Redaktion: Herr Högel, in Deutschland häufen sich derzeit wieder Anrufe von Betrügern, die sich als Polizisten ausgeben. Was macht diese Masche so gefährlich?
Maurice Högel: Die größte Gefahr bei dieser Betrugsmasche ist die gezielte Ausnutzung von Angst und Verunsicherung. Die Täter sind wahre Meister darin, mit Druck, plausiblen Lügen und professionellem Auftreten ihre Opfer in einen Stresszustand zu versetzen. Sie geben sich als Vertrauenspersonen aus, in diesem Fall als Polizisten, und missbrauchen damit das Ansehen staatlicher Institutionen. Besonders betroffen sind oft ältere Menschen, die den Betrügern aufgrund ihrer überzeugenden Geschichten glauben und dann teilweise hohe Geldsummen verlieren.
Redaktion: Es wird von verschiedenen Vorgehensweisen berichtet. Welche Methoden setzen die Täter genau ein?
Maurice Högel: Es gibt zwei besonders häufige Methoden. Die eine ist der sogenannte Call-Bot-Betrug. Dabei werden automatisierte Anrufe – also Call-Bots – eingesetzt, bei denen das Opfer zunächst eine englischsprachige Tonbandaufnahme hört. Diese Art von Anruf filtert gezielt Personen heraus, die vielleicht misstrauisch werden oder die Sprache nicht verstehen, bevor dann ein echter Täter das Gespräch übernimmt. Die Kriminellen geben sich dann als Interpol-Beamte aus und behaupten, das Opfer sei in schwerwiegende Delikte wie Geldwäsche oder Betrug verwickelt. Als „Lösung“ wird dann die Zahlung einer Kaution gefordert.
Die zweite Methode ist der klassische falsche Polizistentrick. Hier rufen die Täter an und behaupten etwa, in der Gegend sei eine Einbrecherbande aktiv, und raten dazu, Geld und Wertgegenstände zur sicheren Verwahrung der „Polizei“ zu übergeben. Ein besonders perfider Trick ist der sogenannte Kautionsbetrug, bei dem die Täter vorgeben, ein Angehöriger sei in einen Unfall verwickelt und sitze in Haft. Um ihn freizubekommen, müsse eine hohe Kaution gezahlt werden. In allen Fällen setzen die Betrüger gezielt auf Emotionen wie Angst und Mitgefühl.
Redaktion: Das klingt sehr durchdacht. Wie schaffen es die Täter, das Vertrauen der Opfer zu gewinnen?
Maurice Högel: Die Kriminellen sind extrem geschickt. Sie passen ihre Vorgehensweise individuell an ihr Gegenüber an und haben für jedes Argument ein passendes Gegenargument parat. Mal treten sie mitfühlend und beruhigend auf, mal üben sie Druck aus und werden sogar aggressiv. Besonders tückisch ist, dass sie häufig betonen, niemandem von dem Anruf zu erzählen – angeblich, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Dadurch wird verhindert, dass das Opfer mit Freunden, Familie oder Bankangestellten Rücksprache hält, die den Betrug vielleicht erkennen könnten. Zusätzlich nutzen sie technische Tricks, wie gefälschte Telefonnummern, die auf dem Display des Opfers wie die echte Nummer der Polizei aussehen.
Redaktion: Gibt es denn Möglichkeiten, sich vor diesen Betrugsversuchen zu schützen?
Maurice Högel: Ja, die gibt es. Zunächst ist es wichtig, misstrauisch zu bleiben und sich niemals unter Druck setzen zu lassen. Legen Sie bei verdächtigen Anrufen einfach auf – echte Polizisten würden niemals Geld von Ihnen am Telefon fordern oder Sie zu Überweisungen drängen. Geben Sie auch keine Details zu Ihrem Vermögen preis. Sollten Sie unsicher sein, können Sie jederzeit die echte Notrufnummer der Polizei, 110, wählen und nachfragen, ob es die genannte Beamtin oder den genannten Beamten tatsächlich gibt.
Zusätzlich sollten Betroffene mit Vertrauenspersonen aus ihrem Umfeld Rücksprache halten. Auch Bankangestellte haben oft ein geschultes Auge für solche Betrugsmaschen und können wertvolle Hinweise geben. Und natürlich: Lassen Sie keine Unbekannten in Ihre Wohnung und übergeben Sie niemals Geld oder Wertsachen an Fremde, auch wenn diese behaupten, sie seien Polizisten.
Redaktion: Was unternimmt die Polizei, um solche Betrugsfälle zu verhindern?
Maurice Högel: Die Polizei in Deutschland arbeitet intensiv daran, die Öffentlichkeit über diese Maschen zu informieren. Besonders wichtig ist die Prävention in Zusammenarbeit mit Banken und anderen Institutionen. Es gibt beispielsweise spezielle Schulungen für Bankmitarbeiter, um verdächtige Bargeldabhebungen frühzeitig zu erkennen. Dadurch konnten bereits zahlreiche Betrugsfälle verhindert werden. Zudem richten sich die Präventionskampagnen gezielt an ältere Menschen, da sie besonders häufig Opfer solcher Betrugsmaschen werden.
Dennoch bleibt es eine Herausforderung, da die Täter oft aus dem Ausland agieren und technisch gut ausgestattet sind. Deswegen sind Aufklärung und Vorsicht auf Seiten der Bevölkerung der wichtigste Schutz.
Redaktion: Wenn man selbst Opfer einer solchen Betrugsmasche geworden ist – was sollte man tun?
Maurice Högel: In einem solchen Fall ist es entscheidend, schnell zu handeln. Kontaktieren Sie sofort die Polizei und erstatten Sie Anzeige. Auch wenn die Chancen, das verlorene Geld zurückzubekommen, nicht immer hoch sind, helfen solche Meldungen den Ermittlungsbehörden, die Strukturen hinter diesen Tätern besser zu verstehen und weitere Taten zu verhindern. Außerdem sollten Betroffene sich an ihre Bank wenden, um zu prüfen, ob die Überweisung oder Abhebung gestoppt werden kann.
Redaktion: Herr Högel, was ist Ihr wichtigster Rat an die Leserinnen und Leser?
Maurice Högel: Bleiben Sie wachsam und lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Echte Polizisten werden niemals am Telefon Geld fordern oder Sie auffordern, Überweisungen vorzunehmen. Wenn Ihnen etwas merkwürdig vorkommt, vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl und legen Sie auf. Es ist besser, einmal zu viel skeptisch zu sein als einmal zu wenig. Und denken Sie daran: Niemand kann Sie zwingen, sofort zu handeln – das ist immer ein Alarmzeichen.
Redaktion: Vielen Dank für die wichtigen Informationen, Herr Högel.
Maurice Högel: Sehr gerne, bleiben Sie sicher!
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