Abschiebungen im Fokus der EU-Asyldebatte
Fünf Monate nach der Verabschiedung des europäischen Asylpakts steht das Thema Einwanderung erneut im Mittelpunkt eines EU-Gipfels. Dabei konzentriert sich die Diskussion insbesondere auf schnellere und effizientere Rückführungen von abgelehnten Asylbewerbern. Die EU-Kommission strebt an, den Abschiebeprozess zu beschleunigen und Missbrauch von Asylverfahren zu verhindern. Ein wichtiger Aspekt der Debatte ist die mögliche Errichtung von Abschiebezentren in Drittländern, die erneut auf dem Gipfel diskutiert wird.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im Vorfeld des Gipfels einen neuen Gesetzesentwurf angekündigt, der eine raschere Abschiebung von Migrantinnen und Migranten ermöglichen soll. Ziel dieses Entwurfs ist es, den Rückführungsprozess zu straffen und sicherzustellen, dass Asylsuchende nicht von „Lücken im System“ profitieren, um in der EU zu bleiben.
Im Rahmen der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) hatten sich die Mitgliedstaaten im Frühjahr 2024 darauf geeinigt, Asylverfahren direkt an den EU-Außengrenzen durchzuführen, um den Zustrom von Migranten besser zu steuern. Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International, äußern jedoch Bedenken hinsichtlich der geplanten haftähnlichen Einrichtungen an den Außengrenzen. Sie warnen, dass diese Maßnahmen die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in der EU gefährden könnten.
Deutschland und Frankreich für schnellere Umsetzung des Asylpakts
Deutschland und Frankreich bekräftigen ihre Unterstützung für eine rasche Umsetzung des Asylpakts, der erst 2026 vollständig in Kraft treten soll. Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte in Brüssel die Erwartung, dass die Reform schneller realisiert wird und dass Deutschland die erforderlichen Gesetze zügig dem Bundestag vorlegen werde. Gleichzeitig äußerte er Skepsis gegenüber Plänen, Asylzentren in Drittländern zu errichten. Er betonte, dass solche Maßnahmen für große Länder wie Deutschland nicht ausreichen würden, insbesondere in Anbetracht der hohen Flüchtlingszahlen.
Italien testet Abschiebezentren in Albanien
Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni stellte bei dem Gipfel ihre Erfahrungen mit einem neu gestarteten Abschiebezentrum in Albanien vor. Erst kürzlich wurden 16 Migranten in das Zentrum überstellt, wo ihre Asylanträge per Videokonferenz geprüft werden sollen. Meloni sprach sich für „pragmatische Lösungen“ in der Migrationspolitik aus und betonte die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit mit Drittländern weiter zu intensivieren.
Debatte über Abschiebezentren in Drittländern
Mehrere EU-Staaten, darunter Litauen und Griechenland, unterstützen den Ansatz, „sichere Häfen“ in Drittländern zu errichten, um den Rückführungsprozess zu beschleunigen. Der litauische Präsident Gitanas Nauseda und der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sprachen sich offen für innovative Maßnahmen in der Asylpolitik aus. Die EU müsse ihre Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern weiter verstärken, um die Migrationsströme besser zu kontrollieren.
Paradigmenwechsel in der EU-Migrationspolitik
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer sieht in der aktuellen Entwicklung einen „Paradigmenwechsel“ in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik. Nehammer begrüßte die Bemühungen, die Rückführung abgelehnter Asylbewerber zu steigern, und kündigte an, dass Österreich verstärkt auf Abschiebungen nach Syrien setzen werde. Er betonte, dass Teile des Landes nach den neuesten Einschätzungen als sicher gelten.
Rückführungsrichtlinie der EU
Die EU-Rückführungsrichtlinie von 2008 legt die Rahmenbedingungen für die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger fest. Sie betont dabei die Einhaltung der Grundrechte, einschließlich des Non-Refoulement-Prinzips, das die Rückführung in Länder verbietet, in denen Verfolgung droht. Österreich hat derzeit 60 Rücknahmevereinbarungen mit verschiedenen Ländern, darunter 25 auf EU-Ebene. Diese Vereinbarungen dienen dazu, abgelehnte Asylbewerber effektiv in ihre Herkunftsländer zurückzuführen.
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