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Interview: Rechtsanwalt Maurice Högel über Rechte von Bahnkunden bei Verspätungen

TheDigitalArtist (CC0), Pixabay
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Frage: Herr Högel, viele Bahnkunden ärgern sich über verspätete Züge. Welche Ansprüche haben Reisende in solchen Fällen?

Maurice Högel: Grundsätzlich steht Bahnkunden bei Verspätungen ein Anspruch auf Entschädigung zu. Die Höhe der Entschädigung hängt von der Dauer der Verspätung ab. Bei einer Verspätung von 60 Minuten oder mehr können Fahrgäste 25 % des Fahrpreises zurückfordern. Ab 120 Minuten erhöht sich der Anspruch auf 50 %.

Frage: Gilt das für alle Arten von Zugverbindungen?

Maurice Högel: Ja, die Regelung gilt für alle Züge des Nah- und Fernverkehrs, die von Eisenbahnverkehrsunternehmen innerhalb der Europäischen Union betrieben werden. Auch internationale Zugverbindungen, die in der EU starten oder enden, fallen unter diese Regelung.

Frage: Was ist, wenn ich meinen Anschlusszug verpasse?

Maurice Högel: Wenn ein Anschluss verpasst wird, muss die Bahn entweder eine alternative Verbindung anbieten oder die Kosten für eine Weiterreise übernehmen. Fahrgäste können auch von der Reise zurücktreten, wenn die Verspätung erhebliche Unannehmlichkeiten verursacht, und den vollen Fahrpreis erstattet bekommen.

Frage: Und was passiert, wenn ich aufgrund einer Verspätung am Reiseziel übernachten muss?

Maurice Högel: In solchen Fällen ist die Bahn verpflichtet, die Kosten für eine notwendige Unterkunft sowie den Transfer dorthin zu übernehmen. Wichtig ist, sich die Situation möglichst vor Ort bestätigen zu lassen, zum Beispiel durch das Bahnpersonal.

Frage: Gibt es eine Frist, innerhalb derer ich meine Ansprüche geltend machen muss?

Maurice Högel: Ja, Fahrgäste müssen ihre Ansprüche innerhalb eines Jahres nach der Verspätung bei der Bahn geltend machen. Dazu reicht meist ein schriftlicher Antrag zusammen mit dem Originalticket oder einer Kopie.

Frage: Was ist, wenn ich ein Online-Ticket habe?

Maurice Högel: Bei Online-Tickets können Sie die Verspätung meist direkt im Kundenportal der Bahn melden. Viele Anbieter bieten mittlerweile digitale Lösungen an, die den Prozess deutlich erleichtern.

Frage: Haben Sie abschließend Tipps, wie Fahrgäste ihre Rechte durchsetzen können?

Maurice Högel: Unbedingt alle Belege, wie Tickets und Quittungen, aufbewahren und die Verspätung dokumentieren. Apps oder Webseiten wie „bahn.de“ können ebenfalls hilfreich sein, um Verspätungen zu belegen. Wenn die Bahn den Anspruch ablehnt, können Sie sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr wenden.

Frage: Vielen Dank, Herr Högel, für die aufschlussreichen Informationen.

Maurice Högel: Sehr gerne. Ich hoffe, dass Reisende ihre Rechte künftig noch besser nutzen können!

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