Frage: Herr Högel, viele Menschen lassen sich von Finfluencern beraten. Was passiert, wenn ich durch die falsche Beratung eines Finfluencers finanzielle Verluste erleide? Kann der Finfluencer in so einem Fall haftbar gemacht werden?
Maurice Högel: Grundsätzlich kann ein Finfluencer haftbar gemacht werden, wenn er falsche oder irreführende Informationen gibt, die zu finanziellen Schäden führen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Finfluencer konkrete Anlageempfehlungen ausspricht und dabei seiner Sorgfaltspflicht nicht nachkommt. Die Haftung kann auf vertraglicher Basis erfolgen, falls eine explizite Beratung gegen Entgelt vereinbart wurde. Aber auch ohne einen direkten Vertrag kann der Finfluencer haftbar sein – etwa bei einer Verletzung von Aufklärungspflichten oder durch eine arglistige Täuschung.
Beispielsweise haftet ein Finfluencer, wenn er wissentlich Produkte bewirbt, die fehlerhaft oder extrem risikoreich sind, ohne die Risiken ausreichend zu erklären. Auch das Verschweigen von Interessenkonflikten – wie Provisionen aus Affiliate-Links – kann problematisch sein. In solchen Fällen können geschädigte Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen.
Frage: Welche Voraussetzungen muss ein Finfluencer erfüllen, um überhaupt Finanzberatung durchführen zu dürfen?
Maurice Högel: Das hängt von der Art der Beratung ab. Sobald ein Finfluencer über die reine Vermittlung von Wissen hinausgeht und individuelle Anlageempfehlungen gibt oder Finanzprodukte vermittelt, unterliegt er strengen rechtlichen Anforderungen. In Deutschland regelt dies das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sowie die Gewerbeordnung (GewO).
Ein Finfluencer, der als Finanzberater tätig sein möchte, benötigt in der Regel eine entsprechende Erlaubnis nach § 34f GewO. Diese wird von der zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) erteilt und setzt eine fachliche Qualifikation, einen Sachkundenachweis sowie den Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung voraus.
Wenn der Finfluencer nicht nur berät, sondern auch aktiv Finanzprodukte vermittelt, wie Fonds oder Wertpapiere, braucht er eine Erlaubnis nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG). Diese wird von der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) vergeben. Die BaFin überwacht außerdem die Tätigkeit solcher Personen, um sicherzustellen, dass sie sich an die Vorschriften halten.
Frage: Was passiert, wenn ein Finfluencer ohne die erforderlichen Genehmigungen tätig ist?
Maurice Högel: Sollte ein Finfluencer ohne die erforderlichen Genehmigungen Finanzberatung oder -vermittlung betreiben, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Kreditwesengesetz oder die Gewerbeordnung. Das kann sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die BaFin kann beispielsweise Geldbußen verhängen, ein Tätigkeitsverbot aussprechen oder strafrechtliche Ermittlungen einleiten.
Für betroffene Anleger hat dies den Vorteil, dass sie ihre Ansprüche leichter durchsetzen können. Wenn der Finfluencer unbefugt beraten hat, können Geschädigte argumentieren, dass die gesamte Tätigkeit unzulässig war – und auf dieser Grundlage Schadensersatz verlangen.
Frage: Gibt es Besonderheiten bei Empfehlungen von Finanzprodukten über Social Media?
Maurice Högel: Ja, Finfluencer auf Social Media müssen nicht nur die Vorgaben des Kapitalmarktrechts beachten, sondern auch die Regelungen des Wettbewerbsrechts. Das bedeutet, dass Werbung als solche klar gekennzeichnet sein muss. Wenn ein Finfluencer beispielsweise einen Affiliate-Link zu einem ETF setzt, muss dies für den Nutzer deutlich erkennbar sein – idealerweise durch Hinweise wie „Werbung“ oder „Anzeige“.
Zudem sind Interessenkonflikte offen zu legen. Wenn ein Finfluencer etwa selbst in ein Produkt investiert ist, das er bewirbt, muss er dies klar kommunizieren. Fehlt diese Transparenz, kann der Finfluencer abgemahnt oder sogar verklagt werden.
Frage: Was würden Sie Anlegern raten, die von einem Finfluencer falsch beraten wurden?
Maurice Högel: Mein erster Rat ist, Beweise zu sichern. Das bedeutet, Screenshots von Videos, Posts oder Nachrichten anzufertigen, in denen die falsche Beratung erfolgte. Dann sollte geprüft werden, ob der Finfluencer die erforderlichen Genehmigungen hat. Falls nicht, haben geschädigte Anleger eine gute Basis, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Außerdem empfehle ich, einen Anwalt hinzuzuziehen, der sich auf Kapitalmarktrecht spezialisiert hat. Ein solcher Experte kann prüfen, ob die Beratung gegen rechtliche Vorgaben verstoßen hat, und dabei helfen, die Ansprüche durchzusetzen.
Frage: Abschließend: Wie können Anleger erkennen, ob ein Finfluencer seriös ist?
Maurice Högel: Ein seriöser Finfluencer zeichnet sich durch Transparenz, Fachwissen und eine klare Kommunikation von Risiken aus. Achten Sie darauf, ob der Finfluencer Interessenkonflikte offenlegt und ob er qualifizierte Nachweise über seine Tätigkeit erbringt, wie eine Erlaubnis nach § 34f GewO. Misstrauisch sollte man werden, wenn reißerische Versprechungen wie „schnell reich werden“ oder garantierte Renditen gemacht werden – so etwas gibt es in der Finanzwelt nicht.
Letztendlich gilt: Vertrauen ist gut, aber eigene Recherche und kritisches Hinterfragen sind besser.
Frage: Vielen Dank, Herr Högel, für die aufschlussreichen Einblicke!
Maurice Högel: Sehr gern. Es ist wichtig, dass sowohl Finfluencer als auch Anleger die rechtlichen Rahmenbedingungen verstehen und einhalten.
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