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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zur Betrugsmasche „Pig Butchering“ und ihren Auswirkungen auf Anleger

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Frage: Herr Blazek, die Masche „Pig Butchering“ hat weltweit bereits Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Wie erklären Sie sich den Erfolg dieser Betrugsform?

Daniel Blazek: „Pig Butchering“ ist eine besonders perfide Form des Betrugs, die auf ausgefeilten psychologischen Methoden basiert. Die Täter bauen über Wochen oder Monate ein Vertrauensverhältnis zu ihren Opfern auf, oft über Dating- oder Social-Media-Plattformen. Dabei nutzen sie gezielt Emotionen wie Einsamkeit und den Wunsch nach finanzieller Sicherheit aus. Diese Betrugsform ist so erfolgreich, weil sie die Opfer in einer emotionalen Schwächephase abholt und gleichzeitig die Aussicht auf hohe Renditen bei vermeintlich sicheren Krypto-Investments vorgaukelt.


Frage: Welche rechtlichen Möglichkeiten haben die Opfer, ihr Geld zurückzubekommen?

Daniel Blazek: Die rechtliche Verfolgung solcher Fälle ist oft sehr schwierig. Zunächst sollten sich Betroffene an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft wenden, um Strafanzeige zu erstatten. Gleichzeitig ist es wichtig, alle verfügbaren Beweise zu sichern – also Chatverläufe, Überweisungsbelege und Screenshots der betrügerischen Plattform. In vielen Fällen sind zivilrechtliche Schritte möglich, um die Rückforderung von Geldern zu versuchen. Allerdings führen die Spur oft in Länder mit schwacher Rechtsdurchsetzung, was die Erfolgsaussichten mindert.


Frage: Welche Rolle spielt die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung solcher Betrugsmaschen?

Daniel Blazek: Die internationale Zusammenarbeit ist essenziell. Viele der Täter agieren aus sogenannten Scam-Compounds in Südostasien oder anderen Regionen mit schwacher staatlicher Kontrolle. Nationale Behörden stoßen hier schnell an ihre Grenzen. Deshalb sind Kooperationen wie die zwischen dem bayerischen Justizministerium und Interpol von entscheidender Bedeutung. Ohne den Austausch von Informationen und gemeinsame Ermittlungen sind solche kriminellen Netzwerke kaum zu zerschlagen.


Frage: Es wird berichtet, dass viele der Täter selbst Opfer moderner Sklaverei sind. Wie bewerten Sie diesen Aspekt?

Daniel Blazek: Das ist ein hochkomplexes Thema. Einerseits sind die Täter, die direkt mit den Opfern kommunizieren, oft selbst in einer verzweifelten Lage und werden unter unmenschlichen Bedingungen in Scam-Zentren festgehalten. Andererseits begehen sie aktiv Straftaten, indem sie andere Menschen um ihr Geld bringen. Es ist entscheidend, die Hintermänner dieser Strukturen zu verfolgen, die diese moderne Form der Sklaverei organisieren und profitieren. Gleichzeitig muss auch den sogenannten Cybersklaven geholfen werden, aus ihrer Situation zu entkommen.


Frage: Was können Anleger tun, um sich vor solchen Betrugsmaschen zu schützen?

Daniel Blazek: Vorsicht ist der beste Schutz. Anleger sollten sich immer fragen, ob die versprochenen Renditen realistisch sind. Es empfiehlt sich, die Seriosität von Plattformen und Ansprechpartnern genau zu prüfen. Ein fehlendes Impressum oder die Aufforderung, Gelder auf ausländische Konten zu überweisen, sind klare Warnsignale. Vor allem sollten Anleger nie unter emotionalem Druck oder aus einem Gefühl des Vertrauens heraus handeln, ohne die Angebote kritisch zu hinterfragen.


Frage: Sehen Sie bei den aktuellen rechtlichen und behördlichen Maßnahmen Verbesserungsbedarf?

Daniel Blazek: Absolut. Die Strafverfolgung und Prävention solcher Betrugsmaschen müssen weiter ausgebaut werden. Dazu gehören nicht nur verstärkte internationale Kooperationen, sondern auch Aufklärungsarbeit, um potenzielle Opfer frühzeitig zu sensibilisieren. Auf EU-Ebene könnte zudem das Cyber-Sanktionsregime gezielt erweitert werden, um die Hintermänner solcher Netzwerke wirksam zu treffen.


Frage: Herr Blazek, vielen Dank für das Gespräch!

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