Redaktion: Herr Bremer, es gibt viele Fragen rund um den Anlegerbeirat und die Rolle der Rechtsanwälte in der aktuellen Situation bei der DEGAG. Können Sie uns erläutern, warum es diesen Beirat gibt und wie er arbeitet?
Thomas Bremer: Sehr gerne. Der Anlegerbeirat wurde ins Leben gerufen, um eine zentrale Plattform für die Interessen der betroffenen Anleger zu schaffen. Es geht darum, gemeinsam Lösungen zu finden, wie das Unternehmen möglicherweise restrukturiert werden kann, um die Schäden für die Anleger zu minimieren. Die Mitglieder des Beirats arbeiten komplett unentgeltlich – sie tun dies aus Überzeugung und dem Wunsch, den Anlegern zu helfen. Es steht hier nicht das Geldverdienen im Vordergrund, sondern die Suche nach einer tragfähigen Lösung für die Betroffenen.
Redaktion: Es gibt immer wieder Kritik, dass auch Rechtsanwälte eingebunden sind. Manche sagen, Anwälte wollen nur ein Geschäft machen. Was entgegnen Sie diesen Vorwürfen?
Thomas Bremer: Das ist ein Punkt, den wir häufiger hören. Und ja, natürlich verdienen Rechtsanwälte Geld mit ihrer Arbeit – das ist ihr Beruf und ihre Existenzgrundlage. Aber in Deutschland ist die Rechtsberatung gesetzlich zugelassenen Rechtsanwälten vorbehalten. Das ist im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) klar geregelt. Sie dürfen nicht vergessen: Ab einem Streitwert von 5.000 Euro und bei Verfahren vor einem Landgericht besteht in Deutschland ein Anwaltszwang (§ 78 Zivilprozessordnung). Das heißt, selbst wenn Anleger eine gerichtliche Lösung anstreben wollen, kommen sie um einen Rechtsanwalt gar nicht herum.
Redaktion: Warum genau sind Rechtsanwälte in einem solchen Prozess so wichtig?
Thomas Bremer: Anwälte spielen hier eine entscheidende Rolle, weil sie über die nötige rechtliche Expertise verfügen, um komplexe Fälle wie eine mögliche Restrukturierung oder Insolvenz juristisch korrekt zu begleiten. Sie prüfen Verträge, vertreten die Anleger rechtlich – sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht – und führen Verhandlungen mit anderen Parteien. Die rechtlichen Fragen in solchen Fällen sind hochgradig komplex. Deshalb ist es essenziell, dass Fachleute eingebunden werden, die diese Prozesse professionell und kompetent begleiten können.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Anwälte nicht nur rechtlich beraten, sondern auch eine Brücke zu den Gerichten und Behörden bilden. Gerade wenn es um Themen wie Insolvenzverfahren oder Schadensersatzforderungen geht, ist ihre Unterstützung unverzichtbar.
Redaktion: Kritiker argumentieren, dass die Kosten für Rechtsanwälte hoch sind. Wie werden diese Kosten geregelt?
Thomas Bremer: Das ist ein wichtiger Punkt, den viele nicht genau kennen. Die Vergütung von Rechtsanwälten in Deutschland ist durch die Rechtsanwaltsvergütungsordnung (RVG) gesetzlich festgelegt. Das RVG sorgt dafür, dass die Kosten transparent und fair berechnet werden. Die Gebühren richten sich in der Regel nach dem Streitwert, also dem finanziellen Umfang der Angelegenheit. Es gibt dafür feste Tabellen, die vorgeben, wie hoch die Gebühren bei einem bestimmten Streitwert ausfallen dürfen.
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, abweichende Vereinbarungen zu treffen, wie z. B. Stundenhonorare oder Pauschalhonorare. Aber auch hier gilt, dass diese Vereinbarungen schriftlich fixiert und nachvollziehbar sein müssen. Willkürliche oder überhöhte Honorare sind nicht erlaubt.
Redaktion: Können Sie ein Beispiel geben, wie das RVG in der Praxis funktioniert?
Thomas Bremer: Nehmen wir ein Beispiel: Wenn ein Anleger eine Klage mit einem Streitwert von 50.000 Euro einreicht, dann gibt es klare Vorgaben, wie hoch die Anwaltsgebühren für die Prozessvertretung sein dürfen. Diese Gebühren decken die Beratung, die Vorbereitung und die Vertretung vor Gericht ab. Zusätzlich können bestimmte Auslagen, wie Reisekosten oder Kopierkosten, berechnet werden, aber auch hier gibt es Obergrenzen.
Im Erfolgsfall ist es übrigens so, dass die unterlegene Partei die Anwaltskosten der Gegenseite übernehmen muss – das ist nach § 91 der Zivilprozessordnung geregelt. Das bedeutet, wenn der Anleger den Prozess gewinnt, werden die Kosten in der Regel vom Unternehmen getragen.
Redaktion: Was sagen Sie den Anlegern, die Rechtsanwälten gegenüber skeptisch sind?
Thomas Bremer: Ich verstehe die Skepsis, vor allem in einer so emotional belastenden Situation. Aber ich möchte betonen, dass Rechtsanwälte keine Gegner sind, sondern Partner, die den Anlegern helfen wollen. Ohne juristische Unterstützung wäre es nicht möglich, die Rechte der Betroffenen durchzusetzen – weder außergerichtlich noch vor Gericht.
Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass Anwälte nicht nur mit den Betroffenen arbeiten, sondern auch mit dem Anlegerbeirat und anderen Experten wie Wirtschaftsprüfern oder Restrukturierungsspezialisten. Dieses Zusammenspiel ist entscheidend, um die beste Lösung für die Anleger zu finden.
Redaktion: Zum Abschluss: Was ist Ihr Appell an die betroffenen Anleger?
Thomas Bremer: Mein Appell ist, dass die Anleger Vertrauen in den Prozess und die beteiligten Experten haben. Der Anlegerbeirat und die Rechtsanwälte arbeiten daran, eine Lösung zu finden, die im besten Interesse der Betroffenen ist. Ja, es gibt Kosten, und ja, es ist ein schwieriger Weg, aber ohne diese Bemühungen wäre eine Rettung des Unternehmens oder eine Kompensation für die Anleger kaum denkbar.
Letztlich geht es darum, mit vereinten Kräften eine Perspektive zu schaffen – und dafür braucht es Engagement, Expertise und auch Geduld.
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