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Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev zum Thema Photovoltaikanlagen und Umsatzsteuer

MariaGodfrida (CC0), Pixabay
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diebewertung.de: Immer wieder kommen von Mandanten, die Photovoltaikanlagen erworben haben, die Frage, welche umsatzsteuerlichen Wirkungen damit einhergehen und wann der Nullsteuersatz gilt.

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Diese Fragen sind durchaus verständlich und relevant. Grundsätzlich gilt für Photovoltaikanlagen der Mehrwertsteuersatz von 19 %, es sei denn, es greift ein Befreiungstatbestand. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in seinem Anwendungsschreiben IV C 6 – S 2121/23/10001:001 DOK 2023/0659709 Regelungen getroffen, die für steuerbegünstigte Photovoltaikanlagen ab dem Jahr 2023 gelten sollen.

diebewertung.de: Gibt es einen Unterschied zwischen Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Nein, es gibt keinen Unterschied zwischen Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer. Diese beiden Begriffe werden synonym verwendet. Grundsätzlich beträgt der Mehrwertsteuersatz in Deutschland 19 %.

diebewertung.de: Woraus besteht eine Photovoltaikanlage?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Eine Photovoltaikanlage setzt sich im Wesentlichen aus Solarmodulen, einem Wechselrichter und einem Einspeisezähler zusammen, wie auch in einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Juli 2011, XI R 29/09, BStBl. II 2012 S. 430 festgestellt wurde. Begünstigt sind solche Photovoltaikanlagen, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden und sich auf, an oder in einem Gebäude befinden, einschließlich Nebengebäude wie Gartenhäuser, Garagen oder Carports. Für Einfamilienhäuser gilt eine Leistungsgrenze von 30 kWp, um von der Steuerbegünstigung zu profitieren.

diebewertung.de: Welche Anlagen sind begünstigt?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Die Regelungen zur Begünstigung von Photovoltaikanlagen sind im § 12 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verankert. Ab dem 1. Januar 2023 unterliegt die Lieferung von Photovoltaikanlagen, die auf oder in der Nähe eines Wohngebäudes installiert werden, dem Nullsteuersatz. Dieser Nullsteuersatz erstreckt sich auf alle wesentlichen Komponenten einer Photovoltaikanlage, darunter Photovoltaikmodule, Wechselrichter und Batteriespeicher. Gleiches gilt für Photovoltaikanlagen, die auf öffentlichen oder anderen Gebäuden installiert werden, die gemeinnützigen Zwecken dienen, wie beispielsweise Vereinshäusern. Es ist wichtig zu beachten, dass der Nullsteuersatz nur für ab dem 1. Januar 2023 installierte oder erworbene Photovoltaikanlagen gilt und nicht für vorherige Erwerbe oder Installationen.

diebewertung.de: Haben die unterschiedlichen Zeitpunkte der Installation und Lieferung Auswirkungen?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Ja, der Nullsteuersatz gilt ab dem 1. Januar 2023. Wenn eine Photovoltaikanlage nur gekauft wird, ohne dass der Verkäufer auch die Installation durchführt, ist der Zeitpunkt der vollständigen Lieferung entscheidend. Wenn jedoch der Verkäufer sowohl den Verkauf als auch die Installation durchführt, ist der Zeitpunkt der vollständigen Installation entscheidend. Im Falle einer einheitlichen Werklieferung, bei der die Photovoltaikanlage an das öffentliche Stromnetz angeschlossen wird, fällt der Leistungszeitpunkt normalerweise mit dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme zusammen.

diebewertung.de: Was ist der Umfang der Steuerbefreiung?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Die Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 72 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) umfasst sowohl Einnahmen als auch Entnahmen, unabhängig von der Verwendung des mit der Photovoltaikanlage erzeugten Stroms. Hierzu zählen beispielsweise Einspeisevergütungen, Entgelte für Stromlieferungen an Dritte, Vergütungen für das Aufladen von Elektro- oder Hybridfahrzeugen, Zuschüsse sowie die Umsatzsteuer, die bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung vereinnahmt und erstattet wird.

diebewertung.de: Wann liegen Entnahmen vor?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Entnahmen treten auf, wenn der mit der Photovoltaikanlage erzeugte Strom für betriebsfremde Zwecke verwendet wird, beispielsweise wenn der Strom in den eigenen Wohnräumen genutzt wird oder unentgeltlich an Dritte überlassen wird. Eine Entnahme liegt jedoch nicht vor, wenn die Stromlieferung im Zusammenhang mit der Überlassung von Räumen an einen Mitarbeiter des betreibenden Unternehmens erfolgt.

diebewertung.de: Kann neben der Steuerbefreiung ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen werden?

Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g des Einkommensteuergesetzes setzt eine betriebliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht und damit einen prognostizierten Totalgewinn voraus. In Fällen, in denen ausschließlich Einnahmen und Entnahmen aus der Stromerzeugung von Photovoltaikanlagen stammen, die nach § 3 Nummer 72 des EStG begünstigt sind, gelten besondere Regeln. Ab dem 1. Januar 2023 ist die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen ausgeschlossen, da kein Gewinn mehr ermittelt wird. Investitionsabzugsbeträge, die in vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen wurden und bis zum 31. Dezember 2021 noch nicht gewinnwirksam hinzugerechnet wurden, müssen gemäß § 7g Absatz 3 des EStG rückgängig gemacht werden, wenn in nach § 3 Nummer 72 des EStG begünstigte Photovoltaikanlagen investiert wird.

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