Redaktion: Herr Reime, die TRADIUM GmbH wirbt mit Seltenen Erden als „krisensichere“ Geldanlage und hebt die langfristig steigende Nachfrage durch die Industrie hervor. Sind solche Investitionen tatsächlich so vielversprechend, wie sie dargestellt werden?
Jens Reime: Seltene Erden können durchaus eine interessante Ergänzung in einem diversifizierten Portfolio sein, vor allem wenn Anleger auf physische Sachwerte setzen möchten. Diese Rohstoffe werden in vielen Zukunftstechnologien wie Elektromobilität, erneuerbaren Energien und der Halbleiterindustrie benötigt. Das Wachstumspotenzial der Nachfrage ist zweifelsohne gegeben.
Allerdings sollten Anleger nicht dem Eindruck erliegen, dass es sich um eine völlig risikofreie oder „krisensichere“ Anlageform handelt, wie die Werbung suggeriert. Auch Seltene Erden unterliegen marktspezifischen Risiken, wie Preisvolatilität, Abhängigkeit von internationalen Lieferketten und geopolitischen Faktoren – insbesondere da der Großteil der Produktion aus China stammt. Zudem gibt es rechtliche und praktische Aspekte, die bedacht werden müssen, bevor man sein Geld investiert.
„Sind Seltene Erden tatsächlich eine gute Alternative zu Edelmetallen wie Gold oder Silber?“
Redaktion: TRADIUM stellt Seltene Erden als interessante Alternative zu Edelmetallen dar. Teilen Sie diese Einschätzung?
Jens Reime: Seltene Erden unterscheiden sich grundlegend von Edelmetallen wie Gold oder Silber. Während Gold beispielsweise universell anerkannt ist und sowohl als Wertaufbewahrungsmittel als auch Krisenwährung fungiert, haben Seltene Erden in erster Linie einen industriellen Nutzen.
Das bedeutet, dass ihr Wert von der Nachfrage in spezifischen Industriezweigen abhängt. Zudem sind Seltene Erden kein börsengehandelter Rohstoff. Der Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage, was die Bewertung und Liquidität erschwert. Anleger sollten sich daher bewusst sein, dass der Wiederverkauf komplizierter sein kann als bei Edelmetallen. Es ist ratsam, sich vorab genau zu informieren, welche Abnehmer es gibt und wie sich der Markt entwickelt.
„Welche rechtlichen und praktischen Risiken bestehen bei solchen Anlagen?“
Redaktion: Welche rechtlichen oder praktischen Risiken sollten Anleger bei einer Investition in Seltene Erden berücksichtigen?
Jens Reime: Es gibt mehrere Risiken, die Anleger im Blick behalten sollten:
- Markt- und Preisrisiken: Der Markt für Seltene Erden ist stark von geopolitischen Faktoren abhängig. Da China einen Großteil der Produktion kontrolliert, können Handelskonflikte, Exportbeschränkungen oder andere politische Entscheidungen erhebliche Auswirkungen auf die Preise haben.
- Liquidität: Seltene Erden werden nicht an der Börse gehandelt. Das heißt, der Wiederverkauf hängt davon ab, ob ein passender Käufer gefunden wird. Anleger sollten klären, ob und wie TRADIUM als Vermittler agiert, wenn sie ihre Bestände veräußern möchten.
- Lagerkosten: TRADIUM bietet eine professionelle Lagerung über die Partnerfirma METLOCK an. Solche Lagerlösungen sind mit laufenden Kosten verbunden, die die Rendite der Anlage schmälern können. Anleger sollten die Höhe dieser Gebühren sowie mögliche Vertragsbedingungen genau prüfen.
- Rechtliche Absicherung: Anders als bei Bankeinlagen oder börsengehandelten Fonds gibt es keine staatliche Einlagensicherung. Bei Insolvenz des Anbieters besteht die Gefahr, dass der Zugriff auf die gelagerten Bestände erschwert wird. Es ist wichtig, dass Anleger die rechtliche Konstruktion der Lager- und Kaufverträge genau verstehen, insbesondere in Bezug auf Eigentumsrechte.
