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Interview: Rechtsanwalt Jens Reime erklärt, was betroffene Anleger jetzt tun können

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Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) warnt vor Angeboten auf der Website tagesgeldvergleich24.com. Es handelt sich offenbar um eine Betrugsmasche, bei der Identitätsmissbrauch betrieben wird. Was bedeutet das für betroffene Anleger, und wie sollten sie jetzt handeln? Wir haben dazu mit dem auf Anlegerschutz spezialisierten Rechtsanwalt Jens Reime gesprochen.

Frage: Herr Reime, die BaFin warnt vor der Website tagesgeldvergleich24.com. Was genau steckt hinter solchen Warnungen?

Reime: Die BaFin gibt solche Warnungen heraus, wenn sie den Verdacht hat, dass ein Anbieter ohne die notwendige Erlaubnis Bank- oder Finanzdienstleistungen betreibt. Im Fall von tagesgeldvergleich24.com handelt es sich offensichtlich um Identitätsmissbrauch, bei dem die Betreiber den Anschein erwecken, ein seriöses Projekt – hier der Franke-Media.net – zu sein, um Anleger zu täuschen. Solche Plattformen locken oft mit attraktiven Fest- oder Tagesgeldangeboten, die aber letztlich dazu dienen, Geld von Anlegern zu ergaunern.

Frage: Was können Anleger tun, wenn sie auf eine solche Website hereingefallen sind?

Reime: Der erste Schritt ist, sich sofort an die Polizei zu wenden und Strafanzeige zu erstatten. Parallel dazu sollten Betroffene umgehend Kontakt zu ihrer Bank aufnehmen, insbesondere wenn Überweisungen an die vermeintlichen Betreiber vorgenommen wurden. In einigen Fällen können Überweisungen noch zurückgerufen oder gestoppt werden, wenn sie kürzlich erfolgt sind. Außerdem empfehle ich, sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden, der die Möglichkeiten zur Rückholung des Geldes prüft und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleitet.

Frage: Welche Chancen haben Anleger, ihr Geld zurückzubekommen?

Reime: Das hängt stark vom Einzelfall ab. Wenn das Geld bereits ins Ausland überwiesen wurde, gestaltet sich die Rückholung oft schwierig, aber nicht unmöglich. Eine genaue Prüfung ist hier entscheidend. In manchen Fällen können Banken haften, wenn sie Zahlungen an offenkundig verdächtige Empfänger zugelassen haben. Auch Zahlungsdienstleister, die bei solchen Betrugsfällen genutzt werden, können unter Umständen zur Verantwortung gezogen werden.

Frage: Wie können sich Anleger vor solchen Betrugsmaschen schützen?

Reime: Es gibt einige Warnsignale, die Anleger beachten sollten. Dazu gehören:

  1. Ungewöhnlich hohe Renditeversprechen: Angebote, die deutlich über den marktüblichen Zinsen liegen, sind fast immer unseriös.
  2. Kein Impressum oder fehlende Transparenz: Seriöse Anbieter geben klar an, wer hinter der Website steht. Fehlt ein Impressum oder ist die Adresse auffällig vage, sollte man skeptisch werden.
  3. Aufforderung zu schnellen Entscheidungen: Wenn ein Anbieter Druck ausübt, „sofort zuzuschlagen“, handelt es sich oft um eine Masche.
  4. Prüfen der BaFin-Zulassung: Anleger können jederzeit die Unternehmensdatenbank der BaFin nutzen, um zu prüfen, ob ein Anbieter tatsächlich lizenziert ist.

Zusätzlich sollten Anleger die Warnlisten der BaFin regelmäßig einsehen und verdächtige Anbieter melden.

Frage: Wie bewerten Sie die Rolle der BaFin bei solchen Fällen?

Reime: Die BaFin leistet durch ihre Warnungen einen wichtigen Beitrag, um Anleger zu sensibilisieren und frühzeitig auf unseriöse Angebote aufmerksam zu machen. Allerdings ist sie kein Strafverfolgungsorgan und kann den Betrug selbst nicht verhindern. Anleger müssen daher selbst wachsam sein und im Zweifel lieber einmal mehr nachfragen oder prüfen, bevor sie Geld investieren.

Frage: Was würden Sie Anlegern empfehlen, die überlegt haben, in ein Angebot auf tagesgeldvergleich24.com zu investieren, es aber noch nicht getan haben?

Reime: In diesem Fall kann ich nur sagen: Finger weg! Die BaFin hat aus gutem Grund eine Warnung ausgesprochen. Es gibt keinen legitimen Anbieter hinter dieser Plattform, und die Wahrscheinlichkeit, dass Anleger hier ihr Geld verlieren, ist extrem hoch. Lassen Sie sich auch nicht von angeblich positiven Bewertungen oder professionell gestalteten Websites täuschen. Diese sind oft gezielt darauf ausgelegt, Vertrauen zu erwecken.

Frage: Wie sieht es mit der Haftung aus? Kann die Franke-Media.net, deren Identität hier missbraucht wurde, haftbar gemacht werden?

Reime: Nein, die Franke-Media.net ist selbst Opfer von Identitätsmissbrauch und trägt keinerlei Verantwortung für das, was auf der Plattform tagesgeldvergleich24.com passiert. Es handelt sich um eine Täuschung durch die unbekannten Betreiber, die den Namen der Franke-Media.net missbrauchen, um Seriosität vorzutäuschen.

Frage: Herr Reime, haben Sie abschließend einen Tipp für Anleger, die generell Geld anlegen wollen?

Reime: Ja, mein wichtigster Rat ist: Seien Sie vorsichtig und kritisch, besonders bei Angeboten im Internet. Prüfen Sie Anbieter gründlich und investieren Sie niemals größere Summen ohne umfangreiche Recherche. Und denken Sie daran: Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es das meistens auch. Seriöse Angebote bewegen sich in einem realistischen Rahmen und setzen auf Transparenz, nicht auf Druck oder übertriebene Versprechen.

Vielen Dank, Herr Reime, für das informative Gespräch!

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