Das sogar vor dem hessischen Verwaltungsgerichtshof. Es ist sicherlich eine eher seltene Meldung, die man da nun bei uns lesen kann, denn nicht oft kommt es vor, dass eine Rechtsanwaltskanzlei gegen die BaFin vor dem hessischen Verwaltungsgericht gewinnt.
Es ist aber auch ein Hinweis an die Unternehmen, die auf der BaFin Seite veröffentlicht werden, dass man gegen so manche Veröffentlichung der BaFin nicht „machtlos“ ist, wenn man gute nachvollziehbare Argumente hat.
In dem Urteil heißt es:
am 8. Februar 2022 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 2021 – 7 L 1915/21.F – abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die öffentliche Bekanntmachung vom 8. Juni 2021 betreffend die Holinvest AG auf ihrer Internetseite bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu löschen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 € festgesetzt.
Gründe:
Die Antragstellerin begehrt die vorläufige Löschung folgender Bekanntmachung auf der Internetseite der Antragsgegnerin:
„08.06.2021 I Thema Prospekte
Holinvest AG: Anhaltspunkte für fehlenden Verkaufsprospekt
Die BaFin hat Anhaltpunkte dafür, dass die Holinvest AG, Luzern, in Deutschland eine Vermögensanlage unter der Bezeichnung Pfefferinvestment „Kinole“ öffentlich anbietet. Entgegen § 6 Vermögensanlagengesetz wurde hierfür kein Verkaufsprospekt veröffentlicht.
In Deutschland dürfen Vermögensanlagen im Grundsatz nicht ohne die Veröffentlichung eines von der BaFin zuvor gebilligten Verkaufsprospekts öffentlich angeboten werden.
Im Rahmen einer solchen Billigung prüft die BaFin, ob der Verkaufsprospekt die gesetzlich gebotenen Mindestangaben enthält und ob der Prospektinhalt verständlich und kohärent (widerspruchsfrei) ist. Sie prüft die Prospektangaben jedoch nicht auf
inhaltliche Richtigkeit. Ebenso erfolgt weder eine Überprüfung der Seriösität des Emittenten noch eine Kontrolle des Produkts. Hierauf müssen Emittenten von Vermögensanlagen in ihren Verkaufsprospekten ausdrücklich hinweisen. Die
Emittenten haften für die Richtigkeit der im Verkaufsprospekt getätigten Angaben. Nach § 5 Abs. 3 VermAnlG hat ein Emittent von Vermögensanlagen mit Sitz im Ausland der Bundesanstalt eine bevollmächtigte Person mit Sitz im Inland zu benennen, an die Bekanntgaben und Zustellungen erfolgen können. Nach § 5 Abs. 1 VermAnlG hat die Bundesanstalt Verfügungen, die gegenüber einem Unternehmen mit Sitz im Ausland ergehen, derjenigen Person bekannt zu geben, die als Bevollmächtigte benannt wurde.
Ist keine bevollmächtigte Person mit Sitz im Inland benannt, erfolgt die Bekanntgabe durch öffentliche Bekanntmachung im Bundesanzeiger. Die Holinvest AG wird aufgefordert, sich bis zum 22.6.2021 an die Bundesanstalt zu wenden und eine Person im Inland zu benennen, an die Bekanntgaben und Zustellungen erfolgen können. Nach erfolglosem Fristablauf erfolgt die öffentliche
Bekanntmachung im Bundesanzeiger.“
Den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 29. Juli 2021 abgelehnt. Die Antragstellerin hat gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 30. Juli 2021 zugestellten Beschluss am 2. August 2021 Beschwerde eingelegt und
diese am 26. August 2021 begründet. Während des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite
folgende weitere Bekanntmachung veröffentlicht:
Holinvest AG: BaFin untersagt das öffentliche Angebot der Vermögensanlage Pfefferinvestment „Kinole“
Die BaFin hat am 13. September 2021 das öffentliche Angebot des
Pfefferinvestments „Kinole“ durch die Holinvest AG, Luzern, wegen Verstoßes gegen das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) untersagt. Daher darf die Holinvest AG das Pfefferinvestment „Kinole“ nicht zum Erwerb in Deutschland anbieten.
Diese Maßnahme ist noch nicht bestandskräftig. Sie ist aber sofort vollziehbar.Die Untersagung erfolgte, weil die Holinvest AG keinen von der BaFin gebilligten Verkaufsprospekt für diese Vermögensanlage veröffentlicht hat, der die nach dem VermAnlG erforderlichen Angaben enthält.
