Interviewer: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, die rechtlichen Aspekte der Website von Deven Schuller zu beleuchten. Lassen Sie uns direkt einsteigen: Die Website wirbt mit Aussagen wie „So nutzt du die aktuelle Lage, wie die da oben, um Freiheit auf Autopilot zu erreichen … ohne Vorerfahrung, anderen zu schaden oder Deutschland zu verlassen.“ Wie bewerten Sie diese Art von Werbeaussagen aus rechtlicher Sicht?
Rechtsanwalt Jens Reime: Solche Aussagen müssen mit Vorsicht betrachtet werden. Sie wecken sehr hohe Erwartungen und suggerieren, dass jeder diese „Freiheit auf Autopilot“ erreichen kann, unabhängig von Vorkenntnissen. Hier liegt ein großes Potenzial für irreführende Werbung vor, was nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht zulässig ist. Wer solche weitreichenden Versprechungen macht, muss belegen können, dass sie realistisch und für eine breite Masse erreichbar sind. Andernfalls besteht das Risiko, dass solche Aussagen als Täuschung oder irreführende Geschäftspraktiken eingestuft werden könnten.
Interviewer: Es gibt auf der Seite mehrere Verweise auf ein „gratis Gespräch“ und kostenlose Inhalte, wie ein „Gratis Buch: Ein freies Leben mit 4000“. Gibt es hierbei rechtliche Fallstricke?
Rechtsanwalt Jens Reime: Ja, sobald das Wort „gratis“ oder „kostenlos“ verwendet wird, muss der Anbieter sicherstellen, dass dies auch tatsächlich zutrifft und keine versteckten Kosten oder Bedingungen damit verbunden sind. Wenn beispielsweise das „Gratis-Gespräch“ nur dazu dient, später kostenpflichtige Dienstleistungen anzubieten, muss dies klar und deutlich kommuniziert werden. Andernfalls könnte dies als Lockvogelangebot eingestuft werden, was ebenfalls gegen das UWG verstößt. Zudem müssen die Begriffe wie „gratis“ und „kostenlos“ transparent sein – der Nutzer darf keine weiteren Verpflichtungen eingehen müssen, etwa versteckte Gebühren oder Abonnements.
Interviewer: Die Website verspricht den Nutzern, dass sie durch Deven Schullers Methode „Freiheit erreichen“ können und spricht von Erfolgsgeschichten von Menschen, die sein System genutzt haben. Wie bewerten Sie diese Aussagen?
Rechtsanwalt Jens Reime: Diese Aussagen müssen immer belegt werden können. Wenn auf Erfolgsgeschichten verwiesen wird, müssen diese real und nachvollziehbar sein. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Aussagen als irreführend angesehen werden, wenn sie nicht der Wahrheit entsprechen oder wenn nur eine kleine Minderheit tatsächlich diese Ergebnisse erzielt. Der Haftungsausschluss auf der Website, der besagt, dass „unsere Resultate und die unserer Teilnehmer nicht typisch“ sind, ist eine Art Absicherung. Aber auch das schützt nicht vor rechtlichen Konsequenzen, wenn die Erfolgsgeschichten übertrieben oder aus dem Zusammenhang gerissen sind. Solche Aussagen dürfen den durchschnittlichen Nutzer nicht zu der Annahme verleiten, dass diese Erfolge leicht zu erreichen sind.
Interviewer: Der Haftungsausschluss auf der Seite besagt auch, dass die „Ergebnisse variieren“ und es „keine Garantie für Erfolg“ gibt. Reicht das aus, um rechtliche Risiken zu minimieren?
Rechtsanwalt Jens Reime: Ein Haftungsausschluss ist immer eine sinnvolle Ergänzung, aber er muss richtig platziert und formuliert sein. Es sollte sichergestellt werden, dass der Haftungsausschluss prominent und verständlich dargestellt wird, damit der Nutzer ihn nicht übersieht. Der Hinweis, dass „Ergebnisse variieren“ und „es keine Garantie für Erfolg gibt“, ist grundsätzlich ein guter Schritt in Richtung Transparenz. Trotzdem reicht das allein nicht aus, um alle rechtlichen Risiken zu minimieren, wenn die restliche Werbung die Erwartungen übertrieben hoch setzt. Die gesamte Kommunikation sollte konsistent und ehrlich sein, sodass die Nutzer realistische Erwartungen haben.
Interviewer: Auf der Website wird auch auf alternative Wissensquellen und „das Wissen der Elite“ verwiesen. Zudem betont Deven Schuller, dass er „jahrelang für die top 1% der Gesellschaft“ gearbeitet habe. Ist diese Art von Rhetorik rechtlich unbedenklich?
