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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime zum Thema Verbraucherrechte bei Auslandsreisen

Tumisu (CC0), Pixabay
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Interviewer: Guten Tag, Herr Rechtsanwalt Reime. Der Europäische Gerichtshof hat kürzlich ein interessantes Urteil zu Verbraucherrechten bei Auslandsreisen gefällt. Können Sie uns die Kernpunkte erläutern?

Rechtsanwalt Reime: Guten Tag. Ja, der EuGH hat in der Tat eine wichtige Entscheidung getroffen. Im Kern geht es darum, dass Verbraucher bei Streitigkeiten wegen Auslandsreisen den Reiseveranstalter vor dem Gericht ihres Wohnorts verklagen können – und zwar auch dann, wenn beide Parteien im selben EU-Mitgliedstaat ansässig sind.

Interviewer: Warum ist das so bedeutsam?

Rechtsanwalt Reime: Das stärkt die Position der Verbraucher erheblich. Bisher war umstritten, ob die sogenannte Brüssel-Ia-Verordnung, die die gerichtliche Zuständigkeit in der EU regelt, in solchen Fällen überhaupt anwendbar ist. Der EuGH hat nun klargestellt, dass allein der Auslandsbezug der Reise ausreicht, um diese Verordnung anzuwenden.

Interviewer: Was bedeutet das konkret für Verbraucher?

Rechtsanwalt Reime: Es bedeutet, dass sie nicht zum Sitz des Reiseveranstalters reisen müssen, um zu klagen. Sie können das Gericht an ihrem Wohnort anrufen, was natürlich viel bequemer und kostengünstiger ist. Das senkt die Hürde, überhaupt rechtliche Schritte einzuleiten.

Interviewer: Gilt das nur für die internationale Zuständigkeit oder auch innerhalb eines Landes?

Rechtsanwalt Reime: Der EuGH hat klargestellt, dass die Verordnung nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit regelt. Das heißt, sie legt direkt fest, dass das Gericht am Wohnort des Verbrauchers zuständig ist.

Interviewer: Was war der konkrete Fall, der zu diesem Urteil geführt hat?

Rechtsanwalt Reime: Es ging um einen Verbraucher aus Nürnberg, der eine Auslandsreise bei einem Münchner Reiseveranstalter gebucht hatte. Er fühlte sich nicht ausreichend über Einreisebestimmungen und Visa informiert und klagte vor dem Amtsgericht Nürnberg auf Schadensersatz. Der Reiseveranstalter bestritt die Zuständigkeit des Nürnberger Gerichts.

Interviewer: Wie begründet der EuGH seine Entscheidung?

Rechtsanwalt Reime: Der Gerichtshof betont, dass diese Regelung dem Schutz der schwächeren Partei – also des Verbrauchers – dient. Sie soll sicherstellen, dass Verbraucher die Möglichkeit haben, vor einem für sie leicht erreichbaren Gericht zu klagen.

Interviewer: Welche Auswirkungen erwarten Sie von diesem Urteil?

Rechtsanwalt Reime: Ich denke, es wird zu einer Stärkung der Verbraucherrechte führen. Reiseveranstalter werden möglicherweise noch sorgfältiger in ihrer Beratung und Vertragsgestaltung sein, da sie nun mit einer erhöhten Klageneigung rechnen müssen. Für Verbraucher sinkt die Schwelle, ihre Rechte durchzusetzen.

Interviewer: Herr Rechtsanwalt Reime, vielen Dank für diese aufschlussreichen Erläuterungen.

Rechtsanwalt Reime: Gerne. Vielen Dank für Ihr Interesse an diesem wichtigen Thema.

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