In Deutschland dürfen Vermögensanlagen im Grundsatz nicht ohne die Veröffentlichung eines von der BaFin zuvor gebilligten Verkaufsprospekts öffentlich angeboten werden.
Im Rahmen einer solchen Billigung prüft die BaFin, ob der Verkaufsprospekt die gesetzlich gebotenen Mindestangaben enthält und ob der Prospektinhalt verständlich und kohärent (widerspruchsfrei) ist.
Sie prüft die Prospektangaben jedoch nicht auf inhaltliche Richtigkeit. Ebenso erfolgt weder eine Überprüfung der Seriösität des Emittenten noch eine Kontrolle des Produkts. Hierauf müssen Emittenten von Vermögensanlagen in ihren Verkaufsprospekten ausdrücklich hinweisen. Die Emittenten haften für die Richtigkeit der im Verkaufsprospekt getätigten Angaben.
Ob für ein öffentliches Angebot von Vermögensanlage ein gebilligter Verkaufsprospekt bei der BaFin hinterlegt ist, können Sie in der Datenbank „Hinterlegte Prospekte“ überprüfen.
Aktualisierung vom 4.11.2021:
Die Holinvest AG hat gegen die Untersagung Widerspruch eingelegt.“
Die Antragsgegnerin hat auf gerichtliche Verfügung hin am 7. Dezember 2021 mitgeteilt, im Hinblick auf die Bekanntmachung der Untersagung vom 13. September 2021 werde die streitgegenständliche Bekanntmachung derzeit nicht entfernt. Sowohl für die streitgegenständliche Bekanntmachung vom 8. Juni 2021 als auch für die Bekanntmachung der Untersagung gelte, dass nach § 26b Abs. 4 Satz 2 Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) die Bekanntmachung jeweils spätestens nach 5 Jahren zu löschen sei. Der Gesetzgeber sehe für die Bekanntmachungen kein zeitlich
abgestimmtes Stufenverhältnis vor.
Demnach sei der Verbleib jeder Bekanntmachung
im Einzelfall zu prüfen. Ebenso habe jede Bekanntmachung eine eigene Rechtsgrundlage und einen eigenen Informationsgehalt. Die streitgegenständliche Bekanntmachung setze ein Achtungszeichen für die Marktteilnehmer in Bezug auf das Vorliegen von Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen die Prospektpflicht und habe
zudem generalpräventive Wirkung. Die erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erfolgte Bekanntmachung der Untersagung zeige den Marktteilnehmern an, dass eine aufsichtliche Maßnahme erfolgt sei.
Vor Ablauf der Fünf-Jahresfrist solle die Löschung nach dem Willen des Gesetzgebers nur nach einer sachlichen Abwägung erfolgen. Nach der gesetzgeberischen Wertung sei von einem intendierten Ermessen zugunsten eines Fortdauerns der Bekanntmachung auszugehen. Selbst wenn nicht von einem intendierten Ermessen
auszugehen sei, liege ein sachlicher Grund, der für eine Löschung der
streitgegenständlichen Bekanntmachung sprechen könnte, nicht vor. Eine Löschung käme etwa in Betracht, wenn bereits die Bekanntmachung selbst rechtswidrig gewesen sei oder im Nachgang ein Prospekt gebilligt und veröffentlicht worden sei. Eine
Bekanntmachung einer nicht bestandskräftigen Untersagung sei allein kein sachlicher Grund für die Löschung einer rechtmäßigen Bekanntmachung von Anhaltspunkten für einen Verstoß. Über das von der Antragstellerin eingelegte Rechtsmittel gegen die Untersagung sei noch nicht abschließend entschieden worden.
Die Frage der Notwendigkeit der Löschung der streitgegenständlichen Untersagung stelle sich frühestens mit Bestandskraft der Untersagung. Erst dann gebe es dauerhaft zwei parallele Bekanntmachungen, deren Verbleib nach § 26b Abs. 4 Satz 2 VermAnlG jeweils zu bewerten sei.
