Frage: Herr Reime, die BaFin warnt aktuell vor sogenannten Wash-Trades. Können Sie uns erklären, was genau das ist?
Reime: Gerne. Ein Wash-Trade, auch als „In-sich-Geschäft“ bezeichnet, ist eine Transaktion, bei der dieselbe Person gleichzeitig auf der Kauf- und Verkaufsseite eines Finanzgeschäfts agiert. Das bedeutet, dass eine Person quasi Wertpapiere an sich selbst verkauft. In solchen Fällen findet kein tatsächlicher Wechsel des wirtschaftlichen Eigentums statt.
Das Ziel solcher Geschäfte ist oft, steuerliche Vorteile zu erlangen oder den Kurs eines Wertpapiers künstlich zu beeinflussen, was beides illegal ist. Wash-Trades sind daher eine Form der Marktmanipulation und in Deutschland nach dem Wertpapierhandelsgesetz verboten.
Frage: Warum genau sind Wash-Trades problematisch?
Reime: Wash-Trades verfälschen den Markt. Sie können den Anschein erwecken, dass es eine hohe Nachfrage nach einem bestimmten Wertpapier gibt, obwohl das nicht der Fall ist. Das führt zu einem künstlichen Kursanstieg oder -verfall, was andere Anlegerinnen und Anleger täuschen kann.
Außerdem kann die Praxis dazu genutzt werden, steuerlich motivierte Verluste vorzutäuschen, um weniger Steuern zu zahlen. Das ist nicht nur unlauter, sondern schadet auch dem Steueraufkommen. Die Finanzaufsicht BaFin betrachtet Wash-Trades deshalb als eine ernstzunehmende Form der Marktmanipulation.
Frage: Gibt es andere Formen der Marktmanipulation, die in diesem Zusammenhang ebenfalls problematisch sind?
Reime: Ja, neben Wash-Trades gibt es auch sogenannte abgesprochene Geschäfte. Hierbei stimmen mehrere Personen ihre Kauf- und Verkaufsaufträge so ab, dass diese gezielt gegeneinander ausgeführt werden. Diese Art von Geschäften wird oft genutzt, um Depotüberträge zu vermeiden oder Kursmanipulationen durchzuführen.
Beide Praktiken – Wash-Trades und abgesprochene Geschäfte – täuschen den Markt und gefährden die Integrität des Finanzsystems. Sie führen dazu, dass Kurse nicht mehr das tatsächliche Marktgeschehen widerspiegeln, was wiederum das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger schädigt.
Frage: Die BaFin sagt, dass solche Transaktionen insbesondere zum Jahresende häufiger auftreten. Warum ist das so?
Reime: Das hängt oft mit steuerlichen Überlegungen zusammen. Anlegerinnen und Anleger versuchen gegen Ende des Jahres ihre Steuerlast zu optimieren. Sie wollen beispielsweise Verluste realisieren, um diese mit Gewinnen zu verrechnen und so weniger Steuern zahlen zu müssen.
Wash-Trades oder abgesprochene Geschäfte könnten hierbei missbräuchlich eingesetzt werden, um diese steuerlichen Vorteile zu erzielen, ohne dass ein tatsächliches Risiko oder ein wirtschaftlicher Verlust entsteht. Die BaFin ist sich dessen bewusst und prüft solche Vorgänge am Jahresende besonders genau.
Frage: Was sollten Anlegerinnen und Anleger beachten, wenn sie Kauf- und Verkaufsaufträge für dasselbe Wertpapier tätigen?
Reime: Grundsätzlich gilt: Wenn Sie Kauf- und Verkaufsaufträge für dasselbe Wertpapier zeitgleich oder in kurzer Abfolge erteilen, sollten Sie sicherstellen, dass diese Geschäfte nicht den Anschein eines Wash-Trades erwecken.
Wichtig ist, dass es sich um echte Transaktionen handelt, bei denen tatsächlich ein Wechsel des wirtschaftlichen Eigentums stattfindet. Wenn Zweifel bestehen, ob eine geplante Transaktion als Marktmanipulation ausgelegt werden könnte, empfehle ich, im Zweifel einen Anwalt oder Steuerberater hinzuzuziehen.
Frage: Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Wash-Trades oder abgesprochenen Geschäften?
Reime: Die rechtlichen Konsequenzen können erheblich sein. Wash-Trades und andere Formen der Marktmanipulation verstoßen gegen das Wertpapierhandelsgesetz und können mit Geldbußen in Millionenhöhe oder sogar mit Freiheitsstrafen geahndet werden.
Die BaFin überwacht den Markt sehr genau und arbeitet mit anderen Behörden zusammen, um solche Verstöße aufzudecken. Anlegerinnen und Anleger sollten sich bewusst sein, dass selbst vermeintlich kleine Verstöße erhebliche Folgen haben können – sowohl finanziell als auch strafrechtlich.
Frage: Gibt es eine Möglichkeit, solche Verstöße zu vermeiden?
Reime: Ja, der wichtigste Schritt ist, Transparenz zu wahren und sich an die geltenden Vorschriften zu halten. Wer zum Beispiel Wertpapiere kauft oder verkauft, sollte immer nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe für die Transaktion haben und keine Geschäfte tätigen, die nur den Zweck haben, Kurse zu beeinflussen oder Steuern zu umgehen.
Für private Anlegerinnen und Anleger kann es hilfreich sein, sich bei Unsicherheiten über die Regeln des Wertpapierhandels zu informieren oder sich beraten zu lassen. Denn letztlich liegt die Verantwortung immer beim Investor selbst.
Frage: Was ist Ihre wichtigste Botschaft an Anlegerinnen und Anleger?
Reime: Meine wichtigste Botschaft ist, vorsichtig und informiert zu handeln. Der Kapitalmarkt lebt vom Vertrauen der Teilnehmer. Manipulative Praktiken wie Wash-Trades gefährden dieses Vertrauen und schaden nicht nur dem Markt, sondern auch Ihnen als Anleger. Bleiben Sie ehrlich, handeln Sie transparent und vermeiden Sie Praktiken, die rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnten.
Vielen Dank, Herr Reime, für die aufschlussreichen Erklärungen!
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