Frage: Herr Reime, die HPI AG hat bekannt gegeben, dass der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger, One Square Advisory Services S.à.r.l., sein Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt hat. Was bedeutet dies für die Gläubiger der HPI AG?
Jens Reime: Die Niederlegung des Mandats durch One Square Advisory Services ist ein bedeutender Schritt und ein klarer Hinweis darauf, dass der bisherige Vertreter der Anleihegläubiger erhebliche Bedenken hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der HPI AG hat. Für die Gläubiger bedeutet dies, dass sie sich in einer sehr unsicheren Lage befinden. Der gemeinsame Vertreter spielt eine zentrale Rolle bei der Vertretung der Interessen der Gläubiger, insbesondere bei Verhandlungen über Restrukturierungen oder Sanierungsmaßnahmen. Die Mandatsniederlegung signalisiert, dass der bisherige Vertreter offenbar nicht überzeugt davon ist, dass die von der HPI AG vorgeschlagenen Maßnahmen im besten Interesse der Gläubiger sind.
Frage: Die HPI AG hat außerdem eine weitere Stundung der Rückzahlung der Wandelanleihe 2011/2024 bis Februar 2025 erreicht. Wie sollten Gläubiger diese Stundung interpretieren?
Reime: Die erneute Stundung der Rückzahlungsverpflichtung zeigt, dass die HPI AG derzeit nicht in der Lage ist, ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Das Unternehmen benötigt mehr Zeit, um seine Sanierungspläne umzusetzen, und die Stundung ist ein Versuch, eine unmittelbare Insolvenz abzuwenden. Für die Gläubiger bedeutet dies jedoch auch, dass sie länger auf ihre Rückzahlungen warten müssen, was das Risiko weiter erhöht. Zudem bleibt unklar, ob die HPI AG bis Februar 2025 tatsächlich die Mittel generieren kann, um die Anleihe zu bedienen. Es ist ein Zeichen für eine anhaltend schwierige finanzielle Lage des Unternehmens.
Frage: Was bedeutet die Klausel, dass ein neuer gemeinsamer Vertreter der Gläubiger die Stundung innerhalb von zwei Wochen kündigen kann?
Reime: Diese Klausel gibt den Gläubigern eine gewisse Flexibilität und Macht in der Situation. Sollte ein neuer gemeinsamer Vertreter gewählt werden, hat dieser die Möglichkeit, die Stundungsvereinbarung zu kündigen und die sofortige Fälligkeit der gestundeten Forderungen zu verlangen. Dies könnte Druck auf die HPI AG ausüben, schneller zu handeln oder andere Maßnahmen zu ergreifen. Allerdings birgt dies auch das Risiko, dass eine Kündigung die HPI AG in die Insolvenz treiben könnte, was für die Gläubiger potenziell noch ungünstigere Bedingungen bedeuten könnte.
Frage: In der Mitteilung wird auch von einem Vorschlag der HPI AG gesprochen, dass die Anleihegläubiger auf Zinsen verzichten und den ausstehenden Betrag in Aktien wandeln sollen. Wie bewerten Sie diesen Vorschlag?
Reime: Der Vorschlag, die Anleihe in Aktien zu wandeln und auf Zinsen zu verzichten, ist ein weiteres Indiz für die angespannte finanzielle Lage der HPI AG. Eine Wandlung in Aktien bedeutet, dass die Gläubiger anstelle einer sicheren Rückzahlung ihres Kapitals Anteile an einem Unternehmen erhalten, das sich in einer sehr unsicheren Lage befindet. Das könnte langfristig zu Verlusten führen, wenn die Aktienkurse nicht steigen oder das Unternehmen nicht wieder auf einen stabilen Wachstumspfad kommt. Zudem verzichten die Gläubiger auf ihre Zinsen, was ihre Rendite zusätzlich schmälert. Es ist eine Maßnahme, die sorgfältig abgewogen werden muss, und Gläubiger sollten sich bewusst sein, dass dies mit erheblichen Risiken verbunden ist.
Frage: Was raten Sie den Gläubigern der HPI AG angesichts dieser Entwicklungen?
Reime: Den Gläubigern ist zu raten, die Situation sehr genau zu beobachten und sich gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um ihre Optionen besser bewerten zu können. Die Teilnahme an der Gläubigerversammlung am 22. August 2024 ist entscheidend, um ihre Interessen zu vertreten und über die vorgeschlagenen Maßnahmen abzustimmen. Es ist wichtig, dass die Gläubiger ein klares Verständnis dafür haben, welche Risiken und Chancen mit den vorgeschlagenen Änderungen verbunden sind, insbesondere in Bezug auf die Stundung und die mögliche Wandlung der Anleihe in Aktien. Die Entscheidung, ob die Stundung akzeptiert oder gekündigt werden soll, sollte nicht leichtfertig getroffen werden, da sie erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Zukunft der Gläubiger haben könnte.
Frage: Vielen Dank für Ihre Einschätzungen, Herr Reime.
Dieses Interview soll den Gläubigern der HPI AG eine klare Vorstellung davon geben, welche Risiken und potenziellen Entscheidungen auf sie zukommen und welche Schritte sie in dieser schwierigen Situation unternehmen sollten.
Frage: Herr Reime, die BaFin hat kürzlich mehrere Meldungen nach § 11a...
BeiDie RedaktionMittwoch, 25.12.2024Interviewer: Herr Högel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben....
BeiDie RedaktionMittwoch, 25.12.2024Frage: Herr Blazek, die BaFin hat gegenüber der Haftpflichtkasse VVaG einen Kapitalaufschlag...
BeiDie RedaktionDienstag, 24.12.2024Frage: Frau Bontschev, laut der Finanzmarktaufsicht (FMA) ist Finanzbetrug mittlerweile eine „Wachstumsbranche“....
BeiDie RedaktionMontag, 23.12.2024
Kommentar hinterlassen