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Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek zur geplanten Restrukturierung der Noratis-Anleihe 2020/25

Tumisu (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Blazek, die Noratis AG plant, die Laufzeit der Anleihe 2020/25 bis zum 31.12.2028 zu verlängern und eine vorzeitige Rückzahlungsmöglichkeit für die Emittentin einzuführen. Was bedeutet diese Maßnahme für die investierten Anleger?

Daniel Blazek: Die geplante Laufzeitverlängerung und die vorzeitige Rückzahlungsmöglichkeit für die Emittentin sind klassische Restrukturierungsmaßnahmen, die in finanziell angespannten Situationen angewendet werden. Für die Anleger bedeutet dies, dass sie länger auf die Rückzahlung ihres Kapitals warten müssen, was ein erhöhtes Risiko darstellt. Gleichzeitig erhält die Noratis AG mehr Zeit, um ihre Immobilien zu einem günstigeren Zeitpunkt zu verkaufen, was möglicherweise bessere Verkaufspreise und damit höhere Mittelzuflüsse generieren könnte. Im Idealfall könnte dies die Fähigkeit des Unternehmens verbessern, die Anleihe am Ende der verlängerten Laufzeit zurückzuzahlen.

Frage: Die Noratis AG hat für die Anleihegläubigerversammlung am 10. September 2024 eine hohe Teilnahmequote gefordert, um beschlussfähig zu sein. Wie wichtig ist die Teilnahme für die Anleihegläubiger?

Blazek: Die Teilnahme an der Anleihegläubigerversammlung ist für die Gläubiger von entscheidender Bedeutung, insbesondere wenn es um die Abstimmung über wichtige Restrukturierungsmaßnahmen geht. Wenn die Gläubiger nicht in ausreichender Zahl erscheinen oder sich vertreten lassen, kann die Versammlung möglicherweise nicht beschlussfähig sein, was die geplante Restrukturierung verzögern würde. Dies könnte die finanzielle Situation der Noratis AG weiter belasten. Es ist daher im Interesse der Gläubiger, ihre Stimme abzugeben, um sicherzustellen, dass ihre Interessen bei der Restrukturierung berücksichtigt werden.

Frage: Die Noratis AG hat Abwertungen des Immobilienbestands in Höhe von rund 31 Millionen Euro vorgenommen. Wie wirkt sich das auf die Position der Anleihegläubiger aus?

Blazek: Die Abwertungen des Immobilienbestands sind ein deutliches Zeichen dafür, dass sich der Wert der Sicherheiten, die indirekt für die Anleihe stehen, verringert hat. Dies bedeutet für die Anleihegläubiger ein erhöhtes Risiko, da der Wert des Unternehmens und damit die Sicherheit für die Rückzahlung der Anleihe gesunken ist. Die Abwertungen sind auch der Grund für die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen, da sie das Ergebnis der Noratis AG erheblich belastet haben und eine Anpassung der bisherigen Geschäfts- und Finanzierungsstrategie erforderlich machen.

Frage: Was bedeutet die Anpassung der Jahresprognose für die finanzielle Gesundheit der Noratis AG und die Zukunft der Anleihe?

Blazek: Die Anpassung der Jahresprognose, die nun von einem deutlich negativen EBT und EBIT ausgeht, zeigt, dass die Noratis AG in diesem Jahr erhebliche Verluste erwartet. Dies verschlechtert die finanzielle Lage des Unternehmens und erhöht das Risiko, dass es Schwierigkeiten haben könnte, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Für die Anleihegläubiger bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Rückzahlungsplans sinkt, wenn das Unternehmen seine finanzielle Situation nicht stabilisieren kann.

Frage: Die Noratis AG hat darauf hingewiesen, dass die Marktbedingungen für Immobilien in Deutschland nach wie vor schwach sind. Welche Auswirkungen hat dies auf die geplante Restrukturierung?

Blazek: Die schwachen Marktbedingungen erschweren es der Noratis AG, Immobilien zu guten Preisen zu verkaufen, was die Liquiditätslage des Unternehmens beeinträchtigt. Daher ist die geplante Restrukturierung ein Versuch, dem Unternehmen mehr Zeit zu geben, um auf bessere Marktbedingungen zu warten. Allerdings birgt dies auch das Risiko, dass sich die Marktbedingungen nicht wie erhofft verbessern und das Unternehmen möglicherweise noch länger in einer angespannten finanziellen Situation verbleibt. Für die Anleihegläubiger bedeutet dies, dass sie möglicherweise länger auf die Rückzahlung warten müssen und die Unsicherheit über die Rückzahlung bleibt bestehen.

Frage: Was raten Sie den Anleihegläubigern angesichts dieser Entwicklungen?

Blazek: Ich rate den Anleihegläubigern, die Situation genau zu beobachten und an der Anleihegläubigerversammlung teilzunehmen oder sich vertreten zu lassen. Sie sollten sich gründlich über die vorgeschlagenen Maßnahmen informieren und kritisch prüfen, ob die vorgeschlagene Restrukturierung ihren Interessen dient. Es könnte auch sinnvoll sein, rechtlichen Rat einzuholen, um die möglichen Konsequenzen der Restrukturierung besser einschätzen zu können. Die Gläubiger sollten sich darüber im Klaren sein, dass die geplante Verlängerung der Anleihelaufzeit sowohl Chancen als auch Risiken birgt.

Frage: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Blazek.

Dieses Interview soll den Anlegern eine klare Vorstellung davon geben, welche Auswirkungen die geplante Restrukturierung der Noratis-Anleihe auf ihre Investitionen haben könnte und welche Schritte sie unternehmen sollten, um ihre Interessen zu wahren.

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