““ sei eine Neuvermietung zu schlechteren, aber noch ausreichenden Konditionen. Es ist jedermann klar, dass eine Neuvermietung zu unzureichenden Konditionen oder das Scheitern einer Neuvermietung überhaupt nicht ausgeschlossen werden können und die Insolvenz des Fonds nach sich ziehen. Auf Seite 58 unter der Rubrik „Wertentwicklung“ wird schließlich dargestellt, dass letztendlich das Risiko bestehe, dass der Verkaufspreis des Objektes nicht ausreiche, um das valutierende Fremdkapital der Gesellschaft vollständig zurückzuführen, so dass das Eigenkapital nicht oder nicht vollständig zurückgeführt werden könne. Der Anleger weiß somit, dass niedrigere Mieteinnahmen als prognostiziert oder ein niedrigerer Veräußerungserlös einen negativen Einfluss auf die Höhe der Einlagenrückzahlung haben können. Dies stellt keine Verharmlosung des allgemein bestehenden Insolvenzrisikos dar, sondern macht dieses Risiko zusätzlich deutlich.

Die unter b) begehrte Feststellung, die Realisierung des Insolvenzrisikos nach Auslaufen des Miet- und Darlehensvertrages sei selbst bei prospektgemäßem Verlauf genauso wahrscheinlich wie der prospektierte Verlauf, ist ebenfalls nicht zu treffen. Es ist nicht entscheidungserheblich, ob die gleiche Wahrscheinlichkeit für eine Insolvenz des Fonds oder sein Gelingen sprach. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Prognose des Gelingens auf zutreffenden Tatsachen gründete und vertretbar war. Das war hier der Fall. Die Prognose knüpft an den langjährigen beständigen Wertzuwachs gleichartiger Immobilien, den Bedarf an Büroraum sowie den Umstand an, dass sich der bisherige Mieter eine ausdrückliche Verlängerungsoption über die fest vereinbarten 10 Jahre hinaus hat einräumen lassen. Bei dieser (unstreitigen) Ausgangslage ist die Annahme nicht unvertretbar, zum Laufzeitende des Miet- und Darlehensvertrages werde sich entweder ein solventer Mieter finden lassen oder das Objekt werde zu ausreichenden Bedingungen veräußert werden können. Für das Gegenteil hat die Musterklägerin keine Anhaltspunkte vorgetragen, sondern lediglich spekuliert, mit welcher Wahrscheinlichkeit möglicherweise kein Nachmieter gefunden würde.

Zu 1.2. des Vorlagebeschlusses:

Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Die Musterklägerin versucht, einen Fehler des Fondskonzepts zu konstruieren, der in Wirklichkeit gar nicht besteht. Es ist nicht so, dass vorhersehbare und notwendig entstehende Liquiditätsprobleme eine Neuvermietung oder einen Verkauf zu angemessenen Bedingungen erschweren oder sogar unmöglich machen würden und dass das Konzept des Fonds nur aufgehen konnte, wenn der bisherige Mieter den abgeschlossenen Mietvertrag über die eingegangenen zehn Jahre hinaus verlängern würde. Zu recht weisen die Musterbeklagten darauf hin, dass die erforderliche Liquidität für einen Revitalisierungsaufwand, soweit er überhaupt von dem Fonds vorfinanziert werden müsste, den vorhandenen Mitteln, nämlich der Liquiditätsreserve und dem Jahresüberschuss für das laufende Wirtschaftsjahr, entnommen werden könnte. Schließlich bestünde auch ohne weiteres die Möglichkeit, die nötige Liquidität über ein Darlehen zu generieren. Die Relevanz von aufzuwendenden Revitalisierungskosten für das wirtschaftliche Ergebnis des Fonds ergibt sich deutlich aus den Seiten 34 f. (Veräußerung des Objektes) und 56 (Neuvermietung) des Prospektes, dürfte aber auch ohne diese Prospekthinweise auf der Hand liegen.

