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Interview mit Fachanwalt Daniel Blazek über die Herausforderungen und Erfolgsstrategien für Startups in Deutschland

Tumisu (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Blazek, Sie beraten Startups seit vielen Jahren und begleiten sie auf ihrem Weg von der Gründung bis zur Expansion. Was sind die größten Hürden, denen junge Unternehmen in Deutschland begegnen?

Daniel Blazek: Startups haben in Deutschland mit zahlreichen Herausforderungen zu kämpfen. Ein zentrales Problem ist die Bürokratie. Es gibt viele administrative Hürden, die Gründer überwinden müssen, bevor sie sich überhaupt auf ihre Geschäftsidee konzentrieren können. Besonders bei Themen wie Steuerpflichten, Arbeitsschutzvorschriften und Gewerbeanmeldung verlieren Startups oft wertvolle Zeit und Ressourcen. Hinzu kommen rechtliche Anforderungen in Bereichen wie Datenschutz und Vertragsrecht, die oft unterschätzt werden. Viele Gründer wissen nicht, dass schon kleine Fehler in diesen Bereichen zu erheblichen Kosten führen können.

Ein weiteres großes Thema ist die Kapitalbeschaffung. In den USA oder Großbritannien gibt es eine ausgeprägte Investitionskultur für Startups, aber in Deutschland sind Banken und traditionelle Finanzinstitute gegenüber jungen Unternehmen häufig sehr zurückhaltend. Ihnen fehlt oft das Vertrauen in Geschäftsmodelle, die noch keine langjährige Historie oder belastbare Erfolgskennzahlen vorweisen können. Deshalb suchen viele Startups nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten – ein Thema, das komplex und beratungsintensiv ist.

Frage: Stichwort Kapitalbeschaffung: Welche Möglichkeiten haben Startups in Deutschland, an Kapital zu kommen? Und was sind die häufigsten Fehler in diesem Bereich?

Blazek: Für Startups gibt es verschiedene Finanzierungswege, und oft ist eine Kombination aus mehreren Optionen sinnvoll. Zu den häufigsten gehören private Investoren wie Business Angels, institutionelle Venture-Capital-Fonds und Fördermittel. Auch Crowdfunding hat sich in den letzten Jahren als Option etabliert, besonders für B2C-Geschäftsmodelle, die eine breite Zielgruppe ansprechen.

Eine der größten Herausforderungen ist, dass viele Gründer nicht ausreichend vorbereitet sind, wenn sie Investoren ansprechen. Ein solider Businessplan und ein klar ausgearbeitetes Finanzmodell sind unerlässlich. Viele Investoren erwarten detaillierte Informationen über das Geschäftsmodell, die Marktentwicklung und die langfristige Skalierbarkeit des Unternehmens. Gründer, die sich hier nicht gründlich vorbereiten, hinterlassen oft einen schlechten Eindruck und können dadurch wertvolle Finanzierungschancen verpassen.

Frage: Sie haben Business Angels und Venture Capital erwähnt. Können Sie uns mehr über den Ablauf von Finanzierungsrunden und die Verträge mit Investoren erzählen?

Blazek: Finanzierungsrunden sind ein strukturierter Prozess, bei dem Kapital in mehreren Phasen eingesammelt wird, um das Wachstum des Unternehmens zu finanzieren. Die erste Runde – oft als Seed-Runde bezeichnet – erfolgt häufig durch Business Angels oder kleinere Fonds, die bereit sind, ein höheres Risiko einzugehen. Hier geht es meist darum, die Produktentwicklung und erste Marktauftritte zu finanzieren.

Später folgen Series-A-, Series-B- und eventuell weitere Runden, bei denen größere Beträge eingesammelt werden. Diese Runden sind in der Regel auf das Wachstum des Unternehmens, die Marktexpansion und schließlich die Vorbereitung auf einen möglichen Exit oder Börsengang ausgerichtet. In jeder Finanzierungsrunde müssen Investorenverträge ausgehandelt werden, und hier kommt es auf die Details an.

Frage: Was sind die kritischen Punkte in diesen Investorenverträgen?

Blazek: Die wichtigsten Aspekte betreffen oft die Unternehmensbewertung, die Beteiligungsrechte und die sogenannten Liquidationspräferenzen. Die Unternehmensbewertung legt fest, wie viel Prozent des Unternehmens für das investierte Kapital abgegeben werden. Dies ist ein sensibler Punkt, da eine zu hohe Verwässerung der Anteile die Kontrolle der Gründer über ihr Unternehmen gefährden kann.

Liquidationspräferenzen sind ebenfalls ein zentraler Punkt. Sie legen fest, in welcher Reihenfolge Investoren im Falle eines Exits – also einer Übernahme oder eines Börsengangs – ausgezahlt werden. Viele Investoren bestehen auf einer bevorzugten Behandlung, was bedeutet, dass sie ihr investiertes Kapital zuerst zurückerhalten, bevor die Gründer oder andere Anteilseigner ausbezahlt werden. Dies kann für die Gründer langfristig problematisch werden, insbesondere wenn das Unternehmen nicht wie erwartet wächst.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Mitspracherechte der Investoren. Oft wollen Venture-Capital-Investoren bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht, etwa bei zukünftigen Finanzierungsrunden, der Besetzung von Schlüsselpositionen oder der Festlegung der strategischen Ausrichtung. Hier ist es für die Gründer wichtig, nicht zu viel Kontrolle abzugeben, um die Flexibilität des Unternehmens zu bewahren.

Frage: Sie haben die Bedeutung eines guten Businessplans und solider Verträge hervorgehoben. Welche weiteren Tipps haben Sie für Gründer, um langfristig erfolgreich zu sein?

Blazek: Neben einer soliden Vorbereitung und einem gut durchdachten Finanzierungsmodell ist es entscheidend, frühzeitig ein gutes Netzwerk aufzubauen. Kontakte zu anderen Unternehmern, potenziellen Partnern und Investoren können gerade in der Anfangsphase den Unterschied machen. Ein gutes Netzwerk hilft nicht nur bei der Kapitalbeschaffung, sondern auch beim Zugang zu wertvollem Know-how und Ressourcen.

Außerdem rate ich Gründern, sich regelmäßig rechtliche und steuerliche Beratung einzuholen. Das deutsche Recht ist komplex, und gerade in Wachstumsphasen kann eine professionelle Beratung viele Probleme im Vorfeld vermeiden. Flexibilität und die Bereitschaft, sich an wechselnde Marktbedingungen anzupassen, sind ebenfalls essenziell. Startups, die ihre Strategien und Geschäftsmodelle immer wieder kritisch hinterfragen und anpassen, haben langfristig die besten Erfolgschancen.

Frage: Ein abschließendes Wort zu den aktuellen Herausforderungen für Startups in Deutschland?

Blazek: In Deutschland gibt es großes Potenzial für innovative Startups, aber die Rahmenbedingungen sind noch nicht ideal. Ich hoffe, dass sich hier in Zukunft etwas ändert, besonders im Hinblick auf Bürokratieabbau und bessere Finanzierungsbedingungen. Die Gründerinnen und Gründer von heute haben großartige Ideen, und es wäre schade, wenn diese an administrativen Hürden scheitern. Doch wer gut vorbereitet ist, rechtliche und finanzielle Aspekte frühzeitig in den Blick nimmt und sich die nötige Unterstützung holt, kann auch in einem anspruchsvollen Umfeld erfolgreich sein.

Frage: Vielen Dank, Herr Blazek, für die umfassenden Einblicke in die Welt der Startups und die wertvollen Ratschläge für angehende Unternehmer!

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