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Interview zur BaFin Meldung zu „Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA“

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DieBewertung.de (DB): Guten Tag, Herr Reime, wir freuen uns, Sie bei uns zu haben. Wir möchten Ihre Expertenmeinung zum jüngsten Fall der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA hören, der von der BaFin bekannt gemacht wurde. Können Sie uns in einfachen Worten erklären, was passiert ist?

Rechtsanwalt Reime (RR): Guten Tag und vielen Dank für die Einladung. Gerne erkläre ich den Sachverhalt. Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA hat einige gravierende Fehler in ihrem Konzernabschluss zum 30. Juni 2018 gemacht. Diese Fehler betreffen hauptsächlich die Buchung von Transferzahlungen und Zahlungen an Spielervermittler.

DB: Können Sie uns diese Fehler genauer erläutern?

RR: Natürlich. Erstens hat das Unternehmen die Umsatzerlöse um 223 Millionen Euro zu hoch ausgewiesen. Dies geschah, weil es Transferzahlungen als Umsatzerlöse erfasst hat, was gegen den International Accounting Standard 38.113 verstößt.

Zweitens wurde der Cashflow aus der operativen Tätigkeit um 187 Millionen Euro zu hoch und der Cashflow aus der Investitionstätigkeit um den gleichen Betrag zu niedrig ausgewiesen. Das Unternehmen erfasste Transferzahlungen als Cashflows aus der operativen Tätigkeit statt als Cashflows aus der Investitionstätigkeit, was gegen IAS 7.10 und IAS 7.6 verstößt.

Drittens hat das Unternehmen bestimmte zukünftige Zahlungen an Spielervermittler, die als „variable Zahlungsverpflichtungen“ bezeichnet werden, nicht als Verbindlichkeiten ausgewiesen. Nach IAS 39.14 und IAS 32.19 sollte jedoch eine Verbindlichkeit angesetzt werden, wenn das Unternehmen Vertragspartei eines Finanzinstruments wird.

DB: Welche Konsequenzen hat dies für das Unternehmen?

RR: Die Konsequenzen können erheblich sein. Borussia Dortmund muss seinen Konzernabschluss korrigieren, was sich auf seine Finanzberichterstattung auswirken kann. Darüber hinaus könnten die Aktionäre aufgrund der falschen Buchhaltungspraktiken rechtliche Schritte einleiten. Schließlich könnte das Vertrauen der Investoren in die Unternehmensführung und die finanzielle Gesundheit des Unternehmens beeinträchtigt werden.

DB: Vielen Dank, Herr Reime, für Ihre ausführlichen Erklärungen. Es ist immer hilfreich, solche komplexen Themen aus einer rechtlichen Perspektive zu betrachten.

RR: Es war mir ein Vergnügen. Ich stehe jederzeit zur Verfügung, um solche Fragen zu beantworten und Licht auf die oft verwirrenden Aspekte des Finanzrechts zu werfen.

DB:Können Aktionäre rechtliche Schritte einleiten?

RR: Ja, in der Tat können Aktionäre unter bestimmten Umständen rechtliche Schritte einleiten. Falsche oder irreführende Finanzberichte können als Verstoß gegen die Informationspflichten des Unternehmens gegenüber seinen Aktionären betrachtet werden.

Aktionäre könnten Schadensersatzklagen einreichen, wenn sie nachweisen können, dass sie aufgrund der fehlerhaften Informationen finanzielle Verluste erlitten haben. Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Aktionäre Aktien zu einem überhöhten Preis gekauft haben, der auf der Grundlage der fehlerhaften Finanzberichte festgelegt wurde.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass solche Klagen oft komplex und teuer sind und es schwierig sein kann, einen direkten Kausalzusammenhang zwischen den fehlerhaften Informationen und den erlittenen Verlusten nachzuweisen.

Schließlich können auch Sammelklagen von Aktionären eingeleitet werden, insbesondere wenn eine große Anzahl von Aktionären betroffen ist. In solchen Fällen kann die Klage von einer Gruppe von Aktionären im Namen aller betroffenen Aktionären eingereicht werden.

DB:Können Aktionäre das Management absetzen?

RR: Aktionäre haben in der Regel das Recht, über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates zu entscheiden, der das Management des Unternehmens überwacht und in einigen Fällen auch einsetzt und entlässt. Dieses Recht wird in der Regel auf der jährlichen Hauptversammlung der Aktionäre ausgeübt.

Die Möglichkeit, das Management direkt abzusetzen, hängt jedoch von der Struktur des Unternehmens und den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen ab. In einer GmbH & Co. KGaA, wie der Borussia Dortmund, besteht das Management in der Regel aus den persönlich haftenden Gesellschaftern, die nicht ohne Weiteres von den Aktionären abgesetzt werden können.

Aber Aktionäre können Druck auf das Unternehmen ausüben, indem sie ihr Unbehagen über die Leistung des Managements auf der Hauptversammlung zum Ausdruck bringen und Änderungen fordern. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen kann der Aufsichtsrat auch gezwungen sein, Maßnahmen gegen das Management zu ergreifen.

Insgesamt ist die Möglichkeit der Aktionäre, das Management abzusetzen, ein komplexer Prozess, der eine sorgfältige rechtliche Betrachtung erfordert. Es ist immer ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, um die Möglichkeiten und den besten Weg vorwärts zu verstehen.

DB: Das klingt nach einer komplizierten Situation. Herr Reime, vielen Dank für Ihre wertvollen Erklärungen. Wir werden die Angelegenheit weiterhin genau beobachten und unsere Leser auf dem Laufenden halten.

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