Rechtsanwalt Jens Reime: Solche Aussagen sind rhetorische Mittel, die häufig in der Werbung verwendet werden, um Exklusivität oder besondere Expertise zu vermitteln. Solange diese Aussagen nicht falsche Tatsachenbehauptungen aufstellen, ist das rechtlich in der Regel unproblematisch. Wenn allerdings der Eindruck erweckt wird, dass Schuller Zugang zu geheimem oder exklusivem Wissen hat, das nur einer Elite vorbehalten ist, könnte das zu überzogenen Erwartungen führen. Auch hier gilt: Wenn diese Aussagen nicht belegt oder nachvollziehbar sind, könnte das als irreführende Werbung ausgelegt werden. Außerdem darf die Werbung nicht den Eindruck erwecken, dass nur diejenigen, die Zugang zu dieser Methode haben, erfolgreich sein können – das würde den Wettbewerb verzerren.
Interviewer: Die Seite enthält eine Rubrik für „Teilnehmer Interviews“, in der angeblich Kunden ihre Erfahrungen mit der Methode schildern. Was müssen Anbieter beachten, wenn sie solche Testimonials verwenden?
Rechtsanwalt Jens Reime: Testimonials und Teilnehmerinterviews sind ein starkes Marketinginstrument, aber auch hier gibt es rechtliche Vorgaben. Zunächst einmal müssen diese Berichte authentisch sein. Wenn es sich um inszenierte oder erfundene Interviews handelt, verstößt das gegen das UWG. Zudem müssen die gezeigten Ergebnisse realistisch und repräsentativ für die Mehrheit der Teilnehmer sein. Wenn zum Beispiel nur die besten Erfolgsgeschichten dargestellt werden, könnte das den Verbraucher in die Irre führen. Auch hier sollte deutlich darauf hingewiesen werden, dass die gezeigten Resultate nicht typisch sind und von vielen Faktoren abhängig sein können, wie es im Haftungsausschluss auf der Website bereits angedeutet wird.
Interviewer: Die Website erwähnt auch, dass Deven Schuller sich als „Aussteiger“ bezeichnet und sein Leben in Fülle am Mittelmeer verbringt. Er betont, dass er diese Freiheit durch das „Wissen der oberen Kreise“ erreicht hat. Gibt es hier rechtliche Bedenken?
Rechtsanwalt Jens Reime: Der Begriff „Aussteiger“ ist rechtlich unbedenklich und kann als Teil einer persönlichen Lebensgeschichte betrachtet werden, die für Marketingzwecke verwendet wird. Auch die Betonung seines aktuellen Lebensstils ist aus juristischer Sicht grundsätzlich in Ordnung, solange klar ist, dass dies eine individuelle Erfolgsgeschichte ist und nicht jeder Teilnehmer automatisch denselben Lebensstil erreichen wird. Problematisch könnte es werden, wenn dieser Erfolg als universell erreichbar dargestellt wird, ohne die Risiken oder Schwierigkeiten zu erwähnen, die damit verbunden sein könnten. Auch hier muss die Darstellung realistisch bleiben und darf keine falschen Erwartungen wecken.
Interviewer: Die Seite enthält mehrere Haftungsausschlüsse in Bezug auf die Unabhängigkeit von Plattformen wie Facebook oder TikTok und betont, dass diese Firmen das Angebot nicht unterstützen. Warum sind solche Haftungsausschlüsse wichtig?
Rechtsanwalt Jens Reime: Solche Haftungsausschlüsse sind wichtig, um rechtlichen Konflikten mit den betroffenen Plattformen vorzubeugen. Wenn eine Website oder ein Anbieter den Eindruck erwecken würde, in irgendeiner Weise von Facebook, TikTok oder Google unterstützt zu werden, könnte dies zu rechtlichen Problemen führen, da diese Plattformen ihre Marken und ihr Image streng schützen. Der Anbieter muss daher klarstellen, dass er unabhängig von diesen Plattformen agiert und es keine formelle Unterstützung oder Partnerschaft gibt. Diese Klarstellungen sind juristisch sinnvoll, um Missverständnisse bei den Nutzern und rechtliche Konflikte mit den Plattformbetreibern zu vermeiden.
Interviewer: Zum Abschluss, Herr Reime, wie bewerten Sie die Gesamtkommunikation der Website aus rechtlicher Sicht?
Rechtsanwalt Jens Reime: Die Website nutzt viele rhetorische Mittel, um eine emotionale Verbindung zum Nutzer herzustellen und hohe Erwartungen zu wecken. Aus rechtlicher Sicht birgt dies Risiken, insbesondere wenn die Aussagen als irreführend oder übertrieben gewertet werden. Es ist wichtig, dass der Anbieter klare und transparente Informationen liefert, insbesondere über die Erfolgsaussichten und die Risiken, die mit der Teilnahme an der Methode verbunden sind. Der Haftungsausschluss ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Gesamtkommunikation sollte konsistenter und weniger übertrieben sein, um rechtliche Probleme zu vermeiden.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre wertvollen Einblicke!
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