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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zum EuGH Urteil Bekämpfung aggressiver Steuerplanung

Tumisu (CC0), Pixabay
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Interviewer: Guten Tag, Herr Rechtsanwalt Blazek. Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich ein wichtiges Urteil zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung gefällt. Können Sie uns die Kernpunkte erläutern?

Rechtsanwalt Blazek: Guten Tag. Ja, der EuGH hat in der Tat eine bedeutende Entscheidung getroffen. Im Kern geht es um die Bestätigung der Gültigkeit verschiedener Bestimmungen einer EU-Richtlinie zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung. Diese Richtlinie verpflichtet Intermediäre wie Steuerberater und Rechtsanwälte, potenziell aggressive grenzüberschreitende Steuergestaltungen an die zuständigen Behörden zu melden.

Interviewer: Was war der konkrete Anlass für dieses Urteil?

Rechtsanwalt Blazek: Der Anlass waren Klagen von Vereinigungen von Steueranwälten und Steuerberatern sowie Rechtsanwaltskammern in Belgien. Sie argumentierten, dass die Richtlinie gegen verschiedene Grundrechte und Prinzipien des EU-Rechts verstoße. Der belgische Verfassungsgerichtshof legte dem EuGH daraufhin Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Interviewer: Welche Bedenken hatten die Kläger konkret?

Rechtsanwalt Blazek: Die Kläger hatten Bedenken hinsichtlich der Gleichbehandlung, der Rechtssicherheit, des Schutzes der Privatsphäre und des Berufsgeheimnisses. Sie argumentierten, dass die Meldepflicht zu weit gefasst und zu unbestimmt sei und in die Rechte der Betroffenen unverhältnismäßig eingreife.

Interviewer: Wie hat der EuGH diese Bedenken bewertet?

Rechtsanwalt Blazek: Der EuGH hat die meisten dieser Bedenken zurückgewiesen. Er stellte fest, dass die Terminologie der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt sei und dass der Eingriff in die Privatsphäre verhältnismäßig und gerechtfertigt sei. Allerdings bestätigte er eine frühere Entscheidung, dass die Pflicht von Rechtsanwälten, andere Intermediäre über deren Meldepflichten zu informieren, das Berufsgeheimnis verletzt.

Interviewer: Was bedeutet dieses Urteil in der Praxis?

Rechtsanwalt Blazek: In der Praxis bedeutet dies, dass die Meldepflicht für die meisten Intermediäre bestehen bleibt. Steuerberater und andere Fachleute müssen weiterhin potenziell aggressive Steuergestaltungen melden. Nur Rechtsanwälte genießen einen besonderen Schutz ihres Berufsgeheimnisses. Das Urteil stärkt insgesamt die Position der EU im Kampf gegen Steuervermeidung und -hinterziehung.

Interviewer: Welche Auswirkungen erwarten Sie von diesem Urteil?

Rechtsanwalt Blazek: Ich erwarte, dass dieses Urteil zu einer verstärkten Meldung von aggressiven Steuergestaltungen führen wird. Es könnte auch dazu führen, dass Steuerpflichtige und ihre Berater vorsichtiger bei der Planung von grenzüberschreitenden Steuerstrukturen werden. Gleichzeitig wird es wahrscheinlich die Debatte über die Balance zwischen Steuergerechtigkeit und Berufsgeheimnissen weiter anregen.

Interviewer: Herr Rechtsanwalt Blazek, vielen Dank für diese aufschlussreichen Erläuterungen.

Rechtsanwalt Blazek: Gerne geschehen. Es ist wichtig, dass sowohl Fachleute als auch die Öffentlichkeit über diese Entwicklungen im Steuerrecht informiert sind, da sie weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Steuerplanung und -beratung haben können.

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