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Interview mit Rechtsanwalt Thomas Sontowski: Verbraucherrechte in Bezug auf die Schufa

Tumisu (CC0), Pixabay
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Interviewer: Herr Sontowski, danke, dass Sie sich Zeit für uns nehmen. Könnten Sie uns zu Beginn kurz erklären, was die Schufa ist und welche Rolle sie im Leben vieler Verbraucher spielt?

Thomas Sontowski: Sehr gerne. Die Schufa, das steht für „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung,“ ist eine Auskunftei, die Daten zur Bonität von Verbrauchern sammelt und verarbeitet. Diese Informationen werden dann an Banken, Telekommunikationsanbieter, Vermieter und andere Unternehmen weitergegeben, die die Bonität von Personen bewerten möchten, bevor sie beispielsweise einen Kredit gewähren oder einen Vertrag abschließen. Ein guter Schufa-Score kann also Türen öffnen, während ein schlechter Score Schwierigkeiten mit sich bringen kann, etwa beim Abschluss eines Mietvertrags oder beim Handyvertrag. Deshalb ist die Schufa für viele Menschen von großer Bedeutung.

Interviewer: Welche Rechte haben Verbraucher im Zusammenhang mit der Schufa?

Thomas Sontowski: Verbraucher haben eine Reihe von Rechten, die ihnen dabei helfen sollen, die Kontrolle über ihre eigenen Daten zu behalten. Zunächst einmal gibt es das Auskunftsrecht: Einmal jährlich haben Verbraucher das Recht, von der Schufa eine kostenlose Selbstauskunft anzufordern. Diese Auskunft zeigt, welche Daten über sie gespeichert sind und gibt einen Überblick darüber, welche Informationen Banken oder andere Vertragspartner bei einer Anfrage einsehen könnten.

Dann gibt es das Recht auf Berichtigung. Wenn Verbraucher feststellen, dass die Schufa falsche oder veraltete Daten gespeichert hat, können sie eine Berichtigung oder sogar Löschung dieser Daten verlangen. Fehler in der Schufa-Datenbank können schwerwiegende Folgen haben, daher ist es wichtig, dass Verbraucher solche Fehler schnell korrigieren lassen.

Interviewer: Wie geht man am besten vor, wenn man einen Fehler in der Schufa entdeckt?

Thomas Sontowski: Der erste Schritt ist, sich mit der Schufa in Verbindung zu setzen und eine schriftliche Berichtigung zu verlangen. In diesem Schreiben sollte der Fehler genau beschrieben werden, und es ist sinnvoll, alle Belege beizufügen, die den eigenen Standpunkt untermauern. Dokumentation ist hier das A und O – das heißt, am besten sollte man auch Kopien der Unterlagen behalten und die Korrespondenz gut aufbewahren. Die Schufa ist verpflichtet, den Sachverhalt zu prüfen und die Daten gegebenenfalls zu korrigieren.

Falls die Schufa nicht reagiert oder die Berichtigung ablehnt, haben Verbraucher die Möglichkeit, sich an die Datenschutzbehörde oder an eine Verbraucherzentrale zu wenden. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, rechtliche Schritte einzuleiten, wenn der Fehler schwerwiegende finanzielle Konsequenzen hat.

Interviewer: Welche Möglichkeiten gibt es, wenn man generell nicht möchte, dass bestimmte Daten bei der Schufa gespeichert sind?

Thomas Sontowski: Verbraucher haben das sogenannte Widerspruchsrecht. Wenn sie der Meinung sind, dass bestimmte Daten unrechtmäßig bei der Schufa gespeichert wurden, können sie Widerspruch einlegen. Das ist zum Beispiel oft bei Daten aus Insolvenzverfahren oder beglichenen Forderungen relevant. Der Widerspruch sollte klar und detailliert begründet werden, damit die Schufa zur Prüfung verpflichtet ist. Allerdings gibt es gesetzliche Vorgaben, welche Daten die Schufa speichern darf – nicht alles lässt sich einfach löschen.

Interviewer: Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie unter Umständen auch Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn sie durch falsche Schufa-Einträge Nachteile erleiden. Können Sie das näher erklären?

Thomas Sontowski: Absolut, das ist ein wichtiges Thema. Wenn Verbraucher aufgrund falscher oder veralteter Daten bei der Schufa tatsächlich einen finanziellen Nachteil erleiden, können sie unter bestimmten Umständen Schadensersatz verlangen. Ein Beispiel: Wenn ein Kredit abgelehnt wird, weil die Schufa einen fehlerhaften Eintrag gespeichert hat, und der Verbraucher dadurch finanziellen Schaden nimmt, kann er unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen. Um diesen Anspruch durchzusetzen, ist es wichtig, alle relevanten Dokumente und Nachweise zu sammeln, um den Schaden und den kausalen Zusammenhang mit dem Schufa-Eintrag zu belegen.

