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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime zum Thema „YouTube-Angebote an Seminaren, Unterricht, Schulungen etc. im Zusammenhang mit dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)“

Tumisu (CC0), Pixabay
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Interviewer: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben. Sie haben sich mit dem Thema „YouTube-Angebote im Bereich von Seminaren, Unterricht und Schulungen“ intensiv auseinandergesetzt. Inwiefern glauben Sie, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) hier anwendbar ist?

Rechtsanwalt Jens Reime: Vielen Dank für die Einladung. Ja, ich bin der Ansicht, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz durchaus anwendbar ist, wenn es um kostenpflichtige Angebote auf Plattformen wie YouTube geht, die eine längerfristige Lernbetreuung umfassen. Das FernUSG wurde zwar 1977 erlassen und richtete sich ursprünglich an klassische Fernlehrgänge, aber die zunehmende Digitalisierung und der Trend zu Online-Bildungsangeboten auf Plattformen wie YouTube haben dazu geführt, dass die Grundsätze des FernUSG auch hier greifen sollten – vor allem zum Schutz der Teilnehmer.

Interviewer: Könnten Sie für unsere Leser kurz zusammenfassen, was das Fernunterrichtsschutzgesetz regelt?

Rechtsanwalt Jens Reime: Sehr gerne. Das FernUSG stellt sicher, dass Anbieter von Fernunterrichtsprogrammen eine Reihe von Pflichten erfüllen müssen, um Verbraucher vor unseriösen Angeboten zu schützen. Das Gesetz umfasst im Wesentlichen drei wichtige Bereiche:

  1. Genehmigungspflicht (§ 2 FernUSG): Anbieter von Fernunterrichtsprogrammen, die eine längerfristige Betreuung von Lernenden versprechen und kostenpflichtig sind, müssen ihre Programme von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) genehmigen lassen. Diese Genehmigung stellt sicher, dass die Kurse bestimmten Qualitätsstandards entsprechen.
  2. Verbraucherschutzmaßnahmen: Das Gesetz regelt unter anderem ein 14-tägiges Widerrufsrecht (§ 4 FernUSG) sowie klare Anforderungen an die Vertragsgestaltung (§ 5 FernUSG). Verträge müssen transparent und fair sein, insbesondere im Hinblick auf Kosten, Leistungen und Kündigungsfristen.
  3. Kündigungsrechte (§ 7 FernUSG): Besonders wichtig ist § 7, der den Teilnehmern das Recht einräumt, jederzeit mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines dreimonatigen Vertragszeitraums zu kündigen. Dies stellt sicher, dass Teilnehmer nicht langfristig an Verträge gebunden sind, wenn der Unterricht ihren Erwartungen nicht entspricht.

Interviewer: Wie würden Sie diese Regelungen auf YouTube-Angebote anwenden? Können solche Plattformen überhaupt unter das FernUSG fallen?

Rechtsanwalt Jens Reime: Absolut. Sobald ein Bildungsangebot über eine Plattform wie YouTube eine gewisse Struktur hat – also einen klar definierten Lehrplan, regelmäßige Betreuung und zusätzlich kostenpflichtig ist –, sehe ich es als Fernunterricht im Sinne des FernUSG an. Dies gilt insbesondere, wenn der Teilnehmer eine langfristige Lernbetreuung erhält. Viele dieser Angebote versprechen ja einen kontinuierlichen Lernfortschritt, Zugang zu exklusiven Inhalten und individuelle Beratung, oft gegen Gebühr. In solchen Fällen sollten diese Anbieter ebenso wie klassische Fernlehrinstitute die Bestimmungen des FernUSG einhalten, um die Rechte der Lernenden zu schützen.

Interviewer: Was bedeutet das konkret für Anbieter solcher YouTube-Kurse im Hinblick auf die Organhaftung?

Rechtsanwalt Jens Reime: Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Die Organhaftung spielt eine entscheidende Rolle, wenn es um die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung geht. Wenn die Geschäftsleitung eines Unternehmens, das solche YouTube-Angebote betreibt, ihre Pflichten nach dem FernUSG nicht erfüllt, könnte dies zu einer persönlichen Haftung der Verantwortlichen führen.