„Sind solche Investitionen für Kleinanleger geeignet?“
Redaktion: TRADIUM wirbt damit, dass Seltene Erden eine sinnvolle Ergänzung für ein Portfolio darstellen. Sind solche Anlagen auch für Kleinanleger geeignet?
Jens Reime: Für Kleinanleger halte ich diese Form der Investition für nur bedingt geeignet. Der Markt für Seltene Erden ist recht speziell und erfordert ein tiefgehendes Verständnis der Preisentwicklungen und industriellen Anwendungen. Zudem sind die Einstiegskosten oft höher als bei anderen Anlageklassen, und die laufenden Lagerkosten können kleinere Investitionen schnell unrentabel machen.
Kleinanleger, die dennoch investieren möchten, sollten sicherstellen, dass sie sich keine Abhängigkeit von dieser Anlageklasse schaffen. Eine breite Diversifikation ist entscheidend, und Seltene Erden sollten nur einen kleinen Teil des Portfolios ausmachen. Zudem rate ich, nur Geld zu investieren, das nicht kurzfristig benötigt wird, da die Liquidität eingeschränkt sein kann.
„Wie bewerten Sie das Angebot von TRADIUM?“
Redaktion: Was halten Sie konkret von dem Angebot der TRADIUM GmbH?
Jens Reime: TRADIUM hat als etablierter Rohstoffhändler sicherlich eine gewisse Expertise und Erfahrung im Bereich Seltener Erden. Positiv hervorzuheben ist, dass sie auf die physische Lieferung und Lagerung setzen, was Transparenz schafft. Auch die Zertifizierungen, wie die ISO 9001, sprechen für eine professionelle Abwicklung.
Allerdings sehe ich einige Punkte kritisch:
- Verkaufsversprechen: Anleger sollten sich nicht auf die Annahme verlassen, dass TRADIUM oder die Industrie jederzeit als Abnehmer zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, die Bedingungen des Wiederverkaufs und mögliche Kosten dafür genau zu verstehen.
- Kostenstruktur: Die laufenden Lagerkosten und potenzielle Gebühren beim Verkauf können die Rendite erheblich schmälern. Diese Kosten sollten im Vorfeld transparent offengelegt werden.
- Marketing: Begriffe wie „krisensicher“ oder „vielversprechend“ können bei Anlegern unrealistische Erwartungen wecken. Auch wenn Seltene Erden tatsächlich gebraucht werden, ist dies keine Garantie für stetig steigende Preise.
Ich rate Anlegern, das Infopaket von TRADIUM genau zu prüfen, sich unabhängig beraten zu lassen und vor allem keine überstürzten Entscheidungen zu treffen.
„Welche Schritte empfehlen Sie Anlegern vor einem Investment?“
Redaktion: Welche konkreten Schritte sollten Anleger unternehmen, bevor sie in Seltene Erden investieren?
Jens Reime:
- Bildung: Informieren Sie sich umfassend über Seltene Erden, ihre Anwendungsgebiete und die Marktmechanismen. Verstehen Sie, worauf Sie sich einlassen.
- Beratung: Konsultieren Sie einen unabhängigen Finanz- oder Rechtsberater, der Ihnen hilft, die Risiken und Chancen objektiv einzuschätzen.
- Vertragsprüfung: Lassen Sie die Kauf- und Lagerverträge von einem Experten prüfen, um sicherzustellen, dass Ihre Eigentumsrechte und Ansprüche klar geregelt sind.
- Diversifikation: Investieren Sie nur einen kleinen Teil Ihres Kapitals in Seltene Erden und setzen Sie nicht alles auf eine Karte.
- Kosten prüfen: Kalkulieren Sie die laufenden Lager- und Verkaufskosten, um sicherzustellen, dass die Anlage langfristig rentabel bleibt.
Redaktion: Herr Reime, vielen Dank für Ihre Einschätzungen und die hilfreichen Hinweise!
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