Startseite Interviews Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Worauf Anleger bei der Werbung für Ferienimmobilien am Yachthafen Barth achten sollten
Interviews

Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: Worauf Anleger bei der Werbung für Ferienimmobilien am Yachthafen Barth achten sollten

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
Teilen

Frage: Herr Reime, die Werbung für Ferienimmobilien am Yachthafen Barth klingt auf den ersten Blick verlockend: Hohe Renditen, keine Mieterstress und ein Standort mit angeblich wachsendem Wert. Was halten Sie von solchen Angeboten?

Jens Reime: Die Werbung ist in der Tat sehr verführerisch gestaltet. Sie spricht gezielt Anleger an, die keine Lust auf klassischen Vermietungsaufwand haben, aber gleichzeitig hohe Renditen erwarten. Doch Vorsicht: Solche Versprechen bergen oft Risiken, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. Anleger sollten die Informationen genau prüfen, bevor sie ihr Geld investieren.

Frage: Welche Punkte sollten Anleger Ihrer Meinung nach besonders kritisch hinterfragen?

Jens Reime: Es gibt mehrere Aspekte, die genau geprüft werden sollten:

  1. Die versprochenen „hohen Renditen“: Aussagen wie „doppelt so hohe Renditen wie bei herkömmlichen Immobilieninvestments“ sind oft sehr optimistisch. Anleger sollten sich fragen, auf welcher Grundlage diese Zahlen basieren. Gibt es unabhängige Gutachten oder realistische Kalkulationen, die diese Behauptung stützen?
  2. Die Wachstumsregion: Es wird argumentiert, dass die Region Barth eine hohe Wertsteigerung aufweist. Aber: Gibt es belastbare Marktanalysen oder Studien, die diese Aussage untermauern? Eine „Wachstumsregion“ ist ein dehnbarer Begriff, der oft mehr Marketing als Substanz enthält.
  3. „Kein Risiko“ – wirklich?: Wenn in der Werbung steht, dass kein Risiko besteht, sollten Anleger besonders aufmerksam sein. Jedes Investment birgt Risiken, vor allem in einem Markt wie dem für Ferienimmobilien, der stark von saisonalen Schwankungen und äußeren Faktoren wie Inflation oder Tourismusentwicklung abhängt.

Frage: Die Werbung verspricht auch, dass man erst zahlen muss, wenn die Immobilie Einnahmen bringt. Was bedeutet das für Anleger?

Jens Reime: Das klingt zunächst beruhigend, ist aber oft kein wirkliches Sicherheitsnetz. In der Regel bedeutet es, dass Sie den Kaufpreis erst begleichen, wenn die Immobilie fertiggestellt und erste Vermietungserlöse erzielt wurden. Doch wenn der Bauträger während der Bauphase in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder die Einnahmen niedriger ausfallen als erwartet, kann das für den Anleger teuer werden.

Frage: Ein weiteres Verkaufsargument ist die Übernahme der Verwaltung durch den Anbieter. Was sollten Anleger in diesem Zusammenhang beachten?

Jens Reime: Die Übernahme der Verwaltung kann für viele Anleger attraktiv sein, weil sie dadurch entlastet werden. Aber: Prüfen Sie genau, welche Kosten damit verbunden sind und wie die Einnahmen tatsächlich verteilt werden. Oft sind die Verwaltungsgebühren hoch und können die Rendite erheblich schmälern. Zudem sollte der Vertrag klar regeln, welche Pflichten der Verwalter hat und ob es Kündigungsoptionen gibt.

Frage: Die Werbung hebt hervor, dass die Ferienimmobilien voll möbliert, mit Spa-Bereich und in „1A-Lage direkt am Wasser“ ausgestattet sind. Wie wichtig sind solche Ausstattungsmerkmale?

