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Interview zum Thema Crowdfunding

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Interviewer: Guten Tag, Herr Blazek. Könnten Sie uns einen Überblick darüber geben, unter welchen Umständen Betreiber von Crowdfunding-Plattformen als Finanzdienstleistungsinstitute gelten und wann nicht?

Daniel Blazek: Natürlich. Ein Betreiber, der auf seiner Crowdfunding-Plattform lediglich Anlageberatung oder -vermittlung zwischen Kunden und Emittenten von Vermögensanlagen anbietet, fällt nach § 2 Abs. 6 Nr. 8 e) KWG nicht unter die Definition eines Finanzdienstleistungsinstituts. In solchen Fällen ist keine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz erforderlich, sondern die Vorschriften der Gewerbeordnung, insbesondere § 34f, kommen zur Anwendung.

Interviewer: Und wie sieht es mit vertraglich gebundenen Vermittlern aus?

Daniel Blazek: Auch diese gelten laut § 2 Abs. 10 S. 1 KWG nicht als Finanzdienstleistungsinstitute. Die rechtliche Einordnung einer Crowdfunding-Plattform hängt also stark davon ab, in welcher Weise und zu welchem Zweck die Vermittlung stattfindet.

Interviewer: Sie erwähnten auch den Begriff „Crowdinvesting“. Können Sie das näher erläutern?

Daniel Blazek: Beim Crowdinvesting geht es oft um die Investition in Vermögensanlagen ohne Prospektpflicht, wie zum Beispiel Nachrangdarlehen. Plattformbetreiber unterstützen die Emittenten manchmal bei der Erstellung der erforderlichen Unterlagen, wie Verbraucherinformationsblättern und Darlehensverträgen, möglicherweise gegen eine Vergütung.

Interviewer: Welche Risiken bestehen in Bezug auf Nachrangklauseln?

Daniel Blazek: Die Anforderungen an rechtlich haltbare Nachrangklauseln sind streng und wurden durch die Rechtsprechung des BGH, insbesondere im Hinblick auf das Transparenzgebot, präzisiert. Unwirksame Klauseln können zu unbedingten Zahlungspflichten führen, was ein Einlagengeschäft darstellen und ohne die erforderliche Erlaubnis strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte.

Interviewer: Und was passiert, wenn solche unwirksamen Klauseln verwendet werden?

Daniel Blazek: Ein interessanter Fall dazu wurde vom Landgericht Dresden entschieden. Hier wurde eine Betreiber-Gesellschaft auf Schadensersatz verklagt, weil sie unwirksame Klauseln zur Verfügung gestellt hatte, die letztendlich zu einem strafbaren KWG-Verstoß führten. Das Gericht sah die Betreiber-Gesellschaft zumindest als Gehilfin im strafrechtlichen Sinne und sprach den Klägern Schadensersatz zu.

Interviewer: Was bedeutet das für die Praxis der Betreiber von Crowdfunding-Plattformen?

Daniel Blazek: Plattformbetreiber sollten sehr sorgfältig überprüfen, welche Vertragsklauseln sie den Emittenten zur Verfügung stellen, um nicht unbeabsichtigt strafrechtliche oder zivilrechtliche Haftungsrisiken zu schaffen. Es zeigt sich, dass eine gründliche rechtliche Prüfung im Vorfeld unerlässlich ist.

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