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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime über Vertraulichkeitsvereinbarungen und ihren Einsatz in Fällen wie Berformance

Tumisu (CC0), Pixabay
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Interviewer: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben. Vertraulichkeitsvereinbarungen, sogenannte NDAs, sind in der Geschäftswelt weit verbreitet. Wie sehen Sie den Einsatz solcher Vereinbarungen in Fällen wie Berformance?

Jens Reime: Vielen Dank für die Einladung. Vertraulichkeitsvereinbarungen sind grundsätzlich ein legitimes Mittel, um vertrauliche Informationen zu schützen. In Fällen wie Berformance wird jedoch häufig versucht, diese Vereinbarungen dazu zu nutzen, Kritik im Keim zu ersticken und Menschen davon abzuhalten, negative Erfahrungen öffentlich zu teilen. Es geht oft weniger darum, Geschäftsgeheimnisse zu schützen, sondern vielmehr darum, die öffentliche Diskussion zu kontrollieren und zu verhindern, dass Unternehmen im Internet in ein schlechtes Licht gerückt werden.

Interviewer: Sie meinen also, dass solche NDAs in manchen Fällen dazu missbraucht werden, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen?

Jens Reime: Ja, das kommt durchaus vor. Unternehmen möchten oft verhindern, dass ihre Kunden öffentlich über negative Erfahrungen sprechen oder das Unternehmen in sozialen Netzwerken oder auf Bewertungsportalen kritisieren. Man versucht, das Risiko zu minimieren, „an den Pranger gestellt“ zu werden, wie es so schön heißt. Das ist besonders problematisch, wenn es darum geht, potenziell unseriöse oder riskante Geschäftsmodelle zu verschleiern.

Interviewer: Können Sie uns ein Beispiel geben, wie das im Fall Berformance konkret aussieht?

Jens Reime: Im Fall Berformance wird den Kunden über die Vertraulichkeitsvereinbarung untersagt, Kursinhalte oder Informationen zu den Kursen in irgendeiner Weise öffentlich zu machen, sei es in sozialen Medien oder in anderen Foren. Das bedeutet, dass auch sachliche Kritik oder Hinweise auf persönliche schlechte Erfahrungen unterbunden werden sollen. Die Teilnehmer werden also praktisch zum Schweigen verpflichtet, was jegliche Diskussion über die Qualität oder Seriosität des Angebots verhindert.

Interviewer: Das klingt nach einer recht einseitigen Regelung. Ist denn jede Form von Kritik durch solche Vereinbarungen verboten?

Jens Reime: Nein, das ist sie nicht. Es ist wichtig zu betonen, dass sachliche Kommentare, die auf eigenen Erfahrungen basieren, durchaus zulässig sind – auch wenn man eine solche Vereinbarung unterzeichnet hat. Es darf niemandem das Recht genommen werden, seine Meinung frei zu äußern, besonders wenn es sich um persönliche Erfahrungen handelt. Ein NDA soll eigentlich nur sicherstellen, dass vertrauliche Informationen wie Geschäftsgeheimnisse oder intern genutztes Material nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Persönliche Erfahrungen dürfen weiterhin geteilt werden, solange dabei keine vertraulichen Informationen offengelegt werden.

Interviewer: Würden Sie also sagen, dass Kunden, die eine solche Vereinbarung unterzeichnen, immer noch in der Lage sind, ihre Erfahrungen öffentlich zu teilen, solange sie sachlich bleiben?

Jens Reime: Absolut. Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass Unternehmen versuchen können, durch Drohungen mit Vertragsstrafen oder rechtlichen Schritten Menschen einzuschüchtern. Doch die Meinungsfreiheit ist in Deutschland ein hohes Gut, und wenn jemand seine persönlichen Erfahrungen in sachlicher Weise teilt, ohne vertrauliche Informationen preiszugeben, verstößt er nicht gegen die Vereinbarung. Es ist also völlig in Ordnung, wenn jemand öffentlich sagt, dass er schlechte Erfahrungen gemacht hat oder unzufrieden mit einem Kurs war. Was nicht erlaubt ist, ist das Veröffentlichen von internen Materialien oder streng vertraulichen Inhalten.

Interviewer: Das klingt nach einem wichtigen Unterscheidungspunkt. Vielen Dank für die Klarstellung. Abschließend: Was raten Sie Personen, die mit solchen Vertraulichkeitsvereinbarungen konfrontiert werden?

Jens Reime: Ich rate immer dazu, solche Vereinbarungen genau zu lesen und im Zweifel rechtlichen Rat einzuholen. Es ist wichtig zu verstehen, was man unterzeichnet. Wer sicherstellen möchte, dass er seine Meinung später noch frei äußern kann, sollte genau darauf achten, welche Pflichten er eingeht und ob diese wirklich notwendig sind. Unternehmen haben das Recht, vertrauliche Informationen zu schützen, aber sie dürfen niemanden dazu zwingen, seine eigenen Erfahrungen zu verschweigen.

Interviewer: Herr Reime, vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch.

Jens Reime: Sehr gerne.

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