Jens Reime: Solche Ausstattungsmerkmale können die Attraktivität der Immobilie natürlich steigern – vorausgesetzt, die Angaben entsprechen der Realität. Anleger sollten hier besonders wachsam sein: Besichtigen Sie die Immobilie oder das Grundstück persönlich und lassen Sie sich die Angaben schriftlich bestätigen. Wer blind auf Versprechen vertraut, läuft Gefahr, am Ende eine Immobilie zu kaufen, die weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Frage: Gibt es rechtliche Stolperfallen, auf die Anleger achten sollten?

Jens Reime: Absolut. Hier sind einige Beispiele:

  1. Eigentumsrechte: Stellen Sie sicher, dass Sie tatsächlich Eigentümer der Immobilie werden und nicht nur Anteile an einem Projekt erwerben.
  2. Vertragliche Regelungen: Prüfen Sie die Verträge mit dem Bauträger und dem Verwaltungsdienstleister genau. Achten Sie auf versteckte Kosten, lange Vertragslaufzeiten und mögliche Haftungsausschlüsse.
  3. Finanzierungsbedingungen: Wenn die Finanzierung über den Anbieter läuft, sollten Sie die Konditionen mit denen Ihrer Hausbank vergleichen. Anbieter-Finanzierungen sind nicht immer die beste Wahl.
  4. Bauträger-Bonität: Der Bauträger sollte finanzstark und erfahren sein. Recherchieren Sie, ob es in der Vergangenheit Probleme gab, z. B. Insolvenzen oder Bauverzögerungen.

Frage: Was würden Sie Anlegern raten, die an solchen Ferienimmobilien interessiert sind?

Jens Reime: Erstens: Lassen Sie sich nicht von Hochglanzbroschüren und optimistischen Renditeversprechen blenden. Zweitens: Ziehen Sie einen unabhängigen Experten – etwa einen Anwalt oder Finanzberater – hinzu, der die Unterlagen prüft. Drittens: Rechnen Sie konservativ und prüfen Sie, ob die Investition auch bei geringeren Einnahmen für Sie tragbar ist. Und viertens: Hinterfragen Sie immer die Seriosität des Anbieters und die Plausibilität der angegebenen Zahlen.

Frage: Abschließend: Ferienimmobilien werden oft als sichere Geldanlage beworben. Wie sehen Sie das?

Jens Reime: Ferienimmobilien können eine attraktive Investition sein – aber sie sind keinesfalls automatisch sicher. Der Erfolg hängt stark von der Lage, der Qualität der Immobilie, der Nachfrage und der Professionalität der Verwaltung ab. Wer sich vorher umfassend informiert und alle Risiken im Blick hat, kann mit einer Ferienimmobilie durchaus gute Ergebnisse erzielen. Aber wer blauäugig investiert, riskiert schnell böse Überraschungen.

Frage: Vielen Dank, Herr Reime, für die wertvollen Einblicke.

Jens Reime: Sehr gern!

FireShot Capture 496 – Investieren Sie in eine Ferienwohnung an der Ostsee – CH2 Contorhaus_ – yachthafenbarth.de

Kommentar hinterlassen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien

Ähnliche Beiträge
Interviews

Interview mit Jens Reime: Was bedeuten die aktuellen BaFin-Meldungen zur DEGAG-Gruppe für Anleger?

Frage: Herr Reime, die BaFin hat kürzlich mehrere Meldungen nach § 11a...

Interviews

Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: „Welche Investments bergen ein Totalverlustrisiko?“

Interviewer: Herr Högel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben....

Interviews

Interview mit Rechtsanwalt Daniel Blazek: Was bedeutet der Kapitalaufschlag der BaFin für die Haftpflichtkasse VVaG?

Frage: Herr Blazek, die BaFin hat gegenüber der Haftpflichtkasse VVaG einen Kapitalaufschlag...

Interviews

Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: „Finanzbetrug ist leider die Wachstumsbranche des Jahres“

Frage: Frau Bontschev, laut der Finanzmarktaufsicht (FMA) ist Finanzbetrug mittlerweile eine „Wachstumsbranche“....