Zu 1.3. des Vorlagebeschlusses:

Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Das Kernrisiko, dass weder ausreichende Mieteinnahmen noch ein ausreichender Veräußerungserlös erzielt werden können, die für die Deckung der Ausgaben, insbesondere für die Rückführung der aufgenommenen Darlehen, erforderlich sind, brauchte im Prospekt nicht näher beschrieben zu werden, als dies geschehen ist. Der Prospekt beschreibt das diesbezügliche Verlust- und Teilverlustrisiko auf den Seiten 12, 56 und 58 hinreichend. Dieses Risiko war für jeden Anleger im Übrigen schon ohne jede nähere Darstellung offenbar. Die Grundrisiken werden auch nicht in unzulässiger Weise relativiert. Auf die Ausführungen zu 1.1. des Vorlagebeschlusses wird verwiesen. Soweit im Prospekt auf eine mögliche Minderung des Bewirtschaftungsergebnisses durch niedrigere Folgemieten bei Neuvermietung hingewiesen wird (Seite 56 des Prospekts), ohne zugleich an derselben Stelle auch das Insolvenzrisiko zu erwähnen, ist dies keine irreführende Verharmlosung. Zum einen umfasst der Hinweis auf eine mögliche Minderung des Bewirtschaftungsergebnisses auch ein Bewirtschaftungsergebnis, das nicht mehr kostendeckend ist und auf absehbare Zeit in die Insolvenz führt. Zum anderen aber ist es ausgesprochen fernliegend, dass nach dem Auslaufen des ursprünglichen Miet- und Darlehensvertrags ein neuer Mietvertrag abgeschlossen wird, aus dem nicht einmal mehr die Kosten und das Darlehen bestritten werden können. In einem solchen Fall würde sich nämlich das offen ersichtliche Grundrisiko verwirklichen, dass die Bank den zeitgleich abgelaufenen Darlehensvertrag nicht neu abschließt und das Objekt veräußert werden muss. Der Prospekt gewichtet die bestehenden Risiken zutreffend, ohne aber das bestehende Restrisiko eines teilweisen oder gänzlichen Verlustes der Einlage in Abrede zu stellen. Dass es sich bei der Berechnung des prognostizierten Liquidationserlöses oder der Sensitivitätsanalyse lediglich um nicht als abschließend zu verstehende Beispielsrechnungen handelt, ist ebenfalls offensichtlich. Schließlich ergibt sich auch aus dem Hinweis auf die unstreitige Kompetenz des Bankhauses Wölbern bei der Auflegung und Durchführung von Immobilienfonds keine unzulässige Verharmlosung des von den Anlegern eingegangenen Grundrisikos. Denn Erfahrung und Kompetenz des Initiators mindern die Gefahr eines Scheiterns eines Fonds in der Tat nicht unwesentlich.

Zu 1.4. des Vorlagebeschlusses:

Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Die Musterklägerin will festgestellt wissen, dass bei der Prospekterstellung der IDW S4-Standard nicht eingehalten worden ist, obwohl der Prospekt das Gegenteil verlautbart.

a) Sie macht in erster Linie geltend, die Darstellung im Prospekt entspreche nicht diesem Standard; dass die Kapitalanlage materiell einer Prüfung nach diesem Standard unterzogen worden ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Eine derartige Feststellung, die auf die Art und Weise der Gestaltung des Prospekts und nicht auf unrichtige oder fehlende Informationen über die Kapitalanlage selbst bezogen ist, kann im Verfahren nach dem KapMuG in zulässiger Weise nicht getroffen werden. Der Anwendungsbereich des Verfahrens nach dem KapMuG ergibt sich aus § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes. Danach ist das KapMuG u.a. anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen 1. ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation, oder 2. ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, geltend gemacht wird. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KapMuG sind öffentliche Kapitalmarktinformationen Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen. Der Schadensersatzanspruch muss mithin entweder mit der Verwendung unzutreffender Unternehmensdaten oder der Unterlassung der Mitteilung relevanter Unternehmensdaten begründet werden, wobei der Begriff der Unternehmensdaten sicherlich weit zu fassen sein dürfte und etwa auch subjektive Einschätzungen und Prognosen umfasst. Wird allerdings ein Anspruch aus anderen Umständen hergeleitet, ist der Anwendungsbereich des KapMuG nicht eröffnet.

So liegt es hier. Behauptet ein Prospekt fälschlicherweise, entsprechend dem IDW S4-Standard erstellt zu sein, liegt möglicherweise eine falsche oder irreführende Information über den Prospekt selbst und die Kriterien, nach denen er erstellt worden ist, vor. Eine Aussage über die Anlage selbst, insbesondere über die mit ihr verbundenen Chancen und Risiken, wird damit allerdings noch nicht getroffen. Die Fehlinformation bezieht sich nicht auf „sonstige Unternehmensdaten“ im Sinne des § 1 Abs. 2 KapMuG, sondern lediglich auf den Prospekt selbst.

b) Feststellungsfähig wäre, dass der Prospekt zu Unrecht einzelne, von der Musterklägerin benannte aufklärungspflichtige Angaben unzutreffend oder gar nicht darstellt. Auf die Frage, dass damit zugleich auch der IDW S4-Standard verletzt wird, kommt es dabei allerdings nicht unmittelbar an. Der IDW S4-Standard mag einen Fingerzeig enthalten, welche Angaben in einem Prospekt enthalten sein sollten und in welcher Form dies geschehen sollte. Es handelt sich bei diesem Standard allerdings weder um eine gesetzliche Norm, noch ist es so, dass jeder Verstoß gegen diesen Standard automatisch zu einer Unrichtigkeit des Prospekts im Sinne einer unzutreffenden Kapitalmarktinformation führt.

