Thema: Bestätigung der Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue
Redaktion: Frau Bontschev, der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung eines städtischen Mitarbeiters aus Iserlohn wegen Beihilfe zur Untreue bestätigt. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?
Kerstin Bontschev: Das Urteil unterstreicht, dass auch Mitarbeiter öffentlicher Verwaltungen persönlich zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie grobe Verstöße gegen haushaltsrechtliche Grundsätze erkennen und dennoch davon profitieren. Der BGH hat hier konsequent bestätigt, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht nur theoretischer Natur ist, sondern konkret einzuhalten ist.
Redaktion: Worum ging es konkret in dem Fall?
Kerstin Bontschev: Ein Mitarbeiter des Ordnungs- und Gewerbeamts hatte im Zuge seines Ausscheidens eine Abfindung von 250.000 Euro angenommen. Dabei war ihm bewusst, dass der zuständige Personalreferent diese Zahlung nicht unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgaben zugesagt hatte. Das Gericht sah darin eine Beihilfe zur Untreue – also eine Unterstützung eines pflichtwidrigen Handelns zum Nachteil der Stadt.
Redaktion: Der Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Welche Rolle spielte die Verfahrensverzögerung?
Kerstin Bontschev: Aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat das Landgericht einen erheblichen Teil der Strafe – 90 von 120 Tagessätzen – als vollstreckt erklärt. Das ist Ausdruck des fair-trial-Grundsatzes: Auch ein Angeklagter hat Anspruch auf ein zügiges Verfahren. Solche Verzögerungen dürfen nicht folgenlos bleiben.
Redaktion: Welche Signalwirkung hat das Urteil Ihrer Meinung nach für die öffentliche Verwaltung?
Kerstin Bontschev: Es ist ein klares Warnsignal. Mitarbeiter in öffentlichen Ämtern müssen sich stets der Verantwortung bewusst sein, mit öffentlichen Geldern korrekt umzugehen. Wer offensichtliche Pflichtverstöße erkennt und davon persönlich profitiert, riskiert eine strafrechtliche Verurteilung – selbst wenn er „nur“ an der Auszahlung beteiligt ist und nicht der Hauptverantwortliche.
Redaktion: Gibt es aus Ihrer Sicht Lehren, die Städte und Gemeinden aus diesem Fall ziehen sollten?
Kerstin Bontschev: Unbedingt. Personalabteilungen und Behördenleitungen müssen interne Kontrollmechanismen stärken und Transparenz bei finanziellen Entscheidungen sicherstellen. Und für Beschäftigte gilt: Im Zweifel muss man Bedenken melden und nicht einfach von möglichen Vorteilen schweigen oder profitieren.
Redaktion: Vielen Dank, Frau Bontschev, für Ihre Einschätzungen!
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