Ganz ehrlich, so langsam wird mir immer klarer, warum der Vertrieb daran interessiert ist, dass es unter seiner Regie eine eigene Interessengemeinschaft geben sollte. Lassen Sie mich Ihnen erklären, warum. Ich habe über 40 Gespräche mit betroffenen Anlegern der DEGAG-Gesellschaften geführt und dabei natürlich auch immer gefragt, ob sie über das Risiko des Genussrechtsinvestments aufgeklärt wurden und ob man ihnen zum Beispiel die letzten Bilanzen, die auch für den Vertrieb öffentlich zugänglich waren, offengelegt hat.
Viele Anleger haben bestätigt, dass sie zwar über das Totalverlustrisiko aufgeklärt wurden, dieses jedoch im Beratungsgespräch immer wieder heruntergespielt wurde. Aussagen wie: „Das läuft seit zehn Jahren problemlos, machen Sie sich keine Gedanken“ waren dabei keine Seltenheit. Die öffentlich zugänglichen Bilanzen bzw. deren Inhalt hingegen waren niemandem bekannt. Viel schlimmer noch: Die Anleger, mit denen wir telefoniert haben, wurden über den Inhalt der Bilanzen überhaupt nicht informiert. Nachdem wir ihnen diese Bilanzen zur Verfügung gestellt hatten, kam von allen die gleiche Aussage: „Mit diesem Wissen hätte ich das Investment nicht gezeichnet bzw. nicht in dieser Höhe investiert.“
Nun frage ich mich natürlich, sehr geehrte Vertriebspartner: Wie kann das sein? Sie hätten doch – genauso wie ich – im Interesse Ihrer Mandanten Recherche betreiben können und hätten dabei sicherlich die gleichen Unterlagen gefunden wie ich. Vertrieb hat nicht nur das Recht, hohe Provisionen zu kassieren, sondern auch die Pflicht, Kunden ordnungsgemäß und umfassend zu beraten. Wenn jedoch ausschließlich die Provisionsmaximierung im Fokus steht, wird der Kunde zwangsläufig schlecht beraten.
Ganz ehrlich, meine Damen und Herren des DEGAG-Vertriebs: Mit einem solchen Ergebnis in Bezug auf die fehlende Aufklärung der Anleger hätte ich tatsächlich nicht gerechnet. Auch deshalb, weil ich einige Vertriebspartner kenne und weiß, dass diese bisher sauber und korrekt gearbeitet haben. Es gab keinerlei Beschwerden vonseiten der Anleger zu diesen Vertriebspartnern. Das möchte ich hier ausdrücklich betonen. Mit den aktuellen Rechercheergebnissen jedoch muss ich meine Einschätzung ändern.
Natürlich kann diese fehlende Aufklärung letztlich auch zu einer Beraterhaftung führen – zumindest aus meiner nicht juristischen Sicht. Möglicherweise versteht der eine oder andere Leser nun, warum ich Vorbehalte gegen eine Interessengemeinschaft habe, die vom Vertrieb ins Leben gerufen wird.
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch auf die extrem hohen Vertriebskosten hinweisen, die ich in anderen Berichten des heutigen Tages analysiert habe. Diese sind wirklich bemerkenswert. Es scheint nicht nur Abschlussprovisionen gegeben zu haben, sondern auch Bestandspflegeprovisionen. Insgesamt handelt es sich um zu viel Geld, das möglicherweise auch mit zur Schieflage der Gesellschaften beigetragen haben könnte. Man muss sich sicherlich auch einmal die Provisionsabrechnungen der Vertriebe genauer ansehen.
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