Daneben wäre feststellungsfähig, dass die Kapitalanlage nicht die IDW S4-Standards erfüllt, obwohl der Prospekt dies behauptet.

Im vorliegenden Fall hat die Musterklägerin derartige Mängel aber nicht dargelegt.

aa) Für Prognosen stellt der IDW S4, II.3 (19) folgende Anforderungen auf:

„Der Prognosezeitraum darf insbesondere nicht willkürlich gewählt werden und muss daher in Fällen, in denen die Prognose durch zeitlich begrenzte Einflussfaktoren wesentlich geprägt wird (z. B. Sonderabschreibungen, Investitionszuschüsse, Mietgarantien, gesicherte Mieteinnahmen, Zinsfestschreibung etc.), auch die Folgeperiode in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen noch darstellen.“

Diese Anforderungen erfüllt der Prospekt. So ist insbesondere der Prognosezeitraum von zehn Jahren zutreffend gewählt, weil die gesamte Kapitalanlage primär auf diesen Zeitraum ausgerichtet war und bei normalem Verlauf der Dinge eine Veräußerung des Grundstücks als primäre Lösung ins Auge gefasst war. Nicht nur wegen der Länge des ohnehin schon erfassten Zeitraums, sondern auch wegen der Vielfältigkeit der sekundären Alternativen (Weitervermietung an denselben Mieter, Neuvermietung an einen anderen Mieter, Revitalisierung und Umbau ja oder nein) waren Prognosen für den Anschlusszeitraum weder erforderlich noch seriös erstellbar. Die von der Musterklägerin gerügte Ungenauigkeit des prognostizierten Betriebsergebnisses hinsichtlich der letzten 2 Monate des 10. Wirtschaftsjahres stellt eine Bagatelle dar, aus der sich für den Anleger ein wesentliches und damit mitteilungspflichtiges Risiko nicht ergeben kann.

bb) Hinsichtlich der Risiken einer Kapitalanlage verlangt der bei Prospektherausgabe geltende IDW S4-Standard Folgendes:

„Das den Anleger bei einem Misserfolg treffenden maximale Risiko ist in seiner Größenordnung zu beschreiben. Dabei ist nicht von rein theoretischen Annahmen auszugehen; vielmehr sind realistische, nicht völlig unwahrscheinliche Geschehensabläufe zu unterstellen. Die für den Anleger relevanten Risiken sind nicht nur aufzulisten, sondern auch zu gewichten, um die die Kapitalanlage kennzeichnenden Risiken zu verdeutlichen. Entsprechendes gilt für die Darstellung der mit der Kapitalanlage verbundenen Chancen.“

Diese Anforderungen erfüllt der Prospekt. Auf das zu 1.1. bis 1.3. Gesagte wird verwiesen.

cc) Im Hinblick auf die Sensitivitätsanalyse verlangt der IDW S4-Standard II. 3 (19) Folgendes:

„Hängt die Wirtschaftlichkeit der Kapitalanlage von verschiedenen Parametern ab, über deren Entwicklung unterschiedliche Annahmen getroffen werden können, empfiehlt es sich, dem Anleger durch eine Sensitivitätsanalyse zu verdeutlichen, welche Auswirkungen die Veränderung wesentlicher Parameter auf die Entwicklung der Kapitalanlage haben kann. Es ist dabei auch darauf einzugehen wie wahrscheinlich die jeweilig unterstellten Szenarien sind (Gewichtung). D.h. eine solche Prognose soll zeigen, welche Zukunftsentwicklungen im Lichte des aktuellen Wissensbestandes möglich sind und für wie wahrscheinlich der Initiator das Eintreten der verschiedenen Szenarien unter Einbeziehung der denkbar ungünstigsten Entwicklung (worst case) einstuft.“