Solange noch Rechtsbehelfsverfahren liefen und die Untersagung noch nicht bestandskräftig sei, sei nicht sicher, dass die Bekanntmachung
der Untersagung eingestellt bleibe. Denn stelle sich die Untersagung im Nachhinein als rechtswidrig dar, so stelle dies regelmäßig einen sachlichen Grund dar, der wohl für eine Löschung der Bekanntmachung der Untersagung vor Ablauf von fünf Jahren
spreche. Würde man die streitgegenständliche Bekanntmachung allein aus Anlass der Veröffentlichung der Bekanntmachung der Untersagung löschen, bestünde die Gefahr, dass am Ende keine Bekanntmachung veröffentlicht und dass damit das mit der
streitgegenständlichen Bekanntmachung bezweckte Ziel nicht mehr erreicht werden könne. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle vermieden werden, dass es „aufgrund der mangelnden Information für die Öffentlichkeit bei interessierten Anlegern zu einer
Fehleinschätzung der Risiken im Hinblick auf die bevorstehende Vermögensanlage komme“ komme (BT-Drs. 18/3994, S. 51). Eine Löschung zum jetzigen Zeitpunkt könne dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck zuwiderlaufen. Das sei dann gegeben, wenn dem Anleger durch eine verfrühte Löschung der streitgegenständlichen Bekanntmachung schlussendlich keine aufsichtliche Warnung zum öffentlichen Angebot mehr vorliege und hierdurch das Treffen einer informierten und risikobewussten Entscheidung hinsichtlich der angebotenen Wertpapiere erschwert werde.
Zudem sei eine Löschung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht erforderlich, weil sie derzeit keinen zusätzlichen Eingriff in die Rechte der Beschwerdeführerin darstelle. Denn insoweit gehe der Inhalt der Bekanntmachung im Inhalt der aufgrund dieser Anhaltspunkte erfolgten Untersagung auf. Damit habe die streitgegenständliche
Bekanntmachung – bei zeitgleicher Veröffentlichung der Bekanntmachung der Untersagung – keine über letztere hinausgehende Eingriffsqualität. Sie schade also
nicht, sie könne hingegen dem Gesetzeszweck, die Anleger zu warnen, nützen, wenn die Bekanntmachung der Untersagung etwa aufgrund formaler Mängel der Untersagung wegfiele. Auch würde eine Löschung der streitgegenständlichen Bekanntmachung eine Prüfung
eines Anlegers bzgl. einer möglichen Durchsetzung seines Anspruchs aus § 21 VermAnlG erschweren. Die streitgegenständliche Bekanntmachung sei in diesem Zusammenhang für den Anleger auch eine wichtige Erkenntnisquelle, um den Zeitpunkt zu bestimmen, wann das erste öffentliche Angebot stattgefunden haben könnte, weil
diese näher an diesem liege als die teilweise viel spätere Untersagung und deren Bekanntmachung.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 147 Abs. 1, 148 Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO) ist begründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg. Der Eilantrag ist zulässig. Der Senat geht mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts und aufgrund des weiterhin vorgelegten Auszugs aus dem Schweizer Onlineregister
shabex davon aus, dass es sich bei der Antragstellerin und der „Holinvest AG“ um ein und dasselbe Unternehmen handelt, wenngleich auch eine Rubrumsberichtigung mangels Vorliegens einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 118 VwGO nicht in
Betracht kommt. Die Antragstellerin hat nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung einen Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Bekanntmachung auf der
Grundlage von § 1004 BGB analog.
Habe gerade nachgeschaut. Was nützt ein Sieg vor Gericht, wenn die Bafin das nicht interessiert. Die Warnmeldung ist trotzdem online. Offenbar gilt die deutsche Gerichtsbarkeit nicht für die Bafin. Das zeigt sich auch am Fall Wirecard. Denn auch wenn noch soviele Journalisten das eklantante Bafin-Versagen und belegen, so entscheiden die Gerichte am Ende gegen eine Haftung der Bafin. Und auch wenn die Holinvest AG jetzt gewonnen hat. Die Warnmeldung bleibt. Der Schaden und der Reputationsverlust auch. Und wenn dann eine Schadenersatzklage gegen die Bafin als nächster Schritt folgt, wird die vermutlich auch abgeschmettert. Es bleibt dann ein Sieg von dem sich keiner was kaufen kann.
Hut ab, für die mittelständische Kanzlei Linnemann. Deutsche Gerichte neigen bisweilen, den Behörden einen gewaltigen Bonus einzuräumen. Die Argumente und die sorgfältige juristische Arbeit der Radebeuler Kanzlei hat sich gelohnt! Die Adresse kann man sich für anspruchsvolle Fälle in jedem Fall notieren.