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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Tipps für betroffene Anleger der Inka Beteiligungsverwaltung GmbH

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Interviewer:
Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen. Die Einladung zur zweiten Gläubigerversammlung der Inka Beteiligungsverwaltung GmbH hat bei vielen Anlegern Besorgnis ausgelöst. Was raten Sie betroffenen Anlegern in dieser Situation?

Rechtsanwalt Jens Reime:
Vielen Dank für die Einladung. Die Situation ist zweifellos besorgniserregend, insbesondere angesichts des vorgeschlagenen Schuldenschnitts von 85 %. Anleger sollten die Einladung und die Beschlussvorschläge genau prüfen und sich nicht allein auf die Informationen der Emittentin verlassen. Es ist essenziell, dass sie ihre Rechte aktiv wahrnehmen und sich bei der Gläubigerversammlung vertreten lassen, falls sie selbst nicht teilnehmen können.

Interviewer:
Was sollten Anleger konkret tun, um ihre Interessen bestmöglich zu vertreten?

Rechtsanwalt Jens Reime:
Zunächst einmal ist es wichtig, sich rechtzeitig zur Gläubigerversammlung anzumelden und die erforderlichen Unterlagen wie den besonderen Nachweis und den Sperrvermerk bei der Depotbank einzuholen. Ohne diese Dokumente kann das Stimmrecht nicht ausgeübt werden. Wer unsicher ist, sollte sich an einen spezialisierten Anwalt wenden, um sicherzustellen, dass alle Formalitäten korrekt erfüllt werden. Zudem rate ich Anlegern, ihre Stimme gegebenenfalls bündeln zu lassen, beispielsweise durch einen gemeinsamen Vertreter. Dadurch erhöhen sie den Einfluss auf die Abstimmungen.

Interviewer:
Wie bewerten Sie die vorgeschlagenen Beschlüsse, insbesondere den Schuldenschnitt und die Verzinsungsaussetzung?

Rechtsanwalt Jens Reime:
Der Schuldenschnitt von 85 % bedeutet für Anleger einen erheblichen Verlust. Zudem verzichtet die Emittentin seit 2021 auf eine Verzinsung, was die Situation weiter verschärft. Anleger sollten genau prüfen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen im Verhältnis zu den Perspektiven der Emittentin stehen. Es ist ratsam, die wirtschaftlichen Hintergründe und die Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts kritisch zu hinterfragen. Andernfalls besteht das Risiko, dass Anleger zwar auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten, ohne dass langfristig eine solide Rückzahlungsfähigkeit gewährleistet ist.

Interviewer:
Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Anleger, wenn die Beschlüsse zu ihrem Nachteil ausfallen?

Rechtsanwalt Jens Reime:
Sollten die Beschlüsse angenommen werden, haben Anleger nur begrenzte Möglichkeiten, diese anzufechten. Eine Anfechtungsklage kann eingereicht werden, wenn formelle Fehler bei der Einberufung oder Durchführung der Versammlung vorliegen. Es ist jedoch wichtig, dass Anleger ihre Rechte bereits vor der Versammlung aktiv wahrnehmen, da eine Anfechtung nicht die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes umgeht. Gleichzeitig sollten sie prüfen, ob gegen Verantwortliche der Emittentin zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden können, insbesondere bei möglichen Pflichtverletzungen.

Interviewer:
Was sollten Anleger vermeiden, um weitere Verluste zu minimieren?

Rechtsanwalt Jens Reime:
Es ist entscheidend, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen. Anleger sollten keine zusätzlichen Gelder investieren, ohne vorher eine fundierte Prüfung vorzunehmen. Auch der Verkauf der Teilschuldverschreibungen zu Schleuderpreisen ist häufig nicht ratsam, da dies die ohnehin geringen Rückflüsse weiter schmälert. Stattdessen sollten sie sich gründlich informieren und gegebenenfalls fachkundige Unterstützung in Anspruch nehmen.

Interviewer:
Zum Abschluss: Haben Sie noch eine Botschaft für die betroffenen Anleger?

Rechtsanwalt Jens Reime:
Ja, ich möchte betonen, wie wichtig es ist, informiert und aktiv zu bleiben. Lassen Sie sich von der Komplexität der Angelegenheit nicht entmutigen. Nehmen Sie Ihre Rechte wahr, und schließen Sie sich gegebenenfalls mit anderen Anlegern zusammen, um eine stärkere Verhandlungsposition zu erreichen. Und vor allem: Holen Sie sich rechtlichen Beistand, um Ihre Interessen professionell vertreten zu lassen.

Interviewer:
Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre hilfreichen Ratschläge und Ihre Zeit!

Rechtsanwalt Jens Reime:
Ich danke Ihnen! Bleiben Sie wachsam und gut informiert.

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