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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: „Ferienapartments am Scharmützelsee – Risiken, die Anleger kennen sollten“

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Frage: Herr Reime, das Projekt „AVAMAR Scharmützelsee“ wirbt mit luxuriösen Ferienapartments, Traumrenditen und einer Top-Lage. Ist so ein Investment wirklich so sicher und lukrativ, wie es auf den ersten Blick erscheint?

Jens Reime: Auf den ersten Blick mag das Angebot tatsächlich attraktiv wirken: eine idyllische Lage, eine vielversprechende Rendite und ein vermeintlich ausgereiftes Betreiberkonzept. Doch Anleger sollten sich bewusst sein, dass hinter solchen Angeboten oft erhebliche Risiken lauern, die in der Werbung natürlich nicht prominent erwähnt werden. Es handelt sich hier um ein Investment in Ferienimmobilien, und dieser Markt bringt ganz eigene Herausforderungen mit sich, die schnell zu bösen Überraschungen führen können.

Frage: Können Sie Beispiele für solche Risiken nennen?

Jens Reime: Natürlich. Beginnen wir mit dem zentralen Punkt: der versprochenen Rendite. Werblich wird hier mit „über 8 % Rendite“ geworben, aber solche Prognosen sind immer mit Vorsicht zu genießen. Wie hoch die tatsächliche Auslastung der Apartments sein wird, ist ungewiss – insbesondere in wirtschaftlich unsicheren Zeiten oder bei Veränderungen im Tourismusmarkt. Ferienimmobilien sind stark abhängig von äußeren Faktoren wie Wetter, Pandemiegeschehen, Inflation oder schlichtweg einem Rückgang der Nachfrage nach inländischem Tourismus. Wenn die versprochenen Belegungszahlen nicht erreicht werden, schmilzt die Rendite dahin – oder es entstehen sogar Verluste.

Frage: Die Werbeanzeige spricht von einem „innovativen Betreiberkonzept“. Ist das nicht eine Absicherung für Investoren?

Jens Reime: Leider nein. Das sogenannte „Rundum-Sorglos-Betreiberkonzept“ klingt zwar beruhigend, birgt aber Gefahren. Anleger geben hier die Kontrolle vollständig an die Betreibergesellschaft ab, was sie stark abhängig macht. Diese Gesellschaft entscheidet über die Preisgestaltung, die Vermietung und die allgemeine Nutzung der Immobilie. Scheitert die Betreibergesellschaft oder gerät sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten, steht der Anleger plötzlich allein da – oft mit einer Immobilie, die schwer vermietbar ist oder hohe Unterhaltskosten verursacht. Im schlimmsten Fall bleibt man auf einer nicht nutzbaren Immobilie sitzen.

Frage: Ein weiteres Verkaufsargument ist das Wachstumspotential des Ferienimmobilienmarkts. Was halten Sie davon?

Jens Reime: Solche Wachstumsversprechen sind typischer Bestandteil von Immobilienprospekten und häufig überzogen. Zwar gab es in den letzten Jahren einen Boom bei Ferienimmobilien, doch der Markt ist auch stark von Konjunkturzyklen abhängig. Steigende Zinsen, Inflation und ein verändertes Reiseverhalten können schnell zu einer Dämpfung führen. Zudem ist nicht garantiert, dass eine Ferienimmobilie in einer bestimmten Region langfristig an Wert gewinnt – auch wenn die Werbung dies suggeriert. Anleger sollten immer damit rechnen, dass der Wert ihrer Investition stagniert oder sogar sinkt.

Frage: Das Angebot wirbt auch mit KI-gestütztem Management, das angeblich „20 % höhere Erträge“ ermöglichen soll. Ist das glaubwürdig?

Jens Reime: Solche Aussagen sind äußerst kritisch zu betrachten. Begriffe wie „KI“ oder „innovative Systemlandschaft“ klingen beeindruckend, sind aber oft reines Marketing. Wie diese 20 % Mehrertrag konkret erzielt werden sollen, bleibt unklar. Ohne detaillierte und nachprüfbare Zahlen ist eine solche Behauptung nichts weiter als ein Luftschloss. Anleger sollten sich fragen: Wenn dieses Konzept wirklich so erfolgreich ist, warum benötigt das Unternehmen dann externe Investoren?


Frage: Welche rechtlichen Fallstricke können bei solchen Investments auftreten?

Jens Reime: Ein großes Risiko besteht darin, dass Anleger sich oft langfristig binden. Häufig sind Verträge so ausgestaltet, dass eine vorzeitige Kündigung oder ein Ausstieg nur unter erheblichen Verlusten möglich ist. Zudem können versteckte Kosten für Instandhaltung, Renovierung oder Betreibergebühren auftreten, die die Rendite erheblich schmälern. Auch steuerliche Aspekte, wie die Umsatzsteuerpflicht bei der Vermietung, werden oft nicht ausreichend kommuniziert.

Ein weiterer Punkt ist die Haftung: Wenn es beispielsweise zu Baumängeln oder Verzögerungen beim Bau kommt, bleiben die Anleger oft auf den Kosten sitzen. Es ist essenziell, die Vertragsunterlagen vorab von einem unabhängigen Experten prüfen zu lassen.

Frage: Haben Sie abschließend einen Rat für Anleger, die über ein solches Investment nachdenken?

Jens Reime: Ja, unbedingt. Prüfen Sie die Unterlagen sorgfältig und lassen Sie sich nicht von Hochglanzbroschüren oder vermeintlichen Traumrenditen blenden. Hinterfragen Sie die Angaben kritisch und lassen Sie sich die Zahlen und Prognosen detailliert erklären. Suchen Sie außerdem rechtlichen Rat, bevor Sie sich verpflichten. Und bedenken Sie: Ein Investment in Ferienimmobilien ist eine spekulative Anlageform. Wer nicht bereit ist, mögliche Verluste zu akzeptieren, sollte lieber die Finger davon lassen.

Frage: Gibt es Alternativen zu solchen Investments?

Jens Reime: Natürlich. Wer in Immobilien investieren möchte, sollte sich zunächst auf klassischere Modelle wie Mietwohnungen in wachstumsstarken Regionen konzentrieren. Diese bieten zwar möglicherweise niedrigere Renditen, sind dafür aber kalkulierbarer und risikoärmer. Alternativ können Immobilienfonds oder börsengehandelte REITs (Real Estate Investment Trusts) eine gute Möglichkeit sein, von Immobilieninvestments zu profitieren, ohne direkt in ein einzelnes, hochspekulatives Projekt wie ein Ferienapartment zu investieren.

Frage: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre wertvollen Einblicke!

Jens Reime: Gern geschehen. Es ist wichtig, dass Anleger gut informiert sind, bevor sie Entscheidungen treffen, die sie langfristig bereuen könnten.

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