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Hanseatisches Oberlandesgericht: „Passat Breeze“ Navigation GmbH & Co. KG und MS „Hammonia Pacificum“ Schiffahrts GmbH & Co. KG

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Hanseatisches Oberlandesgericht

Az.: 14 Kap 6/​18

Beschluss

In der Sache

Inge Denzinger, Uhlandstraße 20, 71254 Ditzingen

– Musterklägerin –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Fischer, Hedwigstraße 12 b, 38118 Braunschweig, Gz.: 127/​17

gegen

1)

HCI Hanseatische Capitalberatung GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Vertriebsverwaltung GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerin Christine Beckmann, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –
2)

HCI Treuhand GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Treuhand GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Kai Dürkop, Burchardtstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –
3)

HCI Treuhand SERVICE GmbH & Co KG, vertreten durch die Komplementärin HCI Treuhand Service GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Kai Dürkop und Frauke Schünemann, Burchardstraße 8, 20095 Hamburg

– Musterbeklagte –
4)

HAMMONIA Reederei GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin Hammonia Reederei Verwaltungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Karsten Liebing und Rene Wenzel, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –
5)

Peter Döhle Schifffahrts-KG, vertreten durch die Kompelementärin Beteiligungs- und Verwaltungsgesellschaft Peter Döhle mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Gaby Bornheim, Christoph Döhle und Jochen Thomas Döhle, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Musterbeklagte –
6)

… entfallen …

– Musterbeklagter –
7)

Passat Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin Verwaltung Passat Schiffahrtsgesellschaft mbH, diese vertreten durch die Geschäftsführer Joachim von der Heydt und Carla Winkemann, Neuer Wall 52/​Bleichenbrücke 1-7, 20354 Hamburg

– Musterbeklagte –
8)

Transnaval Schiffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafter, Neuer Wall 52/​Bleichenbrücke 1-7, 20354 Hamburg

– Musterbeklagte –
9)

Optronik Consulting GmbH & Co. KG, vertreten durch d. persönl. haft. Gesellschafterin Verwaltung OPTRONIK Warenhandels GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Bendix Todsen, Schöner Blick 15, 22587 Hamburg

– Musterbeklagte –
10)

Bendix Todsen, Schöner Blick 15, 22587 Hamburg

– Musterbeklagter –
11)

Joachim von der Heydt, Neuer Wall 52/​Bleichenbrücke 1-7, 20354 Hamburg

– Musterbeklagter –

Prozessbevollmächtigte zu 1:
Rechtsanwälte nbs partners Partnerschaftsgesellschaft mbB, Am Sandtorkai 41, 20457 Hamburg, Gz.: 419/​19

Prozessbevollmächtigte zu 2 und 3:
Rechtsanwälte nbs partners Partnerschaftsgesellschaft mbB, Am Sandtorkai 41, 20457 Hamburg, Gz.: 521-19

Prozessbevollmächtigte zu 4 und 6:
Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen, Gz.: 11660/​19

Prozessbevollmächtigte zu 5:
Rechtsanwälte Ahlers & Vogel, Contrescarpe 21, 28203 Bremen, Gz.: 11334/​17/​A-JBo/​vka, 10242/​17/​A-JBo/​vka

Prozessbevollmächtigte zu 7 – 11:
Rechtsanwälte Baker Tilly Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Valentinskamp 88, 20355 Hamburg, Gz.: 61141-00366-16 VTA

Nebenintervenientin zu 1:
RTC Revision Treuhand Consulting GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Björn Hagedorn und Frank Fruggel, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, Burchhardstraße 24, 20095 Hamburg

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 00359-17/​Tö/​UecA2017-004349/​20606

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht – 14. Zivilsenat – durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Lohmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Leverenz und den Richter am Amtsgericht Dr. Lanzius am 04.05.2021:

1.

Der Termin vom 04.06.2021 wird aufgehoben.

2.

Der Senat weist die Beteiligten darauf hin, dass Ziff. 2 des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 21.08.2018 (326 OH 2/​18) unbegründet und hiervon ausgehend der Vorlagebeschluss im Übrigen gegenstandslos geworden sein dürfte. Die noch offenen Erweiterungs- und Konkretisierungsanträge wären zurückzuweisen.

3.

Die Musterklägerin und die Beigeladenen erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11.06.2021

Gründe:

1.

Ziff. 2 des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Hamburg vom 21.08.2018 (326 OH 2/​18) dürfte unbegründet sein.

a)

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 19. Januar 2021 entschieden, dass neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG aF eine Haftung unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung des unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021, XI ZB 35/​18 – juris Rn. 26).

Diese Rechtsprechung lässt sich wohl auf das vorliegende Verfahren übertragen. Die im Vorlagebeschluss genannten Musterbeklagten zu 1 bis 5 dürften Prospektverantwortliche iSv § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG aF sein.

aa)

Für die Musterbeklagte zu 1 folgt das aus § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG aF, da sie auf Seite 9 des Prospekts als Prospektverantwortliche genannt wird.

bb)

Die übrigen im Vorlagebeschluss genannten Musterbeklagten zu 2 bis 5 dürften verantwortlich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG aF sein. Davon sind die Personen und Unternehmen erfasst, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat ausgeführt (aaO Rn. 24): „Veranlasser ist, wer hinter dem Emittenten steht und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss ausübt. (…) Von einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes ist unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist.“

Die Musterbeklagten zu 2 bis 5 sind erstens Gründungsgesellschafterinnen der beiden Emittentinnen bzw. deren Rechtsnachfolgerinnen. Hinzu kommen weitere erhebliche Aspekte, die für eine Verantwortlichkeit dieser Musterbeklagten für den Prospekt sprechen:

(a)

Die Musterbeklagte zu 2 hat nach den Angaben aus der Begründung des Vorlagebeschlusses durch die Musterklägerin den Fonds konzipiert und den Prospekt erstellt. Sie war zudem bei Aufstellung des Prospekts zu 50 % bzw. 51 % Gesellschafterin der Komplementärin der beiden Fondsgesellschaften (S. 23 des Prospekts). Schließlich fungierte sie jeweils als Treuhandkommanditistin.

