Interviewer: Herr Högel, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mit uns über die Richtlinie „Jung kauft alt“ zu sprechen, die im August 2024 in Kraft getreten ist. Was ist das Hauptziel dieser Förderung?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Sehr gerne. Das Hauptziel der „Jung kauft alt“-Förderung ist es, Familien mit mittleren und niedrigeren Einkommen den Erwerb von Bestandsimmobilien zu erleichtern. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf älteren Immobilien, die oft renovierungsbedürftig sind. Ein zentraler Aspekt der Förderung ist die Verpflichtung, diese Gebäude innerhalb von 54 Monaten auf das energetische Niveau eines Effizienzhauses 70 EE zu bringen. Damit soll nicht nur der Immobilienerwerb unterstützt, sondern auch ein Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen geleistet werden.
Interviewer: Das klingt nach einer Kombination aus Wohneigentumsförderung und Klimaschutz. Was genau bedeutet der Standard „Effizienzhaus 70 EE“, und warum ist dieser so wichtig?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Der Effizienzhausstandard 70 EE bedeutet, dass das Gebäude nach der Sanierung nur 70 % der Energie eines vergleichbaren Neubaus benötigt. Der Zusatz „EE“ steht für erneuerbare Energien, was bedeutet, dass ein Teil der Energie aus regenerativen Quellen kommen muss. Dieser Standard stellt sicher, dass die geförderten Häuser nach ihrer Sanierung deutlich energieeffizienter sind und damit langfristig zu einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes beitragen. Gerade im Gebäudebestand liegt enormes Potenzial, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen.
Interviewer: Welche Voraussetzungen müssen Familien erfüllen, um von dieser Förderung zu profitieren?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Um antragsberechtigt zu sein, muss es sich um Privatpersonen handeln, die ein Bestandsgebäude zur Selbstnutzung erwerben möchten. Der Haushalt muss zudem mindestens ein Kind haben, das zum Zeitpunkt der Antragstellung unter 18 Jahre alt ist. Das zu versteuernde jährliche Haushaltseinkommen darf 90.000 Euro nicht überschreiten, wobei pro weiterem Kind 10.000 Euro hinzukommen. Wichtig ist auch, dass der Antragsteller oder eine im Haushalt lebende Person nicht bereits von anderen Bundesförderungen wie dem Baukindergeld profitiert hat oder über selbstgenutztes Wohneigentum in Deutschland verfügt.
Interviewer: Welche Immobilien sind förderfähig? Gibt es besondere Anforderungen an die Gebäude?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Gefördert werden ausschließlich Bestandsgebäude, für die ein Gebäudeenergieausweis der Klassen F, G oder H vorliegt. Das bedeutet, dass die Immobilien in einem Zustand sein müssen, der deutliche energetische Verbesserungen benötigt. Außerdem müssen die Gebäude nach der Sanierung den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) entsprechen und auf den Effizienzhausstandard 70 EE gebracht werden. Darüber hinaus ist die Förderung auf maximal eine Wohneinheit beschränkt, die nur zur Selbstnutzung erworben werden darf.
Interviewer: Das Programm scheint also nicht nur den Erwerb von älteren Immobilien zu fördern, sondern zwingt auch zu umfangreichen energetischen Sanierungen. Was passiert, wenn die Sanierungsauflagen nicht erfüllt werden?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Sollte die Sanierung innerhalb der vorgegebenen 54 Monate nicht abgeschlossen oder das energetische Niveau nicht erreicht werden, kann der Förderkredit zurückgefordert werden. Die KfW behält sich vor, den Kredit zu kündigen und ab dem Zeitpunkt des Nichteinhaltens Zinsen zu berechnen. Es ist also entscheidend, dass die energetische Sanierung ordnungsgemäß durchgeführt und nachgewiesen wird.
Interviewer: Das ist eine starke Verpflichtung. Welche finanzielle Unterstützung bietet die Förderung denn genau?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Die Förderung erfolgt in Form eines zinsverbilligten Kredits, der bis zu 100 % der förderfähigen Ausgaben deckt. Die Kredithöchstbeträge richten sich nach der Anzahl der Kinder im Haushalt. Familien mit einem Kind können bis zu 100.000 Euro erhalten, bei zwei Kindern bis zu 125.000 Euro und bei drei oder mehr Kindern bis zu 150.000 Euro. Der Kredit hat unterschiedliche Laufzeiten, die flexibel gestaltet sind, und die Zinsbindung orientiert sich an den Marktbedingungen, kann aber durch Bundesmittel verbilligt werden.
Interviewer: Gibt es in der Praxis Hindernisse bei der Beantragung der Förderung, die Familien beachten sollten?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Ein wichtiges Detail ist, dass der Antrag unbedingt vor dem Abschluss des Kaufvertrags gestellt werden muss. Planungs- und Beratungsleistungen zur energetischen Sanierung dürfen zwar schon vorher erbracht werden, aber der Kaufvertrag darf nicht ohne die Förderzusage abgeschlossen werden. Außerdem müssen sich Antragsteller bewusst sein, dass sie sich mindestens fünf Jahre verpflichten, die geförderte Immobilie selbst zu nutzen, und dass die Förderung unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln steht.
Interviewer: Zum Abschluss: Was halten Sie von der Fördermaßnahme „Jung kauft alt“? Ist sie eine lohnende Option für Familien?
Rechtsanwalt Maurice Högel: Die Förderung ist sicherlich eine attraktive Möglichkeit für Familien, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllen wollen, vor allem in Zeiten steigender Baukosten und hoher Grundstückspreise. Sie bietet nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern trägt auch dazu bei, ältere Gebäude energetisch auf den neuesten Stand zu bringen. Die Herausforderung liegt allerdings in der Erfüllung der energetischen Sanierungsvorgaben, die sowohl zeit- als auch kostenintensiv sein können. Familien sollten sich deshalb gut beraten lassen und die Sanierung im Vorfeld genau planen.
Interviewer: Vielen Dank für Ihre Einblicke, Herr Högel. Es war sehr aufschlussreich!
Dieses Interview verdeutlicht die Vorzüge und Herausforderungen der Richtlinie „Jung kauft alt“ und liefert wichtige Informationen, worauf Familien bei der Beantragung achten sollten.
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