3 e IN 24/23 Lu
26.01.2023
Amtsgericht
Ludwigshafen am Rhein
Insolvenzgericht
Beschluss
In dem Insolvenzantragsverfahren über das Vermögen der GEMONT DEUTSCHLAND GmbH, Dessauerstrasse 59, 67063 Ludwigshafen am Rhein (AG Ludwigshafen am Rhein, HRB 65929), vertreten durch die Geschäftsführerin Esen Akman, Barbaros Mah Ihlamur Bulvari No: 3 ic Kapi 15 Atasehir, Istanbul, Türkei
– Antragstellerin und Schuldnerin –
hat das Amtsgericht – Insolvenzgericht – Ludwigshafen am Rhein durch Richter am Amtsgericht (stellvertr. Direktor) am 26.01.2023 beschlossen:
1. Der am 23.01.2023 eingegangene Antrag vom 17.01.2023 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin wird zugelassen.
2. Zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhaltes wird mit Wirkung ab heute, 14:00 Uhr, vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO).
3. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wird bestellt:
Rechtsanwalt Thomas Rittmeister, M 1, 10, 68161 Mannheim
4. Verfügungen der Antragstellerin über Gegenstände des schuldnerischen Vermögens sind nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO). Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht der allgemeine Vertreter der Antragstellerin. Er hat die Aufgabe, durch Überwachung der Antragstellerin Vermögen zu sichern und zu erhalten.
5. Die Befugnis der Antragstellerin zum Einzug von Bankguthaben und anderen Forderungen geht auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt auf den Namen der Antragstellerin oder auf seinen Namen in der Funktion als vorläufige Insolvenzverwalter Sonderkonten (gemäß Urteilen des Bundesgerichtshofes vom 07.02.2019, Az. IX ZR 47/18 und vom 24.01.2019, Az. IX ZR 110/17) zu eröffnen und auch über diese Konten zu verfügen.
6. Den Drittschuldnern wird verboten, an die Antragstellerin zu zahlen. Sie werden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung an den vorläufigen Insolvenzverwalter zu leisten (§ 23 Abs. 1 S. 3 InsO).
7. Im Übrigen wird der Antragstellerin verboten, über Bankkonten, Außenstände und sonstige Vermögensgegenstände ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters ganz oder teilweise zu verfügen, insbesondere Sachen zu veräußern.
8. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume der Antragstellerin einschließlich der Nebenräume zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Die Antragstellerin hat ihm die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere zur Einsichtnahme vorzulegen und sie ihm auf Verlangen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens herauszugeben, sowie alle Auskünfte zu erteilen, die zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung ihrer Vermögensverhältnisse erforderlich sind. Bei Missachtung dieser Pflicht kann das Gericht die organschaftlichen Vertreter der Antragstellerin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung laden, zwangsweise vorführen lassen oder in Haft nehmen (§ 22 Abs. 3, 97, 98 101 InsO).
9. Sollte der vorläufige Insolvenzverwalter feststellen, dass die Antragstellerin über Grundbesitz verfügt, ist dies dem Gericht umgehend mitzuteilen, damit die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung im Grundbuch veranlasst werden kann.
10. Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einschließlich eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragstellerin werden untersagt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; bereits begonnene Maßnahmen werden einstweilen eingestellt (§21 Abs. 2 Nr. 3 InsO).
11. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird weiterhin als Sachverständiger beauftragt, ein schriftliches Gutachten zur Prüfung der Insolvenzlage zu erstatten. In diesem soll dem Insolvenzgericht mit Anfertigung einer Vermögensübersicht dargelegt werden soll,
a) ob der Geschäftsbetrieb zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits eingestellt ist oder, wenn nicht, wo sich der Schwerpunkt der selbständigen Tätigkeit befindet.
b) ob die Voraussetzungen für die Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses vorliegen und die hiermit verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt, §§ 22a Abs. 3 2. Alt. InsO. Werden die Voraussetzungen bejaht, ist innerhalb einer Woche zu berichten, §§ 4 InsO, 411 Abs. 1 ZPO.
c) ob Tatsachen vorliegen, die dem Gericht den Schluss auf das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes ermöglichen.
d) in welcher Höhe für den Fall einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens Verfahrenskosten (Gerichtskosten i. S. von §§ 26, 54 InsO) voraussichtlich anfallen.
e) ob eine diese Verfahrenskosten deckende verfügbare Masse vorhanden ist.
f) ob Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens bestehen.
g) ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 InsO zur Anordnung des schriftlichen Verfahrens vorliegen.
h) ob die Antragstellerin in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Bestätigung eines Restrukturierungsplans erlangt hat. Das Restrukturierungsgericht, Az. und Datum des Beschlusses sind mitzuteilen.
12. Es wird angeordnet, dass alle bei den Niederlassungen der Deutschen Post AG, Regio Post Deutschland GmbH & Co. KG sowie Morgenpost-Briefservice GmbH für den Schuldner eingehenden Sendungen nicht dem Schuldner, sondern dem vorläufigen Insolvenzverwalter auszuhändigen sind. Von dieser Beschlagnahme sind Sendungen der Staatsanwaltschaft, des vorläufigen Insolvenzverwalters und förmliche Zustellungen anderer Gerichte ausgenommen.
13. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die ihm zugeleiteten Sendungen des Schuldners zu öffnen. Soweit die Sendungen nicht die Insolvenzmasse betreffen oder vom Gericht oder der Staatsanwaltschaft stammen, hat er sie unverzüglich an weiterzuleiten.
G r ü n d e :
Der Antrag wird zugelassen. Es wird darauf hingewiesen, dass mit dieser Zulassung noch nicht entschieden ist, ob das Insolvenzverfahren auch eröffnet wird.
Die auf §§ 21 Abs. 2 bis 24 InsO beruhenden Sicherungsmaßnahmen und die auf § 5 Abs. 1 InsO beruhenden Aufklärungsmaßnahmen, insbesondere die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO und die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO, erscheinen erforderlich zu sein, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage der Antragstellerin zu verhüten.
Nach § 99 InsO wird gegen Postsperre angeordnet, weil dies erforderlich erscheint, um für die Gläubiger nachteilige Rechtshandlungen aufzuklären und zu verhindern. Es ist zu befürchten, dass Vermögenswerte unter Verstoß gegen das erlassene Verfügungsverbot übertragen oder im Hinblick auf das Insolvenzverfahren auf andere Personen verlagert werden. Die gesetzlich vorgeschrieben Anhörung erfolgt nach § 99 Abs. 1 S. 3 InsO erst nachträglich, um die Möglichkeit zu erschweren, Post umzuleiten. Anlass zur konkreten Befürchtung, dass der Schuldner nachteilige Rechtshandlungen vornehmen könnte, geben die Mitteilungen des Sachverständigen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung kann die sofortige Beschwerde (im Folgenden: Beschwerde) eingelegt werden. Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem
Amtsgericht – Insolvenzgericht – Ludwigshafen am Rhein,
Wittelsbachstraße 10
67061 Ludwigshafen am Rhein
einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.
Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.
Rechtsbehelfe, die durch eine Rechtsanwältin, einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument einzureichen, es sei denn, dass dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. In diesem Fall bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wobei die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen ist. Auf Anforderung ist das elektronische Dokument nachzureichen.
Elektronische Dokumente müssen
– mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
– von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
– auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
– an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.
Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.
Richter am Amtsgericht (stellvertr. Direktor)
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