(b)

Die Musterbeklagte zu 3 wiederum ist im Jahr 2013 aus der Musterbeklagten zu 2 entstanden.

(c)

Die Musterbeklagte zu 4 war Gründungskommanditistin der MS Hammonia Pacificum Schiffahrts GmbH & Co. KG (und nicht, wie die Musterklägerin in der Begründung des Vorlagebeschlusses ausführt, der Passat Breeze Navigation GmbH & Co. KG). Insofern übernahm sie von den ursprünglich auf 275.000,00 € bezifferten Pflichteinlagen eine Pflichteinlage von 150.000,00 € (S. 117 des Prospekts) und damit die höchste Pflichteinlage aller Gründungskommanditisten. Nach den Angaben auf S. 48 des Prospekts war sie zudem ein „Joint Venture“ der Musterbeklagten zu 1 und 5 sowie Vertragsreederin für das MS „Hammonia Pacificum“. Ihr sollte neben der Bereederungsvergütung ab dem Geschäftsjahr 2008 ein Vorabgewinn zustehen (S. 30 und 78 des Prospekts). Aus S. 27 und 83 des Prospekts ergibt sich, dass sie schließlich Gesellschafterin der Verkäufergesellschaft Hammonia VI Schiffahrts GmbH & Co. KG war, die der genannten Schiffsgesellschaft wiederum ein Darlehen zur Gebührenfinanzierung gewährt hat (vgl. auch S. 54 des Prospekts).

(d)

Die Musterbeklagte zu 5 hat als Gründungskommanditistin der MS Hammonia Pacificum Schiffahrts GmbH & Co. KG eine Pflichteinlage von 100.000,00 € übernommen und damit die zweithöchste Pflichteinlage der Gründungskommanditisten. Sie war zudem zu 49 % Gesellschafterin der Komplementärin der genannten Fondsgesellschaft (S. 23 des Prospekts) und Poolmanagerin (S. 46 des Prospekts). Daneben war sie Gesellschafterin der Verkäufergesellschaft Hammonia VI Schiffahrts GmbH & Co. KG, die der genannten Schiffsgesellschaft wiederum ein Darlehen zur Gebührenfinanzierung gewährt hat (s. o.), und Gesellschafterin der HCI Capital AG (S. 27 des Prospekts). Nach S. 84 des Prospekts war sie schließlich Platzierungsgarantin für die MS Hammonia Pacificum Schiffahrts GmbH & Co. KG.

b)

Vor diesem Hintergrund dürfte eine Prospekthaftung im weiteren Sinne für keine der im Vorlagebeschluss vom 21.08.2018 genannten Musterbeklagten in Betracht kommen (nur zur Ergänzung sei hier angemerkt, dass der Senat mit Beschluss vom 19.06.2020 bereits ausgeführt hat, dass die Musterbeklagten zu 7 bis 11 jeweils nur Beklagte eines einzigen ausgesetzten Ausgangsverfahrens sind und eine Erweiterung des Musterverfahrens auf Fragen ihrer möglichen Haftung bereits mangels Breitenwirkung nicht zulässig wäre).

2.

Wenn der Antrag zu dem Feststellungsziel 2 in der Sache unbegründet ist, wäre der Vorlagebeschluss hinsichtlich der übrigen Feststellungsziele gegenstandslos. Auf die dort formulierten Feststellungen käme es in den Ausgangsverfahren nicht mehr an (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021, XI ZB 35/​18 – juris Rn. 31).

Gegenstandslos wird der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss hinsichtlich eines Feststellungsziels, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021, XI ZB 35/​18 – juris Rn. 30).

Die unter den Ziffern 1, 3 und 4 des Vorlagebeschluss genannten Feststellungsziele hätten nur Entscheidungserheblichkeit für die Ausgangsverfahren, wenn eine Haftung der Musterbeklagten zu 1 bis 5 aus Prospekthaftung im weiteren Sinne denkbar wäre (vgl. auch S. 5 des Vorlagebeschlusses). Etwaige Ansprüche aus spezialgesetzlicher Prospekthaftung wären im Übrigen verjährt. Die Musterbeklagten zu 1 bis 5 haben in den Ausgangsverfahren – etwa in dem vom Senat beigezogenen Verfahren 326 O 323/​17 – die Einrede der Verjährung erhoben.

3.

Die noch nicht beschiedenen Erweiterungs- und Konkretisierungsanträge wären zurückzuweisen. Auch hier würde Entscheidungserheblichkeit ausscheiden.

4.

Angesichts des Antrags des Musterklägervertreters vom 28.04.2021 wird der Termin vom 04.06.2021 aufgehoben. Die Musterklägerin und die Beigeladenen erhalten zunächst die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den vorstehenden Hinweisen. Anschließend würde ggf. neu terminiert werden.

Der Senat weist indes vorsorglich darauf hin, dass sich ein KapMuG-Verfahren ohne Musterentscheid beenden lässt, wenn alle Klagen zurückgenommen werden (§ 13 Abs. 1 KapMuG) oder alle Beteiligten übereinstimmend erklären, dass sie das KapMuG-Verfahren beenden wollen (§ 13 Abs. 5 KapMuG).

Dr. Lohmann

Richter
am Oberlandesgericht

Dr. Leverenz

Richter
am Oberlandesgericht

Dr. Lanzius

Richter
am Amtsgericht

 

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