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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Was bedeutet das Umtauschangebot der reconcept GmbH für Anleger?

Tumisu (CC0), Pixabay
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Interviewer: Herr Reime, die reconcept GmbH hat ein freiwilliges Umtauschangebot für die Inhaber ihrer 6,75 % Schuldverschreibungen 2020/2025 angekündigt. Können Sie uns erklären, was das für die betroffenen Anleger bedeutet?

Jens Reime: Zunächst einmal handelt es sich bei diesem Angebot um eine Möglichkeit für die Anleger, ihre aktuell laufenden Schuldverschreibungen, die 2025 fällig wären, in neue Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis 2030 umzutauschen. Der Zinssatz bleibt mit 6,75 % p.a. gleich, aber es gibt einige wichtige Aspekte, die Anleger genau prüfen sollten, bevor sie sich entscheiden.

Interviewer: Welche Risiken oder Vorteile ergeben sich durch diesen Umtausch für die Anleger?

Jens Reime: Einerseits bietet das Umtauschangebot den Anlegern eine gewisse Planungssicherheit, da der Zinssatz weiterhin attraktiv bleibt und eine Verzinsung über einen längeren Zeitraum gesichert wird. Außerdem erhalten die Anleger pro umgetauschter Schuldverschreibung einen Zusatzbetrag von 20 Euro sowie die angefallenen Stückzinsen. Das kann kurzfristig finanziell attraktiv sein.

Auf der anderen Seite verschieben die Anleger mit dem Umtausch das Fälligkeitsdatum ihrer Anleihen auf 2030, was bedeutet, dass sie weitere fünf Jahre auf die Rückzahlung ihres Kapitals warten müssen. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten, insbesondere in der Energiebranche, stellt sich die Frage, ob reconcept in der Lage sein wird, die Anleihe in 2030 ordnungsgemäß zu bedienen. Eine langfristige Bindung birgt daher das Risiko, dass sich die finanzielle Lage des Unternehmens verschlechtern könnte, was sich negativ auf die Rückzahlungsfähigkeit auswirken könnte.

Interviewer: Was bedeutet das Umtauschangebot rechtlich? Sind die Anleger verpflichtet, daran teilzunehmen?

Jens Reime: Nein, das Angebot ist freiwillig. Die Anleger können selbst entscheiden, ob sie ihre 2020/2025-Schuldverschreibungen bis zur Fälligkeit 2025 behalten oder ob sie auf das Umtauschangebot eingehen möchten. Es ist wichtig, dass jeder Anleger für sich prüft, wie sicher er sich mit einer Verlängerung der Laufzeit fühlt. Für diejenigen, die Bedenken haben, wäre es ratsam, sich gründlich zu informieren und gegebenenfalls von einem Finanzberater oder Anwalt beraten zu lassen.

Interviewer: Was sollten Anleger beachten, bevor sie sich für den Umtausch entscheiden?

Jens Reime: Anleger sollten die finanzielle Situation der reconcept GmbH genau prüfen. Es ist entscheidend, dass sie sich über das wirtschaftliche Umfeld und die Risiken informieren, die in den nächsten Jahren auf das Unternehmen zukommen könnten, insbesondere in der Energiebranche. Darüber hinaus sollten sie den Wertpapierprospekt, den die reconcept GmbH zur Verfügung gestellt hat, sehr sorgfältig lesen, insbesondere die Risikofaktoren, die dort aufgeführt sind.

Auch ist es wichtig zu wissen, dass die neuen Schuldverschreibungen im Falle einer Insolvenz der Emittentin ebenfalls von Risiken betroffen wären. Das heißt, wenn reconcept in finanzielle Schwierigkeiten geraten sollte, besteht das Risiko eines Totalverlustes, da es sich um ungesicherte Anleihen handelt.

Interviewer: Welche steuerlichen Implikationen ergeben sich durch das Umtauschangebot?

Jens Reime: Steuerlich gesehen sollten Anleger beachten, dass die Stückzinsen und der Zusatzbetrag von 20 Euro als Kapitalerträge gelten und somit steuerpflichtig sind. Es wäre ratsam, sich vorab über die genauen steuerlichen Auswirkungen zu informieren und gegebenenfalls Rücksprache mit einem Steuerberater zu halten.

Interviewer: Gibt es spezielle rechtliche Fallstricke, auf die Anleger achten sollten?

Jens Reime: Ein wichtiger Punkt ist, dass der Umtauschauftrag unwiderruflich ist. Das bedeutet, sobald der Auftrag erteilt wurde, können Anleger ihn nicht mehr rückgängig machen. Zudem liegt die Annahme des Umtauschangebots im Ermessen der reconcept GmbH, was bedeutet, dass nicht garantiert ist, dass alle Umtauschangebote angenommen werden. Zudem könnte das Unternehmen die Umtauschfrist verlängern oder das Angebot ganz zurückziehen. Es ist also ein gewisses Maß an Flexibilität und Unsicherheit für die Anleger vorhanden.

Interviewer: Würden Sie Anlegern raten, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen?

Jens Reime: Das hängt von der individuellen Risikobereitschaft und der Anlagestrategie des jeweiligen Anlegers ab. Für Anleger, die eine langfristige Perspektive haben und der reconcept GmbH zutrauen, ihre Schuldverschreibungen bis 2030 ordnungsgemäß zu bedienen, könnte das Angebot attraktiv sein. Allerdings sollten risikobewusstere Anleger, die eine größere Sicherheit bevorzugen, möglicherweise darüber nachdenken, ihre Anleihen bis 2025 zu halten und dann eine Rückzahlung in Anspruch zu nehmen, anstatt die Laufzeit zu verlängern.

Interviewer: Was wäre Ihr abschließender Rat für Anleger, die mit diesem Angebot konfrontiert sind?

Jens Reime: Mein Rat wäre, dass Anleger sich nicht unter Druck setzen lassen sollten. Sie haben die Zeit, das Angebot gründlich zu prüfen und alle Risiken und Chancen abzuwägen. Wenn Unsicherheiten bestehen, ist es sinnvoll, professionellen Rat einzuholen, bevor man eine Entscheidung trifft. Langfristige Investitionen in volatile Branchen wie die erneuerbaren Energien bergen immer Risiken – diese sollte man sorgfältig abwägen.

Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre Einschätzungen und Ratschläge!

Jens Reime: Gern geschehen!

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