Interviewer: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich erneut Zeit für uns nehmen. Wir hatten uns bereits vor einigen Wochen über den Fall GGMT unterhalten. Nun gibt es für die Anleger schlechte Neuigkeiten: Am 2. Oktober 2024 beginnt in Wien der Prozess gegen die führenden Personen des Unternehmens wegen mutmaßlichen Betrugs. Wie sehen Sie die Lage für die betroffenen Anleger, insbesondere im Hinblick auf den Vertrieb in Dresden? Könnte auch dieser in die Haftung genommen werden?
Jens Reime: Vielen Dank, dass Sie das Thema erneut aufgreifen. Der anstehende Prozess in Wien ist sicherlich ein wichtiger Meilenstein, um die Verantwortlichkeiten und die genauen Umstände des mutmaßlichen Betrugs bei GGMT aufzuklären. Im Hinblick auf den Vertrieb, wie den aus Dresden, stellt sich natürlich die Frage nach der Haftung. Grundsätzlich kann ein Vertrieb, der solche Finanzprodukte vermittelt hat, in die Verantwortung genommen werden, insbesondere wenn er seine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Wenn sich herausstellt, dass der Vertrieb nicht ausreichend geprüft hat, ob die Produkte seriös sind oder Kunden nicht ausreichend über Risiken aufgeklärt wurden, kann das eine Haftung begründen.
Interviewer: Welche Pflichten hat ein Vertrieb in einem solchen Fall, um sich vor Haftungsansprüchen zu schützen?
Jens Reime: Vertriebe haben die Pflicht, Anleger umfassend und wahrheitsgemäß über die angebotenen Produkte zu informieren. Dazu gehört, dass sie sich selbst über die Hintergründe und Seriosität der Angebote im Klaren sein müssen. Ein Vertrieb darf nicht blind Produkte vermitteln, sondern muss prüfen, ob die versprochenen Renditen realistisch sind und ob die Unternehmen, mit denen er zusammenarbeitet, eine saubere Geschäftsgrundlage haben. Insbesondere im Finanzsektor gibt es strenge Vorgaben zur Aufklärung der Anleger, die auch die Risiken deutlich machen müssen. Wenn der Vertrieb hier nachlässig war oder gar bewusst Risiken verschwiegen hat, besteht die Gefahr einer Mithaftung.
Interviewer: Das klingt, als könnten auf den Vertrieb erhebliche Konsequenzen zukommen. Wie sollten sich betroffene Anleger jetzt verhalten?
Jens Reime: Betroffene Anleger sollten dringend prüfen, ob sie Schadensersatzansprüche gegenüber dem Vertrieb geltend machen können. Es ist wichtig, alle relevanten Unterlagen wie Verträge, Prospekte und Kommunikationsverläufe zu sichern, um nachweisen zu können, welche Informationen zum Zeitpunkt der Investition vorlagen. Ein spezialisierter Anwalt kann dann prüfen, ob der Vertrieb seine Pflichten verletzt hat. Wenn dies der Fall ist, besteht eine gute Chance, dass Anleger zumindest einen Teil ihrer Verluste zurückfordern können.
Interviewer: Gibt es im Fall von GGMT Besonderheiten, die Anleger in Bezug auf den Vertrieb beachten sollten?
Jens Reime: Der Fall GGMT ist besonders, weil es hier um den Verdacht eines groß angelegten Betruges geht. Das bedeutet, dass nicht nur das Unternehmen selbst, sondern auch alle involvierten Parteien, wie der Vertrieb, unter die Lupe genommen werden. Sollte sich im Prozess herausstellen, dass der Vertrieb von den fragwürdigen Praktiken wusste oder diese zumindest hätte erkennen können, könnten auch die Vermittler zur Rechenschaft gezogen werden. Wichtig ist, dass Anleger nicht passiv bleiben, sondern aktiv ihre Ansprüche prüfen lassen.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzungen und die wertvollen Informationen.
Jens Reime: Gern geschehen. Ich rate allen betroffenen Anlegern, jetzt aktiv zu werden und ihre rechtlichen Möglichkeiten sorgfältig prüfen zu lassen.
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