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Interview mit Rechtsanwalt Thomas Sontowski: Warum Trading nichts für Kleinanleger ist

Tumisu (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Sontowski, viele Kleinanleger werden heutzutage durch Online-Werbung oder soziale Medien zum Trading gelockt. Warum ist das Ihrer Meinung nach problematisch?

Thomas Sontowski: Das Hauptproblem ist, dass Trading für Kleinanleger oft ein sehr riskantes Unterfangen ist. Viele lassen sich von vermeintlich einfachen Gewinnmöglichkeiten blenden, ohne die damit verbundenen Risiken wirklich zu verstehen. Beim Trading geht es um kurzfristige Käufe und Verkäufe von Finanzinstrumenten, oft mit Hebelwirkung. Das bedeutet, man kann nicht nur schnell Gewinne erzielen, sondern auch sehr schnell viel Geld verlieren. Die hohe Volatilität dieser Märkte kann besonders für unerfahrene Anleger gefährlich sein.

Frage: Welche typischen Risiken gibt es dabei?

Thomas Sontowski: Ein großes Risiko ist der sogenannte „Hebel“. Viele Trading-Plattformen bieten den Handel mit gehebelten Produkten an, was bedeutet, dass man mit einem kleinen Einsatz große Positionen bewegen kann. Das klingt verlockend, aber der Hebel verstärkt nicht nur potenzielle Gewinne, sondern auch Verluste. Es kommt häufig vor, dass Anleger in kurzer Zeit ihr gesamtes investiertes Kapital verlieren. Zudem gibt es Risiken durch mangelnde Marktkenntnisse, emotionale Entscheidungen und die Gebührenstruktur vieler Anbieter, die schnell ins Geld gehen kann.

Frage: Welche Rolle spielen die Trading-Plattformen selbst in diesem Problem?

Thomas Sontowski: Viele Trading-Plattformen haben ein starkes Interesse daran, dass Anleger möglichst viel und möglichst oft handeln, denn sie verdienen an den Transaktionskosten. Es gibt sogar Plattformen, die Anreize schaffen, um ihre Kunden zu häufigen Trades zu motivieren, etwa durch Belohnungssysteme oder Gamification-Ansätze, die das Trading wie ein Spiel erscheinen lassen. Das kann dazu führen, dass Anleger Risiken unterschätzen und sich eher wie in einem Casino fühlen, anstatt eine fundierte Anlagestrategie zu verfolgen.

Frage: Was sollte ein Kleinanleger stattdessen tun, wenn er an den Finanzmärkten investieren möchte?

Thomas Sontowski: Für Kleinanleger, die langfristig Vermögen aufbauen möchten, sind konservativere Ansätze oft besser geeignet. Dazu gehören breit gestreute Anlagen wie Exchange Traded Funds (ETFs) oder Investmentfonds. Diese Produkte sind in der Regel weniger riskant als das kurzfristige Trading, da sie auf langfristiges Wachstum setzen und das Risiko durch Diversifikation verringern. Zudem sollten Anleger sich gut informieren und ihre Entscheidungen auf soliden Grundlagen treffen, anstatt sich von kurzfristigen Gewinnchancen verleiten zu lassen.

Frage: Haben Sie abschließend noch einen Rat für Kleinanleger, die mit dem Gedanken spielen, ins Trading einzusteigen?

Thomas Sontowski: Mein wichtigster Rat ist: Seien Sie sich der Risiken bewusst und investieren Sie nur Geld, dessen Verlust Sie sich leisten können. Trading kann sehr verlockend sein, aber es ist kein einfacher Weg zu schnellem Reichtum. Informieren Sie sich gründlich, setzen Sie sich klare Limits und lassen Sie sich nicht von Emotionen leiten. Und denken Sie daran, dass auch scheinbar erfolgreiche Trader oft viele Verluste erlebt haben, bevor sie überhaupt einen Gewinn erzielen konnten.

Frage: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Sontowski.

Thomas Sontowski: Gern geschehen.

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