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Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel: So viele BaFin-Warnungen an einem Tag

Tumisu (CC0), Pixabay
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diebewertung.de: Herr Högel, die BaFin hat am 09. September 2024 gleich mehrere Warnungen gegen verschiedene Finanzplattformen ausgesprochen. Dazu zählen Websites wie kryptoeu.net, abilitytradeinvestment.com und viele mehr. Was sagt Ihnen diese Häufung von Warnmeldungen?

Rechtsanwalt Maurice Högel: Die Häufung dieser Warnungen zeigt, dass der Kapitalmarkt aktuell stark von unseriösen und unerlaubten Angeboten betroffen ist. Besonders im Bereich der Kryptowährungen und Wertpapierdienstleistungen gibt es eine Zunahme an Plattformen, die ohne die erforderlichen Genehmigungen operieren. Die betroffenen Anbieter nutzen oft irreführende Informationen oder geben vor, reguliert zu sein, um das Vertrauen der Anleger zu gewinnen. Die BaFin reagiert auf diese Entwicklung, indem sie verstärkt vor solchen Angeboten warnt.

diebewertung.de: Was könnte die Ursache für den Anstieg solcher Plattformen sein, insbesondere im Bereich der Kryptowährungen?

Rechtsanwalt Maurice Högel: Kryptowährungen und digitale Vermögenswerte bieten einerseits großes Potenzial, andererseits aber auch enorme Risiken, vor allem weil viele Anleger noch unerfahren sind. Der Mangel an regulatorischen Rahmenbedingungen in einigen Bereichen und die oft komplexe Technologie machen es für Betrüger leicht, Anleger zu täuschen. Sie locken mit hohen Renditeversprechen und nutzen die Unkenntnis vieler Menschen in diesem neuen Markt aus. Hinzu kommt, dass durch die zunehmende Popularität von Kryptowährungen immer mehr unseriöse Anbieter auf den Markt drängen.

diebewertung.de: Die BaFin warnt nicht nur vor Krypto-Plattformen, sondern auch vor traditionellen Finanzdienstleistern ohne Erlaubnis, wie abilitytradeinvestment.com und agrarvis.com. Was bedeutet das für den Anlegerschutz?

Rechtsanwalt Maurice Högel: Es zeigt, dass Anleger nicht nur im Bereich der Kryptowährungen wachsam sein müssen, sondern auch bei traditionellen Vermögensanlagen. Unternehmen wie Ability Trade Investment oder Agrarvis Forst- und Energiegenossenschaft bieten Finanzprodukte an, ohne die erforderlichen Genehmigungen zu besitzen. Für den Anlegerschutz bedeutet das, dass sich auch klassische Investoren sehr genau informieren müssen, bevor sie Geld anlegen. Unerlaubte Finanzdienstleistungen stellen ein großes Risiko dar, da sie in der Regel nicht den Schutz bieten, den regulierte Anbieter gewährleisten.

diebewertung.de: Einige dieser Plattformen, wie g-snelle-diensten-finance.com und florentinaswiss.com, betreiben sogar Identitätsdiebstahl, um ihre Seriosität vorzutäuschen. Wie können sich Anleger davor schützen?

Rechtsanwalt Maurice Högel: Identitätsdiebstahl ist eine besonders gefährliche Betrugsmethode, bei der Betrüger die Namen seriöser Unternehmen oder existierender Personen nutzen, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Anleger sollten daher immer kritisch hinterfragen, ob eine Website oder ein Anbieter tatsächlich legitim ist. Eine einfache Methode, dies zu überprüfen, ist, den angeblich genannten Unternehmen direkt über ihre offiziellen Kontaktwege zu schreiben und die Beziehung zu bestätigen. Außerdem können Anleger das BaFin-Register oder ähnliche offizielle Datenbanken konsultieren, um sicherzustellen, dass der Anbieter wirklich über die notwendigen Genehmigungen verfügt.

diebewertung.de: Die BaFin warnt auch vor Plattformen, die vorgeben, Aktien renommierter Unternehmen wie Northvolt AB und Databricks Corporation zu verkaufen, obwohl sie keine Erlaubnis dafür haben. Was sollten Anleger beachten, wenn sie in solche „Blue-Chip“-Aktien investieren möchten?

Rechtsanwalt Maurice Högel: Bei Investitionen in „Blue-Chip“-Aktien renommierter Unternehmen sollten Anleger sicherstellen, dass sie nur über regulierte Broker oder Plattformen handeln. Wenn eine Plattform ohne Genehmigung solche Aktien anbietet, ist das ein klares Warnsignal. Diese Plattformen nutzen oft die Bekanntheit von erfolgreichen Unternehmen, um Vertrauen zu schaffen, obwohl sie keine rechtliche Basis haben, diese Produkte anzubieten. Anleger sollten immer darauf achten, dass sie bei einem lizenzierten Anbieter handeln, um sicherzustellen, dass ihre Investition geschützt ist.

diebewertung.de: Was können Anleger angesichts dieser Vielzahl von BaFin-Warnungen tun, um sich zu schützen?

Rechtsanwalt Maurice Högel: Es gibt einige grundlegende Maßnahmen, die Anleger ergreifen sollten:

  1. BaFin-Register prüfen: Anleger sollten immer das Register der BaFin nutzen, um zu überprüfen, ob ein Anbieter über die notwendigen Lizenzen verfügt.
  2. Vorsicht bei übertriebenen Versprechungen: Angebote, die unrealistisch hohe Renditen versprechen, sind oft ein Anzeichen für Betrug. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das in der Regel auch.
  3. Keine Eile bei Investitionen: Seriöse Anbieter setzen Anleger niemals unter Druck. Wenn ein Anbieter Sie drängt, schnell zu investieren, ist das ein starkes Warnsignal.
  4. Professionellen Rat einholen: Bevor größere Summen investiert werden, sollten Anleger einen Fachanwalt oder Finanzberater konsultieren. Eine rechtzeitige Beratung kann vor vielen Risiken schützen.
  5. Kryptowährungen nur über etablierte Plattformen handeln: Gerade im Bereich der Kryptowährungen ist es besonders wichtig, nur über etablierte und regulierte Plattformen zu handeln, da dieser Markt anfälliger für Betrug ist.

diebewertung.de: Haben Sie abschließend noch einen Rat für Anleger, die unsicher sind, ob ein Angebot seriös ist?

Rechtsanwalt Maurice Högel: Mein Rat ist einfach: Vertrauen Sie nie blind, sondern prüfen Sie jedes Angebot sorgfältig. Nutzen Sie die verfügbaren Ressourcen, wie das BaFin-Register oder die Beratung durch Experten. Lassen Sie sich nicht von hohen Renditeversprechen blenden und seien Sie immer skeptisch bei Angeboten, die Druck ausüben oder unklare Angaben zur Regulierung machen. Der Schutz Ihres Kapitals beginnt mit gut informierten Entscheidungen.

diebewertung.de: Vielen Dank, Herr Högel, für diese wertvollen Einblicke!

Rechtsanwalt Maurice Högel: Sehr gerne! Es ist mir wichtig, dass Anleger sensibilisiert sind und die richtigen Schritte unternehmen, um sich zu schützen.

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