Startseite Interviews Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek über die Besteuerung von ETFs
Interviews

Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek über die Besteuerung von ETFs

viarami (CC0), Pixabay
Teilen

Interviewer: Herr Blazek, seit 2018 müssen ja Wertzuwächse von ETFs versteuert werden, selbst wenn sie nur im Depot liegen. Was ändert sich da 2024 genau?

Daniel Blazek: Genau, das ist richtig. Ab 2024 wird sich das stärker bemerkbar machen. Grund ist die Vorabpauschale, die als Basis für die Kapitalertragssteuer dient. Diese Steuer wird normalerweise erst beim Verkauf der Papiere fällig. Aber bei ETFs wird sie vorab berechnet, also bevor die Papiere verkauft werden.

Interviewer: Wie genau wird denn diese Vorabpauschale berechnet?

Blazek: Die Vorabpauschale hängt vom sogenannten Basiszins ab, den das Bundesfinanzministerium festlegt. Für 2023 liegt er bei 2,55 Prozent. Man nimmt den Wert des Fonds zu Jahresbeginn, multipliziert ihn mit 70 Prozent des Basiszinses und zieht Ausschüttungen ab. Nehmen wir ein Beispiel: Ein ETF ist am Anfang des Jahres 10.000 Euro wert, am Ende 10.700 Euro und hat 100 Euro ausgeschüttet. Dann wäre die Vorabpauschale 78,50 Euro. Das ist die Grundlage für die Steuerberechnung, die dann je nach Art des Fonds variiert.

Interviewer: Und wann fällt diese Vorabpauschale nicht an?

Blazek: Wenn der Wert der Fondsanteile nicht gestiegen ist oder wenn Ausschüttungen, die versteuert wurden, höher als der Gewinn sind. Außerdem gibt es den Sparerfreibetrag. Er liegt bei 1.000 Euro, bei Paaren bei 2.000 Euro. Bleibt man unter diesem Betrag, fällt keine Steuer an.

Interviewer: Wird die Vorabpauschale automatisch von der Bank abgezogen?

Blazek: Ja, die Bank berechnet sie Anfang Januar und zieht sie vom Verrechnungskonto ein. Man sollte also darauf achten, dass genug Geld darauf ist. Es ist auch wichtig, den Freistellungsauftrag zu prüfen und eventuell auf mehrere Banken zu verteilen.

Interviewer: Muss man die Vorabpauschale in der Steuererklärung angeben?

Blazek: Ja, sie gehört in die Anlage KAP der Einkommensteuererklärung. Deutsche Banken rechnen das automatisch aus und geben Anleitungen für die Steuererklärung. Es gibt auch Rechner im Internet, die dabei helfen können.

Interviewer: Und wie sieht es mit der Steuer beim Verkauf der ETFs aus?

Blazek: Beim Verkauf fällt die Abgeltungssteuer an, das sind 26,38 Prozent des Gewinns. Wer kirchensteuerpflichtig ist, muss mehr zahlen. Verkauft man mit Verlust, fällt keine Steuer an, und man kann den Verlust mit anderen Gewinnen verrechnen. Eine bereits gezahlte Vorabsteuer kann mit der Abgeltungssteuer verrechnet werden.

Was aber ist ein ETF überhaupt?

Blazek: Ein ETF, kurz für „Exchange-Traded Fund“, ist eine Art Investmentfonds, der an der Börse gehandelt wird. Er ist darauf ausgerichtet, die Performance eines bestimmten Index, wie zum Beispiel den DAX, S&P 500 oder den MSCI World, nachzubilden. Hier sind einige Schlüsselaspekte von ETFs:

Indexnachbildung: Ein ETF versucht, die Rendite eines bestimmten Index zu replizieren. Dafür investiert der Fonds in die Wertpapiere, die im Index enthalten sind, häufig in der gleichen Gewichtung wie im Index.

Börsengehandelt: Im Gegensatz zu traditionellen Investmentfonds, die am Ende eines Handelstages zu einem festgelegten Preis gekauft und verkauft werden, können ETFs wie Aktien während des gesamten Handelstages über die Börse gekauft und verkauft werden.

Geringere Kosten: ETFs haben in der Regel niedrigere Gebühren als aktiv gemanagte Fonds, da sie automatisiert einem Index folgen und weniger Fondsmanagement erfordern.

Transparenz: Da ETFs einen Index nachbilden, ist ihre Zusammensetzung in der Regel transparent und für Anleger leicht nachvollziehbar.

Diversifikation: ETFs bieten Anlegern die Möglichkeit, mit einem einzigen Investment in eine breite Palette von Wertpapieren zu investieren, was zur Risikostreuung beiträgt.

Flexibilität: Anleger können ETFs kaufen und verkaufen wie Aktien, was ihnen Flexibilität in Bezug auf Timing und Handelsstrategien bietet.

Dividenden: Falls die im ETF enthaltenen Wertpapiere Dividenden ausschütten, werden diese entweder an die Anleger ausgezahlt oder reinvestiert, abhängig von der Art des ETF.

ETFs sind beliebt bei Anlegern, die eine kostengünstige und einfache Möglichkeit suchen, in breite Marktsegmente oder spezifische Branchen zu investieren. Sie eignen sich sowohl für langfristige Anlagestrategien als auch für kurzfristige Handelsansätze.

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Interviews

Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: „Betrüger in Deutschland? Geschützt wie Pandabären!“

Interviewer: Herr Reime, es gibt da diese kuriosen Fälle: Ein Schweizer Großbetrüger...

Interviews

Kommanditanleger in der Liquidationsfalle: Eingeschränkte Kündigungsrechte in der Liquidationsphase der Fonds

dieBewertung: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit...

Interviews

Rechtsanwalt Thomas Sontowski zur Meldung The Grounds Real Estate Development AG (

Wenn Anleger, die in die Anleihe von The Grounds Real Estate Development...

Interviews

Interview mit Herrn Roland Z. über seine Erfahrungen mit der MCM AG Mitteldeutsche Capital Management AG

Interviewer: Herr Roland Z., vielen Dank, dass Sie uns von Ihren Erfahrungen...