Insolvenzverfahren über ELEMENT Insurance AG – Was Kunden und Gläubiger jetzt tun sollten

Das Amtsgericht Charlottenburg hat am 8. Januar 2025 um 12:00 Uhr ein vorläufiges Insolvenzverfahren über das Vermögen der ELEMENT Insurance AG eingeleitet (Az. 36e IN 8660/24). Die Versicherungsgesellschaft, mit Sitz an der Karl-Marx-Allee 3 in Berlin, steht damit unter intensiver Beobachtung eines vorläufigen Insolvenzverwalters.

Worum geht es in dem Beschluss?

Um nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage zu verhindern, hat das Gericht folgende Maßnahmen angeordnet:

1. Zwangsvollstreckungen ausgesetzt: Wie üblich wurden alle Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und einstweilige Verfügungen gegen die ELEMENT Insurance AG – mit Ausnahme unbeweglicher Gegenstände – gestoppt.
2. Ernennung eines vorläufigen Insolvenzverwalters: Der Rechtsanwalt Friedemann Ulrich Schade wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt.
3. Einschränkungen für die ELEMENT Insurance AG: Das Unternehmen darf nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters über sein Vermögen verfügen. Der vorläufige Verwalter ist befugt, die Geschäftsräume zu betreten, Einsicht in die Bücher zu nehmen und ein Sonderkonto für die zukünftige Insolvenzmasse einzurichten.

Die ELEMENT Insurance AG, eine Versicherungsgesellschaft, war bekannt für ihre innovativen Ansätze im Bereich der digitalen Versicherungsprodukte. Die Insolvenz wirft nun ernste Fragen für Kunden und Partner auf, die auf Schadensregulierungen, Rückzahlungen oder andere Leistungen angewiesen sind.

Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: „Wie sollten sich betroffene Kunden der ELEMENT Insurance AG verhalten?“

Redaktion: Herr Högel, ELEMENT Insurance war als digitaler Versicherer für viele ein innovativer Partner. Nun die Insolvenz. Wie sollten Kunden reagieren?

Maurice Högel: Die Insolvenz einer Versicherung ist immer besonders heikel, da hier nicht nur finanzielle Interessen auf dem Spiel stehen, sondern auch essentielle Dienstleistungen wie Schadensregulierungen. Kunden sollten zunächst prüfen, ob offene Ansprüche bestehen – zum Beispiel nicht regulierte Schadensfälle oder ausstehende Rückzahlungen. Gleichzeitig empfehle ich, die Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter oder der Gesellschaft aufrechtzuerhalten, um informiert zu bleiben.

Redaktion: Bedeutet das, dass Schadensfälle nicht mehr bearbeitet werden?

Maurice Högel: Das hängt davon ab, wie der vorläufige Insolvenzverwalter die finanzielle Lage der ELEMENT Insurance AG bewertet. Wenn die Gesellschaft über ausreichend liquide Mittel verfügt, könnten Schadensregulierungen mit seiner Zustimmung noch durchgeführt werden. Ist dies nicht der Fall, müssen Kunden ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden.

Redaktion: Was genau bedeutet es, Forderungen anzumelden?

Maurice Högel: Forderungen anmelden heißt, dass Gläubiger – in diesem Fall Kunden, die Ansprüche gegen ELEMENT Insurance haben – ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter einreichen. Dies geschieht erst, wenn das Verfahren offiziell eröffnet wurde. Die Anmeldung muss schriftlich erfolgen und durch Dokumente wie Rechnungen, Versicherungsverträge oder Schadensnachweise belegt werden.

Redaktion: Gibt es für Versicherte einen speziellen Schutz im Falle der Insolvenz?

Maurice Högel: Ja, bei Versicherungen gibt es in der Regel einen sogenannten Sicherungsfonds. In Deutschland greift hier der Protektor Lebensversicherungs-AG, wenn es sich um eine Lebensversicherung handelt. Für andere Versicherungsbereiche gibt es jedoch keinen allgemeinen Schutzfonds, sodass Kunden gegebenenfalls direkt in das Insolvenzverfahren einbezogen werden.

Redaktion: Welche Fristen müssen Kunden und Gläubiger beachten?

Maurice Högel: Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden die Fristen für die Anmeldung der Forderungen vom Gericht bekannt gegeben. Wichtig ist, diese Fristen genau einzuhalten, da verspätete Anmeldungen oft nur nachrangig berücksichtigt werden oder zusätzliche Kosten verursachen können. Kunden sollten daher die Veröffentlichung des Insolvenzverfahrens auf der Webseite der Insolvenzbekanntmachungen (www.insolvenzbekanntmachungen.de) verfolgen.

Redaktion: Was sollten Kunden tun, die von der ELEMENT Insurance AG regelmäßig Leistungen erhalten haben?

Maurice Högel: Regelmäßige Leistungen wie Zahlungen aus Versicherungsverträgen oder Rentenversicherungen sind besonders kritisch. Solche Ansprüche sollten unverzüglich geprüft und, falls notwendig, rechtlich gesichert werden. Auch hier kann eine anwaltliche Beratung helfen, die eigene Position zu stärken.

Redaktion: Herr Högel, welche rechtlichen Schritte können Kunden jetzt einleiten?

Maurice Högel: Die erste Priorität liegt darin, die Forderungen anzumelden, sobald das Verfahren eröffnet ist. Darüber hinaus sollten Kunden prüfen, ob möglicherweise Schadensersatzansprüche bestehen – beispielsweise gegen die Geschäftsführung der ELEMENT Insurance AG, falls Hinweise auf Fehlverhalten oder Pflichtverletzungen vorliegen. Dies erfordert jedoch eine eingehende Prüfung und anwaltliche Unterstützung.

Redaktion: Vielen Dank für Ihre Einschätzung, Herr Högel.

Fazit:
Die Insolvenz der ELEMENT Insurance AG wirft für viele Kunden Fragen auf, insbesondere, was die Schadensregulierung und laufende Vertragsbeziehungen betrifft. Betroffene sollten jetzt aktiv werden, ihre Forderungen dokumentieren und sich bei Unsicherheiten rechtlich beraten lassen. Der Ausgang des Verfahrens bleibt abzuwarten, aber eine frühzeitige Vorbereitung kann helfen, finanzielle Verluste zu minimieren.