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Anbieter geschlossener Fonds und Berater profitieren von kurzen Verjährungsfristen – Verbraucherzentrale Hamburg fordert Rückkehr zur 30-jährigen Verjährung für Ansprüche aus langjährigen Dauerschuldverhältnissen

Die MPC Münchmeyer Petersen Capital AG ist ein großes  deutsches Emissionshaus für die Entwicklung und den Vertrieb von geschlossenen Immobilien-, Schiffs- und Lebensversicherungs­fonds mit Sitz in Hamburg. Sie hat seit der Jahrtausendwende europaweit mehr als 20 sogenannte Hollandfonds an Kleinanleger und institutionelle Investoren vertrieben, einige davon ausschließlich in Österreich. Viele Kleinanleger solcher Fonds sehen sich mehrfach getäuscht. Zentraler Vorwurf ist die Verteuerung der holländischen Immobilien durch Zwischenhandel, von dem die MPC- und die Hanzevast (Zwischenhändler) -Verantwortlichen profitiert hätten, was den Anlegern nicht offengelegt worden sei.

Die Lage in Österreich: VKI führt Sammelklagen gegen beratende Banken und MPC

Der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) geht daher derzeit privat- und strafrechtlich gegen MPC und weitere Tochter- und Partnerunternehmen und beratende Banken vor. Die Aktionen stehen unter anderem im Zusammenhang mit MPC Holland-Fonds, die in Deutschland bis etwa zur ersten Jahreshälfte 2006 vermittelt wurden. Informationen zu Sammelaktionen gegen MPC finden sie beim VKI. Mehrere Tausend österreichischer Konsumentinnen und Konsumenten beteiligen sich bislang an diesen Aktionen. Der VKI hat im Juni 2016 die dritte Sammelklage wegen Falschberatung in Sachen MPC-Fonds gegen beratende Banken in Wien eingereicht. Weiterhin hat der VKI für österreichische Anleger in Hamburg Musterklagen nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen MPC, TVP, CPM und die leitenden Personen organisiert. Bislang wurde vom Landgericht Hamburg eine durch den VKI initiierte Musterklage um den Hollandfonds 47 zugelassen. Der VKI rechnet im Herbst 2016 mit der Bestellung des Musterklägers. Ab dann läuft eine sechsmonatige Frist zur Anmeldung weiterer Geschädigter. Der VKI hat zudem in Wien und Hamburg Strafanzeige gegen MPC, die TVP Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft und weitere Tochter- und Partnerunternehmen sowie die Verantwortlichen der Firmen gestellt. Dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren haben sich weitere Personen angeschlossen; inzwischen gibt es an die 3.000 Privatbeteiligte. Im Wege der Rechtshilfe werden nach Aussage des VKI derzeit Vernehmungen in Amsterdam und Hamburg durchgeführt.

Die Lage in Deutschland: Ansprüche weitestgehend verjährt

Wie können nun die deutschen Verbraucher von diesen Aktivitäten der österreichischen Verbraucherschützer profitieren? Auch in Hamburg sind MPC-Fonds nicht unbekannt. Sie wurden unter anderem von der Hamburger Sparkasse vertrieben. Auch wenn die Interessenlage der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher eine ähnliche ist, kommen solche Aktionen wie in Österreich aufgrund der hierzulande vergleichsweise kurzen Verjährungsfristen jetzt nicht mehr in Betracht. Denn die hier geltende absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren ab Vertragsschluss bedeutet bei Produkten mit Laufzeiten von 10 und mehr Jahren de facto eine Freistellung der Berater von der Haftung, wenn der Anleger erst am Ende der Laufzeit die Fehlberatung erkennen kann.

In Deutschland wurden die Verjährungsfristen von Ansprüchen wegen Falschberatung und Haftung für fehlerhafte Prospektangaben (also die Fristen, binnen denen man seine Ansprüche durchsetzen kann) durch das Schuldrechts­modernisierungs­gesetz von 2002 massiv abgekürzt. Die Regelverjährung ist von 30 Jahren auf 3 Jahre herabgesetzt worden (§ 195 BGB n.F.). Ihr Beginn hängt unter anderem davon ab, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hat oder hätte Kenntnis haben können und nur infolge grober Fahrlässigkeit keine Kenntnis hat. Ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis verjähren Schadensersatz­ansprüche in zehn Jahren von ihrer Entstehung (also z.B. dem aufgrund der Falschberatung zustande gekommenen Vertragsschluss) an (§ 199 Abs. 4 BGB).

Viele MPC Holland-Fonds wurden in Deutschland zwischen 2003 und 2006 an die Anleger vermittelt und sind von Insolvenz bedroht. Wir müssen leider fast allen Verbraucherinnen und Verbrauchern, die sich an uns wenden, sagen, dass es zu spät ist, um Schadens­ersatz­ansprüche wegen Falschberatung gegen die Berater zu richten. Auch etwaige aus Prospekthaftung resultierende Ansprüche sind verjährt. Ist der Anleger dem Fonds etwa am 14.04.2005 beigetreten, so sind seine Ansprüche spätestens am 14.04.2015 verjährt. Die Anleger werden jetzt vielmehr von den finanzierenden Banken (sog. Drittgläubigern) aufgefordert, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Handelsgesetzbuch (§ 172 Abs. 4 HGB). Standen den Ausschüttungen keine Gewinne der Gesellschaft gegenüber, werden sie wie die Rückzahlung der Einlage behandelt. Kommanditisten (als solche haben sich die Anleger an der Gesellschaft beteiligt) haften jedoch mit ihrer Einlage (§ 171 Abs. 1 HGB). Auch insoweit ist Gegenwehr daher meist erfolglos. In diversen Gerichtsentscheidungen wurde solchen von den Gläubigern des Fonds oder vom Insolvenzverwalter erhobenen Forderungen stattgegeben. Selbst wenn die vom VKI initiierten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren die Vorwürfe gegen die MPC-Verantwortlichen erhärten, können die Fondsanleger, die ihre Beteiligung vor über zehn Jahren gezeichnet haben, hiervon nicht mehr profitieren. Deutsche Verbraucher, die nicht über derartige Risiken aufgeklärt wurden, bleiben oft allein auf ihrem Schaden sitzen.

Quelle:VZHH

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