Ein weitreichender Datenskandal sorgt derzeit in Italien für Aufruhr: Eine Gruppe, angeführt von einem ehemaligen Polizisten und einem Geschäftsmann, soll seit Jahren massenhaft sensible Daten von Regierungsinstitutionen und Privatpersonen gestohlen und gewinnbringend verkauft haben. Die Staatsanwaltschaft in Mailand bezeichnet den Vorfall als „gigantischen und alarmierenden Datenhandel“ und warnt vor einer Bedrohung der Demokratie. Sogar Premierministerin Giorgia Meloni sprach von einem potenziellen „Umsturz“.
Zu den Betroffenen zählen nicht nur hochrangige Politiker wie Meloni selbst, Senatspräsident Ignazio La Russa und Ex-Premier Matteo Renzi, sondern auch Persönlichkeiten aus der Finanzwelt, Prominente und Journalisten. So soll etwa Leonardo Maria Del Vecchio, Erbe der Brillendynastie EssilorLuxottica, Informationen über seine Freundin, Schauspielerin Jessica Serfaty, in Auftrag gegeben haben. Berichte über Spionage gegen einen russischen Oligarchen wecken zusätzliche internationale Besorgnis.
Gezieltes Ausspähen von Bankdaten und Bewegungsprofilen
Seit 2019 soll die Gruppe mit Hilfe von Malware und institutionellen Insidern auf Bank- und Steuerunterlagen, Gesundheitsdaten und persönliche Korrespondenzen zugegriffen haben. In einigen Fällen wurden Bewegungsprofile von Zielpersonen mithilfe von Handy- und Kreditkartendaten erstellt. Zudem wurden Gespräche abgehört und private Chats sowie E-Mails protokolliert. Diese Informationen wurden in detaillierte Dossiers zusammengetragen und gegen Bezahlung angeboten – oft, um Personen und Unternehmen unter Druck zu setzen.
60 Verdächtige und Verbindungen zur Mafia
Die Ermittlungen richten sich aktuell gegen etwa 60 Verdächtige, darunter IT-Berater, Hacker und Polizisten. Eine Privatermittlerfirma, die von einem Geschäftsmann und einem gut vernetzten Ex-Polizisten geführt wird, steht im Zentrum des Skandals. Der ehemalige Polizist befindet sich unter Hausarrest. Neben italienischen und ausländischen Geheimdiensten sollen auch die Mafia und geostrategische Gegner in die Machenschaften verwickelt sein. Laut italienischen Medien wurden allein im Innenministerium 52.000 Angriffe registriert.
Politisches Erdbeben und Rufe nach Reformen
Premierministerin Meloni zeigte sich alarmiert: „Kein Rechtsstaat kann das Sammeln von Dossiers auf diese Weise dulden.“ Außenminister Antonio Tajani sprach von einem „inakzeptablen Angriff auf die Demokratie“. Es wird vermutet, dass diese Daten auch von Ländern mit strategischem Interesse an Italien genutzt werden könnten, darunter Russland. Justizminister Carlo Nordio fordert dringend Gesetzesreformen, um mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt zu halten.
Die Opposition kritisiert die Regierung für Versäumnisse im Bereich Cybersicherheit. Der Parlamentarische Ausschuss für die Sicherheit der Republik (COPASIR) hat bereits eine Untersuchung angekündigt, um das Ausmaß und die Sicherheitslücken dieses Skandals zu klären.
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