Interviewer: Welche Verpflichtungen hat die Schufa gegenüber Verbrauchern?

Thomas Sontowski: Die Schufa unterliegt einer Reihe von datenschutzrechtlichen Vorgaben. Das Prinzip der Datenminimierung ist zum Beispiel eine wichtige Vorgabe. Das bedeutet, dass die Schufa nur Daten speichern darf, die tatsächlich für die Bonitätsbewertung relevant sind. Überflüssige oder nicht erforderliche Informationen müssen gelöscht werden. Außerdem ist die Schufa verpflichtet, die gespeicherten Daten stets aktuell und korrekt zu halten. Das heißt, sie muss die Informationen regelmäßig überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Darüber hinaus muss die Schufa Transparenz gewährleisten, das heißt, sie muss Verbraucher über ihre Datenerfassung und -verarbeitung informieren und ihnen die Möglichkeit geben, sich über die gespeicherten Daten zu informieren.

Interviewer: Welche Herausforderungen sehen Sie für Verbraucher in Bezug auf die Schufa?

Thomas Sontowski: Eine der größten Herausforderungen sind sicherlich negative Schufa-Einträge. Ein solcher Eintrag kann das Leben erheblich erschweren – sei es beim Abschluss eines Mietvertrags, beim Abschluss eines Handyvertrags oder bei der Aufnahme eines Kredits. Viele Verbraucher sind sich nicht bewusst, dass sie sich regelmäßig über ihren Schufa-Score informieren sollten, um solche Einträge frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu korrigieren.

Ein weiteres Problem sind fehlerhafte oder veraltete Einträge. Es kommt leider immer wieder vor, dass die Schufa veraltete Daten speichert, die dann negative Konsequenzen haben können. Hier ist es wichtig, regelmäßig eine Selbstauskunft anzufordern und aktiv zu werden, falls etwas nicht stimmt. Viele Menschen wissen aber nicht, dass sie einmal im Jahr eine kostenlose Selbstauskunft anfordern können.

Interviewer: Was raten Sie Verbrauchern, die ihre Bonität verbessern möchten?

Thomas Sontowski: Zunächst einmal sollten Verbraucher darauf achten, dass sie ihre Rechnungen stets pünktlich bezahlen. Auch das Vermeiden unnötiger Kreditanfragen kann helfen, da jede Anfrage in der Schufa gespeichert wird und sich auf den Score auswirken kann. Falls man bestehende Kredite hat, kann es sinnvoll sein, diese möglichst zügig abzuzahlen oder sie zu konsolidieren. Auch die regelmäßige Kontrolle der Schufa-Daten ist wichtig, um Fehler frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren.

Langfristig gesehen ist finanzielle Bildung sehr wichtig. Wer ein grundlegendes Verständnis für die eigenen Finanzen hat und weiß, wie Bonität funktioniert, kann viele Probleme schon im Vorfeld vermeiden. Verbraucher sollten sich über ihre Rechte informieren und diese auch aktiv wahrnehmen.

Interviewer: Wie sieht es mit der Rolle der Digitalisierung aus? Sehen Sie hier neue Herausforderungen für Verbraucher?

Thomas Sontowski: Ja, definitiv. Mit der Digitalisierung wird die Bonitätsbewertung zunehmend in Echtzeit durchgeführt, was für Verbraucher eine gewisse Intransparenz schaffen kann. Viele Online-Dienstleister nutzen jetzt auch alternative Datenquellen, was neue Fragen aufwirft. Verbraucher sollten sich darüber im Klaren sein, dass durch die Nutzung digitaler Dienste wie Online-Kredite ihre Bonitätsinformationen häufiger abgefragt werden könnten. Die Schufa arbeitet ebenfalls an der Digitalisierung und kann Daten sehr schnell aktualisieren, was sowohl Chancen als auch Risiken birgt.

Interviewer: Abschließend gefragt: Was ist Ihre wichtigste Empfehlung für Verbraucher im Umgang mit der Schufa?

Thomas Sontowski: Meine wichtigste Empfehlung ist, proaktiv zu sein. Verbraucher sollten sich nicht scheuen, regelmäßig eine Schufa-Auskunft anzufordern und ihre Daten zu überprüfen. Es ist wichtig, sich über die eigenen Rechte zu informieren und diese auch durchzusetzen, wenn es notwendig ist. Wenn Unsicherheiten bestehen oder es zu Problemen kommt, kann es sinnvoll sein, sich rechtliche Unterstützung zu holen – entweder durch eine Verbraucherzentrale oder durch einen Anwalt, der sich mit dem Thema Schufa auskennt. Informiert und aktiv zu sein, ist der beste Weg, um die Kontrolle über die eigene Bonität zu behalten.

Interviewer: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Sontowski.

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