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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek: „Mehrfachvertretung in Insolvenzverfahren – Chancen und Risiken“

Tumisu (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Blazek, ein aktueller Fall vor dem Oberlandesgericht Celle hat die Frage nach der Mehrfachvertretung in Insolvenzverfahren und die Gefahr eines Parteiverrats erneut in den Fokus gerückt. Was sind die rechtlichen und ethischen Herausforderungen in solchen Fällen?

Daniel Blazek: Die Mehrfachvertretung in Insolvenzverfahren ist ein heikles Thema, das tatsächlich zahlreiche Fallstricke birgt. Sobald mehrere Gläubiger vertreten werden, besteht die Gefahr, dass deren Interessen nicht immer deckungsgleich sind. Das kann schnell zu einer Interessenkollision führen. Ein Anwalt muss daher sicherstellen, dass er nicht in eine Situation gerät, in der er potenziell gegensätzliche Interessen seiner Mandanten vertritt. Transparenz und klare Absprachen sind hier das A und O, um rechtliche und auch strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Frage: Im konkreten Fall hatte der Anwalt offenbar die Interessen zweier neuer Mandanten nur eingeschränkt vertreten, was später zu einer Verurteilung wegen Parteiverrats führte. Das OLG Celle hat das Urteil jedoch aufgehoben. Was war ausschlaggebend für diese Entscheidung?

Daniel Blazek: Das Oberlandesgericht Celle hat das Urteil des Landgerichts Hildesheim aufgehoben, weil es gravierende Mängel in der Beweiswürdigung sah. Das Landgericht hatte vor allem die Sichtweise der neuen Mandanten zugrunde gelegt und dabei wesentliche Entlastungsaspekte vernachlässigt. So hat das OLG etwa betont, dass der Anwalt vor der Mandatierung gar nicht geprüft hatte, ob die Forderungen der neuen Gläubiger überhaupt durchsetzbar waren. Zudem hatte er keinen Vergütungsanspruch geltend gemacht, was darauf hindeutet, dass sein Fokus allein auf der Neubesetzung des Gläubigerausschusses lag. All diese Umstände hätte das Landgericht berücksichtigen müssen.

Frage: Was bedeutet dieses Urteil für die Praxis? Wie können Anwälte in solchen Situationen vorgehen, um Interessenkonflikte zu vermeiden?

Daniel Blazek: Das Urteil verdeutlicht, wie wichtig es ist, den Umfang eines Mandats klar zu definieren und dies schriftlich festzuhalten. Anwälte sollten ihren Mandanten detailliert darlegen, was sie leisten werden und was nicht. Im Idealfall sollte auch eine schriftliche Bestätigung der Mandanten vorliegen, dass sie die Einschränkung des Mandats akzeptieren. Wenn sich während des Verfahrens dennoch eine Interessenkollision abzeichnet, gibt es nur eine Möglichkeit: Man muss sämtliche betroffenen Mandate niederlegen. Das ist standesrechtlich geboten und schützt den Anwalt vor möglichen rechtlichen Konsequenzen.

Frage: In diesem Fall wurde dem Anwalt vorgeworfen, die Forderungen seiner neuen Mandanten in der Gläubigerversammlung bestritten zu haben, wodurch ihre Stimmrechte gefährdet wurden. Wie bewerten Sie dieses Vorgehen?

Daniel Blazek: Das Bestreiten von Forderungen ist in der Tat ein kritischer Punkt. Nach § 77 Insolvenzordnung hängen Stimmrechte in der Gläubigerversammlung davon ab, ob die Forderungen unbestritten sind. Indem der Anwalt die Forderungen seiner neuen Mandanten bestritt, hat er ihre Stimmrechte gefährdet, was natürlich problematisch ist. Selbst wenn sein Mandat nur eingeschränkt war, hätte er hier sensibler vorgehen müssen. Es stellt sich die Frage, ob er die Mandanten zumindest darauf hätte hinweisen müssen, dass das Bestreiten ihrer Forderungen negative Konsequenzen für ihre Stimmrechte haben könnte.

Frage: Das OLG Celle wies darauf hin, dass der Anwalt die Mandate in einer solchen Interessensituation hätte niederlegen müssen. Wie häufig kommt es in der Praxis zu solchen Konflikten, und wie sollten Anwälte damit umgehen?

Daniel Blazek: Interessenkonflikte sind in Insolvenzverfahren tatsächlich keine Seltenheit. Sie entstehen häufig, weil die unterschiedlichen Gläubiger oft nicht die gleichen Ziele verfolgen. Ein Anwalt muss daher von Anfang an wachsam sein und mögliche Konflikte frühzeitig erkennen. Wenn ein solcher Konflikt auftritt, bleibt nur eine Möglichkeit: Die betroffenen Mandate müssen konsequent niedergelegt werden. Das mag unangenehm sein, vor allem wenn der Anwalt schon viel Arbeit in die Sache investiert hat, aber es ist der einzige Weg, um rechtliche und berufsethische Probleme zu vermeiden.

Frage: Was nehmen Sie persönlich aus diesem Fall mit?

Daniel Blazek: Der Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, in der Kommunikation mit den Mandanten absolut transparent zu sein. Gerade in Insolvenzverfahren, die von Natur aus komplex und konfliktträchtig sind, ist es entscheidend, klare Absprachen zu treffen und diese auch zu dokumentieren. Als Anwalt muss man sich darüber im Klaren sein, dass Interessenkollisionen schnell entstehen können und dann konsequentes Handeln erforderlich ist.

Frage: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Blazek.

Daniel Blazek: Sehr gerne. Ich hoffe, dass dieser Fall dazu beiträgt, das Bewusstsein für die Risiken der Mehrfachvertretung in der Anwaltschaft zu schärfen

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