Danach kritisiert die Musterklägerin auch zu Unrecht die Darstellung der nach dem IDW S4-Standard ohnehin fakultativen Sensitivitätsanalyse im Prospekt. Seite 37 des Prospekts führt einzelne Parameter, nämlich die Inflationsrate, die Instandhaltungskosten und die Bewirtschaftungskosten auf, gewichtet sie und befasst sich auch mit ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit. Die Ergebnisrelevanz einer Veränderung des Verkaufspreises wird auf Seiten 34 f. des Prospektes ausführlich dargelegt, auf Seite 58 wird dieser Aspekt nochmals aufgegriffen und als „worst case“ unter der Rubrik „Chancen und Risiken“ darauf hingewiesen, dass das Eigenkapital nicht oder nicht vollständig zurückgeführt werden könnte, wenn der Verkaufspreis nicht ausreiche, um das valutierende Fremdkapital zurückzuführen. Das Vermietungsrisiko und der Einfluss auf das Bewirtschaftungsergebnis wird ebenfalls unter der Rubrik „Chancen und Risiken“ erläutert. Nähere Angaben zu den beiden zuletzt genannten Punkten waren weder erforderlich noch möglich, weil die potentiellen Variationen einerseits kaum eingrenzbar waren, auf der anderen Seite die zentrale Relevanz der Vermietung und des Verkaufspreises für jedermann ohnehin auf der Hand lag.

Zu 1.5. des Vorlagebeschlusses:

Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

Der Prospekt musste nicht darüber aufklären, dass zwischen dem Veräußerer und dem Mieter der Immobilie gesellschaftsrechtliche Verflechtungen bestanden. Auf die Ausführungen der Musterbeklagten wird verwiesen. Die Rechtsprechung des BGH betrifft den Fall, in dem die Gefahr besteht, dass die Fondsgesellschaft ihr gesellschaftsrechtlich nahe stehenden Personen zu Lasten der Anleger Vorteile gewähren könnte. Hier sind aber weder der Verkäufer noch der Mieter der Immobilie mit der Fondsgesellschaft verflochten. Sie stehen ihr jeweils als Dritte mit offen gegenläufigen Interessen gegenüber.

Zu 2. und 3. des Vorlagebeschlusses:

Über diese Feststellungsziele ist nicht mehr zu entscheiden. Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass die Feststellungsziele zu 1.1-1.5 des Vorlagebeschlusses als unbegründet zurückzuweisen sind. Damit sind die Feststellungsziele zu 2 und 3 des Vorlagebeschlusses nicht mehr entscheidungserheblich. Der zugrunde liegende Vorlagebeschluss ist hinsichtlich dieser Feststellungsziele gegenstandslos geworden, was im Tenor und in den Gründen des Musterentscheids zum Ausdruck zu bringen ist, BGH vom 22.11.2016, XI ZB 9/13.

III.

Der nachgelassene Schriftsatz der Musterklägerin vom 5.7.2019 gibt keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Er enthält keine neuen rechtlichen Aspekte oder neuen Vortrag, dem nachgegangen werden müsste.

IV.

Die Festsetzung einer besonderen Gebühr für die Prozessbevollmächtigte der Musterklägerin beruht auf § 41 a RVG. Der Aufwand der Prozessbevollmächtigten war zwar im Vergleich zu dem Aufwand der Vertreter der beigeladenen Kläger höher; diese haben sich schriftsätzlich an dem Musterverfahren nicht beteiligt. Die Musterklägerin repräsentiert auch nur einen geringen Teil der gesamten Anlegerbeträge, für die das Musterfeststellungsverfahren von Vorteil und Bedeutung ist. Andererseits handelt es sich um ein übersichtliches Feststellungsverfahren mit nur 21 Klägern in den Ausgangsverfahren, die allesamt von denselben Rechtsanwälten vertreten werden, die auch für die Musterklägerin im Musterfeststellungsverfahren tätig sind. Auch der über das Ausgangsverfahren hinausgehende Mehraufwand der Prozessbevollmächtigten hielt sich in Grenzen. Eine Beweisaufnahme im Musterfeststellungsverfahren musste nicht begleitet werden. Die Feststellungsziele waren zahlenmäßig begrenzt und in ihrer Problematik übersichtlich. Insgesamt bewegt sich die Sache nach Schwierigkeit und Umfang am unteren Rand der hier bekannt gewordenen KapMuG-Verfahren. Deshalb erscheint eine 0,1 Gebühr nach dem Gesamtbetrag der von den Feststellungszielen betroffenen Ansprüche angemessen und ausreichend.-

Dr. Beckmann Steinmetz Dr. Lohmann
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Richterin
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht

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