Baufinanzierungen sind aktuell günstig wie nie und Verbraucher greifen zu: Das Finanzierungsvolumen liegt bei aktuell 867 Milliarden Euro. Doch wer vorzeitig aus einem Immobilienkredit aussteigen muss, zahlt mitunter kräftig drauf. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie der EU soll Verbraucher besser vor unberechtigt hohen Forderungen schützen. Doch der Gesetzentwurf der Bundesregierung vergibt aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) die Chance, langjährige Verbraucherprobleme zu lösen.
Der vzbv fordert unter anderem eine faire Regelung der Vorfälligkeitsentschädigung. Diesen Ausgleich zahlen Verbraucher dem Kreditinstitut, wenn sie die Finanzierung ihrer Wohnimmobilie vorzeitig abbrechen. Das können je nach Darlehen bis zu vier- oder fünfstellige Beträge sein, die für die meisten Verbraucher unerwartet fällig werden. Eine Auswertung der Verbraucherzentralen und des vzbv zeigte im Jahr 2014, dass häufig zu viel kassiert wird: Zwei Drittel der Vorfälligkeitsentschädigungen waren falsch berechnet – zu Ungunsten der Verbraucher. Zuletzt stieg die Vorfälligkeitsentschädigung auf durchschnittlich über zehn Prozent der Restschuld. Der vzbv fordert, die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu vereinheitlichen und zu vereinfachen und sie bei fünf Prozent der Restschuld zu deckeln.
Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzen beim vzbv: „Verbraucher, die ihre Immobilienfinanzierung vorzeitig abbrechen, befinden sich meist in ohnehin finanziell prekären Lagen. Fordern Banken dann noch eine überhöhte Vorfälligkeitsentschädigung, ist das fatal. Wir brauchen dringend faire Regeln zur Berechnung.“
Weitere kritische Punkte im Gesetzentwurf sind aus Sicht des vzbv:
Widerrufsrecht: Das Widerrufsrecht bei Immobiliendarlehen soll künftig schon nach einem Jahr und 14 Tagen erlöschen – selbst wenn der Darlehensgeber seinen Informationspflichten nicht nachgekommen ist. Entdecken Verbraucher erst danach fehlerhafte und unterlassene Informationen, bliebe das ohne Folgen. Der vzbv fordert, das Widerrufsrecht nicht zu befristen.
Beratung und Protokoll: Ungeeignete oder falsche Produktentscheidungen können bei Immobiliendarlehen schwerwiegende Folgen haben. Der Gesetzentwurf macht allerdings keine Vorgaben, wie Banken Beratungsgespräche mit den Verbrauchern dokumentieren müssen. Der vzbv fordert strukturierte Beratungsprotokolle, die auch noch Jahre später der Beweissicherung dienen. Es muss sichergestellt werden, dass Verbrauchern passende Produkte empfohlen und Risiken klar benannt werden.
Daneben setzt sich vzbv dafür ein, dass der Gesetzgeber folgende Punkte berücksichtigt:
Kostentransparenz bei Restschuldversicherung: Restschuldversicherungen, die den Kreditnehmer oder dessen Hinterbliebenen für den Fall von Tod, Krankheit oder Arbeitslosigkeit absichern sollen, sind teuer und zudem häufig ungeeignet. Immer wieder berichten Verbraucher, dass sie zum Abschluss gedrängt wurden und eine solche Police nur scheinbar optional war. Werden die Versicherungen optional angeboten, müssen die Kosten nicht in den effektiven Jahreszins des Immobilienkredits einbezogen werden – Verbrauchern fehlt die Vergleichbarkeit. Der vzbv fordert ein doppeltes Preisschild: Die Effektivzinsangabe muss einmal mit, einmal ohne Restschuldversicherung erfolgen.
Null-Prozent-Finanzierung: Null-Prozent-Finanzierungen sind weit verbreitet. Rechtlich handelt es sich um unentgeltliche Verträge, bei denen die gesetzlichen Regeln für Kredite nicht greifen. Das heißt: Verbraucher verlieren damit wichtige Rechte, es fehlt ihnen zum Beispiel ein Darlehenswiderrufsrecht. Der vzbv fordert, dass sich gesetzliche Schutzregeln für Verbraucherkredite nicht nur auf entgeltliche Darlehen beschränken dürfen.
Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der Wohnimmobilienrichtlinie umfasst zudem Regelungen zum Dispokredit. So soll sich, wer oft und lange sein Konto überzieht, verpflichtend vom Kreditinstitut beraten lassen. Das lehnt der vzbv ab, da Banken – anders als unabhängige Schuldnerberater – ein wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgen.
Das Gesetz muss im Frühjahr 2016 in Kraft treten. Bundestag und Bundesrat beschäftigen sich am Freitag, 25. September 2015, mit dem Thema.
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