Beispielsweise § 93 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG) und § 43 Abs. 1 des GmbH-Gesetzes (GmbHG) verlangen von Geschäftsleitern, dass sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters walten lassen. Wenn also ein Unternehmen Fernunterricht über YouTube anbietet und dabei die gesetzlichen Vorschriften missachtet – etwa, indem es die Genehmigung nach § 2 FernUSG nicht einholt oder die vertraglichen Pflichten nach § 5 FernUSG nicht erfüllt –, könnte dies als Pflichtverletzung gewertet werden.

Dies gilt besonders dann, wenn Teilnehmer nachweisen können, dass sie durch diese Pflichtverletzungen finanziellen Schaden erlitten haben, weil sie beispielsweise irreführende oder unklare Informationen erhalten haben oder unzulässig lange an einen Vertrag gebunden wurden.

Interviewer: Sie erwähnten § 7 FernUSG, der den Teilnehmern ein besonderes Kündigungsrecht einräumt. Können Sie uns genauer erklären, welche Bedeutung dieser Paragraph im Zusammenhang mit der Organhaftung hat?

Rechtsanwalt Jens Reime: § 7 FernUSG ist ein zentraler Bestandteil des Verbraucherschutzes im Fernunterricht. Er gibt den Teilnehmern das Recht, den Vertrag jederzeit mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines dreimonatigen Vertragszeitraums zu kündigen. Dies schützt die Teilnehmer davor, in langjährigen, kostenpflichtigen Verträgen gefangen zu sein, wenn das Angebot ihre Erwartungen nicht erfüllt.

Für Anbieter bedeutet dies, dass sie in ihren Verträgen klare und rechtlich konforme Kündigungsfristen einhalten müssen. Geschieht dies nicht, kann dies erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Wenn Teilnehmer in einem solchen Fall den Vertrag nicht kündigen können und finanziellen Schaden erleiden, könnte dies als Verletzung der Sorgfaltspflicht der Geschäftsführung gewertet werden, was wiederum zur persönlichen Haftung der Geschäftsleiter führen kann.

Ein Beispiel wäre, wenn ein Anbieter auf YouTube teure Abonnements für einen Kurs anbietet, aber die Teilnehmer nicht klar über ihre Kündigungsrechte informiert oder sogar verhindert, dass sie den Vertrag innerhalb der gesetzlichen Fristen kündigen können. Dies könnte zu erheblichen Schadensersatzforderungen führen.

Interviewer: Sie erwähnten § 7 FernUSG, der den Teilnehmern ein besondere Rechtspositionen einräumt. Können Sie uns genauer erklären, welche Bedeutung dieser Paragraph hat?

Rechtsanwalt Jens Reime: § 7 FernUSG ist ein zentraler Bestandteil des Verbraucherschutzes im Fernunterricht. Es definiert Angebote, die unter der FernUSG fallen, dann für nichtig, wenn eine Zulassung nicht vorliegt. Zudem werden besondere außerordentliche Kündigungsrechte zusätzlich normiert. Dies kann dazu führen, dass Betroffene Ihre Gelder zurückfordern können (mangels Rechtsgrund

Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für diese aufschlussreichen Erläuterungen. Abschließend: Sehen Sie in der aktuellen Rechtslage Änderungsbedarf, um den modernen Anforderungen des digitalen Fernunterrichts besser gerecht zu werden?

Rechtsanwalt Jens Reime: Ja, auf jeden Fall. Das FernUSG wurde in einer Zeit entwickelt, in der der klassische Fernunterricht – also Lehrmaterial per Post – im Vordergrund stand. Heute, mit der Digitalisierung und der wachsenden Anzahl an Online-Bildungsplattformen, sind die Herausforderungen andere. Insbesondere für internationale Anbieter und neue Lernformen wie Microlearning oder hybride Modelle muss der Gesetzgeber die rechtlichen Rahmenbedingungen überdenken und modernisieren, um den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten und gleichzeitig den rechtlichen Anforderungen der Anbieter gerecht zu werden.

Interviewer: Herzlichen Dank, Herr Reime, für Ihre Zeit und die wertvollen Einblicke.

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