Frage: Herr Reime, die BKS eG weist in ihrer Bilanz ein beeindruckendes Vermögen von knapp 81 Millionen Euro auf, hat aber nur 10 Mitglieder. Wie bewerten Sie das aus rechtlicher Sicht?
Jens Reime: Das ist in der Tat sehr ungewöhnlich für eine Genossenschaft. Grundsätzlich basiert das Genossenschaftswesen auf der Idee einer breiten Mitgliederbasis, die gemeinsam wirtschaftliche Vorteile erzielt. Eine Genossenschaft mit nur 10 Mitgliedern und einem so hohen Vermögen weicht deutlich von dieser Grundidee ab. Das könnte Fragen zur tatsächlichen Struktur und Zielsetzung der Genossenschaft aufwerfen, sowohl in rechtlicher als auch in steuerlicher Hinsicht.
Frage: Die Mitglieder der BKS eG haben zusammen nur Geschäftsguthaben in Höhe von 55.400 Euro eingebracht. Der Großteil des Eigenkapitals stammt aus Rücklagen und Bilanzgewinnen. Ist das in dieser Form problematisch?
Jens Reime: Nicht zwingend. Es kommt darauf an, wie diese Gewinne erzielt wurden. Wenn das Vermögen aus dem operativen Geschäft stammt und ordnungsgemäß bilanziert wurde, ist das rechtlich unproblematisch. Problematisch wird es, wenn die Herkunft des Kapitals nicht nachvollziehbar ist oder wenn Kapitalzuflüsse von Dritten verschleiert werden. Bei einer so geringen Mitgliederzahl stellt sich auch die Frage, ob die Genossenschaft tatsächlich ihrer Satzung und ihrem Zweck entspricht oder ob sie eher wie eine Kapitalgesellschaft agiert.
Frage: Ein weiteres auffälliges Detail ist die geringe Anzahl an Mitarbeitern – nur 7 im Durchschnitt. Wie passt das zu einem Unternehmen mit einem Anlagevermögen von knapp 65 Millionen Euro?
Jens Reime: Das ist ein weiterer Punkt, der Fragen aufwirft. Mit einer so geringen Belegschaft ist es schwer vorstellbar, dass die Genossenschaft eine aktive wirtschaftliche Tätigkeit im Umfang ihres Vermögens betreibt. Es könnte darauf hindeuten, dass die Genossenschaft primär als Vermögensverwaltungsinstrument dient. Auch das wäre nicht per se rechtswidrig, könnte aber zu einer Prüfung durch das Finanzamt führen, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung der genossenschaftlichen Prinzipien.
Frage: Die BKS eG hat erhebliche langfristige Verbindlichkeiten von über 10 Millionen Euro. Welche Risiken sehen Sie hier für die Mitglieder und die Genossenschaft?
Jens Reime: Langfristige Verbindlichkeiten in dieser Größenordnung bergen immer ein gewisses Risiko, insbesondere wenn die Einnahmeströme der Genossenschaft nicht aus einem stabilen operativen Geschäft stammen. Die Mitglieder haften zwar in der Regel nur mit ihrem Geschäftsguthaben, aber bei finanziellen Problemen könnte das Vertrauen in die Genossenschaft schwer beschädigt werden. Es stellt sich auch die Frage, ob die Finanzierung nachhaltig ist oder ob hier Risiken eingegangen wurden, die nicht ausreichend abgesichert sind.
Frage: Wie erklären Sie sich die geringe Mitgliederzahl bei einem Unternehmen mit solchem Vermögen?
Jens Reime: Das ist schwer zu sagen, ohne die genaue Satzung oder die internen Abläufe der Genossenschaft zu kennen. Möglicherweise handelt es sich um eine bewusste Entscheidung, die Mitgliederzahl klein zu halten, um den Einfluss auf bestimmte Personen oder Gruppen zu beschränken. Das wäre jedoch ein klarer Widerspruch zum demokratischen Grundgedanken der Genossenschaft. In einem solchen Fall könnte der zuständige Prüfungsverband oder sogar eine Aufsichtsbehörde einschreiten, um die Einhaltung der genossenschaftlichen Prinzipien zu überprüfen.
Frage: Welche Fragen sollten sich Mitglieder oder Beobachter bei einer solchen Bilanz stellen?
Jens Reime: Die zentralen Fragen lauten:
Woher stammt das Vermögen der Genossenschaft? Gibt es eine klare und nachvollziehbare Quelle?
Warum gibt es so wenige Mitglieder? Ist die geringe Mitgliederzahl mit dem genossenschaftlichen Grundgedanken vereinbar?
Welche Risiken bestehen durch die hohen Verbindlichkeiten? Sind diese ausreichend abgesichert?
Wird die Genossenschaft tatsächlich ihrem Satzungszweck gerecht, oder wird sie zweckentfremdet?
Frage: Was wäre Ihr Rat an die Mitglieder oder andere Interessierte?
Jens Reime: Ich würde den Mitgliedern raten, Transparenz einzufordern und sicherzustellen, dass die Genossenschaft den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, Demokratie und Solidarität entspricht. Sollte es Zweifel an der Einhaltung dieser Grundsätze geben, könnten eine interne Prüfung oder auch eine unabhängige Überprüfung durch den Prüfungsverband in Betracht gezogen werden. Langfristig ist die Glaubwürdigkeit der Genossenschaft nur gewährleistet, wenn alle Prozesse transparent und nachvollziehbar sind.
Frage: Sehen Sie auch die Möglichkeit eines Missbrauchs der Genossenschaftsform?
Jens Reime: Leider ja. In einigen Fällen wird die Genossenschaftsform genutzt, um steuerliche Vorteile oder eine geringere Transparenz gegenüber Dritten zu erzielen. Das ist selten, aber solche Fälle ziehen oft die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich. Es liegt im Interesse aller Beteiligten, eine klare und ordnungsgemäße Struktur sicherzustellen, um Missverständnisse oder rechtliche Probleme zu vermeiden.
Fazit: Die Bilanz der BKS eG ist ungewöhnlich und wirft viele Fragen auf, die einer genaueren Klärung bedürfen. Die Mitglieder und der Prüfungsverband sind in der Verantwortung, für Transparenz und die Einhaltung der genossenschaftlichen Grundsätze zu sorgen.
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